Predigt zum Letzten So. nach Epiphanias - 9.2.2014

Textlesung: 2. Petr. 1, 16 - 21

Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen. Und das sollt ihr vor allem wissen, dass keine Weissagung in der Schrift eine Sache eigener Auslegung ist. Denn es ist noch nie eine Weissagung aus menschlichem Willen hervorgebracht worden, sondern getrieben von dem heiligen Geist haben Menschen im Namen Gottes geredet.

Liebe Gemeinde!

"Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen." Sie wissen, von was Petrus hier redet! Es ist die sogenannte "Verklärung" Jesu, die er zusammen mit den Jüngern Jakobus und Johannes miterlebt hat (Mk. 9,2-7). Dort - auf dem "heiligen Berg" - hat er auch die Stimme gehört, die vom Himmel kam: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe." Wir waren nicht dabei, darum geben wir gern zu, dass Petrus mit Recht sagt: "Umso fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet..."

Allerdings ist das rund 2000 Jahre her. Die Wiederkunft Christi, sein "Kommen" zum Gericht, das die drei Augenzeugen in der Verklärung schon im Voraus gesehen haben, ist ausgeblieben. Der Tag ist noch immer nicht angebrochen und der Morgenstern ist nicht aufgegangen. An vielen dunklen Orten dieser Welt scheint kein Licht, schon gar nicht das Licht Jesu Christi.

Ist es da denn erstaunlich, wenn wir uns heute lieber an das halten, was uns Menschen unserer Tage, auch wenn sie sich Christen nennen, prophezeien? Wobei die Prophezeiung, dass Jesus Christus wiederkommt, eigentlich in unserer Zeit kaum noch eine Rolle spielt. Und das gilt, auch wenn es in unserem Glaubensbekenntnis heißt: "...von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten." Wenn Sie ganz ehrlich sind, dann müssen Sie das zugeben: Das entspricht auch nicht mehr Ihrer Erwartung - nach 2000 Jahren!

Die Endzeitstimmung, die in den ersten christlichen Gemeinden geherrscht hat, ist längst verflogen. Die Prophezeiungen für die Zukunft, die wir heute hören, lauten ganz anders: Die Gesellschaft überaltert. Die Renten sind nicht mehr sicher. Altersarmut droht. Immer mehr ältere Menschen werden auf Pflege angewiesen sein. - Wer spricht davon, dass Jesus Christus wiederkommen wird in Herrlichkeit? Wer kann das glauben, dass bald SEIN Tag anbricht, mit IHM der Morgenstern aufgeht und SEIN Licht bis in die dunkelsten Orte dieser Welt dringt?

Liebe Gemeinde, für manche von uns ist das zu hören sicher hart, vielleicht sogar schmerzhaft: Was gilt denn dann noch an diesen Versen aus dem 2. Petrusbrief. Und gibt es nicht so viele andere Hinweise in den Heiligen Schriften des Neuen Testaments, dass Christus wiederkommen wird, "zu richten die Lebenden und die Toten"? Hören wir zum Beispiel, was Matthäus schreibt: "Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohns am Himmel. Und dann werden wehklagen alle Geschlechter auf Erden und werden sehen den Menschensohn kommen auf den Wolken des Himmels mit großer Kraft und Herrlichkeit." (Mt.24,30) Oder lesen wir bei Markus: "...ihr werdet sehen den Menschensohn sitzen zur Rechten der Kraft und kommen mit den Wolken des Himmels." (Mk.14,62) Und das sagt Lukas: "...alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke mit großer Kraft und Herrlichkeit." (Lk.21,27) - Sollte das alles denn nicht wahr sein und niemals wahr werden? Und können wir den Augenzeugen damals denn noch vertrauen, wenn sie sagen: "Wir haben das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet!?"

Liebe Gemeinde, wie kommen wir aus diesen Gedanken wieder heraus, ohne dass wir heute ein gutes Stück unseres Glaubens hier in der Kirche zurücklassen? Wie können wir unser vergebliches Warten auf die Wiederkunft Christi mit den Prophezeiungen der biblischen Zeugen reimen?

Ich glaube, es gibt einen Weg, den wir mit unserer Vernunft und mit unserer Achtung vor den biblischen Weissagungen gehen können. Einen Weg, auf dem uns verständlich wird, was uns die prophetischen Worte und Prophezeiungen etwa des Petrus sagen wollen:

Wir müssen nicht daran zweifeln, dass Petrus zusammen mit Jakobus und Johannes mit Jesus oben auf dem Berg der Verklärung war. Wir müssen nicht daran zweifeln, dass sie gesehen haben, wie das Gewand Jesu leuchtend weiß wurde und dass sie die Stimme gehört haben, die aus den Wolken heraus gesprochen hat: "Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe." Das haben Petrus und die beiden anderen Jünger erlebt! Was sie noch nicht erlebt haben, ist das, was Jesus mehrfach angekündigt hat: Dass nach Kreuz und Auferstehung das Reich Gottes kommen wird, in dem Jesus mit ihnen neu das "Passalamm essen" und neu vom "Gewächs des Weinstocks" trinken wird. (Lk.22,16ff) Und ich will hier auch gar nicht verschweigen, dass wir bei zwei der Evangelisten das lesen können: "Wahrlich, ich sage euch: Es stehen einige hier, die werden den Tod nicht schmecken, bis sie sehen das Reich Gottes kommen mit Kraft." (Mk.9,1) Vielleicht handelt es sich hier um ein Missverständnis? Vielleicht hat Jesus selbst ja auch gedacht, dass der himmlische Vater das Ende der Welt und damit seine Wiederkunft schneller würde geschehen lassen? Schließlich gibt es ja auch Christen, die meinen, dass Gottes Reich schon lange angebrochen ist, wenn auch noch verborgen hinter dem Treiben der alten Welt. Keinesfalls aber können wir sagen: Petrus und die anderen, die Jesu Kommen in Herrlichkeit schon nach seinem Kreuzestod angekündigt und bald erwartet haben, hätten uns nicht die Wahrheit gesagt, ja, hätten gelogen. Was sollten sie nach dem Tod und der Auferstehung des Herrn denn anderes erwarten? Wem von ihnen wäre wohl damals eingefallen zu sagen: Jesus wird wiederkommen, aber das dauert über 2000 Jahre! Und noch eins: Dürfen wir nicht eigentlich sehr dankbar sein, dass auch wir noch Gelegenheit bekommen, Jesus Christus kennenzulernen und zum Glauben an ihn zu finden? - Für mich ist es kein Problem im Gottesdienst das Glaubensbekenntnis auch an dieser Stelle mitzusprechen: "...von dort wird er kommen, zu richten die Lebenden und die Toten." Ich denke, es ist gut für mich und uns alle, wenn wir bis zu diesem Gericht noch ein wenig Zeit bekommen - auch zur Umkehr.

Überhaupt gibt es - was diese Weltzeit vor der Wiederkunft unseres Herrn angeht - noch einen anderen Gedanken, der ist mir viel wichtiger als die Frage, wann Jesus wiederkommt: Unser Herr hat seinen Leuten ja auch das versprochen: Dass er sie, wenn er zum Vater geht, nicht allein lässt, sondern bei ihnen sein wird, "alle Tage, bis ans Ende der Welt." (Mt.28,20b) Er hatte ihnen versprochen: "Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch. Es ist noch eine kleine Zeit, dann wird mich die Welt nicht mehr sehen. Ihr aber sollt mich sehen, denn ich lebe und ihr sollt auch leben." (Jh.14,18ff) Und ist das nicht wahr geworden?

Ist Jesus nicht bei uns im Wort des Neuen Testaments? Spricht er nicht zu uns, wenn wir ihn nur hören wollen? Können wir nicht im Gebet mit ihm reden? Erleben wir es nicht immer wieder, dass er uns sehr deutlich in unserem Gewissen sagt, dass nicht in Ordnung ist, was wir tun wollen oder schon getan haben? Gibt er uns dann nicht Gelegenheit, uns zu besinnen und wieder gut zu machen? Begleitet er uns nicht - auch auf den Wegen vor denen uns bange ist, so dass wir keine Angst haben müssen? Und - sicher nicht zuletzt - nimmt er uns durch sein Wort der Vergebung nicht auch immer wieder die Schuld ab, die wir auf uns geladen haben?

Liebe Gemeinde, der erste Satz, den wir heute bedacht haben, soll auch der letzte sein, den wir bedenken. Das schreibt Petrus: "Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen." Nein, es sind keine Fabeln, die uns von unserem Herrn erzählt werden. Wir haben seine Kraft in unserem Leben, in guten und in schweren Zeiten immer wieder erlebt. Er ist zu uns gekommen mit seinem Wort, seiner Weisung. Er war und ist uns nah und begleitet uns. Und oft genug haben wir auch seine Herrlichkeit gesehen - mitten in unserem Leben in dieser Welt. - Was brauchen wir denn da seine Wiederkunft auf den Wolken??? AMEN