Predigt zum 3. So. nach Epiphanias - 26.1.2014

Textlesung: Apg. 10, 21 - 35

Petrus sprach zu den Männern, die von Kornelius zu ihm gesandt waren: Siehe, ich bin's, den ihr sucht; warum seid ihr hier? Sie aber sprachen: Der Hauptmann Kornelius, ein frommer und gottesfürchtiger Mann mit gutem Ruf bei dem ganzen Volk der Juden, hat Befehl empfangen von einem heiligen Engel, dass er dich sollte holen lassen in sein Haus und hören, was du zu sagen hast. Da rief er sie herein und beherbergte sie. Am nächsten Tag machte er sich auf und zog mit ihnen, und einige Brüder aus Joppe gingen mit ihm. Und am folgenden Tag kam er nach Cäsarea. Kornelius aber wartete auf sie und hatte seine Verwandten und nächsten Freunde zusammengerufen. Und als Petrus hereinkam, ging ihm Kornelius entgegen und fiel ihm zu Füßen und betete ihn an. Petrus aber richtete ihn auf und sprach: Steh auf, ich bin auch nur ein Mensch. Und während er mit ihm redete, ging er hinein und fand viele, die zusammengekommen waren. Und er sprach zu ihnen: Ihr wisst, dass es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen meiden oder unrein nennen soll. Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich geholt wurde. So frage ich euch nun, warum ihr mich habt holen lassen. Kornelius sprach: Vor vier Tagen um diese Zeit betete ich um die neunte Stunde in meinem Hause. Und siehe, da stand ein Mann vor mir in einem leuchtenden Gewand und sprach: Kornelius, dein Gebet ist erhört und deiner Almosen ist gedacht worden vor Gott. So sende nun nach Joppe und lass herrufen Simon mit dem Beinamen Petrus, der zu Gast ist im Hause des Gerbers Simon am Meer. Da sandte ich sofort zu dir; und du hast recht getan, dass du gekommen bist. Nun sind wir alle hier vor Gott zugegen, um alles zu hören, was dir vom Herrn befohlen ist. Petrus aber tat seinen Mund auf und sprach: Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm.

Liebe Gemeinde!

Ich finde, das ist eine ganz wunderbare Geschichte! Und ich will Ihnen auch sagen, warum mir diese Geschichte so gut gefällt: Weil sich hier nicht menschlicher, sondern göttlicher Wille durchsetzt. Derselbe Petrus, der hier vor einem römischen Soldaten und seinen Verwandten und Freunden spricht, also vor Heiden, hätte noch Tage oder Wochen zuvor niemals das getan, was er doch hier tut und was er selbst anspricht: "Ihr wisst, dass es einem jüdischen Mann nicht erlaubt ist, mit einem Fremden umzugehen oder zu ihm zu kommen; aber Gott hat mir gezeigt, dass ich keinen Menschen meiden oder unrein nennen soll. Darum habe ich mich nicht geweigert zu kommen, als ich geholt wurde." In dieser Geschichte werden wir Zeuge davon, wie Gott das Herz des Petrus für alle Menschen öffnet, die Jesus Christus kennenlernen und ihn als ihren Herrn annehmen wollen. Und was diese Geschichte mit uns zu tun hat, das ist auch klar: Ohne diese Hinwendung des Petrus und der anderen Christen der ersten Gemeinde zu denen, die Heiden waren, bevor sie Christen wurden, hätte uns und alle anderen, die zuvor nicht Juden waren, die beste Botschaft dieser Welt nie erreicht. Und wir hätten nie erfahren, was Petrus im Hause des Kornelius damals deutlich geworden ist: "...dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm."

Mit dieser Erkenntnis sind wir auch schon am Ende der Geschichte von Petrus im Hause des Hauptmanns Kornelius. Aber ich finde es wichtig, dass wir noch einmal ein paar Zeilen zurückgehen und genauer betrachten, was da geschehen ist: Wenn wir hören, was von Gott und den Menschen aufgeboten wird, dass Petrus ins Haus des römischen Hauptmanns kommt, dann müssen wir doch staunen: Ein Engel hat dem Kornelius geboten, er solle den Petrus holen lassen, dass er ihm sagt, was er von Jesus Christus weiß. Auf der anderen Seite sind es gleich einige Männer, die vor Petrus treten und ihm die Botschaft ausrichten, dass Kornelius von ihm das Evangelium verkündigt bekommen möchte! - Sagen Sie, können Sie das glauben? Oder so gefragt: Können Sie sich etwas Ähnliches heute in unserer Zeit vorstellen? Sie kennen sicher auch keinen Menschen, dem ein Engel erschienen wäre, um den Kontakt mit einem gläubigen Christen zu vermitteln, der ihm von Jesus Christus erzählt? - - - Oder vielleicht doch? Was wissen wir denn, warum etwa eine Frau, die noch nie den Gottesdienst ihrer Gemeinde besucht hat, irgendwann in ihrer Kirche erscheint und von da an sonntäglicher Gast im Gottesdienst wird? Aber das gibt es! (Ich habe es erlebt!) Und was wissen wir, warum der Mann, der ein so schweres Schicksal erleiden musste, sich dann zur Wahl als Kirchenvorsteher gestellt und im Dienst seiner Gemeinde ein völlig neues Leben begonnen hat? Aber das gibt es! (Ich habe es erlebt!) Und es gibt auch noch viele ähnliche Beispiele dafür, dass Menschen, von denen wir es nie gedacht hätten, plötzlich nach Jesus Christus zu fragen beginnen und bei anderen Menschen - vielleicht gar bei uns! - ein Bekenntnis für den Glauben an ihn suchen.

Vielleicht müssen wir uns endlich frei machen von der Vorstellung, Engel müssten in leuchtend weißen Gewändern mit Flügeln auf dem Rücken auftreten. Auch die Frau, die einer anderen davon erzählt, wie viel Hilfe sie im Gebet gefunden hat, kann so ein Engel sein, also ein Bote, den Gott selbst geschickt hat. Und auch der Mann, der sich nicht scheut, einem anderen davon zu sprechen, wie er in der verzweifeltsten Lage seines Lebens zu Jesus Christus gefunden hat, ist für mich ein Engel, der - vielleicht ohne dass er selbst es weiß - zum Boten Gottes wird. Flügel brauchen solche Engel nicht. Und manchmal werden sie auch schwarze Kleider tragen, weil sie selbst in Trauer um einen Menschen sind. Aber sie können gerade dann bei anderen, die in Trauer sind, für den zeugen, der den Tod überwunden hat. Und es kann sein, wenn wir nur ein wenig nachdenken, dass uns einfällt, wo wir selbst auch schon an anderen einen solchen Engelsdienst als Boten Gottes getan haben.

Aber schauen wir noch einmal auf die andere Seite, die des Petrus, der gleich von einigen Männern bedrängt wird, zu Kornelius zu kommen. Ein solches Drängen, doch von unseren Erfahrungen mit Jesus Christus zu berichten, ein solches Sehnen danach, an diesen Herrn glauben zu können, haben wir doch ganz gewiss noch nie erlebt!? - - - Oder vielleicht doch? Könnte es nicht sein, dass wir die fragenden Blicke übersehen und geschwiegen haben, als wir von unserem Glauben hätten reden müssen? Wollten wir diese Blicke vielleicht nicht sehen? War uns gerade nicht danach, über so persönliche Dinge zu sprechen? Ist es uns peinlich gewesen oder wussten wir nicht so recht, wie wir uns ausdrücken sollten? Dabei haben wir dann völlig vergessen, dass es im Evangelium heißt: "...sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt; denn es soll euch zu der Stunde gegeben werden, was ihr reden sollt" (Mt.10,19). Und könnte es nicht sein, dass wir die Sehnsucht nach einem Lebenssinn in den Augen unserer Mitmenschen immer wieder gar nicht wahrnehmen wollen, weil es Zeit kostet und mühsam ist, anderen unsere Erfahrungen mit dem Glauben vorzulegen, weil wir ja auch selbst gar nicht so glaubensstark sind. Steht es uns denn zu, für andere zum Wegweiser zu Christus zu werden? Sollte Gott etwa gerade uns dazu haben wollen?

Vielleicht müssen wir uns frei machen von der Vorstellung, unser Reden in Glaubensdingen müsste immer perfekt formuliert sein und keine Fragen offen lassen, weil wir sonst den, dem wir davon sprechen, ja nicht überzeugen können. Überzeugen können wir sowieso nicht! Das muss Gott tun. Und wenn in unserem Reden durchscheint, dass auch wir manchmal Zweifel haben, dann ist das nicht abschreckend, sondern der Sache angemessen: Keiner ist ein Glaubensheld. Jede und jeder hat auch Zweifel und Fragen, die er nicht beantworten kann. Und doch ist der Glaube eine wunderbare Sache! Und doch kann Gottes Wort und Wille, auch wo wir ihn nicht immer verstehen, eine große Hilfe für ein gutes Leben sein.

Zwei Dinge stehen für mich fest: Es gibt sie auch heute noch, die Boten, die Engel im Auftrag Gottes. Und noch mehr gibt es die Suchenden, die auf den Menschen warten, der ihnen vom Glauben an Jesus Christus spricht, in dem sich allein ihre Sehnsucht erfüllen kann.

Noch einmal will ich zu dem zurückkehren, was diese Geschichte für mich so besonders und so wunderbar macht: Petrus, der Jude war und lange vertreten hat, nur wer vorher Jude gewesen ist, könnte getauft und Christ werden, dieser Petrus wird hier von Gott zur Liebe zu allen Menschen überwunden, gleich ob sie Juden oder Heiden waren. Petrus muss bekennen, was Gottes Wille war, ist und immer bleiben wird und was er so ausdrückt: "...dass Gott die Person nicht ansieht; sondern in jedem Volk, wer ihn fürchtet und recht tut, der ist ihm angenehm."

Liebe Gemeinde, für mich ist das wie die Zusammenfassung, wie der Sinn und das Ziel dieser Geschichte, dass wir heute zu der selben Erkenntnis kommen und ihr mit Herz und Händen folgen und keinem Menschen das Zeugnis unseres Glaubens an Jesus Christus verweigern. Gott liebt jeden Menschen, wie er uns liebt, gleich aus welchem Volk er stammt, gleich welche Religion er hat - wer Gott fürchtet und seinen Willen achtet und danach tut, der ist ihm angenehm. AMEN