Predigt zum Ostersonntag - 31.3.2013

Liebe Gemeinde!

Das sollte heute eine besonders schöne Osterpredigt werden. Sie sollte so richtig jubeln und frohmachen. Von der Herrlichkeit des ewigen Lebens sollte sie handeln, vom Sieg Christi über den Tod, von der Auferstehung. Irgendwie haben wir das doch auch einmal nötig. In dieser Zeit. Bei all den Nachrichten des Schreckens, täglich! Aber es ging nicht. Nicht eine Zeile fiel mir ein. Ob das am Wetter lag? Was mir einfiel, waren Gedanken zum Karfreitag. Wieder und wieder ging mir durch den Sinn: Jesus - für uns gestorben. Gemartert für unsere Sünde. Um unserer Missetat willen geopfert...auf dass wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt. Da konnten andere Gedanken einfach nicht dagegen ankommen, schon gar keine österlichen.

Aber es lag sicher nicht nur an mir: Wie sagte einmal ein Gemeindeglied zu seinem Pfarrer?: "Herr Pfarrer, denken Sie doch bloß nicht, dass die Menschen an die Auferstehung glauben!" Wenn das so ist, was habe ich Ihnen und so viele andere Predigerinnen und Prediger ihren Zuhörern dann schon zugemutet! Denn es vergeht wohl kein Sonntag, ja, kaum eine Gelegenheit, zu der wir das Wort Gottes weitersagen, ohne das klare Zeugnis: Wir werden auferstehen und ewig leben! Und welche Zumutung sind doch auch die Lieder, die wir in diesem Gottesdienst singen...

Aber da ist jetzt auch noch der Predigttext, auf den wir heute hören sollen. Und auch darin finden wir weder Jubel noch Freude und auch keinen rechten Glauben an die Auferstehung. Hören Sie einmal:

Textlesung: Jh. 20, 11 - 18

Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.

Liebe Gemeinde, ich nehme an, das wird auch die Jünger nicht überzeugt haben, als Maria ihnen die Botschaft des Auferstandenen verkündigt hat. Vielleicht waren ihre Augen ja auch noch feucht vom Weinen, was ja auch gerade kein Zeichen ihrer neuen Hoffnung gewesen wäre. Nein, ich denke, die Jünger konnten auch nicht glauben, was Jesus vor seinem Tod am Kreuz mehrfach gesagt hat: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt." (Jh.11,25)

Wissen Sie was? Ich würde jetzt gern einmal jede und jeden von Ihnen fragen: "Glaubst du an die Auferstehung von den Toten?" Aber das kann man ja nicht machen. Aber auch so - und da erschrecke ich ein wenig - spricht viel dafür, dass es wirklich so ist: "Die Menschen unserer Tage glauben nicht mehr an ein Leben nach den Tod." Gehen sie doch einmal mit mir ein paar Beispiele durch, ob ihnen das nicht auch zu denken gibt:

Es gibt Menschen in unserer Zeit und es sind viele, die müssen in ihrem Leben alles erreichen, was nur zu erreichen ist. Alles wird hineingepackt, nichts wird ausgelassen. Jede Gelegenheit, die nach Gewinn ausschaut, wird genutzt. Jedes Vergnügen wird mitgenommen, jede Möglichkeit ausgeschöpft, die sich bietet. Ich erkenne dahinter einen anderen Glauben, nämlich diesen: "Dieses Leben ist alles. Es ist das einzige, das wir haben, deshalb muss ich es nutzen!"

Es gibt auch Menschen und es sind viele, die können nicht älter werden. Natürlich werden sie älter, aber sie wollen es nicht wahrhaben. Jeder Geburtstag bereitet ihnen Schrecken. Jeder Jahreswechsel bedeutet für sie furchtbare Pein. Das sind nämlich die Stationen des Lebens, die ihnen bewusst machen, wie die Zeit vergeht, ja, wie sie verfliegt. Es geht unweigerlich auf das Ende zu. Angst ergreift sie. Es sind wohl gute Christen unter diesen Menschen. Trotzdem: Hinter ihrer Angst erkenne ich den anderen Glauben: "Dieses Leben ist alles. Mit dem Tod wird alles aus sein!"

Es gibt Menschen in unserer Zeit und es sind viele, die können nichts anpacken, die täglichen Aufgaben nicht, ihre Zukunft nicht, ihr ganzes Leben nicht. Bei allem, was sie beginnen, fehlt ihnen von vornherein der Mut: "Es wird ja doch nichts! Ist ja alles sinnlos! Hat ja keinen Zweck, sich anzustrengen." Man möchte denken: Diese Leute können sich und ihre Gaben halt richtig einschätzen. Aber so ist es nicht. Ich erkenne dahinter etwas anderes, nämlich den Glauben: "Dieses Leben ist alles. Was soll man sich so mühen, wenn doch alles dem Tod und dem Vergessen anheimfällt!?" - Es gibt Menschen und es sind viele... Ja, noch viele Menschen gibt es, ängstliche, verzagte und scheinbar mutige und verwegene... Viele sind darunter, deren Leben man nichts, aber auch gar nichts davon ansieht, dass sie die Hoffnung auf die Auferstehung von den Toten trägt und erfüllt. Und viele von diesen Menschen sitzen heute Morgen hier unter uns! Du selbst oder dein Nachbar bist es, wenn du nur einmal ehrlich darüber nachdenkst. Und alle erwarten jetzt ein Wort, das ihnen die Auferstehung endlich glaubhaft macht. Sie möchten ja so gern hoffen können, dass neues Leben möglich ist, dass der Tod nicht das letzte für sie bleibt. Und sie möchten diese Hoffnung ja auch in ihrem täglichen Leben verwirklichen. Nur wie?

Ich wollte eine schöne Osterpredigt schreiben. Sie sollte so richtig jubeln und frohmachen. Von der Herrlichkeit des ewigen Lebens sollte sie handeln, vom Sieg Jesus Christi über den Tod, von der Auferstehung... Es geht nicht. Jedenfalls reicht es nicht, dass ich nur davon spreche. Denn es macht nicht froh, was einer nicht glauben kann. Und es ist keine schöne Predigt, wenn ich nicht darin vorkomme: Mit meinen Ängsten, mit meinen Zweifeln, mit meinem Unglauben. Was immer ich hier auch erzähle, wie soll ich das denn in die Köpfe und Herzen hineinbekommen, dass unser Herr wirklich auferstanden ist? Wie soll ich das, was doch keiner von uns miterlebt hat, so schildern, dass wir es glauben können? - Es geht nicht. (Kleine Pause, vielleicht 20 Sekunden)

Ich denke jetzt noch einmal an die Geschichte, die wir vorhin gehört haben, von Maria am Ostermorgen, die vor Jesu Grab steht und weint. Ist uns diese Geschichte nicht doch erstaunlich nah?: Sie war zum Grab gekommen, um den Leichnam des Herrn zu salben. Maria hatte auch Ängste: Der Herr war tot, der Meister, um den sich all ihr Leben und Denken gedreht hatte - gestorben und vergangen. Was sollte jetzt aus ihr werden? Und sie hatte auch Zweifel: War der Tod nun doch stärker gewesen, als der, der selbst Tote erweckt hatte? Und sie war auch ungläubig: Das Versprechen Jesu, dass er seinen Leuten ewiges Leben gebe - es war nicht wahr! Seine Verheißung auf eine Zukunft über den Tod hinaus - er konnte sie nicht mehr erfüllen. So fühlte sich Maria, als sie sich dem Grab nähert. Ganz ähnlich wie wir heute Morgen. Gewiss, der Herr hatte ihr und den Jüngern gesagt: Am dritten Tag werde ich auferstehen. Aber wer hatte es denn geglaubt? Maria jedenfalls nicht! Nicht die leiseste Hoffnung bewegt sie, ganz ähnlich wie bei manchem von uns heute Morgen. Darum fragt sie ja Jesus, den sie für den Gärtner hält: Wo hast du meinen Herrn hingelegt. Nicht einen Augenblick kommt ihr in den Sinn, dass Jesus auferstanden ist! Niemals hätte sie für möglich gehalten, dass der tote Herr lebendig ist. Ganz ähnlich wie es vielen von uns hier geht heute Morgen. Aber das Grab ist leer! Der Gekreuzigte ist auferstanden. Er spricht Maria an, sagt ihren Namen: Maria! Er sagt das in ihre zweifelnde, angstvolle und ungläubige Miene hinein. Und jetzt erkennt sie ihn: Rabbuni, Meister! Er ist es, der Herr!

Die Geschichte lässt offen, ob die Jünger Maria geglaubt haben, dass sie den Auferstandenen gesehen hat. Aber ich denke, sie haben es nicht geglaubt. Immer wieder lesen wir in den Evangelien, dass die Botschaft allein keinen Jünger und keinen anderen Menschen überzeugen konnte. Glaube entsteht immer erst in der Begegnung mit dem Herrn. Nur ein Beispiel dafür: Als Jesus den Jüngern nach Ostern erscheint, ist Thomas nicht dabei. Die anderen, die Jesus sehen, können glauben. Thomas nicht. Er sagt: "Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben." (Jh.20,25) Wir wissen, wie es weiterging: Jesus erscheint den Jüngern zum zweiten Mal, zeigt dem Thomas seine Wundmale und lässt ihn die Hand in seine Seite legen. Jetzt kann Thomas glauben. Die persönliche Begegnung bringt die Wende!

Liebe Gemeinde, immer wieder hat unser Herr es nicht bei der Botschaft von seiner Auferstehung belassen, sondern hat sich persönlich offenbart, erst der Maria, dann den elf Jüngern, dann weiteren Anhängern...und immer so weiter durch die Jahre, durch die Jahrzehnte, die Jahrhunderte und Jahrtausende bis zu uns hier heute Morgen. Denn - ist es nicht so? - auch mancher von uns hat Jesus in seinem Leben schon erfahren. Ein solcher kann es glauben, wenn wir sagen: Jesus lebt! Denn er ist ihm als dem lebendigen Herrn begegnet. Vielleicht war das im guten Wort eines Mitmenschen, neulich. Vielleicht war das vor vielen Jahren schon, als er erhört wurde in einem Gebet. Vielleicht war das, als einmal - er weiß gar nicht mehr wann - ein Vers der Schrift mit ihm zu sprechen begonnen hat... Jedenfalls wusste er da: Jesus lebt - und er konnte glauben!

Liebe Gemeinde, Jesus selbst kommt uns nah. Damals wie heute. Wir können predigen noch und noch, erzählen wieder und wieder, vom weggewälzten Stein, vom leeren Grab... Wenn du ihn nicht selbst erfährst, kannst du's nicht glauben. Aber er lebt. Darum kannst du ihn auch erfahren. Vielleicht morgen schon wenn du durch ihn einen neuen Sinn für dein Leben geschenkt bekommst. Vielleicht in einiger Zeit, wenn du durch ihn lernst ohne Ängste älter zu werden. Vielleicht in Jahren erst, wenn er selbst dir die Aufgabe deines Lebens zeigt. Dann - wenn du den Lebendigen persönlich erfahren hast - wirst du auch glauben können, dass er auferstanden ist und wir auch einmal auferstehen sollen und dass diese Auferstehung heute schon im Glauben beginnt.

Ich wollte eine besonders schöne Osterpredigt schreiben. Es ist nur der Anfang geworden. Der lebendige Herr selbst vollende diese Predigt in unseren Herzen durch den Glauben. AMEN