Predigt zum 7. Sonntag nach Trinitatis - 7.8.2011

Textlesung: Jh. 6, 30 - 35

Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben? Was für ein Werk tust du? Unsre Väter haben in der Wüste das Manna gegessen, wie geschrieben steht (Psalm 78,24): "Er gab ihnen Brot vom Himmel zu essen."

Da sprach Jesus zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Nicht Mose hat euch das Brot vom Himmel gegeben, sondern mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Da sprachen sie zu ihm: Herr, gib uns allezeit solches Brot. Jesus aber sprach zu ihnen: Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten.

Liebe Gemeinde!

Manchmal ist es ganz wichtig, dass wir die Textlesung, die uns für einen bestimmten Sonntag zu bedenken vorgeschlagen ist, ein wenig erweitern. In diesem Fall nach vorn. Sonst können wir die Verse des Predigttextes nämlich nicht verstehen. Darum lesen wir hier noch die drei vorangegangenen Verse 27 bis 29: "Schafft euch Speise, die nicht vergänglich ist, sondern die bleibt zum ewigen Leben. Die wird euch der Menschensohn geben; denn auf dem ist das Siegel Gottes des Vaters. Da fragten sie ihn: Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken? Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat."

"Sie" - das sind einfache Menschen aus dem Volk. Sie wollen - ganz im Sinne des jüdischen Glaubens - wissen, welche Werke Gott denn von ihnen fordert, dass er ihnen das Ewige Leben dafür gibt? Und die Antwort Jesu ist im Grunde genau so einfach, wie die Frage dieser Menschen: Der Glaube ist das einzige, was Gott vom Menschen haben will - und der ist auch noch sein Werk. Allerdings glaube ich nicht, dass alle, die das wissen wollten, Jesus nun auch wirklich verstanden haben! Aber das werden wir nicht mehr herausfinden können, darum wenden wir uns jetzt uns selbst zu. Verstehen wir das: Der Glaube ist das einzige Werk, das Gott von uns haben will - und dieses Werk tut er auch noch selbst an uns?

Da werden jetzt wohl einige von uns sagen: Glaube ist eine Haltung des Geistes, sie kann niemals ein Werk sein! - Aber das wird uns selbst wohl nicht recht überzeugen. Warum soll der Glaube - wie z.B. auch die Liebe - denn nicht tätig und damit einem Werk eng verwandt sein? Ja, ist nicht nur ein tätiger Glaube überhaupt einer, dem man ansehen kann, was er ist!

Anderen wird nicht gefallen, dass es sonst für uns Menschen, namentlich für uns Christen, nichts zu tun geben soll, als zu glauben. - Da können wir nun wieder dagegen halten, dass ein Glaube, der echt ist und sich in Liebe und tätiger Hilfe am Nächsten hervortut, nun wirklich nicht gering geachtet werden darf. Er ist vielmehr ein Zeichen dafür, dass Gottes Sache in der Welt wirklich Herzen berühren und Hände bewegen kann - auch heute, in einer Zeit, in der viele Menschen nur noch von Sensationen erreicht und von eigenen Interessen angetrieben werden.

Schließlich gibt es gewiss auch solche unter uns - und ich denke, es sind die meisten, denen es so geht - die kommen damit nicht zurecht, dass dieses einzige Werk, das Menschen erbringen sollen, auch noch von Gott gewirkt sein soll! Da bleibt ja nun für uns wirklich überhaupt nichts mehr übrig, was unser Wollen und unsere Leistung wäre. - Aber - wenn wir die Botschaft des Johannes und des ganzen Neuen Testamentes ernst nehmen - ist es tatsächlich so: Nichts ist unser Verdienst! Nichts ist meine Leistung! Allenfalls wenn es um das Wollen geht, können wir einen letzten Rest von eigenem Tun und eigener Mitwirkung an unserem Heil erkennen: Wenn ein Mensch Gottes Geschenk des Glaubens nicht annehmen will, dann wird er es wohl nicht erhalten. Wenn du dich hartnäckig weigerst, Gottes Freundlichkeit und Güte, die dein Leben bis heute begleiten, zu sehen, dann wirst du ihren Grund in deinem eigenen Tun suchen - und finden. Wenn ich mich jedem Gedanken an Gott und der Frage nach dem Ewigen Leben verschließe, dann wird mir Gott sich und die verheißene Herrlichkeit ganz sicher nicht aufdrängen und jeder Mensch wird verstehen, dass Gott diese Freiheit unseres Willens bis hin zu unserer Weigerung achtet.

Aber lassen Sie uns auch einmal von der anderen Seite her an die Frage herangehen, ob der Glaube - wie möglicherweise manches andere auch - nicht doch unser eigenes Werk ist?

Dass auch der Glaube eine Leistung ist, davon waren die Menschen, die damals zu Jesus kamen, ganz selbstverständlich ausgegangen, wenn sie ihn fragen: "Was sollen wir tun, dass wir Gottes Werke wirken?" Sie wären nicht erstaunt, vielmehr ganz zufrieden gewesen, hätte Jesus nun geantwortet: Haltet die Gebote, betet viel und gebt fleißig Almosen! Allerdings hätte unser Herr damit auch schon den Schlusspunkt unter seine Sache auf Erden gesetzt. Das nämlich wäre keine neue, schon gar keine christliche Botschaft gewesen! Jesu Anhängerschaft hätte sich sehr schnell von ihm abgewendet. Es hätte keine christliche Gemeinde, keine Mission des Petrus oder Paulus gegeben und es gäbe heute keine Kirche, die sich auf Jesus Christus beruft. Ja, wahrscheinlich wüssten wir gar nichts davon, dass einmal einer über diese Erde ging, der Jesus von Nazareth geheißen hat.

Jesus aber antwortet: "Das ist Gottes Werk, dass ihr an den glaubt, den er gesandt hat!" Und das haben die meisten wohl noch missverstanden, indem sie "Gottes Werk" in diesem Satz einfach überhört haben. Dabei kommt dann heraus: Das Werk, das Menschen leisten sollen, ist der Glaube an den, der von Gott herkommt. Und jetzt verstehen wir, warum die Menschen nun weiter bohren: "Da sprachen sie zu ihm: Was tust du für ein Zeichen, damit wir sehen und dir glauben?" Nichts anderes sagen sie damit, als dies: Wenn wir an dich, Jesus von Nazareth, glauben sollen, dann musst du uns schon ein Zeichen tun, das dich auch beglaubigt, ein Zeichen, das nicht jeder andere auch tun kann, das vielmehr deine besondere Macht zeigt.

Liebe Gemeinde, hier wäre nun die zweite Gelegenheit gewesen, dass Jesus schon frühzeitig an seinem Auftrag versagt und die Sache Gottes auf Erden zu ihrem frühen Ende bringt: Er hätte ein Wunder wie bei der Hochzeit zu Kana tun können oder eine Heilung eines Gebrechens. Auch die Austreibung eines bösen Geistes hätte sich angeboten. Dabei hätte es sich mit dem Ende seiner Popularität durchaus noch ein paar Wochen hinziehen können: Gewiss wären die geforderten Zeichen immer größer und erstaunlicher geworden: Arme wären durch seinen Spruch zu Reichtum und Außenseiter zu Einfluss gekommen. Schließlich hätten wohl täglich Auferweckungen von Toten auf Jesu Tagesplan gestanden. Das Zeichen aber, das Gott mit ihm selbst, seinem Sohn, in der Welt tun wollte, hätte dabei keiner begriffen, denn das ist anders: "Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben. Ich bin das Brot des Lebens. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten."

Gewiss haben jetzt auch wir gedacht, dass es auch uns nicht leicht fällt, uns damit abzufinden, dass Jesus Christus nicht der Wundertäter ist, den wir uns eigentlich als unseren Herrn wünschen: Das wäre doch etwas, wenn wir ihn nur bitten müssten, dass er Behinderung und Krankheit von uns nimmt. Wie sehr würden wir uns wünschen, dass er uns zuverlässig vor Unglück und Gefahr bewahrt. Und gegen einen Lottogewinn oder einen besser bezahlten Posten hätten wir auch nichts einzuwenden. Und - ist es nicht so? - auch bei uns würden die Wünsche nicht irgendwann alle erfüllt sein, sondern sie würden immer größer und größer werden - und sicher auch unverschämter.

Liebe Gemeinde, hören wir noch einmal hin, was unser Herr uns heute sagen will: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Mein Vater gibt euch das wahre Brot vom Himmel. Denn Gottes Brot ist das, das vom Himmel kommt und gibt der Welt das Leben." Das Himmelsbrot ist Jesus Christus selbst! Nicht das, was er für uns an Wundern oder Zeichen tut, ernährt uns. Nicht irgendwelche weltliche Habe, Geld oder Besitz machen uns satt. Nicht unser Einfluss, unsere Macht oder Geltung bei den Menschen kann unser Leben reich, rund und erfüllt werden lassen. Alles, was wir zum wahren Leben brauchen, finden wir in der Nähe unseres Herrn, im Glauben an ihn, im Hören auf sein Wort, im Tun seines Willens, im Gebet zu seinem und unserem Vater. - Wie gut, wenn wir uns am Glauben an ihn genug sein lassen. Wie gut, wenn wir ihn als Brot unseres Lebens annehmen. Wie gut, wenn wir so wie die Menschen damals sprechen können: "Herr, gib uns allezeit solches Brot." AMEN