Predigt zum Ostermontag - 25.4.2011

Textlesung: Lk. 24, 36 - 45

Als sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin's selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Knochen, wie ihr seht, dass ich sie habe. Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und Füße. Als sie aber noch nicht glaubten vor Freude und sich verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? Und sie legten ihm ein Stück gebratenen Fisch vor. Und er nahm's und aß vor ihnen. Er sprach aber zu ihnen: Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden.

Liebe Gemeinde!

Was tut Jesus hier nicht alles, um den verängstigten Jüngern zu beweisen, dass er's wirklich ist, der da nach seiner Auferstehung plötzlich in ihre Mitte tritt: Er rügt sie, weil sie so erschrocken sind. Sie hätten doch eigentlich wissen müssen, dass er auferstehen würde. Einige Male hatte er es ihnen doch angekündigt. Er zeigt den Jüngern seine Hände und Füße, die noch die Wundmale tragen. Er lässt sich von ihnen anfassen und er isst vor ihren Augen - wenn er ein Geist wäre, wie sie meinen, dann brauchte er nichts zu essen. Trotzdem - bis zum Ende dieser Geschichte erfahren wir nicht, ob sie denn nun wirklich dauerhaft an diesen Herrn glauben können.

Was sagt uns das? Zuerst dies: Dass die Jünger durchaus keine besonders vertrauensseligen Leute waren. Dass sie Jesus wohl vor Ostern nicht glauben konnten, was er ihnen über seinen Tod und seine Auferstehung gesagt hatte. Dass sie darum - kaum ein paar Tage nach Jesu Kreuzigung - auch gar nicht mehr damit rechneten, dass sie von ihrem Herrn je wieder etwas hören würden. Und schließlich sagt es uns - und das ist sicher das Wichtigste und das Schlimmste: Die Jünger hatten auch den ganzen Heilsplan Gottes nicht verstanden, der sich in Leiden, Tod und Auferstehung zeigte. Darum muss Jesus es ihnen hier auch noch einmal erklären: "Das sind meine Worte, die ich zu euch gesagt habe, als ich noch bei euch war: Es muss alles erfüllt werden, was von mir geschrieben steht im Gesetz des Mose, in den Propheten und in den Psalmen." Und Jesus hilft ihnen, dass sie endlich begreifen können; so es heißt am Schluss: "Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden." Aber - halten wir das fest - unser Herr hilft ihnen, dass sie verstehen, denn von sich aus hätten sie wohl nichts verstanden.

Liebe Gemeinde, gehen wir doch jetzt einmal für uns dem entlang, was wir eben über die Jünger aus dieser Geschichte entnehmen konnten: Sind wir vertrauensselig? Wenn wir ganz ehrlich sind, müssen wir gestehen: In manchen Dingen schon! Wenn eine Sache neu ist und von daher reizvoll, dann glauben wir recht gern, was uns einer darüber erzählt. Beispiele sind etwa neue Produkte auf dem Markt, die uns angepriesen werden oder "Wundermittel", die uns Heilung oder Linderung unserer gesundheitlichen Beschwerden versprechen oder auch die Werbung für das gerade erst fertiggestellte Superhotel auf der beliebten Urlaubsinsel - nur 50 Meter vom Strand entfernt. Zwar hat sich schon manche Neuheit auf dem Markt als schlecht erwiesen und auch eine ganze Reihe von Wundermitteln waren ihr Geld nicht wert. Zwar ist das Superhotel ein Monstrum mit 2000 Betten gewesen und zum Strand waren es zwei Kilometer ... Und doch können wir nicht ausschließen, dass wir auf das nächste Versprechen nach höchster Qualität, schneller Heilung, rascher Linderung oder besonderer Urlaubsfreude nicht wieder hereinfallen.

Allerdings bringen wir dafür in anderen Lebensbereichen weit weniger Vertrauen auf - und das ist wie bei den Jüngern: Wenn es um unsere Sache mit Gott geht. Aber das führt uns schon weiter zu der Frage: Glauben wir Jesus und denen, die von ihm in der Heiligen Schrift schreiben, was wir über seinen Tod und seine Auferstehung lesen können und was er selbst mehrfach in der Zeit, als er leibhaftig über diese Erde ging, angekündigt hat?: "Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen." (Mk.8,31)

Ja, freilich werden gewiss die meisten unter uns sagen. Das glauben wir. Und vielleicht würden wir hinzufügen: Das bekennen wir schließlich auch im Glaubensbekenntnis: "... gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten ..." Und immerhin fügen wir doch auch noch etwas anderes hinzu, was doch unserem Glauben nicht weniger Schwierigkeiten macht: "... aufgefahren in den Himmel ..." Aber - ich will da ganz offen sprechen: Beweist die Tatsache, dass wir diese Worte im Glaubensbekenntnis hersagen, wirklich, dass wir das glauben? Ein alter Pfarrer am Ende seiner Dienstzeit hat einmal gesagt: "Das Glaubensbekenntnis an jedem Sonntag zu sprechen, ist sicher keine Garantie für den Glauben, der darin bekannt wird, vielmehr die große Gefahr, dass man es innerlich nicht mehr mitdenkt und es sich dadurch abnutzt und man es im Grunde nur gedankenlos plappert."

Ich glaube übrigens, dass wir, gerade weil wir bei den Ereignissen um Karfreitag und Ostern in unserem Glauben gar nicht so sicher sind, an diesen Osterfeiertagen besonders gern und zahlreich in die Kirche gehen: Wünschen wir uns nicht in jedem Jahr neu, dass uns hier über Ostern vor dem Altar und unter der Kanzel einmal ein gutes Wort erreicht, das uns wirklich von der Auferstehung Jesu überzeugt und damit unseren Glauben daran stärkt, dass es auch für uns nach dem Tod einmal ein neues Leben geben wird?

Aber gehen wir weiter in dieser nachösterlichen Geschichte damals - und übertragen wir sie in unser Leben als Christen heute: Dass Jesus den Jüngern die Wundmale gezeigt hat, sie ihn anfassen konnten und er vor ihnen etwas gegessen hat, brachte ja nicht den durchschlagenden Erfolg. Für uns heute ist diese persönliche Begegnung gar nicht möglich, darum gehen wir auch nicht weiter darauf ein. Was aber bringt den Umschwung? Was schenkt den Jüngern - wenigstens im Moment - den Glauben, dass hier ihr Herr vor ihnen steht und also nicht im Tod geblieben ist?

So heißt es am Schluss: "Da öffnete er ihnen das Verständnis, so dass sie die Schrift verstanden." Ich denke, es ist hier, wie so oft in den Geschichten, die in der Bibel erzählt werden: Das Wichtigste steht am Ende! Und so ist es auch hier: Jesus öffnet den Jüngern das Verständnis. Er allein kann das tun. Und wenn er es will, dann können auch wir heute den Heilsplan Gottes begreifen. Wenn Gott ihn uns schenkt, dann finden wir zum Glauben. Anders nicht.

Liebe Gemeinde, sicher denken jetzt manche unter uns: Das haben wir doch schon lange gewusst, dass der Glaube ein Geschenk ist. Aber, ist es nicht so: Wenn wir noch nicht glauben können, probieren wir dann nicht trotzdem immer wieder - und vielleicht gerade heute! - den Glauben auf irgendeine Weise zu erlangen? Und meinen wir nicht, wenn wir den Glauben haben, die anderen, die ihn nicht haben, müssten sich halt ein bisschen anstrengen, dann würde es sicher auch bei ihnen klappen? Aber es bleibt dabei: Wenn Jesus uns nicht das Verständnis für seine Sache öffnet, dann gewinnen wir es nicht! Wenn Gott uns den Glauben nicht schenkt, dann werden wir ihn nicht finden!

Nun werden wir gewiss fragen: Ja, was können wir denn dann überhaupt dafür tun, dass wir den Glauben geschenkt bekommen? Die Antwort ist: Nichts! Und die Antwort ist: Sehr viel!

Nichts können wir dafür tun, weil Gott sich das auf ewig vorbehalten hat, Menschen mit dem Glauben zu beschenken. Wir haben keinen Einfluss darauf, nicht den geringsten. Wir können weder uns selbst Gottes Glaubensgeschenk auf irgendeine Weise nehmen, noch können wir es für andere sozusagen bestellen. Wenn es anders wäre, dann würde ich das heute für uns alle tun!

Und wir können doch "sehr viel" dafür tun, dass Gott uns mit dem Glauben beschenkt - aber es bleibt weiter seine freie Liebesgabe! Wie das geht? Auch da wollen wir noch einmal auf die Jünger schauen: Sie haben sich von Jesus rufen lassen, in seinen Dienst nehmen lassen und das, ohne - wie wir an dieser Geschichte erkennen können - wirklichen Glauben zu haben. Das ist also möglich - auch für uns: Sich von Jesus rufen zu lassen, seinem Vorbild zu folgen, zu fragen, was hätte er in dieser oder jener Situation getan, was wäre jetzt sein Wille, was würde ihm gefallen, wenn ich es tue ... Wenn Sie jetzt von dieser Auskunft enttäuscht sind, wenn Ihnen das zu wenig ist, um dem Glaubensgeschenk näher zu kommen, dann denken Sie einen Augenblick an die Beispiele aus der Bibel, die davon erzählen, wie einer zum Glauben gekommen ist: Der Zöllner Zachäus - ist sicher unverdächtig, dass er, bevor er Jesus begegnet ist, schon geglaubt hätte. Aber er will ihn sehen, klettert auf einen Baum, hört Jesu Stimme und folgt ihr: "Zachäus, ich möchte heute in deinem Haus zu Gast sein!" Oder der Hauptmann von Kapernaum - er hat als Heide überhaupt keine Ahnung, was denn der Glaube sein mag. Aber er spürt, dass dieser Jesus ein besonderer Mensch ist, der mit einer Macht in Verbindung steht, die größer ist als alles, was er bisher gekannt hat. Schließlich fällt mir noch der Vater des besessenen Knaben ein, der zu Jesus sagt: "Hilf meinem Unglauben" und der damit ausdrücklich bekennt, dass er - vor der Heilung seines Kindes durch Jesus - keinen Glauben hatte.

Aber eines haben diese Menschen - neben der Tatsache, dass sie nicht geglaubt haben - alle gemein: Sie fragen doch nach Jesus, nehmen mit ihm Kontakt auf, gehen in seine Nähe und lassen sich oft gegen Widerstände nicht davon abbringen. Und ich bin ganz sicher, dass sie nicht wieder von ihm weggehen, ohne dass Gott ihnen den Glauben an diesen Herrn geschenkt hat.

Ich wünsche uns allen zu diesem Osterfest, dass wir jeden Tag neu in die Nähe Jesu gehen, dass wir auf seine Stimme hören und nach Kräften seinen Willen tun und dass er uns das Verständnis öffnet, wie er es bei seinen Jüngern getan hat. Dann wünsche ich uns, dass wir in Jesu Nähe den Glauben geschenkt bekommen und wo wir ihn schon empfangen haben in seiner Nähe festhalten können - und ein gesegnetes Osterfest wünsche ich uns auch. AMEN