Predigt zum Heiligen Abend - 24.12.2010

(Für eine Christvesper der Erwachsenen oder die Christmette)

Liebe Gemeinde am Heiligen Abend (in der Heiligen Nacht)!

Vielleicht sind wir heute ja hierher gekommen, um nach all dem Rummel der letzten Tage noch eine ruhige, stimmungsvolle Stunde zu erleben. Vielleicht waren wir zu Hause allein und hatten Sehnsucht nach ein wenig Licht und Wärme und der Gesellschaft anderer Menschen, wie wir sie am Heiligen Abend ja ganz gewiss in unserer Kirche erwarten dürfen. Vielleicht auch wollten wir die schöne alte Geschichte von der Geburt des Herrn hören, bei der es halt doch nicht gleichgültig ist, ob wir sie selbst lesen oder ob sie uns vorgelesen wird. Die wenigsten von uns werden aber wegen solcher ernsten Worte hierher gekommen sein, wie sie uns für diesen Abend zu predigen verordnet sind. Aber ich will sie uns jetzt doch vortragen und dann darüber sprechen. Ich tue das im Vertrauen darauf, dass es Gottes Wort ist, das wir da hören und dass dieses Wort sich seinen Weg in unsere Herzen suchen und - so Gott will - auch finden wird. Wir hören auf Verse aus dem Johannesevangelium. Sie stehen dort im 3. Kapitel:

Textlesung: Jh. 3, 16 - 21

Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, dass er die Welt richte, sondern dass die Welt durch ihn gerettet werde. Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind.

Liebe Gemeinde, der erste Satz lässt sich ja noch ganz gut hören: „Also hat Gott die Welt geliebt ... damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." Das klingt freundlich und verheißungsvoll. Das macht Mut und öffnet einen wunderbaren Ausblick ... bis in Gottes Ewigkeit. Dann aber wird es ernst, denn es wird vom Gericht gesprochen und ich fürchte, dass wir da gar nicht mehr so genau hinhören. Weil Gericht bedrohlich klingt. Und weil wir an Heiligabend nicht an das Gericht denken wollen. Dabei entgeht uns jetzt aber, dass Gottes Sohn gerade nicht in die Welt gekommen ist, um uns zu richten, sondern um uns zu retten! Und auch bei dem Satz, der dann kommt, geben wir vielleicht nicht genug acht und verstehen seine Botschaft anders, als sie gemeint ist: „Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes." Nein, es heißt nicht: Wer glaubt, wird nicht gerichtet, wer aber nicht glaubt, wird gerichtet. Es heißt vielmehr: Wer nicht glaubt, ist gerichtet - und das tut er selbst!

Warum uns das so schwer eingeht, liegt wohl daran, dass wir in unserer Welt immer wieder und immer mehr mit Entscheidungen und Wahlmöglichkeiten zu tun haben, bei denen es entweder Ja oder Nein, richtig oder falsch gibt. Und für beides, je nachdem wie wir uns entscheiden, müssen wir uns dann verantworten: Wenn wir das Richtige tun, ist es gut für uns. Tun wir das Falsche, ergeht es uns schlecht damit. Das eine ist zu unserem Vorteil, das andere schadet uns. Und im religiösen Bereich heißt das: Lohn oder Strafe. Und im Blick auf das Gericht, von dem wir hier hören, fällt uns Heil oder Verdammung ein. - So ist es aber nicht! Hören wir noch einmal hin: Wer glaubt wird nicht gerichtet, Wer nicht glaubt, ist gerichtet - schon hier und heute und nicht von Gott, sondern durch sich selbst! Und wie dieses Gericht über uns kommt, hören wir hier: „Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse." Aber die Finsternis zu lieben, ist kein Verhängnis! Böse Werke zu vollbringen, ist nicht unsere Bestimmung. Es ist vielmehr unsere freie Entscheidung, uns dem Licht zuzuwenden oder in der Finsternis zu bleiben, denn: „Wer Böses tut, der hasst das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden." Wir Menschen verstecken uns selbst und unsere Werke gern im Dunkel, damit niemand erkennt, wie es um uns und unsere Taten bestellt ist. Aber Gott legt uns darauf nicht fest! In Sachen des Glaubens gibt es nicht ein für alle Mal Recht oder Unrecht, gut oder schlecht, Lohn oder Strafe, Heil oder Verdammung. Alles bleibt offen. Gott lässt uns Möglichkeiten, so lange wir leben. Er gibt uns immer wieder Chancen, Angebote ... die wir wählen und ergreifen können, so lange wir atmen. Nichts ist festgelegt. Keiner wird auf seinen Unglauben festgenagelt. Wir sind heute und immer wieder eingeladen: „Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offenbar wird, dass seine Werke in Gott getan sind."

Aber wir geht das: ... der kommt zu dem Licht? - Ich glaube, wir haben alle verstanden, wer dieses Licht ist, wer da als ein Licht von Gott „in die Welt gekommen ist". Hier ist vom „Sohn Gottes" von „Jesus Christus" die Rede. Und gerade heute Abend wird uns das ja so deutlich wie sonst nie. Auf wen haben denn schon die Kerzen am Adventskranz oder die Lichter in unseren adventlichen Fenstern hingewiesen? Wessen Licht spiegelt unser Christbaum wider und wessen Glanz strahlt auch in unseren Augen auf und für wen steht der leuchtende Stern, den wir im Altarraum aufgehängt haben? Jesus Christus, der Retter, der Erlöser, der Heiland ist das Licht der Welt und das Licht, zu dem wir uns aufmachen sollen.

Und so geht das ganz praktisch: Schon am Morgen jedes Tages von heute an fragen wir nach ihm, Jesus Christus. Danken wir IHM für die Nacht. Bitten wir IHN um seinen Beistand bei allem, was uns über Tag begegnet und um seinen Segen. Befehlen wir uns und unsere Lieben seinem Schutz. Sehen wir im Gesicht jedes Menschen, mit dem wir zusammentreffen und zu tun bekommen, IHN und reden und handeln wir so mit diesen Menschen, dass alles, was wir sagen und wie wir uns verhalten vor IHM bestehen kann. Bei unseren Mahlzeiten am Mittag und Abend denken wir daran, dass es nicht selbstverständlich ist, satt zu essen zu haben. Bei allem, was uns erfreut, vergessen wir nicht, wem wir es verdanken und wenn sich uns eine Schwierigkeit in den Weg stellt, fragen wir, was ER jetzt tun würde. In all unseren Gedanken, in allen Entscheidungen soll ER einen Platz haben und sein Recht, mitzureden. Es gibt keinen Augenblick eines jeden Tages, an dem ER nicht unsichtbar bei uns wäre. Es mag sein, dass wir IHN einmal nicht hören - vielleicht nicht hören wollen - aber ER ist immer ganz nah. Abends, wenn wir uns niederlegen, gehen wir die Stunden und Ereignisse des Tages noch einmal durch. Breiten wir alles, was uns bewegt hat, vor IHM aus. Bitten wir IHN um Verzeihung für das, was wir falsch gemacht und wo wir versagt haben. Und danken wir IHM für alles Gute, das der Tag uns geschenkt hat, aber auch für alles Schwere, an dem wir gewachsen sind und für seine Begleitung und Bewahrung.

So sind und bleiben wir und so leben wir in seinem Licht! Und wir werden erfahren, dass uns das gut tut. Im Licht Jesu Christi, in seiner Nähe sind wir geborgen und sicher. Unser Leben wird voller, runder und jeder Tag bekommt mehr Sinn. In seinem Licht sind wir nie allein. ER ist da und die anderen Menschen, die zu ihm gehören. Wir müssen keine Angst mehr haben. Unser Leben hat seine Begleitung, hat eine Richtung und ein Ziel. Freuen wir uns daran und nehmen wir das von diesem freundlichen Abend mit: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben." AMEN