Predigt zum 21. Sonntag nach Trinitatis - 24.10.2010

Textlesung: Eph. 6, 10 - 17

Zuletzt: Seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. Zieht an die Waffenrüstung Gottes, damit ihr bestehen könnt gegen die listigen Anschläge des Teufels. Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen, nämlich mit den Herren der Welt, die in dieser Finsternis herrschen, mit den bösen Geistern unter dem Himmel. Deshalb ergreift die Waffenrüstung Gottes, damit ihr an dem bösen Tag Widerstand leisten und alles überwinden und das Feld behalten könnt. So steht nun fest, umgürtet an euren Lenden mit Wahrheit und angetan mit dem Panzer der Gerechtigkeit, und an den Beinen gestiefelt, bereit, einzutreten für das Evangelium des Friedens. Vor allen Dingen aber ergreift den Schild des Glaubens, mit dem ihr auslöschen könnt alle feurigen Pfeile des Bösen, und nehmt den Helm des Heils und das Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes.

Liebe Gemeinde!

Wie anschaulich diese Verse doch sind! Wir sehen ihn geradezu vor uns, den christlichen Soldaten, der so ganz nach dem Vorbild der römischen Söldner gekleidet ist: umgürtet, gepanzert und angetan mit Stiefeln, Schild und Schwert. Und doch ist die Waffenrüstung Gottes etwas ganz anderes und die Soldaten, die sie anziehen, haben einen völlig anderen Auftrag. Es geht nicht um Angriff - es geht um Widerstand. Es geht nicht darum, Land oder Besitz zu gewinnen, sondern darum, zu überwinden und das Feld zu behalten. Es geht vor allem nicht um einen Krieg, sondern darum, für den Frieden einzutreten.

Aber schauen wir uns die Rüstung der Soldaten Gottes einmal genauer an, die ja auch uns hingehalten wird, dass wir sie anlegen: Zuallererst müssen wir "fest stehen". Die Rüstung muss in aller Ruhe angezogen werden. Es darf nicht zu spät sein dafür, dass wir sie uns nicht in aller Eile überziehen müssen. Dann nämlich fehlt die nötige Sorgfalt. Es werden Stellen unbedeckt bleiben, an denen wir verletzlich sind. Es wird sich vielleicht eine Schlaufe öffnen oder eine Schnalle locker werden, sodass wir im Augenblick eines Angriffs Teile der Rüstung verlieren. Also still stehen, solange bis die ganze Rüstung sitzt und Halt hat und uns wirklich schützt.

Am besten gehen wir dabei so vor: Zuerst umgürten wir uns mit der "Wahrheit": Schlagen wir uns alle schlechten, selbstsüchtigen Gedanken aus dem Kopf. Wir ziehen nicht in einen Kampf um unsere eigenen Interessen. Es geht um die Sache Gottes! Und was er will, wissen wir: Wir sollen an die Mitmenschen denken, die er uns zu Nächsten gemacht hat. Wo sie Hilfe brauchen, sollen wir ihnen beistehen. Wenn sie uns brauchen, sollen wir mit ihnen teilen: Nicht nur Geld und Gut, auch unsere anderen Gaben: was wir können und worin wir geschickt sind. Und Gottes Wahrheit, die im Hintergrund unseres Denkens, Redens und Handelns stehen soll, kennen wir auch: Er hat seinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt, dass er uns von Schuld, Tod und Teufel erlöst. Wir sollen allein IHM vertrauen und uns nicht auf uns selbst, auf unsere Werke und Verdienste verlassen. Mit Christus an unserer Seite sind wir auf einem guten Weg durch das Leben und werden einmal aus dieser Welt in Gottes ewiges Reich gehen. Wenn wir diese Wahrheit glauben, müssen wir uns nicht fürchten, sondern können ganz getrost alles bestehen, was uns begegnet.

Legen wir uns jetzt den "Panzer der Gerechtigkeit" an: Dieser Panzer ist zuerst die Gerechtigkeit, die Gott uns schenkt. Er "rechtfertigt" uns in Jesus Christus! Wir sind durch ihn erlöst von aller Sünde, allem Bösen. Nichts und niemand kann uns mehr bei Gott verklagen. Wir sind aller Schulden ledig! Jetzt können wir aufrecht gehen, können aufblicken und müssen uns nicht unserer Taten schämen, die falsch oder schlecht waren. Gott spricht uns los und schenkt uns einen neuen Anfang und ein neues Leben durch Christus. Er hat alle Schuld, alles, was Strafe verdient hat und was wir verantworten müssten, ans Kreuz getragen. Wir sind frei.

Jetzt können wir auch selber gerecht sein: Niemandem mehr die Schuld behalten, die Gott ihm vergeben hat. Niemanden auf seine Fehler verhaften, die vor Gott nicht mehr gelten. Hinter allem, was einer denkt, redet und tut auch das sehen, was seine Lebensgeschichte bis heute war und warum er so geworden ist, wie er ist. Und ihn darum verstehen, ihm das eine oder andere nachsehen und verzeihen, barmherzig mit ihm sein und ihm so wirklich "gerecht" werden. Nur ein Mensch, der bei uns Verständnis findet, wird sich auch ändern können.

Jetzt kommen die "Stiefel" dran, mit denen wir für "das Evangelium des Friedens" eintreten können: Dass Gott in Jesus Christus Frieden mit seinen Menschen gemacht hat, ist die frohe Botschaft, die wir zu unseren Nächsten tragen sollen. Dieser Friede muss unser Denken erfüllen. Von diesem Frieden sollen wir reden. Aber dieser Friede muss auch auf unserem Gesicht zu lesen sein, unser Tun und Lassen bestimmen und darin deutlich werden, wie wir mit den Mitmenschen umgehen - nicht nur denen gegenüber, die wir unsere Freunde nennen würden. Wenn Gott uns seinen Frieden anbietet, dann gilt das auch für unsere Mitmenschen. Wenn uns durch das Blut Jesu Christi alle Schuld vergeben ist, dann vergibt Gott auch unseren Nächsten. Die Bosheit, die ER einem anderen verzeiht, kann ich ihm nicht behalten. Gewiss: dass Gott mit uns Frieden macht, ist erst einmal nur ein Wort. Aber dieses Wort soll Fleisch werden - an uns, durch uns, so dass es jeder sehen und spüren kann.

Jetzt - und das ist besonders wichtig! - ergreifen wir den "Schild des Glaubens", an dem die "feurigen Pfleile des Bösen" abprallen. Vielleicht hätten wir ja gedacht, dass der Glaube aus uns selbst kommt, von innen sozusagen. Aber auch das Schild des Glaubens hält Gott uns hin. Es kommt von ihm - aber es muss "ergriffen" werden. Und das geht so wie ... ja, wir wollen es mit dem Schwimmen vergleichen: Wir hören und sehen an anderen, dass sie das Wasser trägt. Und wir wagen es, ihm uns anzuvertrauen. Und wir erfahren: Wir gehen nicht unter. Wir bleiben oben, getragen von Kräften, die wir noch nicht kannten. - Genau so ist es mit dem Glauben: Wir hören und sehen, andere verlassen sich auf Gott. Und wir wagen das Vertrauen in seine Macht. Und wir erfahren: Er lässt uns nicht fallen. Er hält uns und führt uns durch allen Kummer, alles was uns schreckt, Sorgen macht und uns ängstet. Wir werden von IHM getragen und erleben eine Kraft, von der wir vorher nichts geahnt haben.

Auch der "Helm des Heils" gehört zu unserer Rüstung - mit ihm geht auch die Hoffnung mit uns in den Kampf: Die Hoffnung, dass unser Leben hier nicht alles ist. Die Aussicht, dass wir eine Zukunft über den Tod hinaus haben. Das feste Vertrauen, dass Gott einmal wahr machen wird, was uns Jesus Christus verspricht: "Ich lebe und ihr sollt auch leben." (Jh. 14,19) Diese Hoffnung ist ein starker Schutz! Sie bewahrt uns davor, in schwierigen Lebenslagen aufzugeben. Sie gibt uns neue Kräfte, wenn uns angesichts der Katastrophen und der Ungerechtigkeit in der Welt und in Zeiten persönlichen Leids der Mut ausgeht. Sie ist wie der helle Hintergrund des oft so dunklen Bildes, das die vergängliche Welt immer wieder abgibt. Dieser Helm des Heils, die begründete Hoffnung, die wir Christen haben, ist keine Vertröstung, kein Versprechen, das uns faul und untätig werden lässt, sondern der Grund und die Quelle immer neuer Zuversicht. Wir wissen, dass einmal eine neue Welt Gottes erscheint, ein Land ohne Tränen, ohne Leid, ohne Krieg, Krankheit und Tod. Und wir werden Bürger in diesem Land sein, ja sogar Erben und Kinder Gottes, den wir schon heute Vater nennen dürfen. Wer diese Herrlichkeit vor Augen und vor dem Herzen hat, der wird alles daran setzen, in dieser Welt schon Zuversicht zu haben, Hoffnung zu verbreiten und durch sein Reden und Wirken Trübsal, Zukunftsangst und böse Erwartungen zu vertreiben.

Am Ende nehmen wir noch das "Schwert des Geistes, welches ist das Wort Gottes" an unsere Seite. Aus diesem Wort Gottes, aus der Heiligen Schrift, aus Predigt und Verkündigung holen wir uns immer wieder die Weisung für unser Leben in einer Zeit und einer Welt, in der so manches lauter ist als dieses Wort. Aber unser Geist hat unterscheiden gelernt: Was dient wirklich uns und den Menschen. Wo liegt Trost darin und was baut uns auf. Worin finden wir Frieden für unsere Seele. Und was bereichert unser Leben in der Gemeinschaft.

Ja, Gemeinschaft ... sie ist überhaupt ganz wichtig für alle, die Gottes Waffenrüstung tragen. Wie Soldaten, die ohne ihre Truppe ausziehen, nichts ausrichten werden, so ist es auch mit uns: Wir können den Kampf nur gemeinsam bestehen! Unsere Truppe ist die Gemeinde. Unser Feldherr ist Jesus Christus. Er geht uns voran. Er zeigt uns den Weg durchs Leben. Das wird nicht immer ein leichter Weg sein. Aber wenn wir in seiner Spur bleiben, finden wir das Ziel! Wir sind einer des anderen Stütze, eine hilft der anderen unterwegs auf. Wenn uns die Kräfte verlassen, treten wir füreinander ein. Wenn uns die Angst übermannen will, sprechen wir einander Mut zu. Alle zusammen gehen wir durch die Zeit. Miteinander treten wir ein in Gottes neue Welt. AMEN