Predigt zum 7. Sonnt. nach Trinitatis - 18.7.2010 

Textlesung: Apg. 2, 41 - 47

Die nun sein Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen. Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.

Es kam aber Furcht über alle Seelen, und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte.

Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

Liebe Gemeinde!

Hier wird das Leben der ersten Christen von Jerusalem beschrieben. Und - jedenfalls ich hätte diesen Wunsch - eine solche Gemeinde möchte ich auch haben! Gehen wir doch einmal für eine Weile hinein in diese Urgemeinde. Schauen wir uns die vier Säulen an, auf denen sie gebaut ist:

"Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel ..." Das Wort der Jünger, allen voran das Wort des Petrus, der Männer also, die Augen- und Ohrenzeugen des irdischen Jesus wie des auferstandenen Christus gewesen sind, bildet die erste Säule. Sie genießen unbedingte Autorität. Was sie sagen, wird gehört. Ihre Entscheidungen gelten. Sie haben aber nicht das eigene, sondern das Wohl aller im Blick. Sie sind die Hirten der Gemeinde, die vom Herrn und Hirten aller Christen dazu eingesetzt sind, die "Schafe seiner Herde zu weiden, zu beschützen und zum frischen Wasser zu führen".

"Sie blieben beständig ... in der Gemeinschaft ..." Das ist die zweite Säule. Und ich will das gern glauben, dass jede Christin und jeder Christ gern in einer solchen Gemeinde lebt! Denn das ist wunderbar, wenn einer am anderen Halt hat, wenn eine die andere trägt und stützt und keiner mit seinen Sorgen und seinem Kummer, aber auch mit seinen schönen Erlebnissen und seiner Freude allein ist.

Aber in dieser Gemeinschaft teilten auch alle miteinander, was sie hatten. Und das war nicht von oben verordnet oder so etwas wie die Gemeinschaftsregel. Diese Freigebigkeit galt als selbstverständliche Frucht des Heiligen Geistes Gottes, den jede und jeder an Pfingsten empfangen hatte. So gaben alle von ihrem Besitz freiwillig und gern ab, so dass keiner Not leiden musste.

"Sie blieben beständig ... im Brotbrechen ..." Die dritte Säule. Zunächst feierte die erste Gemeinde das Abendmahl - das ist mit Brotbrechen gemeint! - innerhalb eines gemeinsamen Essens, bei dem auch jeder satt werden konnte. Später ist das "Brotbrechen" dann in einer besonderen liturgischen Feier gehalten worden, an der nur die getauften Christinnen und Christen teilnahmen. Das war fast so, wie wir es heute kennen. Allerdings wurde das Abendmahl viel häufiger gefeiert als heute! Es bedeutete für die Glieder der Urgemeinde sehr viel und wurde in der Zeit, in der sie auf die Wiederkunft Christi warteten, eine ganz wichtige, ihren Glauben stärkende Erfahrung, dass bei jedem Mahl auch ihr auferstandener Herr in ihrer Mitte war.

Schließlich gab es noch die vierte Säule: "Sie blieben beständig ... im Gebet ..." Auch wenn es hier erst an vierter Stelle genannt wird, das Gebet war eine ganz wichtige Sache für die frühen Christen! Nicht nur die Apostel, nein, jede Christin und jeder Christ übte das Beten, z.B. über einem Kranken, einem, der in Not geraten war, einem seelisch Leidenden oder einem, über den ein Unglück hereingebrochen war ... Ganz selbstverständlich war in diesen Gebeten neben der Bitte und Fürbitte auch der Dank ein ganz wesentlicher Bestandteil. Und dieser Dank kam von innen: Die Christen der frühen Zeit wussten etwas davon, dass sie eigentlich bevorzugt waren von Gott, dass gerade sie seine frohe Botschaft von Jesus Christus hatten hören dürfen! Es gab ja um sie herum neben dem Heidentum viele andere Religionen, sie aber hatten den Glauben gefunden, der sie froh, glücklich und frei machte. So lief ihr Herz über und das Loben und Preisen Gottes war ihnen ein Bedürfnis, dem sie nicht nur in den Gottesdiensten, sondern täglich auch in all ihren Gebeten Ausdruck verliehen.

Liebe Gemeinde, so ging es zu unter den ersten Christen. Und wir hören ja auch noch ein wenig mehr über sie und ihre Stellung in der damaligen Gesellschaft Jerusalems:

"Es kam aber Furcht über alle Seelen, und es geschahen auch viele Wunder und Zeichen durch die Apostel." "Furcht" müssen wir hier nicht als Angst verstehen. "Ehr-furcht" wäre wohl das richtige Wort. Und "alle Seelen" waren die anderen Menschen der großen Stadt, die nicht Christen waren. Die Apostel, die von Jesus ja noch die Macht geschenkt bekommen hatten, auch Wunder zu tun, übten diese Macht wohl auch an vielen Kranken, Behinderten und Leidenden. Aber sie taten das nicht um ihres eigenen Ansehens oder gar ihres eigenen Verdienstes willen! Es ging darum, die Menschen auf die Macht Gottes und seines Sohnes Jesus Christus hinzuweisen und sie mit seiner Botschaft und mit kraftvollen Taten zum Glauben an ihn zu führen. Und das gelang ganz offensichtlich: "Die nun das Wort annahmen, ließen sich taufen; und an diesem Tage wurden hinzugefügt etwa dreitausend Menschen ... Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden."

Was mir an dieser Beschreibung der ersten Gemeinde und ihres Lebens in der Gesellschaft noch so gut gefallen hat, ist dies: "... sie waren täglich einmütig beieinander ... mit Freude und lauterem Herzen und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk." "Einmütig beieinander" - obwohl es durchaus die anerkannten Führer der Gemeinde gab, die Apostel, war doch keiner über dem anderen, vielmehr alle gleich geachtet. Dass in einer solchen Gemeinschaft, in der niemand oben und niemand unten ist und Einmütigkeit herrscht, Freude und Lob Gottes entsteht, wollen wir gern glauben! Vielleicht das schönste ist aber, dass die Christen "Wohlwollen beim ganzen Volk" gefunden haben, das heißt, man hatte es gern mit ihnen zu tun und das, was sie lebten und die Botschaft, die sie predigten, kam gut an. So wurden gewiss auch die Ohren und die Herzen derer geöffnet, die ihnen begegneten. So konnte das Wort von Jesus Christus und die Liebe Gottes bei den Menschen auf einen gut bereiteten, fruchtbaren Boden fallen.

Liebe Gemeinde, sicher ist jetzt deutlich geworden, was uns diese Beschreibung des Lebens der Urgemeinde sagen und geben soll. Und sicher geht es Ihnen jetzt genauso, wie ich es am Anfang von mir bekannt habe: Eine solche Gemeinde möchte ich auch haben! Und wenn es jetzt schon persönlich wird, dann wollen wir auch das ganz deutlich aussprechen: So, wie wir es von der Gemeinde der ersten Christen hören, ist es nicht bei uns! Es hakt vielmehr an manchen Stellen und es fehlt auch hier und dort an Einmütigkeit ... (Weitere konkrete Mängel nennen!)

Aber wozu sollte eine Predigt und der gepredigte Text gut sein, wenn er uns nicht aufrufen, ermutigen und anspornen würde, daran nach Kräften zu arbeiten, dass unsere Gemeinde hier in ............. der Gemeinde der ersten Christen in Jerusalem ähnlicher wird, als es heute noch der Fall ist. Da kann es nicht schaden, wenn wir aus dem, was wir über die Urgemeinde gelesen und erfahren haben, noch einen Fahrplan machen, eine Art Merkzettel, die wir behalten und in unserer Gemeinde umsetzen wollen. Diese vier Punkte könnte dieser Merkzettel haben:

  1. Mehr Beständigkeit in der Lehre - nicht nur der "Apostel", sondern der ganzen Heiligen Schrift. Dass wir das Wort Gottes täglich zu uns sprechen lassen aus der Bibel, dem Losungsbuch oder dem christlichen Kalender. (---)
  2. Mehr Gemeinschaft untereinander. Dass wir die Versammlungen unserer Gemeinde, den Gottesdienst, die Bibelstunde oder den einen oder anderen Gemeindekreis aufsuchen. (---)
  3. Mehr Teilnahme am Abendmahl. Dass wir uns zum Tisch des Herrn aufmachen, wo immer er steht und wann immer wir Zeit haben. (---)
  4. Mehr Gebet. Dass wir das Händefalten am Morgen und am Abend wieder (mehr) üben und vielleicht auch das Loben und Danken über unserem Essen und all den anderen täglichen Gaben neu entdecken. (---)

All das wird nicht ohne Wirkung bleiben! Es wird Freude für uns selbst daraus erwachsen. Menschen die unsere Gemeinde erleben, werden sich wundern und staunen, dass es so etwas heute noch gibt. Sie werden neugierig auf das, was unserem Leben Mitte gibt und Halt. Und sie werden sich dem Glauben an Jesus Christus öffnen und auch wir werden erfahren, dass unser gelebtes Christentum uns Wohlwollen bei den anderen Menschen erregt.

Und - wer weiß? - vielleicht wird es uns sogar geschenkt, dass der eine oder die andere, die heute noch dem Glauben der Christen fernstehen, durch uns und unsere einladende Gemeinschaft zur christlichen Gemeinde hinzukommen, so wie es unsere Herr gewollt hat. AMEN