Predigt zum 16. Sonntag nach Trinitatis - 20.9.2015

Textlesung: Jh. 11,1(2) 3.17-27 (41-45)

Es lag aber einer krank, Lazarus aus Betanien, dem Dorf Marias und ihrer Schwester Marta. Maria aber war es, die den Herrn mit Salböl gesalbt und seine Füße mit ihrem Haar getrocknet hatte. Deren Bruder Lazarus war krank. Da sandten die Schwestern zu Jesus und ließen ihm sagen: Herr, siehe, der, den du liebhast, liegt krank.

Als Jesus kam, fand er Lazarus schon vier Tage im Grabe liegen. Betanien aber war nahe bei Jerusalem, etwa eine halbe Stunde entfernt. Und viele Juden waren zu Marta und Maria gekommen, sie zu trösten wegen ihres Bruders.

Als Marta nun hörte, dass Jesus kommt, geht sie ihm entgegen; Maria aber blieb daheim sitzen. Da sprach Marta zu Jesus: Herr, wärst du hier gewesen, mein Bruder wäre nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Was du bittest von Gott, das wird dir Gott geben.

Jesus spricht zu ihr: Dein Bruder wird auferstehen. Marta spricht zu ihm: Ich weiß wohl, dass er auferstehen wird - bei der Auferstehung am Jüngsten Tage. Jesus spricht zu ihr: Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Glaubst du das? Sie spricht zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.

Da hoben sie den Stein weg. Jesus aber hob seine Augen auf und sprach: Vater, ich danke dir, dass du mich erhört hast. Ich weiß, dass du mich allezeit hörst; aber um des Volkes willen, das umhersteht, sage ich's, damit sie glauben, dass du mich gesandt hast. Als er das gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!

Und der Verstorbene kam heraus, gebunden mit Grabtüchern an Füßen und Händen, und sein Gesicht war verhüllt mit einem Schweißtuch. Jesus spricht zu ihnen: Löst die Binden und lasst ihn gehen! Viele nun von den Juden, die zu Maria gekommen waren und sahen, was Jesus tat, glaubten an ihn.

Liebe Gemeinde!

Das ist schon eine gewaltige Geschichte! Es geht um das größte Wunder, das Jesus getan hat. Oder sollte ich sagen: ...getan haben soll? Denn ich weiß wohl, dass auch viele Christen das nicht glauben können und einige von ihnen sind sicher auch jetzt unter uns: Ein Toter, der schon vier Tage im Grab gelegen hat, steht durch Jesu Wort auf!? Er sagt: "Lazarus, komm heraus!" Und der Tote kommt heraus aus dem Grab und hat noch die Grabtücher an Füßen und Händen und das Gesicht verhüllt mit einem Schweißtuch. Dieses Wunder war damals zu groß, als dass es die Menschen fassen konnten und es ist auch heute für den Glauben mancher Christen zu groß. Ich kann nun gewiss mit dieser Predigt keinem diesen Glauben vermitteln. Kein Mensch kann das. Gott allein kann es - und er wird es tun, wenn er das will.

Aber die Geschichte von der Auferweckung des Lazarus spricht ja nicht nur davon, dass ein Toter durch Jesus in das irdische Leben zurückgeholt wird. Sie spricht auch über die Auferstehung - und die bekennen wir in jedem Gottesdienst, immer wenn wir das Glaubensbekenntnis sprechen: Ich glaube an die ... Auferstehung von den Toten und das Ewige Leben. Aber was meinen wir, wenn wir von der Auferstehung reden und was sagt die Lazarus-Geschichte darüber?

Selten genug wird ja - auch unter uns Christen - über die Auferstehung gesprochen. Nun, werden Sie sagen, wir wissen ja auch wenig darüber: Geschieht sie gleich nach dem Tod? Beim Jüngsten Gericht? Steht jeder für sich auf oder alle Menschen zur gleichen Zeit? Wie lange wird es noch dauern? Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte? Nicht einmal Jesus selbst weiß ja die Antwort. Er sagt (Mt.24,36): "Von dem Tage aber und von der Stunde weiß niemand, auch die Engel im Himmel nicht, auch der Sohn nicht, sondern allein der Vater." Zugegeben: Wenn wir so wenig darüber wissen, muss man verstehen, wenn wir selten über die Auferstehung reden!

Aber in der Geschichte von der Auferweckung des Lazarus erfahren wir von einer ganz anderen Auferstehung als der am Ende der Zeit, nämlich von der, in dieser Welt! Und wann die beginnt, dürfen wir wissen. Und wie sie aussieht, können wir erleben. Und wer sie uns schenken kann, erfahren wir auch. Hören wir doch: Jesus spricht zu Marta: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben..." Da ist nicht die Auferstehung von den Toten angesprochen, die wir im Glaubensbekenntnis meinen und an die wir vielleicht vorhin gedacht haben, als wir dieses Wort Jesu heute zuerst gehört haben. Jesus will wirklich sagen: Ich bin jetzt die Auferstehung! Wer jetzt an mich glaubt, der wird leben! Und dieses wirklich gewaltige Versprechen wird sogar noch gewaltiger: Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben. Hier wird sozusagen von heute eine Brücke in die Zukunft geschlagen: Heute schon beginnt die Auferstehung und wenn der Tod an uns herantritt, dann gibt es für alle, die an Jesus Christus glauben, kein Sterben mehr. Wir gehen von einem Leben ins andere. Wir lassen das Zeitliche zurück und betreten das Ewige. Eine Tür schließt sich, wir überschreiten die Schwelle und sind ... drüben in der Welt Gottes, von der wir wenig wissen, aber die uns versprochen ist. Nicht um unserer Verdienste in dieser Welt willen, sondern um Christi willen, der dieses Ewige Leben für uns mit seinem Blut erworben hat.

Aber noch haben wir in dieser Welt zu leben, darum bleiben wir noch beim Anfang der Verheißung unseres Herrn: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben..."

Nicht dass wir bei diesem "der wird leben" doch wieder an die ewige Zukunft denken! Hier ist die Auferstehung hier und heute und das Leben hier und heute gemeint! Wer an Jesus Christus glaubt, der ist heute auferstanden und hat das Leben - hier muss man sagen: das wahre Leben - heute!

Ich denke, hier wird es für die eine oder den anderen schwierig: "Wie soll ich das glauben? Wie spüre ich das: Auferstehung heute und wahres Leben heute?"

Liebe Gemeinde, es ist nicht verkehrt oder gar schlimm, wenn wir uns insgeheim diese Fragen stellen. Im Gegenteil. Diese Fragen führen uns wieder einmal ganz tief hinunter in das eigene Herz, die eigene Seele: Vielleicht nehmen wir dann wieder einmal wahr, was unser Glaube an Jesus Christus bei uns ausrichtet oder auch, dass wir noch viel zu wenig aus unserem Glauben leben und unsere Beziehung zu unserem Herrn unseren Alltag viel mehr bestimmen müsste.

Aber ich will einfach einmal ein paar Hinweise geben, was der Glaube aus uns machen und wie Auferstehung heute aussehen kann:
- Wir verlieren die Angst vor der Zukunft und vor den Menschen. - Was kann uns denn geschehen, was uns ängstigen müsste? Jesus Christus ist bei uns. Er wird uns in allem, was uns begegnet, begleiten. Er wird uns gute, erfüllte Zeiten schenken, Freude und Glück. Aber es wird auch dunkle Tage geben, an denen wir uns ganz fest an seinem Wort und seiner Hand festhalten sollen. Er führt uns nicht immer am Leid vorbei, aber er geht mit uns hindurch. Vor keinem Menschen müssen wir uns fürchten. Niemand ist stärker als er. Keiner kann uns von ihm trennen. Er verlässt uns nicht. Darum wollen auch wir an seiner Seite bleiben, auf sein Wort hören und alles von ihm erwarten.

- Wir gewinnen durch den Glauben ein Leben, in dem Sinn ist und Erfüllung. Vielleicht gelingt es uns nicht immer, das Rechte zu tun und was vor unserem Herrn bestehen kann. Aber er gibt uns immer wieder die Gedanken ein, die uns zurechtbringen und uns das tun lassen, was er tun würde und was in jeder Situation das Richtige und Gute ist. Und das wird uns froh machen und zufrieden.

- Schließlich finden wir durch den Glauben zu einer gewissen Gelassenheit dem Geist der Welt, dem Eigentum und den Sachen gegenüber. Ob wir in diesem Leben Ansehen oder eine bestimmte Stellung erreichen, es treibt uns nicht mehr an. Ob wir Vermögen anhäufen und viele teure Dinge besitzen, wenn wir unser Auskommen haben, ist es genug.

Liebe Gemeinde, so sieht Auferstehung und das Leben im Glauben an Jesus Christus heute aus. So kann es aussehen. Und für die eine oder den anderen von uns ist es vielleicht Zeit, sich wieder mehr auf den Glauben zu besinnen und auf den zu vertrauen, der ihn uns schenken will.

Auch zu uns, zu dir und mir sagt Jesus Christus heute: "Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt; und wer da lebt und glaubt an mich, der wird nimmermehr sterben." Und auch uns stellt Jesus die Frage: "Glaubst du das?" Und vielleicht bringt uns das Wort Jesu und seine Frage wieder einmal zu Nachdenken, wie es eigentlich um unseren Glauben bestellt ist. Sind wir ganz nah bei unserem Herrn. Fühlen wir etwas von der Auferstehung und dem wahren Leben, die wir bei ihm finden können?

Marta damals hat so geantwortet: "Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist." Und sie hat ein Zeichen erhalten, dass ihr Glaube nicht ins Leere geht: Ihr Bruder Lazarus kam aus dem Grab, in dem er schon vier Tage gelegen hat. - Ich wünsche uns, dass der Herr auch uns zum Glauben an die Auferstehung heute führt! AMEN