Predigt zum 22. So. nach Trinitatis - 19.10.2008

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Wir hören auf die Schriftlesung zu dieser Predigt. Ich lese zunächst den ersten Teil des heutigen Predigttextes aus 1. Jh. 2, 7 - 11:

1. Textlesung:

Meine Lieben, ich schreibe euch nicht ein neues Gebot, sondern das alte Gebot, das ihr von Anfang an gehabt habt. Das alte Gebot ist das Wort, das ihr gehört habt. Und doch schreibe ich euch ein neues Gebot, das wahr ist in ihm und in euch; denn die Finsternis vergeht und das wahre Licht scheint jetzt.

Wer sagt, er sei im Licht, und hasst seinen Bruder, der ist noch in der Finsternis. Wer seinen Bruder liebt, der bleibt im Licht, und durch ihn kommt niemand zu Fall. Wer aber seinen Bruder hasst, der ist in der Finsternis und wandelt in der Finsternis und weiß nicht, wo er hingeht; denn die Finsternis hat seine Augen verblendet.

Liebe Gemeinde!

Nicht wahr, so richtig wissen wir jetzt immer noch nicht, was das alte und was das neue Gebot ist? Wenn wir aber hören, wer der Schreiber dieser Zeilen war, dann kommen wir der Antwort schon näher: Wir haben eben in einem Johannesbrief gelesen, genau: dem ersten dieser Briefe. In drei Briefen dieses Autors geht es meist um eines: die Liebe. Und so ist hier sowohl das alte als auch das neue Gebot eben dies: Liebe zu üben! Alt ist dieses Gebot, weil es von Jesus schon am Anfang seiner Wirksamkeit in Galiläa den Jüngern gesagt wurde. Sie kennen sicher diese Worte, aber lassen sie sich nicht dadurch verwirren, dass dieses „alte" Gebot hier „ein neues" Gebot genannt wird - aber am Anfang der Zeit des Wirkens Jesu war es eben noch „neu".
So heißt es im Evangelium des Johannes im 13. Kapitel (Vers 34): „Ein neues Gebot gebe ich euch, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch geliebt habe, damit auch ihr einander lieb habt. Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe untereinander habt." Das neue Gebot, über das Johannes in seinen Briefen schreibt, ist den Jüngern nun einige Jahre später aufgetragen, nämlich nach Ostern, nachdem Jesus von den Toten auferstanden und zu seinem Vater im Himmel zurückgekehrt ist. Jetzt wird Jesu Liebesgebot sozusagen erneuert und es ist auch leichter zu befolgen. Denn jetzt ist durch Jesu Leiden und Sterben die Vergebung der Sünden in die Welt gekommen! In Christus sind wir befreit von Tod und Teufel und haben Gottes Herrlichkeit, das Ewige Leben vor Augen. Jetzt kann Johannes auch näher beschreiben, wie das Leben im Sinne dieses neuen Gebotes der Liebe aussieht und davon hören wir in der
2. Textlesung:
1. Jh. 2, 12 - 17

Liebe Kinder, ich schreibe euch, dass euch die Sünden vergeben sind um seines Namens willen.

Ich schreibe euch Vätern; denn ihr kennt den, der von Anfang an ist. Ich schreibe euch jungen Männern; denn ihr habt den Bösen überwunden.

Ich habe euch Kindern geschrieben; denn ihr kennt den Vater. Ich habe euch Vätern geschrieben; denn ihr kennt den, der von Anfang an ist. Ich habe euch jungen Männern geschrieben; denn ihr seid stark und das Wort Gottes bleibt in euch, und ihr habt den Bösen überwunden.

Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist. Wenn jemand die Welt lieb hat, in dem ist nicht die Liebe des Vaters.

Denn alles, was in der Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges Leben, ist nicht vom Vater, sondern von der Welt.

Und die Welt vergeht mit ihrer Lust; wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit.

Liebe Gemeinde!

Allen Christen gilt dieses Gebot der Liebe: Den Vätern und Müttern, den jungen Menschen und schon den Kindern. Denn alle haben es gehört, dass Gott alle seine Menschen lieb hat. Und alle können das daran sehen und spüren, dass nun nicht mehr gilt, dass die Sünde gegen Gott Strafe nach sich zieht und Gottes Gerechtigkeit darauf besteht, die Schuld der Menschen heimzusuchen! Vielmehr wissen wir jetzt dies: „Euch sind die Sünden vergeben um seines Namens willen." Sein Name aber ist „Jesus Christus".

Diese Vergebung aus der Liebe Gottes wird aber Folgen haben bei denen, die sie empfangen. Sie werden ein neues Leben beginnen, eines in dem die Liebe Gottes weiterwirkt zu den Mitmenschen. Johannes fasst alles, was dieses neue Leben ausmacht in die Worte: „Habt nicht lieb die Welt noch was in der Welt ist." - Aber ist das denn genug? Und können wir unsere Nächsten denn schon lieben, wenn wir die Welt nicht mehr lieben? Und was ist das überhaupt: die Welt?

Mir fielen die Menschen ein, die nur um ihr Geld und ihr Hab und Gut kreisen - denn das ist ein Teil der „Welt", die hier gemeint ist. Wenn all ihre Gedanken gefangen sind in ihrem Verlangen, mehr und mehr zu verdienen, noch dies und dann das aufzubauen und „hinzustellen", ihr Leben mit diesem und jenem materiellen Wert abzusichern, wie sollen sie denn frei sein für die Liebe, die nach dem anderen und seinem Wohl fragt? Wie kann ein Verhältnis zu den anderen Menschen entstehen, das sieht, wo ihre Wünsche und Bedürfnisse sind und was sie an Sorgen und Nöten haben, wenn man doch angefüllt ist mit dem Streben danach, nur das eigene Wollen und Wünschen zu befriedigen.

Und mir kamen Menschen in den Sinn, die nur nach den Maßstäben dieser Welt fragen, denen nichts am Glauben liegt und nichts am Hoffen. Die ihren Blick nicht über die kleine Stelle heben können, an der sie stehen, die nicht die Sonne sehen und nicht in der Ferne den Horizont und schon gar nicht mit den Augen ihres Herzens darüber hinausblicken können. Wie soll es solchen Menschen denn gelingen, nach dem Willen Gottes über ihrem Leben zu fragen, den Auftrag zu hören, den er ihnen mitgegeben hat in dieses Leben und die Aufgabe anzunehmen, sich in Liebe auch den anderen Menschen zuzuwenden?

Und ich musste an Menschen denken, die aus dem Leben hier herausholen wollen, was nur darin ist - denn das ist der stärkste Ausdruck dafür, dass einer die Welt liebt. Wer alles mitnehmen muss, was sich bietet, wer nie genug bekommt von Kurzweil und Vergnügen, wer nur die leichten und hellen Tage als lebenswert ansieht, wie soll der je zur Tiefe des Lebens gelangen, wo die Liebe ihre Wurzeln hat und uns deutlich wird, worauf es wirklich ankommt? Wer nicht auch in den schweren Stunden seiner Tage einen Sinn sieht, wem das Leid immer fremd bleibt, weil er es nicht auch einmal aushalten kann, wer immer oberflächlich über alles hinweg geht, was ihn zum Besinnen und Nachdenken bringen will, der wird auch die Liebe nicht haben und weitergeben können, die wir oft erst in den ernsten und wesentlichen Stunden unseres Lebens so recht erfahren.

Aber das alles steht unter dem Urteil, das bei Johannes diesen Ausdruck findet: „Die Welt vergeht mit ihrer Lust"! Denn über die Welt und alles, was die Welt ausmacht, ist mit dem Kreuz Jesu Christi schon das Urteil gefällt. Und man muss kein besonderes Feingefühl haben, wenn man in der gegenwärtigen Welt immer mehr dies begreift: Dieses Urteil über die Welt vollzieht sich schon! Ja, seine Erfüllung schreitet immer weiter voran und wird immer deutlicher: Die Menschen, die nur nach Eigentum und Geld fragen, werden nicht bleiben. Sie haben auf Nichtigkeiten gesetzt und nicht auf das, was wirklich zählt. Die Menschen, die nicht nach Gott und nicht nach dem Glauben fragen, schneiden sich selbst von der Zukunft ab - die gehört nämlich Gott und seiner Sache! Und schließlich werden die oberflächlichen Menschen, die nur nach dem fragen, was ihnen Lust und Spaß verspricht, mit dieser vergänglichen Welt auch sich selbst verlieren, denn sie haben keine Tiefe. - So schließt Johannes seine Worte:

„Wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." Dieser Wille Gottes ist die Liebe. Sein Sohn Jesus Christus hat diese Liebe am Kreuz von Golgatha für alle Menschen sichtbar und erfahrbar gemacht. Sein Sterben für uns ist das Bild und die Bestätigung für die Liebe des Vaters. Eine größere Liebe kann es nicht geben, als dass einer sein Leben lässt für seine Geschwister. Jetzt müsste es uns leicht sein, der Liebe zur Welt abzusagen und uns liebevoll unseren Nächsten zuzuwenden. Jetzt müsste es uns gelingen, das Gesetz der Liebe, das einmal in Gottes neuer Welt gelten wird, schon hier in dieser Welt nach Kräften zu leben und zu verwirklichen. - Lassen wir uns zu diesem Leben einladen, das aus der Liebe Gottes in Jesus Christus und aus der Aussicht auf eine herrliche Zukunft in Gottes Ewigkeit die Kraft holt, allen Mitmenschen in Liebe und Freundlichkeit zu begegnen. Dass ein solches Leben in der Liebe zu den Menschen auch noch eine tiefe Freude bereitet, mag uns dabei immer wieder vergewissern, dass wir auf dem richtigen Weg sind. AMEN