Predigt zum 21. So. nach Trin. - 12.10.2008

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Textlesung: 1. Kor. 12, 12 - 14. 26 - 27

Denn wie der Leib einer ist und doch viele Glieder hat, alle Glieder des Leibes aber, obwohl sie viele sind, doch ein Leib sind: so auch Christus. Denn wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft, wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie, und sind alle mit einem Geist getränkt. Denn auch der Leib ist nicht ein Glied, sondern viele. Und wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr aber seid der Leib Christi und jeder von euch ein Glied.

Liebe Gemeinde!

Im Zentrum des Ökumenischen Rates der Kirchen in Genf gibt es im großen Versammlungsraum einen besonderen Boden: Mit Mosaiksteinchen sind überall zwischen den Stühlen blaue Wellenlinien gelegt. Sie stehen für eine ganz entscheidende Tatsache, denn sie sind Symbol für die allen Christen gemeinsame Taufe: Die Christen, die sich dort versammeln, sollen niemals vergessen, dass bei allen Meinungsverschiedenheiten, allen unterschiedlichen Bekenntnissen und Betonungen von Glaubensinhalten und der hier und dort völlig anderen liturgischen Ausgestaltung der Gottesdienste doch das gilt, was der Apostel Paulus in diese Worte fasst: Wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft ...!" Und wo Paulus hinzufügt: „... wir seien Juden oder Griechen, Sklaven oder Freie", da würden wir vielleicht sagen: ... wir seien lutherisch oder reformiert, methodistisch oder orthodox, Baptisten oder Waldenser.* Und wie Paulus weiter schreibt, gilt für die einen wie die anderen dies: „... wir sind alle mit einem Geist getränkt."

Ich finde es wichtig, dass wir uns das immer wieder vor Augen halten: Uns Christen eint die eine Taufe! Wir gehören alle zu dem einen Leib Christi! Er ist unser Haupt und wir alle sind Glieder. Das ist das erste und wichtigste. Alles andere - Unterschiede in der Auslegung der Bibel, im Verständnis des Abendmahls oder der Bedeutung der christlichen Praxis - ist - nicht unwichtig!!! - aber neben der gemeinsamen Taufe zweitrangig!

Nun haben wir Christen aber auch einen gemeinsamen „Brauch", eine schlechte Angewohnheit sozusagen: Wir rücken immer gern unsere unterschiedlichen Sichtweisen in den Blick. Wir betonen meist das, was uns von den anderen christlichen Kirchen unterscheidet: Die einen denken und glauben so, die anderen aber ganz anders. Für uns ist dieser Gedanke entscheidend, für euch geht es mehr um jenen. Da oder dort können wir uns nicht verstehen und darum nicht zusammenkommen.

Noch einmal, der Boden des Versammlungsraums des ÖRK möchte uns das in Erinnerung rufen: Wir Christen haben die Taufe gemeinsam! Und Paulus sagt es für uns so: Wir sind durch einen Geist alle zu einem Leib getauft ... wir seien lutherisch oder reformiert, methodistisch oder orthodox, Baptisten oder Waldenser, wir sind alle mit einem Geist getränkt." Ich finde, das ist eine so gute Basis, ein so verheißungsvoller Ausgangspunkt! Wo das vergessen wird, wo es immer wieder nur um das geht, was uns trennt und nicht das, was uns verbindet, da gibt es keine Verständigung, keine Achtung, keine Toleranz und keinen Frieden.

Sie haben Recht, wenn sie denken, das täte auch der Politik gut und dem Umgang der Staaten miteinander, wenn man mehr nach dem fragte, was alle Menschen verbindet: Der Wunsch nach einem Leben ohne Hunger, ohne Angst und ohne Krieg. Die Sehnsucht danach, Sinn und Erfüllung im Leben zu finden. Das Bedürfnis nach Liebe und Zuneigung anderer Menschen. Leider aber geht es meist um ganz andere Dinge: Um Macht und Geld der Regierenden und der Wirtschaft der Länder, um Vorherrschaft und die Ausdehnung des eigenen Einfluss' auch in die Hoheitsgebiete anderer, um eigene Interessen - oft an dem, was anderen Staaten gehört ... In diesem Bereich aber können wir Einzelne oft nur wenig verändern. Allenfalls mit unserer Wahl alle paar Jahre können wir daran mitwirken, dass die politischen Kräfte gestärkt werden, die nicht nur dem eigenen, sondern dem Wohl aller dienen wollen.

Aber unter uns Christen in der Welt soll es anders sein: Wir haben alle Teil an der einen Taufe. Wir gehören dadurch alle zu Jesus Christus. Er ist das Haupt des Leibes, an dem wir alle Glieder sind.

Aber das sind alles nicht nur Worte, die schön klingen, dahinter stehen Gedanken wie wir sie bei Paulus lesen können: „Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit, und wenn ein Glied geehrt wird, so freuen sich alle Glieder mit." Aber das wollen wir noch ergänzen, denn es liegt noch viel mehr darin, zum Leib Christi zu gehören: Wir werden auch füreinander beten, denn wir haben alle den einen Vater im Himmel und sind alle Geschwister. Wir haben - neben unserem weltlichen Beruf - auch unsere Aufgabe in diesem Leib. Keiner ist dabei weniger wichtig. Keiner hat eine besondere Position und darum mehr Ehre als irgendein anderer. Niemand ist über einem anderen, denn wir sind Brüder und Schwestern, alle gleich geliebt vom Vater. Wir haben alle durch das Blut unseres Herrn Eingang in Gottes neuer ewiger Welt und sind auch Erben in seinem Reich,. Schließlich, was nicht das geringste ist, hat auch jedes Glied des Leibes unsere Liebe verdient, unsere Achtung, unsere Güte und Freundlichkeit. Denn alles das kommt uns zuerst her von dem, der unser Herr ist.

Aber zugegeben: In der großen ökumenischen Welt bewegen wir uns doch eher selten. Ja, vielleicht wussten wir bis heute gar nicht, dass es diesen Ökumenischen Weltrat der christlichen Kirchen gibt und dass in Genf seine Zentrale ist? Aber auch in unserer Kirchengemeinde kann uns das eine Hilfe zum angemessenen Umgang miteinander sein, wenn wir davon ausgehen: Wir sind alle gleichermaßen Glieder am Leib Christi durch die Taufe. Vielleicht ist es unserer Phantasie ja möglich, sich einen Augenblick lang vorzustellen, den Boden unserer Kirche hier in ............ bildete auch solch ein Mosaik aus Wellen, die symbolisch für die uns allen gemeinsame Taufe stehen? Und sie würden uns hier (heute Morgen) dann auch umfließen und verbinden. Dann wünschte ich uns, dass wir dieses Bild verstehen und ernst nehmen und in unserem Leben umsetzen:

Dass wir unseren Nachbarn, mit dem wir nicht das beste Verhältnis haben, nicht immer nur als den anschauen, der uns vor längerer Zeit (wann war das eigentlich noch???) einmal ein böses Wort gesagt hat, sondern als einen, der genau wie wir getauft ist und zu Jesus Christus gehört.

Dass wir die Arbeitskollegin nicht nur als Konkurrentin beim innerbetrieblichen Aufstieg sehen, sondern als eine Frau, die der himmlische Vater gerade so liebt, wie mich und an deren Auskommen und Lebensglück ihm genau so liegt wie an meinem.

Dass wir in der Kirchengemeinde nicht fragen, wer denn wohl frömmer oder weiter fortgeschritten im Glauben sein mag, sondern davon ausgehen, dass jede und jeder seine ganz eigene Geschichte mit Gott hat und von ihm sein eigenes Geschick, das auch immer seinen Einfluss darauf hat, wie stark ein Mensch glauben und sein Vertrauen auf den Vater im Himmel setzen kann.

Dass wir auch denen gegenüber, die eine andere Konfession und sogar Religion haben, nicht absprechen, dass auch sie Kinder Gottes sind - auch wenn die Wahrheit, die sie erkennen und der Gott, den sie anbeten vielleicht andere Züge hat. Nur so können wir ja von ihnen erwarten, dass sie es mit uns genauso halten!

Liebe Gemeinde!

Sie kennen sicher den Ausspruch, den man gebraucht, wenn man sagen will, dass die Familie doch näher und enger zusammengehört als Menschen in anderen Beziehungen: „Blut ist dicker als Wasser!" Und ich nehme weiter an, dass sie auch der Meinung sind, die sich in diesem Sprichwort äußert: Brüder und Schwestern haben ein anderes Verhältnis als etwa „nur" Kameraden. Unsere Mutter ist für uns wichtiger als irgendein anderer Mensch - abgesehen von unserem und unseren Kindern. Und unser Vater ist meist auch der Mann, nach dessen Meinung wir zuerst fragen - abgesehen von unserer eigenen Familie. Umgekehrt denken und reden wir, wenn einer gar nicht nach diesen verwandtschaftlichen Beziehungen fragt, ja auch oft so: „Das ist aber nicht richtig, dass der seine Mutter so gar nicht achtet." Oder so: „Das gehört sich nicht, wie die miteinander umgehen - die sind doch Brüder!" Oder auch so: „Ich kann das nicht begreifen, warum die ihrem Vater den Umgang mit seinem Enkelkind verbietet!" Also noch einmal: Ja, es stimmt: „Blut ist dicker als Wasser!"

Ich möchte dieses Wort nun frei nach den Gedanken des Paulus für uns Christen so sagen:

Das gemeinsame Taufwasser ist wichtiger als alles, was uns von einander trennt. Wir sind durch die Taufe alle Glieder am einen Leib Christi. Er ist das Haupt, wir gehören zu ihm wie wir auch untereinander zusammen gehören wie Geschwister, wie die Kinder des einen Vaters. AMEN

* Hinweis: Die römisch-katholische Kirche gehört nicht zum ÖRK!