Predigt zum Erntedankfest - 5.10.2008

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Liebe Gemeinde!

Es sind ja in jedem Jahr die selben Gedanken und die selben Bibelworte, die wir am Erntedankfest hören und lesen: „Vom Reichen Kornbauern", vom „Schätze sammeln auf Erden und im Himmel", vom „Teilen und Opfern", von der Habgier und vom rechten Danken ... Und das ist ja auch gut so, denn wir durften ja auch wieder ernten - wie in jedem Jahr! (Und wenn wir uns besinnen, dann haben wir auch in diesem Frühjahr wieder geklagt - wie jedes Jahr - diesmal über die große Trockenheit, und wir haben nun doch wieder genug, übergenug zum Leben!)

Alles wie immer, wie in jedem Jahr, wie schon seit Jahrzehnten ... Und richtig: Auch die zwei Verse, die wir heute bedenken wollen, beschäftigen sich mit dem Danken, dem Opfern und dem Teilen. Auch wie immer also. Nur habe ich mir heute vorgenommen, diese Verse mit zwei Geschichten zum Reden zu bringen, die sie hoffentlich noch nie gehört haben! Ich wünsche mir und uns, dass wir so doch von diesem Gottesdienst einen neuen Anstoß für unser Leben mitnehmen, einen Vorsatz vielleicht, den wir nicht so rasch wieder vergessen! Aber hier ist zunächst einmal der Predigttext zu diesem Erntedanktag:

Textlesung: Hebr. 13, 15 - 16

So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen. Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.

Liebe Gemeinde, sie werden nun sagen, das wussten wir wirklich schon, so wird es uns jedes Jahr von der Kanzel und vom Altar zugerufen: Tut Gutes, lobt Gott, teilt und opfert! Nur - und so haben wir auch schon manchmal gedacht - warum eigentlich? Warum teilen, warum danken, warum Opfer bringen? Nur dass Gott „Gefallen daran hat", wie es hier heißt?

Hier möchte ich die erste kleine Geschichte erzählen. Eine drastische kleine Geschichte. Sie sagt uns unverblümt, warum wir teilen und abgeben sollen:

Ein reicher Mann betritt die jenseitige Welt, die wir Himmel nennen. Mit großen Augen schaut er sich um. Was er sieht gefällt ihm alles ausnehmend gut: Herrliche Landschaft, schöne Häuser, Essen und Trinken in Fülle ... Er fragt einen der Engel, wie viel denn alles das koste und wie man denn hier ansässig werden könne: „Was muss ich denn bezahlen für ein Haus, für den Sonnenschein, die Speise und die Luft?" - „Alles das kostet nur einen Euro!", antwortet der Engel. Da freut sich der Reiche über die Maßen, denn er hatte ja genug Geld. „Aber", fügt der Engel jetzt hinzu, „es zählt bei uns nur das Geld, das du in deinem Leben verschenkt hast!" Da wird der reiche Mann sehr still und sehr traurig, denn er hat niemals im Leben etwas verschenkt!

Wie gesagt, eine drastische Geschichte. Natürlich weiß niemand von uns, wie es genau sein wird, drüben. Ob wir dort überhaupt so etwas wie Geld besitzen und damit bezahlen werden? Irgendwie aber trifft die Geschichte doch den Nagel auf den Kopf, denn das wissen wir schon: Wir nehmen nichts mit von dem, was wir uns hier gesammelt haben. Unser Haus bleibt zurück, unser Konto ist uns nicht mehr zugänglich, alles, was wir im Leben erreicht und zusammengerafft haben, passt nicht in unser letztes Hemd. Soviel ist schon einmal sicher! Aber ist uns nicht auch das andere klar - weil wir es eben in jedem Jahr hören, weil eben die Heilige Schrift immer und immer wieder davon spricht?: Wenn vor Gott überhaupt etwas zählt, dann ist es das, was wir geteilt, was wir hergeschenkt haben, womit wir die Not anderer gelindert und das Herz der Mitmenschen erfreut haben! Das allerdings ist ein „Wissen" anderer Art - nicht eins des Kopfes, sondern des Herzens. Aber es ist ein Wissen!

Kinder, die in der Schule einmal diese kleine Geschichte gehört haben, äußerten sich dazu so: „Zum Glück bin ich ja nicht reich!" Andere Kinder haben dankbar beigepflichtet: „Genau, wir sind ja alle nicht besonders reich, wir haben ja keine Häuser und nicht so viel Geld auf der Bank!"

Was der Religionslehrer ihnen dann geantwortet hat, hat sie dann alle aber nicht sehr erfreut. Im Gegenteil. Und er hat nicht einmal - wie sie das jetzt wohl auch erwarten - von den vielen Hungernden unserer Welt gesprochen, gegenüber denen wir alle doch wie Krösus sind. Er hat gesagt: Wir sind auf andere Art reich und meistens sehr geizig mit den Gaben, die Gott uns geschenkt hat!

Wer lässt sich schon gern geizig nennen? Also kam die Frage, welche Gaben denn da gemeint sind? Da hat der Lehrer dann ein paar aufgezählt: „Gute Eltern, geschickte Hände, Verständnis für Rechnen, das ausdrücken können, was man meint, gut im Sportunterricht ..." Wieso sie da denn geizig wären, fragten die Kinder und wie man solche Dinge denn teilen könnte? Da hat der Lehrer dann mit den Kindern im Gespräch herausgefunden, wie das geht: „Gute Eltern" - man kann doch einen, der zu Hause nicht so glücklich ist, viel zu sich einladen. Man kann ihm so Anteil am eigenen Zuhause geben, ihn bewirten, ihn bei sich übernachten lassen, ihn mitnehmen, wenn die Familie einen Ausflug macht ... Und „geschickte Hände" können ja auch etwas für andere tun, die vielleicht nicht so geschickt sind. Wenn ich „Verständnis für Rechnen" habe, kann ich dem Mitschüler die Aufgabe erklären, die er nicht begreift. Wer sich gut „ausdrücken kann", der mag sich für den anderen einsetzen und auch einmal für ihn reden. Und selbst das „Sportlichsein" kann ich noch teilen - wenigstens indem ich Verständnis für weniger Bewegliche aufbringe und nicht über sie lache. - Die Kinder in der Schule haben das verstanden. „Das stimmt eigentlich", haben sie gemeint. Und sie haben sogar eingesehen, dass sie mit diesen Gaben wirklich oft sehr geizig umgehen! - Wie ist es da mit uns?

Ganz gewiss haben wir vorhin bei der Geschichte auch gedacht: „Na, Gott sei Dank, mein Reichtum hält sich ja nun wirklich in Grenzen! Außerdem gebe ich ja hie und da: Brot für die Welt an Weihnachten! Hilfe für die Erdbebenopfer in China! Das Patenkind bei der Kindernothilfe! Also werde ich in der neuen Welt Gottes doch etwas zum Bezahlen haben!"

Ich will das nun keineswegs abwerten, wenn ich auch glaube, dass wir selbst bei der rein materiellen Hilfe noch sehr, sehr viel zulegen könnten, ohne gleich ins „Opfern" zu geraten! - Aber ich möchte heute auch sie einmal nach den anderen Gaben fragen und ob und wie sie die teilen:

Ihre „Zeit" zum Beispiel. Wem gewähren sie Anteil an ihrer Freizeit? Können die Freunde auf sie rechnen? Haben sie hin und wieder eine Stunde für den Nachbarn und die anderen in ihrer Nähe? Gehören sie nur sich selber und nicht einmal ihrer Familie?

Wie ist's mit den Fähigkeiten, die sie haben und andere nicht haben? Teilen sie hier aus oder bewahren sie ängstlich, was doch nur ihnen gehört? Wie bitte? „Was soll ich mich denn aufdrängen damit?" - Haben sie's denn schon einmal versucht? Vielleicht wartet jemand schon lang darauf!

Und was hat nicht jeder von uns noch für Gaben: Soviel Geschicklichkeit, so viele Talente, so viel Wissen und besonderen Einblick in die Dinge! - Wir ernten wahrhaftig nicht nur auf unseren Feldern und in unseren Gärten! Wenigstens jedes Jahr einmal müssten wir auch an all das andere denken, das uns in unserem Leben von Gott zugewachsen ist: Dass wir dies und das gelernt haben, dass wir uns in diesem und jenem vervollkommnen durften, dass wir jetzt so viele Dinge und Fähigkeiten beherrschen!

Wenn wir die Geschichte von vorhin auch hier ernst nehmen wollen, dann müssen wir sagen: Es wird vor Gott einmal nur das zählen, was wir von diesem reichen Schatz unserer Gaben ausgeteilt und verschenkt haben! Gebe Gott, dass wir dann nicht traurig werden und verstummen müssen, weil wir nie in unserem Leben davon etwas abgegeben haben!

Wer nun immer noch denkt, wichtiger als diese Begabungen wären doch das Geld und das Gut, das wir anderen weiterreichen. Wer immer noch unseren „Erntedank" einschränken will auf die Gaben, die wir auf den Feldern und in den Gärten geerntet haben, wer immer noch nicht sehen will oder kann, wie viel er außerdem an Gaben der Güte Gottes in Händen hält, dem erzähle ich jetzt noch meine zweite kleine Geschichte:

Ein armer Jahrmarktsjongleur ist schwer erkrankt. Die Mönche eines Klosters nehmen sich seiner liebevoll an. Sie pflegen ihn über mehrere Monate - bis er wieder ganz gesund ist und seine Arbeit des Jonglierens aufnehmen kann. Da geschieht am Vorabend seines Abschieds aus dem Kloster das Ungeheuerliche: Einer der Mönche kommt aus der Klosterkapelle gestürzt, außer sich vor Grimm und Entsetzen: „Dieser undankbare Mensch, diese Kreatur!" Den Mönchen, die daraufhin in die Kapelle eilen, bietet sich dort vor dem Altar der Maria folgendes Bild: Der Jongleur, da er kein Geld besaß und nichts anderes wusste, um zu danken, spielte sein ganzes Repertoire des Jonglierens vor der Heiligen Jungfrau durch. Er machte alle seine Kunststücke, seine Tricks, seine Gaukeleien. Gerade will der Abt des Klosters sein Verdammungswort über den Jongleur hinausschreien, da passiert das Unglaubliche: Die Gottesmutter steigt herab vom Sockel über dem Altar und segnet den Jongleur. - Alle Gebete der Mönche, alles Geld im Opferstock der Kapelle hatte nicht vermocht, was der Jongleur mit seinen dankbar dargebrachten Gaben bewirkte!

Ich wünsche uns Freude daran, alle unsere Gaben mit den Mitmenschen zu teilen. Und den Segen Gottes wünsche ich uns dazu! AMEN