Predigt zum Sonntag "Jubilate" - 13.4.2008

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Textlesung: Apg. 17, 22 - 28a (28b - 34)

Paulus aber stand mitten auf dem Areopag und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darin ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen, wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt. Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, damit sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir.

Liebe Gemeinde!

Wie so oft war es der Schluss, die letzten Gedanken dieser Verse, die mich besonders angesprochen haben: "Die Menschen sollen Gott suchen, denn Gott ist nicht ferne von einem jeden von uns" und "in Gott leben, weben und sind wir". Wenn das so ist - und ich bin überzeugt, dass es so ist! - dann dürfen wir eigentlich bei jedem Menschen voraussetzen, dass er auch zum Glauben finden kann!

Ich weiß nicht, ob sie gleich die gewaltigen Folgen dieser Gedanken sehen - aber das ist wirklich eine enorme Behauptung! Haben wir nicht schon oft gedacht und vielleicht sogar auf solche Weise über einen Menschen gesprochen: "Bei dem ist, was den Glauben angeht, nichts zu machen." - "Der ist und bleibt gottlos und hat mit der Kirche und der Gemeinde nichts am Hut!" Nein, würde Paulus uns entgegnen: Jeder Mensch ist nicht fern von Gott und vom Glauben! Ja, Gott ist sogar ganz nah, in dem, den ihr für gottlos haltet!

Und haben wir nicht auch schon oft so etwas gesagt oder auch nur in unserem Sinn gehabt: Der hat einfach kein Interesse an Religion und den Dingen des Glaubens. Für Gott hat der einfach keine Antenne! Auch hier würde uns Paulus sein Nein entgegenhalten: Auch dieser Mensch sucht nach Gott! Er kann ja gar nicht anders, denn das hat Gott selbst in ihn hinein gelegt!

Aber denken wir jetzt auch an diesen Gedanken weiter, denn das hat wohl auch etwas mit uns zu tun und stellt uns gleich einige Fragen. Zuerst diese: Dürfen wir einen Menschen wirklich abschreiben, wenn es um den Glauben geht? Und diese: Wenn Gott in jedem Menschen ist, woran liegt es dann, dass wir das an ihm nicht erkennen können? Und eine dritte Frage wird uns so vorgelegt: Sind wir unseren Mitmenschen eine Hilfe bei der Suche nach Gott?

Die erste Frage ist wohl ganz eindeutig zu beantworten: Nein, wir dürfen keinen Menschen abschreiben! Keinesfalls als Mensch, aber auch nicht als einer, der ungläubig und nicht fähig wäre, Gottes Sache zu verstehen und ihr entsprechend zu leben. Denken wir doch einmal an uns selbst und die Geschichte unseres Glaubens: Sind wir schon mit einem gläubigen Herzen auf die Welt gekommen? Oder war das nicht eher eine Entwicklung, bei der viele Einflüsse von außen, viele unterschiedliche Menschen, die uns begegnet sind, mitgewirkt haben? Vielleicht gibt es manche unter uns, die noch vor 10 Jahren nicht gedacht hätten, je zu Gott und dem Vertrauen zu ihm zu finden? Und andere gibt es, die sind durchaus noch nicht so ganz fest im Glauben, vielmehr stehen sie noch am Anfang ihrer Suche nach Gott. Und noch andere sind heute noch einmal an ganz anderen Punkten des Weges angekommen, an dessen Ende Gott auf sie wartet. - Immer ist alles ganz "eigen", eben "meine" Sache mit Gott. Wie sollten wir allen anderen Menschen nicht auch ihre persönliche Glaubensgeschichte lassen!?

Und die zweite Frage, woran es denn liegt, dass wir "Gott in den Menschen" oft nicht erkennen, die geht uns jetzt doch richtig nah: Was wir sehen, besonders das, was hinter dem Äußeren unserer Mitmenschen ist, hat immer sehr viel mit dem zu tun, was wir sehen wollen. Kleider machen Leute, sagt das Sprichwort. Ihr Äußeres prägt unser Urteil über andere. Und nicht nur das Äußere! Auch was wir über diesen oder jenen gehört haben, was wir über sie oder ihn wissen oder zu wissen glauben, auch was einer oder eine in der Gemeinschaft unseres Wohnorts, unseres Vereins oder unserer Kirchengemeinde darstellt und gilt, beeinflusst unser Sehen und Denken. Ist es nicht so?

Aber - und da kommen wir nun zur dritten Frage und ihrer Antwort: Helfen wir unseren Mitmenschen dabei, dass sie zu Gott und dem Glauben finden können? Das können wir uns doch gewiss gut vorstellen, wie unser Denken und Meinen über andere sie bindet und unfrei macht. Wenn wir einem Kind wieder und wieder sagen: Aus dir wird ja nie etwas!, woher soll ihm die Kraft kommen, sich anzustrengen, sich selbst zu überwinden und aus seinen vielleicht ohnehin schlechten Chancen noch etwas zu machen? Und in Glaubensdingen ist das nicht anders: Wenn wir einen Menschen nur oft und lang genug darauf festgenagelt haben, dass er nunmal ein ungläubiger, gottferner und unkirchlicher Mensch ist, woher soll er denn den Mut finden, das alles abzustreifen, zu überspringen und auf einmal einer zu werden, der ganz anders ist, als wir dachten und glaubten? Unsere feste Meinung von ihm ist vielmehr wie das Glied einer Kette, die ihn fesselt, nicht freilässt und vielleicht irgendwann erwürgt.

"Gott hat festgesetzt, dass die Menschen ihn suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir."

Liebe Gemeinde, was für eine enorme, wunderbare Botschaft ist das doch! Einmal für dich und mich, für jeden von uns: Wir müssen nicht denken, wenn wir Mühe haben mit dem Glauben, dass es immer so bleibt. Unser Leben ist in Bewegung, entwickelt sich, ändert sich ... Es gibt Zeiten, in denen uns der Glaube leicht und andere, in denen er uns schwer fällt. Und manchmal sind wir nahe dran, dass wir ihn ganz verlieren und manche - vielleicht auch von uns - haben oder hatten ihn schon verloren. Aber alles kann auch wieder anders werden. Ein neuer Tag bringt oft eine ganz neue Sicht auf die Dinge, auf das, was uns widerfahren ist, auf unsere Trauer, unseren Schmerz, unser Leid. Oft können wir erst nach einer ganzen Weile erst begreifen, dass auch im Schwersten, in der tiefsten Dunkelheit unseres Lebens noch ein Sinn lag und vielleicht der Keim für einen neuen Anfang, in dem auch Glück und Freude verborgen war und neues Vertrauen, neuer Glaube an Gott. - Und warum ist das so, warum erleben wir solche Entwicklungen, Veränderungen? Weil Gott nicht fern im Himmel thront, sondern bei uns ist, ganz nah ist, in uns sogar! Weil all unser Erleben, unser Leid, unsere Sorgen und unser Kummer sozusagen in unserem Herzen an IHM vorbei muss, denn dort wohnt ER.

Aber, was wir jetzt für uns gesehen haben, müssen wir auch den anderen Menschen zugestehen: Auch sie sind unterwegs auf ihrem eigenen Weg. Auch sie machen Erfahrungen, die sie prägen, erleben Schweres, das sie betrübt und vielleicht aus der Bahn wirft. Aber auch für sie brechen wieder andere Zeiten an, in denen sie ein neues Verhältnis zu Gott haben werden und fröhlich glauben können. Warum das so ist? Weil Gott auch in ihnen wohnt. Weil er ihnen genauso nah ist wie uns und mit ihnen den selben Plan hat und den selben Weg gehen will, wie mir uns: Sie sollen ihn suchen und finden. Wenn wir ihnen dabei nicht mit unseren Vorurteilen, unserem Meinen und Denken im Wege stünden, das wäre gut. Noch besser freilich wäre es, wenn wir sie in schweren Tagen ermutigen, in Leid trösten, in Trauer unsere Hoffnung sagen und ihnen wenn sie ganz unten sind, wieder vom Leben reden.

Liebe Gemeinde, dem Apostel Paulus, dessen Worte wir zu Beginn dieser Predigt gehört haben, lagen - nicht nur in diesen Worten, die er ja an "Männer von Athen", also an Heiden gerichtet hat - die Menschen, die noch nicht an Gott glaubten, besonders am Herzen. Zu ihnen war er ja auch als Missionar von Gott gesandt. Darum denke ich, er würde uns vielleicht heute auch die Menschen besonders ans Herz legen, die keinen, noch keinen Glauben haben. Und die gibt es ja in unserer Zeit, unserer Umgebung, oft ganz in unserer Nähe recht häufig. Keine Angst, ich will sie nun nicht dazu aufrufen, die Missionstätigkeit an diesen Menschen aufzunehmen. Ein erster entscheidender Schritt und eine wirklich große Hilfe könnte es diesen Menschen sein, wenn wir unser Vorurteil ihnen gegenüber abtun, so als wäre das nun für alle Ewigkeit festgeschrieben: Die haben nunmal keinen Glauben. Die kennen Gott nicht und wollen ihn auch nicht kennen lernen. Nein, sagt Paulus: Kein Mensch ist fern von Gott und vom Glauben! Gott ist ganz nah, auch in dem, den wir für gottlos halten! Jeder Mensch sucht nach Gott! Er kann ja gar nicht anders, denn das hat Gott selbst in ihn hinein gelegt! - Wir können mithelfen, dass die Suche zum Ziel führt. AMEN