Predigt zum 2. Adventssonntag - 9.12.2007

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Liebe Gemeinde,

heute muss ich noch etwas vorausschicken, ehe ich den Predigttext für diesen Sonntag lese. Wir hören gleich ein Stück aus der Offenbarung des Johannes. Hier schreibt kein Geschichtsschreiber, auch kein Berichterstatter oder Erzähler. Wir hören gleich auf die Worte eines Sehers, eines Propheten. Was er schreibt ist bildhaft und geheimnisvoll und so, dass es ganz und gar nur von den Menschen seiner Zeit verstanden werden kann. Darum ist es sicher richtig, wenn wir uns nachher auf das aus seinen Worten beschränken, was wir auch begreifen können. Aber hören wir jetzt auf sieben Verse aus dem Buch der Offenbarung, dem letzten Buch der Bibel:

Textlesung: Offb. 3, 7 - 13

Und dem Engel der Gemeinde in Philadelphia schreibe: Das sagt der Heilige, der Wahrhaftige, der da hat den Schlüssel Davids, der auftut, und niemand schließt zu, der zuschließt, und niemand tut auf: Ich kenne deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen; denn du hast eine kleine Kraft und hast mein Wort bewahrt und hast meinen Namen nicht verleugnet. Siehe, ich werde schicken einige aus der Synagoge des Satans, die sagen, sie seien Juden, und sind's nicht, sondern lügen; siehe, ich will sie dazu bringen, dass sie kommen sollen und zu deinen Füßen niederfallen und erkennen, dass ich dich geliebt habe. Weil du mein Wort von der Geduld bewahrt hast, will auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, die kommen wird über den ganzen Weltkreis, zu versuchen, die auf Erden wohnen. Siehe, ich komme bald; halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme! Wer überwindet, den will ich machen zum Pfeiler in dem Tempel meines Gottes, und er soll nicht mehr hinausgehen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen des neuen Jerusalem, der Stadt meines Gottes, die vom Himmel herniederkommt von meinem Gott, und meinen Namen, den neuen. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!

Liebe Gemeinde, wir haben Ohren, aber worauf sollen wir hier hören? Es geht um Worte an eine Gemeinde - damals an die in Philadelphia -, aber was wollen und was können sie uns sagen?

Gehen wir einmal an den Worten dieses Briefabschnitts entlang, den der Seher Johannes auch uns schreibt:

Die Botschaft kommt von dem „Heiligen", dem „Wahrhaftigen" - hier ist niemand anderes als Jesus Christus gemeint. Er hat - als der Auferstandene - jetzt den „Schlüssel Davids", wir können sicher sagen, den Schlüssel des Himmels: Er hat die Macht, für uns die Tür zum Ewigen Leben zu öffnen oder zu schließen. Kein anderer kann und wird an seinem Urteil etwas ändern.

Was erst hart klingt, bekommt aber doch einen sanften Klang: Wir müssen nicht bangen! Schon Menschen mit „einer kleinen Kraft" werden in die Ewigkeit eingehen! Die Bedingung dafür ist nicht schwer zu erfüllen. Es genügt, „SEINEN Namen nicht zu verleugnen" und „SEIN Wort zu bewahren"! Und das muss nicht einmal aus uns selbst kommen, sondern ist sein Geschenk, das er uns gibt, „weil er uns geliebt hat" und wir sein „Wort von der Geduld bewahrt haben". Dafür wird er uns „vor der Stunde der Versuchung bewahren, die über die ganze Welt kommen wird". Aber auch auf ihn selbst warten wir nicht mehr lang: „Siehe, ich komme bald"! Seine dringende Empfehlung aber für die Zeit, die noch kommt, ist dies: „Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!"

Liebe Gemeinde, wenn wir aus diesen Worten, die ja immer noch recht geheimnisvoll bleiben, das Wichtigste herausnehmen, dann sind es gewiss diese beiden Dinge: Geduld und Beharrlichkeit! Und sicher braucht es dazu, geduldig und beharrlich zu sein, im praktischen Leben noch einige weitere Eigenschaften, wie Stehvermögen, Treue, Mut - und manchmal auch Zivilcourage.

Wenn wir nun auch - gerade als evangelische Christinnen und Christen - davon überzeugt sind, dass alles, was mit dem Glauben und Vertrauen zu Jesus Christus zu tun hat, nicht unser Werk und Verdienst ist, uns vielmehr von unserem Herrn geschenkt wird, so sind die eben genannten Eigenschaften doch gewiss hilfreich, dass uns Christus beschenken kann und wir im Glauben fest stehen können. Aber besser als solche Worte und Gedanken, können uns Beispiele aus dem gelebten Leben deutlich machen, wie Beharrlichkeit und Geduld mit dem Glauben an Jesus Christus zusammenhängen:

Ein Mann von gerade 45 Jahren, wir nennen ihn einmal Max, war in seiner Jugend in seiner Kirchengemeinde aktiv. Er hat im Kindergottesdienst mitgearbeitet und als Jugendleiter einen Kreis von 11- bis 14-Jährigen geführt. Später dann war er auch für vier Jahre im Kirchenvorstand. Nach der Heirat und der Geburt der zwei Jungen, nahm ihn die Familie immer stärker in Beschlag, auch stieg er beruflich auf, so dass er einfach keine Zeit mehr für die Gemeindearbeit hatte. Und wie das oft ist, geriet auch der Glaube und die Kirche in den Hintergrund und die Stunde für den Gottesdienst am Sonntagmorgen brachte er immer seltener auf. Nun - nachdem die beiden Söhne erwachsen sind - möchte Max gern wieder an die frühere Zeit seines Lebens anknüpfen: Er wäre für eine neue Aufgabe in der Gemeinde bereit. Und er sucht auch den Glauben seiner Kindheit und Jugend wieder. Aber die Kirchengemeinde hat sich sehr verändert. Ein anderer Pfarrer. Neue Leute im Kirchenvorstand. Statt bei den Jugendkreisen liegt der Schwerpunkt jetzt auf der Seniorenarbeit. Aber das ist gar nicht das schlimmste: Max hat auch irgendwie den Zugang zum Glauben verloren. Was er im Kindergottesdienst gelernt hat, was ihm im Konfirmandenunterricht so einleuchtend war, erreicht jetzt sein Herz nicht mehr. Viele Zweifel und Fragen haben sich eingenistet. Er fühlt sich leer und weiß nicht, wie es weitergehen soll.

Soweit die erste kleine Geschichte. - Was würden wir Max raten? Wo führt ein Weg zurück zum Glauben, der einmal in ihm war?

Jesus Christus sagt: „... ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen!" Mit diesem Wort möchte ich Max gern Mut machen. Der Sprung zurück zum Glauben früherer Jahre ist immer möglich, solange wir atmen! Die Tür ist aufgetan! Sie steht ein für allemal offen. Max braucht Geduld! Die Zeit, die seit seiner Jugend vergangen ist, hat auch in seiner Seele manches verändert. Da muss viel bearbeitet und manches ausgeräumt werden. Aber ehrlicher Wille und beharrliche Suche führen zum Ziel! Rechts und links am Weg gibt es auch Hilfen, die weiterbringen: Das Gebet zum Beispiel, das sich nicht damit zufrieden gibt, wie es im Augenblick ist. Das Gespräch mit Menschen aus der Gemeinde, die schon ein Stück weiter sind auf dem Weg. Auch der Gottesdienst, der wie alles im menschlichen Leben, „geübt" werden will, dass er uns lieb, vertraut und hilfreich wird. - - -

Eine junge Frau, sie heißt Katja, möchte heiraten. Ihr Verlobter stammt aus einer Familie, die wir fromm nennen würden. Eine Lesung aus der Bibel am Morgen, das Tischgebet vor jedem Essen, der Gebetskreis einmal in der Woche und die Gemeinschaftsstunde am Sonntag gehören selbstverständlich dazu. Katja kann da von ihrer Lebensgeschichte bis heute und von ihrer Beziehung zum Glauben her einfach nicht mit. Sie empfindet es zwar nicht als Zwang, dem jungen Mann, den sie liebt, auch im Glauben nah zu sein. Aber sie möchte es selbst gern - aus ehrlichem Herzen. Nur fehlt ihr dazu so viel: Die religiöse Erziehung, viele Kenntnisse etwa über biblische Inhalte - ja, sie hat sich damals nicht einmal konfirmieren lassen. Wie soll sie es anfangen, dass sie auch innerlich alles mit ihrem Verlobten teilen kann? Kann es denn anders eine Chance für eine tiefe, dauerhafte Gemeinschaft in ihrer Ehe geben?

Hier endet die zweite Geschichte. Aber ich glaube, hier fängt sie auch an! Ganz gewiss gibt es keine wirklich tiefe, haltbare Beziehung zwischen zwei Menschen, wenn nicht auch ein Gleichklang des Glaubens da ist. Der aber kann entstehen! Christus sagt: „Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme!" Das überrascht jetzt vielleicht, wenn wir das zur Geschichte von Katja hören. Was „hat" sie denn? - Gar nicht wenig: Den Willen zum Glauben hat sie! Interesse an dem Menschen, den sie liebt, hat sie - auch in Herzensdingen! Es ist ihr nicht gleichgültig, ob nur er eine Beziehung zu Gott hat. Sie möchte den Glauben gern finden, wohl weil sie ahnt, dass nur dann auch Segen über ihrer Ehe liegen wird. So wünschen wir ihr jetzt auch Beharrlichkeit und viel Kraft, dass sie geduldig warten kann, bis unser Herr selbst an ihr wahr macht, was er allen Menschen verspricht, die ehrlichen Herzens auf der Suche sind. Die Familie des Mannes und der junge Mann selbst werden mit der selbstverständlichen Übung der äußeren Zeichen des Glaubens, Gebet, Bibellese, Besinnung und Andacht sicher mithelfen können, dass Katja eines Tages die Tür aufgetan wird, die zum Glauben führt.

Liebe Gemeinde!

Nicht nur für Max oder Katja gilt das. Diese Verheißung lässt Jesus Christus uns allen ausrichten: „... ich habe vor dir eine Tür aufgetan, und niemand kann sie zuschließen! Halte, was du hast, dass niemand deine Krone nehme! Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!" AMEN