Predigt zum 11. So. nach "Trinitatis" - 7.8.2005

Textlesung: Mt. 21, 28 - 31

Was meint ihr aber? Es hatte ein Mann zwei Söhne und ging zu dem ersten und sprach: Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin. Und der Vater ging zum zweiten Sohn und sagte dasselbe. Der aber antwortete und sprach: Ja, Herr! und ging nicht hin. Wer von den beiden hat des Vaters Willen getan? Sie antworteten: Der erste. Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, ich sage euch: Die Zöllner und Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. Denn Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, so daß ihr ihm dann auch geglaubt hättet.

Liebe Gemeinde!

Wir kennen alle solche Leute. Die einen sind die ewigen Nein-Sager. - Könntest du mir mal bitte ... Nein! Ich habe jetzt keine Zeit. Wie wäre es, wenn wir morgen einmal ... Nein, keine Lust. Lass mich damit in Ruhe! Aber es gibt eine ganze Anzahl unter ihnen, die wollen nur erst einmal jede Verpflichtung von sich weisen. Später aber machen sie dann doch, worum wir gebeten und gehen auf das ein, was wir vorgeschlagen haben. - Schön ist es nicht, dieses Nein-Sagen. Aber hinterher sind wir dann doch zufrieden, wenn sie sich anders verhalten.

Und auch solche Menschen kennen wir: Sie sagen immer ja! - Hilfst du mir am Wochenende beim Tapezieren? Klar, wann soll's losgehen? Wärest du einverstanden, wenn wir dieses Jahr im Urlaub einmal nach Teneriffa fliegen? O ja! Das wäre toll! - Nur sind sie am Wochenende dann nicht da, wenn wir das Zimmer ausgeräumt haben und der Tapeziertisch aufgestellt ist. Wenn die Buchung für Teneriffa bestätigt worden ist, fangen sie an zu nörgeln. Allerdings gibt es auch hier solche, die Wort halten und bei ihrer Entscheidung bleiben. Gott sei Dank!

Es ist eindeutig: Lieber sind uns in jedem Fall die Menschen, die nach einem anfänglichen Nein dann doch tun, was sie nicht tun wollten. Wer erst - möglichst noch ein begeistertes! - Ja sagt, dann aber nicht Wort hält, ärgert uns und macht uns zornig!

Von daher können wir uns gut vorstellen, dass in Glaubensdingen, dass bei Gott ein Nein, das zum Ja wird, auch besser aufgenommen wird als ein Ja, dass sich hinterher als Nein erweist. Das fanden die Juden, denen Jesus die heutige Geschichte von den zwei Söhnen erzählt, selbstverständlich auch. Dass sie sich damit allerdings noch hinter Zöllnern und Huren eingereiht hatten, war eine böse Überraschung für sie und wieder einmal eine Unverschämtheit dieses Jesus von Nazareth, der sie hier so herabsetzte: "Johannes kam zu euch und lehrte euch den rechten Weg, und ihr glaubtet ihm nicht; aber die Zöllner und Huren glaubten ihm. Und obwohl ihr's saht, tatet ihr dennoch nicht Buße, so daß ihr ihm dann auch geglaubt hättet." - Aber lassen wir die Juden damals mit ihrem Ärger und ihrer Empörung über Jesus jetzt allein. Fragen wir einmal, wie es mit uns steht: Sind wir eher Nein- oder Ja-Sager. Und bleiben wir dann bei unserem Ja oder Nein? Und wie sieht das in unserer Beziehung zu Gott aus, in unserem Glaubensleben?

Es ist ganz klar: Menschen, die uns viel versprechen und nichts davon halten, sind uns ein Greuel! Mit Recht. Man kann sich einfach nicht auf sie verlassen. Erst freuen wir uns über ihr Ja, dann lassen sie uns hängen. Erst wollten sie uns angeblich helfen, dann warten wir vergeblich auf sie. Ich persönlich würde übrigens noch ein bisschen weiter gehen als die Geschichte Jesu: Ich finde es auch schon schlimm, wenn sie sich "nur" verspäten. Eine Hilfe, auf die ich vielleicht stundenlang warten muss, macht mir auch keine Freude. Und man sagt sich dann: Hätte ich doch einen anderen gebeten, der verlässlicher ist, dann wäre in der Wartezeit vielleicht schon die Hälfte geschafft gewesen.

Einig sind wir uns also, dass ein anfängliches Nein, das dann zum Ja wird, besser ist. Trotzdem gilt auch hier: Am Besten ist es sicher, wenn einer, der dann doch ein Ja tut, auch gleich Ja sagt! Sofern es uns selbst betrifft, machen wir uns dann gewiss mit unserer Zuverlässigkeit Freunde. Und wenn es um andere geht, dann haben wir es mit verlässlichen, treuen Menschen sicher auch lieber zu tun.

Gar nicht anders ist das bei Gott in den Dingen des Glaubens. Das darf man sicher einmal so ausdrücken: Gott freut sich am meisten an denen, die bei ihrem Ja zu seiner Sache bleiben. An zweiter Stelle stehen die, deren Nein ihn vielleicht erst gekränkt hat, deren Ja der Tat dann aber doch noch seinem Willen nachkommt. Auch wenn in Jesu Geschichte nicht von ihnen gesprochen wird, es gibt auch noch die Menschen, die Gott ihr Nein entgegenhalten und dann wirklich ein Leben lang dabei bleiben. Ganz ehrlich gesagt: Mir sind sie auch noch angenehmer als jene, die erst überschwänglich ja sagen, dann aber ein klares Nein leben. -

Aber wir spüren das jetzt alle, das muss noch einmal ganz konkret werden, was hier gemeint ist. Was ist das Nein und das Ja? Wer sagt dieses und jenes. Wie sieht der Umschwung im Leben aus?

Sicher noch nicht damals, wenn wir als Baby getauft worden sind, aber doch bei unserer Konfirmation haben wir ein klares, sogar öffentliches Ja zu Gott gesprochen. Wir haben uns damals auch zu Jesus Christus als unserem Herrn bekannt, haben bezeugt, dass wir an ihn glauben und in seiner Gemeinde bleiben wollen. Und das sollten wir jetzt auch einmal so stehen lassen, ohne uns selbst, unsere Kinder oder Enkel gleich zu entschuldigen: Ich war doch damals noch so jung! Überhaupt: Sind denn 14jährige schon reif genug für so eine Entscheidung? Oder gar: Ist es den jungen Leuten heute denn zu verdenken, wenn sie sich konfirmieren lassen um das viele Geld und die Geschenke zu kriegen?

Ich finde, wir müssen die Mädchen und Jungen, die zur Konfirmation gehen - und eben auch uns selbst damals - schon ernst und als mündige Menschen nehmen! Wir müssen also ihr Ja zur Sache Gottes als ihre bedachte und freiwillig gewählte Entscheidung werten. Mit 14 Jahren stehen für die jungen Menschen ja noch ganz andere Weichenstellungen an, z.B. ob sie nach der 9. oder 10. Klasse schon eine Lehre oder ob sie Abitur machen. Hiervon wird - zumindest äußerlich - ein Leben viel stärker beeinflusst und festgelegt.

Aber ich will das Ja der Konfirmation jetzt nicht abwerten: Es ist sehr wichtig! Wir haben damals ja zu Gott gesagt, ja zu Jesus Christus, in dessen Spur wir unser Leben lang bleiben wollten. Genau so wichtig - und in diesem Fall traurig und immer auch mit Schuld verbunden - ist es, wenn wir dann vielleicht schon wenig später mit unserem Handeln und unserem ganzen Leben unser Nein sprechen. Und ich bin einmal ganz offen: Ich habe immer wieder, wenn ich nach einem anfänglichen Ja so ein Nein des Lebens gehört habe, gedacht: Hättest du dich doch lieber gleich nicht konfirmieren lassen. Du hättest dir und der Sache besser gedient! Ja: Ich glaube, es ist einfach nicht gut, auch nicht gut für uns selbst, wenn wir uns - auch noch so rasch! - von dem Herrn abwenden, dem wir einmal gesungen haben: "Jesu, geh voran auf der Lebensbahn ..." Wie gesagt: Damit ist immer auch Schuld verbunden. Selbst wo wir und andere uns dann einreden, wir wären halt noch jung und unreif gewesen, hätten die Entscheidung doch gar nicht so ganz überblickt, es hätten sich schließlich alle in unserem Jahrgang konfirmieren lassen und viele davon hätten heute auch nichts mehr mit Kirche und so am Hut ... Auch Menschen, die so reden spüren in ihrem Innern genau, dass es nicht in Ordnung ist, wie sie sich verhalten haben. Ich glaube keinem Menschen, der einen einigermaßen guten und verbindlichen Konfirmandenunterricht genossen hat, dass wenig später alles nur noch eine Äußerlichkeit gewesen sein soll und einen selbst das geäußerte Ja zu Gott und seiner Gemeinde gar nicht mehr bindet!

Aber ich will ja gar nicht darauf hinaus, hier jetzt Menschen zu belasten, ihnen das Herz und die Seele schwer zu machen. Im Gegenteil! Aus dem Nein des Lebens kann eben auch wieder ein Ja werden! Dafür hat Gott uns ja das Gewissen geschenkt, dass es uns immer wieder zurück ruft zu dem, was wir versprochen haben, dass es uns antreibt, uns nicht damit zufrieden zu geben, dass uns vielleicht damals vor Jahren der rote Faden des Glaubens abhanden gekommen ist und wir doch längst gemeint haben, es führe zu Jesus Christus für uns kein Weg mehr. "Mein Sohn, geh hin und arbeite heute im Weinberg. Er antwortete aber und sprach: Nein, ich will nicht. Danach reute es ihn, und er ging hin." Das gibt es! Und es ist für uns und für alle, an die wir heute vor dem Hintergrund der Geschichte von den zwei ungleichen Söhnen denken, möglich, wieder den Weg zu betreten und zu gehen, den wir vielleicht vor vielen Jahren verlassen haben. Das eben ist die wunderbare Freiheit, die Gott uns lässt, dass er uns niemals - und wäre es in unserer letzten Stunde - festlegt auf das, was bei uns immer oder seit Jahre so gewesen ist. Der Sohn, der erst Nein gesagt hat, darf eben doch noch in den Weinberg kommen. Er ist willkommen, seine Arbeit wird anerkannt und keiner wird ihn schief ansehen, nur weil er vielleicht eine Weile fern vom Weinberg und von seinem Vater und den Geschwistern gelebt hat. Der Vater jedenfalls freut sich sehr, wenn sich der Neinsager doch noch zur Arbeit im Weinberg begibt! - Das gilt für uns alle! Denn Gott ist auch unser Vater.

Wie schön wäre es, wenn wir uns nun auch mitfreuen könnten, wenn ein Neinsager zum Ja findet! Wir wollen niemandem vorhalten, wenn er von einem Nein zu Gottes Sache herkommt. Entscheidend ist doch, wenn sein Leben heute vom Ja zu Jesus Christus bestimmt wird! Helfen wir ihm, dabei bleiben zu können! AMEN