Predigt zum 2. Christtag - 26.12.2004
(Die Predigt
eignet sich mit leichten Veränderungen auch zum Altjahrsabend und ist sehr gut
auf mehrere SprecherInnen zu verteilen.)
Textlesung:
Jh. 8, 12, (13 - 16)
Da redete Jesus abermals zu ihnen und sprach:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt,
der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens
haben.
(Da sprachen die Pharisäer zu ihm: Du gibst Zeugnis
von dir selbst; dein Zeugnis ist nicht wahr.
Jesus antwortete und sprach zu ihnen: Auch wenn ich
von mir selbst zeuge, ist mein Zeugnis wahr; denn ich weiß, woher ich gekommen
bin und wohin ich gehe; ihr aber wißt nicht, woher ich komme oder wohin ich
gehe. Ihr richtet nach dem Fleisch, ich richte niemand.
Wenn ich aber richte, so ist mein Richten gerecht;
denn ich bin's nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat.)
Liebe Gemeinde!
Das, was ich/wir heute Abend sagen will/wollen, hat
einen ganz konkreten Anlass. Vielen Menschen aus unseren Gemeinden - sicher auch
ihnen, die heute gekommen sind - ist das ja aufgefallen. Jedes Jahr leuchten in
unseren Dörfern (in unserer Stadt) in den Advents- und Weihnachtstagen mehr
Lichter in den Fenstern, vor den Häusern, an den Bäumen und sogar auf den
Dächern. Das blinkt, glitzert und flimmert ja nur so! Zu den Tausenden kleiner
Glühbirnchen gesellen sich manchmal sogar beleuchtete Weihnachtsmänner,
Schneemänner, Rentiere mit Schlitten und manches andere. (Dabei wollen wir nun
nicht untersuchen und besprechen, in welchen Fenstern und Vorgärten welcher
Häuser eine besondere Ansammlung von Licht zu beobachten ist. Das wäre eine
eigene Predigt wert.) Was aber sagt uns das? Die Sehnsucht nach Licht ist groß -
so groß wie die sicher oft übertriebene Beleuchtung in und vor manchen Häusern.
Und nicht nur bei denen da draußen in unseren Dörfern (unserer Stadt), nicht nur
bei den anderen - auch bei uns, die wir jetzt hier sind. Und ich glaube, dass
sich da im Grunde das Sehnen nach dem verbirgt, der sich selbst das Licht der
Welt genannt hat, Jesus Christus. Die Menschen wünschen sich, dass ein Licht,
sein Licht auch in ihrem Leben brennt. Die Menschen hoffen für sich, dass
er es in ihren Tagen hell macht und mit ihm der Sinn und die Erfüllung in
ihr Leben zurückkehren. Die Menschen wünschen sich - und eben sehnlicher,
drängender von Jahr zu Jahr - dass einer das Dunkel und die Angst bei ihnen
vertreibt.
Aber es scheint mit dem Licht so zu
gehen, wie mit manchen anderen Dingen in dieser unruhigen Zeit: Man möchte mit
der Masse gut machen, was doch nur mit der rechten inneren Einstellung zu haben
ist. So ist es mit dem Besitz, den wir sammeln: Immer mehr und mehr macht ja
nicht zufriedener. Im Gegenteil. So ist es mit dem Konsum, dem wir uns heute ja
immer noch ungehemmt hingeben können beim Essen, in unserer Kleidung und auch an
unseren Fernsehempfängern. Aber manchmal fallen uns Zeiten ein, in denen wir
über ein paar Weihnachtsplätzchen oder eine Apfelsine schier aus dem Häuschen
waren vor Freude, oder uns eine ganz kleine Gabe zum Fest viel glücklicher
gemacht hat, als die Fülle einer Weihnachtsstube unserer Tage. Und vor Tagen hat
ein Mensch in meiner Nähe von einem Kinderfilm aus den 60er Jahren gesprochen,
der ihn sehr fasziniert und lange in seinen Gedanken begleitet hat, obwohl er
sicher nach dem Stand heutiger Technik einfach und vielleicht erbärmlich gemacht
war. Und so ist es eben auch mit dem Licht: Wir lassen - und leider ja auch
jedes Jahr schon Tage vor dem 1. Advent! - unzählige Lichter, Glühbirnen und
Kerzen aufleuchten - aber es bleibt so dunkel in uns wie zuvor. Vielleicht also
wäre auch hier weniger mehr!? Vielleicht müssten wir wieder versuchen, mit nur
einer einzigen Kerzenflamme, dem wahren Licht auf die Spur zu kommen? Ja,
vielleicht könnte dieses eine Licht, wenn wir es nur wieder finden und bei uns
leuchten lassen, viel größere Helle bei uns verbreiten und mit seinem klaren
Glanz alle Angst und alle Finsternis vertreiben. Ich glaube fest, dass dieses
einzige Licht der Welt, Jesus Christus, das bei uns tun will und kann.
Wir wollen jetzt eine Kerze entzünden und wollen hören,
was uns ihr Licht sagen will.
(Eine Kerze wird angezündet und auf den Altar oder die
Kanzel gestellt! - Sehr langsam sprechen)
- Diese Kerze
soll uns sagen, dass Jesus Christus in diese
Welt gekommen ist. Seit seiner Geburt vor
bald 2000 Jahren brennt für uns sein Licht.
Dieses Licht macht es hell in unserem Leben.
Die Schatten der Vergangenheit und der
Schuld, der Angst und der bösen Erwartung
für die Zukunft weichen.
Dieses Licht ist für uns Wärme
und Geborgensein. Der Gott, der seinen Sohn
Jesus Christus in die Welt gesandt hat,
liebt uns, liebt uns so sehr, dass er uns
niemals fallen lassen wird. Wir werden nicht
verloren gehen - in Ewigkeit nicht! Dieses
Licht bedeutet für uns auch Hoffnung und Mut
für das Jahr, das vor uns liegt, bei allem,
was uns den Mut nehmen will. Wir sind mit
Jesus auf unserem Weg. Wir sind nie allein.
Es wird uns nichts begegnen, was uns ängsten
müßte. Nicht Krankheit oder Leiden muß uns
schrecken. Selbst der Tod ist schon für uns
besiegt. Im Hintergrund unseres Lebens
brennt das Licht Jesu Christi, das nie
verlöscht.
- Aber
der Schein dieses Lichts der Welt, Jesus
Christus, strahlt auch in unser ganz
persönliches Leben: Es leuchtet für alle,
die im vergehenden Jahr einen Menschen
verloren haben. Sein Schein trifft alle, die
immer noch in Trauer sind, denen täglich neu
die Tränen kommen, wenn sie den Namen dieses
Menschen nennen und an ihn denken und was
ihnen jetzt fehlt ...
Und dieses Licht will ihnen sagen: Der
Mensch, um den du trauerst, ist nicht
verloren. Er ist jetzt in einem anderen
Leben, in dem es ihm besser geht. Er hat den
Schmerz, das Leiden, die Krankheit und
Beschwerde dieser Welt hinter sich gelassen
und ist da, wo nur noch Freude und Lachen
und das Rühmen Gottes ist. Du darfst ihn
loslassen. Du darfst deiner Trauer noch den
Raum geben, den sie braucht. Du darfst noch
weinen, hie und da ... Aber du darfst auch
getrost sein und sogar dankbar. Du wirst
sie, du wirst ihn wiedersehen, denn es ist
dasselbe Licht, derselbe Herr in dieser und
der ewigen Welt.
- Und
der Schein dieses Lichts der Welt, Jesus
Christus, strahlt auch für die, denen im zu
Ende gehenden Jahr viel kaputtgegangen ist.
Für die Menschen, die ihre Arbeit verloren
haben. Für die, deren Träume zerschlagen und
Pläne zunichte gemacht wurden. Für alle, die
manchmal oder gar immer wieder gedacht
haben, dieses Leben sei eine Qual und
eigentlich nicht wert, dass man es so
krampfhaft festhält.
Und dieses Licht will ihnen sagen: Selbst
diese schwere, scheinbar sinnlose Zeit
deines Lebens warst du immer unter den Augen
Jesu. Keinen Tag warst du allein. Und nichts
von dem, was dir geschehen ist, war wirklich
ohne Sinn und nur blindes Geschick. Es muss
diesem Jesus Christus alles dienen. Er ist
der Herr der Welt und auch der Herr deines
Schicksals. Was vielleicht erst böse
aussieht, kann sich zum Guten wandeln. Und
das ist doch auch schon manchmal so gewesen.
Nicht nur einmal durftest du eine Ahnung
davon bekommen, dass auch das Schwere deines
Lebens seinen Platz in einem höheren Plan
hatte. Was dabei noch nicht offenbar ist,
wird einmal offenbar werden. Vielleicht im
neuen Jahr, das bald beginnt?
- Und
der Schein dieses Lichts der Welt, Jesus
Christus, strahlt auch für jene, die sich
sorgen und ängsten, wenn sie an dieses
kommende Jahr denken. Ob es ein gutes,
gesundes Jahr für sie wird? Ob ihnen das
Unglück, der Schmerz, die Trauer begegnen?
Ob dieses neue Jahr Glück für sie bereithält
oder schwere Zeit, frohe Tage oder einsame
Stunden?
Und dieses Licht will ihnen sagen: Dein Weg
in die kommende Zukunft wird hell sein,
bewahrt und geführt. Es kommt dir alles aus
Gottes Hand. Er weiß, was er dir schickt und
warum. Er weiß auch, was du tragen kannst
und was für dich der rechte Weg ist. Und vor
allem kennt er das Ziel für dich. Und dahin
will er dich bringen. Vielleicht manchmal
gegen deinen Willen und Widerstand. Aber er
will dich nicht zerbrechen, sondern heilen,
dir nicht weh tun, sondern dich
zurechtbringen, dich nicht verlieren,
sondern dich in Ewigkeit behalten.
Erfülltes, bewahrtes, gesegnetes Leben ist
sein Wille für dich.
- Und
der Schein dieses Lichts der Welt, Jesus
Christus, strahlt auch für die, denen auf
den Weg durch das bald beginnende Jahr viel
Freude gelegt sein wird. Wenn lange gehegte
Träume endlich wahr werden. Wenn neues Leben
von dir ausgeht. Wenn es das Jahr wird, in
dem du die Liebe eines Menschen gewinnst.
Wenn du den Abschluss schaffst, auf den hin
du so lange gelernt und gebangt hast. Wenn
du die Arbeit findest, die dir gefällt und
dich ausfüllt. Wenn doch das geschieht, was
du nicht mehr zu hoffen gewagt hättest.
Dann will dieses Licht dir sagen: Auch deine
Freude kommt von dem her, der dich nie aus
seinen Augen und seinem Sorgen verliert. Er
gibt dir das Schöne, das Beglückende, das
Frohe deines Lebens. Und er gibt es dir gern
und manchmal im Überfluss. Aber er freut
sich, wenn du ihn nicht vergisst über deinem
Glück. Sag' auch danke. Teile auch mit
denen, über deren Weg nicht so viel Glanz
liegt. Hilf denen auf, die unten sind.
Sprich zu denen ein gutes Wort, die
verzweifeln möchten. Falte die Hände für
die, die ihr Anliegen nicht mehr vor Gott
bringen. Geh ein Stück mit allen, die
traurig sind und nicht so gut dran wie du.
Das alles und noch viel mehr kann uns
diese Kerze sagen. Sie steht für das Licht Jesu in unserem Leben bisher und auch
in aller Zukunft. Aber manches kann sie uns auch nicht sagen. Dafür ist sie ein
zu schwaches Bild und ihr Wesen zu vergänglich: Ihr Licht der Kerze verzehrt
sich - das Licht Jesu brennt fort durch all mein Leben und in Ewigkeit. Die
Flamme dieser Kerze wird keinem Sturm standhalten, ja, schon ein Windhauch
bringt sie zum Schwanken - Jesus Christus wird sich als stärker erweisen,
stärker als alle Mächte der Welt, stärker selbst als der Tod. Diese Kerze wird
mir fern rücken, wenn ich mich von ihr entferne - Jesus Christus bleibt
unsichtbar nah, auch wenn ich ihn hinter mir lassen will, ja, selbst wenn ich
nicht an ihn glaube oder ihn verachte. Sein freundliches Licht begleitet mich
und ist immer nur ein Gebet weit von mir.
Die Kerze wollen wir hier stehen lassen,
weiter brennen lassen, bis sie sich in Wärme und Glanz verzehrt hat. Mitnehmen
wollen wir ihr Licht, sein Licht, das machtvolle Licht unseres Herrn, das
stärker ist als das Leuchten von 1000 Lichtern in unseren Fenstern und
Weihnachtsstuben, an Bäumen und Hauswänden. Haben wir sein Licht, dann brauchen
wir all die anderen Versuche nicht mehr, es in unserem Leben heller und
erfüllter zu machen. Dann ist unsere Sehnsucht am Ziel, am einzigen Ziel, das
wirklich froh und zufrieden macht. Dann kann auch alles, was wir den
Christbäumen und unseren Fenstern an Lichtern aufsetzen wieder zu dem werden,
was es einmal war und sein sollte: Hinweis und Vorfreude auf den, der von sich
sagt:
Ich bin das Licht der Welt. Wer mir
nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des
Lebens haben.