Predigt zum Ostersonntag - 11.04.2004

Textlesung: 1. Kor. 15, 1 - 11

Ich erinnere euch aber, liebe Brüder, an das Evangelium, das ich euch verkündigt habe, das ihr auch angenommen habt, in dem ihr auch fest steht, durch das ihr auch selig werdet, wenn ihr's festhaltet in der Gestalt, in der ich es euch verkündigt habe; es sei denn, dass ihr umsonst gläubig geworden wärt. Denn als erstes habe ich euch weitergegeben, was ich auch empfangen habe: Dass Christus gestorben ist für unsre Sünden nach der Schrift; und dass er begraben worden ist; und dass er auferstanden ist am dritten Tage nach der Schrift; und dass er gesehen worden ist von Kephas, danach von den Zwölfen. Danach ist er gesehen worden von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal, von denen die meisten noch heute leben, einige aber sind entschlafen.

Danach ist er gesehen worden von Jakobus, danach von allen Aposteln.

Zuletzt von allen ist er auch von mir als einer unzeitigen Geburt gesehen worden. Denn ich bin der geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, dass ich ein Apostel heiße, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.

Aber durch Gottes Gnade bin ich, was ich bin. Und seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen, sondern ich habe viel mehr gearbeitet als sie alle; nicht aber ich, sondern Gottes Gnade, die mit mir ist. Es sei nun ich oder jene: so predigen wir, und so habt ihr geglaubt.

Liebe Gemeinde am Ostermorgen!

Er strengt sich wirklich an, der Apostel Paulus! Er zieht alle Register der Beweisführung: Wenn das mit Jesu Auferstehung nicht stimmte, dann wäret ihr ja umsonst gläubig geworden. Aber so viele haben IHN doch gesehen: Kephas und die zwölf Jünger, 500 Brüder auf einmal, Jakobus und die anderen Vertrauten Jesu, und zuletzt auch ich! Und ich bilde mir doch gar nichts darauf ein: Es ist ja nur Gottes Gnade gewesen, wenn ich seine Auferstehung bezeugen kann..., aber das kann ich!

Ob Paulus die Empfänger des Korintherbriefs auch über-zeugen konnte? Ob er uns mit seinen "Beweisen" glaubhaft machen kann, dass Jesus wirklich auferstanden ist?

Erschrecken sie jetzt nicht, aber ich meine: Nein! Er konnte es damals nicht und er kann es heute bei uns nicht! Warum? Weil die Auferstehung Jesu nichts war und nichts ist, was man begreift oder glaubt, nur weil einer sagt, er hätte den Auferstandenen gesehen. - Wie begreift, wie glaubt man es aber dann?

Stellen wir uns vor, was uns hoffentlich nicht schwer fällt, wir liebten eine/unsere Frau, einen/unseren Mann und wir wollten diesem Menschen beweisen, dass unser Herz in Liebe für ihn schlägt. Wenn wir an diese Aufgabe herangingen, wie der Apostel Paulus in seinem Brief an die Christen von Korinth an die Auferstehung herangeht, dann würde sich das vielleicht so anhören: Du weißt doch, dass ich dich vor Jahren aus Liebe geheiratet habe! Wäre ich sonst mit dir vor den Altar getreten! Und erinnere dich doch, wie viele Menschen dabei waren: Deine und meine Eltern, unsere beiden Trauzeugen, all unsere Verwandten, Freunde und Bekannten. Die wissen das alle, dass ich dich liebe! - So, wissen sie's wirklich? Und ob der oder die Angesprochene unserer Liebe jetzt sicher ist?

Und bei der Hoffnung ist das ganz ähnlich, die gehört ja auch als die dritte zum Glauben und zur Liebe! Wollten wir beweisen, was wir hoffen, dann würden wir vielleicht so sprechen: Gewiss gibt es ein Leben nach dem Tod! Wie viele Christen aller Zeiten sind doch davon ausgegangen und haben darauf gewartet, dass noch etwas kommt! Und der Pfarrer, der mich damals konfirmiert hat, hat im Konfirmandenunterricht immer wieder einmal gesagt: Wir sind Kinder Gottes und werden einmal die Herrlichkeit in seiner ewigen Welt sehen! - Ob einer, dem wir das so weitersagen, nun wirklich hoffen kann, dass dieses manchmal doch so schwere Leben nicht alles ist, was Gott uns schenken will?

Was muss hinzu kommen, außer irgendwelchen - sicher gut gemeinten - Versuchen, etwas zu beweisen, dass einer zum Glauben an die Auferstehung kommt, zur Gewissheit meiner Liebe und zur festen Zuversicht der Hoffnung?

Die Zahl der Zeugen für Jesu Auferstehung macht's nicht! Wer weiß, was die wirklich gesehen haben, sehen wollten? Auch noch, da das alles so lange her ist... Auf der anderen Seite aber kann ein einziger Zeuge, eine einzige Zeugin genügen, um uns für alle Zeit, mit Leib und Seele und unserem ganzen Herzen zu Jesus, dem auferstandenen Herrn zu ziehen!

Das ist für viele Menschen vielleicht die Mutter gewesen, die einfach durchdrungen war von ihrem Glauben. Wäre uns je ein Zweifel gekommen, dass sie mit Jesus lebte, dass sie wusste, dass er immer in ihrer Nähe ist und dass sie mit ihm an ihrer Seite durch ihre Tage ging? Und hätten wir daran gezweifelt, dass sie am Abend, wenn sie an unserem Bett gesessen und mit uns und für uns gebetet hat, wirklich ganz fest damit gerechnet hat, dass der Vater Jesu alle Bitten, alle Sorgen und allen Dank dieser Gebete hört?

Manche haben einen solchen Glaubenszeugen vielleicht auch in einem anderen Verwandten, einem Freund oder einem Lehrer erlebt. Es gibt sie ja doch, die Menschen, die es nicht sagen müssen, dass sie Christen sind, sondern die das ausstrahlen. Wenn sie von der Freude des Glaubens sprechen, dann kann man diese Freude geradezu in ihren Augen glänzen und leuchten sehen. Und wenn sie sagen, ich glaube, dass Jesus auferstanden ist, dann spüren wir, wie vertraut sie heute mit diesem Jesus sind, weil er eben heute bei ihnen ist und sie mit ihm reden und ihr Leben von ihm bestimmen lassen. Überhaupt ist ja eine lebendige Beziehung, die Menschen heute zu diesem Herrn haben, für andere immer die überzeugendste Erfahrung, dass dieser Jesus wirklich auferstanden und heute lebendig ist!

Aber wir wollen auch noch vom Gottesdienst reden, denn auch in ihm gibt es das Zeugnis und die Chance - zum Beispiel heute! - den Glauben an Jesu Auferstehung zu gewinnen und nachher mit nach Hause zu nehmen. Wenn wir, die zum Predigen und zum Gestalten der Gottesdienste ausgebildet und berufen sind, hier nur richtige Worte sagen, nur die biblische Botschaft davon weitergeben, wie viele Zeugen Jesus damals gesehen haben, es könnte heute morgen hier nicht ein einziger Mensch zu diesem Glauben finden. Was zu den Menschen spricht, was - wenn Gott es will - die Herzen erreicht und Glauben wecken kann, ist viel mehr die freundliche Miene, das Lächeln, das sich auf unser Gesicht legt, wenn wir von unserem lebendigen Herrn Jesus Christus predigen. Was die Herzen öffnet und verändert ist nicht, dass wir die Worte gekonnt setzen, nicht der flüssige Vortrag unserer Kanzelrede, nicht die Wahl der richtigen Lieder, die wir singen, oder der tiefe Sinn der Gebete, sondern wenn die Leute merken, wir sind von dem wirklich durchdrungen, was wir hier weitersagen, ja, wir müssen davon sprechen, wir müssen Gottes Wort vor die Menschen bringen, weil es auch andere froh machen soll, wie es schon uns froh gemacht hat.

Nein, was Paulus uns heute von den vielen Zeugen erzählt, seine Beweisführung, dass Jesu Auferstehung Wirklichkeit gewesen ist, kann uns nicht überzeugen und zum Glauben führen. Dazu sind uns die Geschehnisse, von denen er spricht, auch einfach zu fern und die Personen, die sie erlebt haben zu fremd.

Unser Glaube an die Auferstehung Jesu soll heute unser Leben gestalten. Darum kann unser Glaube auch nur heute angesprochen werden und entstehen. Dazu braucht es Zeugen - in diesen Tagen. Menschen, die ergriffen sind vom Glauben und sich nicht scheuen, davon zu reden. Und es gibt diese Menschen, wie es die Frauen und Männer gibt, die ihren Partnern und Partnerinnen mit ihrem ganzen Wesen sagen, dass sie voll Liebe für sie sind und wie es Christen gibt, die von der tiefen Hoffnung beseelt sind, dass der Tod nur ein Übergang, ja, eigentlich der Beginn des wahren Leben ist.

So kann eigentlich nur der Glaube selbst mit dem, was er an Wirkung und Strahlkraft hervorbringt, wieder Glauben bei anderen wecken. Aus Glauben zum Glauben, so fügt sich ein Glied der Glaubenskette an das andere seit Christen auf dieser Erde wohnen. Und nur weil es Gott sei Dank bis heute vom Glauben an Jesu Auferstehung überzeugte und überzeugende Menschen gibt, ist die Kette noch nicht abgerissen und wird, so Gott will, auch in der Zukunft nicht abreißen!

So wünsche ich uns zu diesem Osterfest glaubhafte Zeugen der Auferstehung Jesu Christi oder besser: Ich wünsche uns Menschen, die den Glauben an den lebendigen Herrn heute überzeugend auf ihrem Gesicht tragen und in ihrer ansteckenden Freude unser Herz erreichen und froh machen.

Wo uns dieser Glaube schon erreicht hat, da wünsche ich uns, dass wir nun für andere solche glaubhaften Zeugen für die Auferstehung werden. So - und ich glaube nur so - kann es für uns Ostern werden, das Fest der Auferstehung unseres Herrn, der Tag, an dem wir feiern, dass Jesus heute lebendig ist.