Predigt zum 3. Sonntag nach Trinitatis - 28.6.2009

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Textlesung: Lk. 15,1-3.11b-32

Es nahten sich ihm aber allerlei Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Ein Mensch hatte zwei Söhne. Und der jüngere von ihnen sprach zu dem Vater: Gib mir, Vater, das Erbteil, das mir zusteht. Und er teilte Hab und Gut unter sie. Und nicht lange danach sammelte der jüngere Sohn alles zusammen und zog in ein fernes Land; und dort brachte er sein Erbteil durch mit Prassen. Als er nun all das Seine verbraucht hatte, kam eine große Hungersnot über jenes Land, und er fing an zu darben und ging hin und hängte sich an einen Bürger jenes Landes; der schickte ihn auf seinen Acker, die Säue zu hüten. Und er begehrte, seinen Bauch zu füllen mit den Schoten, die die Säue fraßen; und niemand gab sie ihm. Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner! Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und es jammerte ihn; er lief und fiel ihm um den Hals und küsste ihn. Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Aber der Vater sprach zu seinen Knechten: Bringt schnell das beste Gewand her und zieht es ihm an und gebt ihm einen Ring an seine Hand und Schuhe an seine Füße und bringt das gemästete Kalb und schlachtet's; lasst uns essen und fröhlich sein! Denn dieser mein Sohn war tot und ist wieder lebendig geworden; er war verloren und ist gefunden worden. Und sie fingen an, fröhlich zu sein. Aber der ältere Sohn war auf dem Feld. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er Singen und Tanzen und rief zu sich einen der Knechte, und fragte, was das wäre. Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen, und dein Vater hat das gemästete Kalb geschlachtet, weil er ihn gesund wiederhat. Da wurde er zornig und wollte nicht hineingehen. Da ging sein Vater heraus und bat ihn. Er antwortete aber und sprach zu seinem Vater: Siehe, so viele Jahre diene ich dir und habe dein Gebot noch nie übertreten, und du hast mir nie einen Bock gegeben, dass ich mit meinen Freunden fröhlich gewesen wäre. Nun aber, da dieser dein Sohn gekommen ist, der dein Hab und Gut mit Huren verprasst hat, hast du ihm das gemästete Kalb geschlachtet. Er aber sprach zu ihm: Mein Sohn, du bist allezeit bei mir, und alles, was mein ist, das ist dein. Du solltest aber fröhlich und guten Mutes sein; denn dieser dein Bruder war tot und ist wieder lebendig geworden, er war verloren und ist wiedergefunden.

Liebe Gemeinde!

Es sind gleich einige Besonderheiten, die diese Geschichte auszeichnen: Einmal ist sie sicher einer der längsten Predigttexte, die es gibt. Dann aber ist sie auch eine der schönsten Geschichten des Neuen Testamentes und darum wohl auch eine der bekanntesten. Und schließlich fasst sie auf ganz wunderbare Weise das ganze Evangelium und eigentlich auch alles, was Jesus uns vermitteln wollte, zusammen. Wer diese Geschichte verstanden hat, der weiß, worum es in der Sache Gottes mit seinen Menschen geht. - Da stellt sich jetzt schon die Frage: Was soll ich dazu noch predigen, wenn doch schon alles gesagt ist?

Ich habe mir darum für heute einmal gedacht, dass ich die Geschichte vom Verlorenen Sohn nicht so wie sonst predige, sondern sie jetzt zum Teil noch einmal vor Ihre Ohren bringe - aber mit ganz anderen Voraussetzungen. Wir denken uns dazu einmal, nicht Jesus hätte sie erzählt, sondern irgend ein anderer Mensch der Zeit, in der Jesus über diese Erde ging. Ein Mensch, der nichts von Jesus, nichts von Gott und seiner Güte weiß. Dabei tritt dann vielleicht deutlicher als sonst hervor, was die Erzählung vom Verlorenen Sohn - also die, wie sie uns aus dem Mund Jesu überliefert ist, so einzigartig und so christlich macht, so schön und so anrührend.

Bitte seien Sie jetzt nicht allzu schockiert über die andere Geschichte vom Verlorenen Sohn, die doch sehr hart und gar nicht christlich daher kommt. Aber so wird uns vielleicht wieder einmal ganz klar, was wir am Original der Geschichte und überhaupt an unserem evangelisch-christlichen Glauben haben. - Wir setzen ein an der Stelle, an der sich der Sohn auf seinen Vater besinnt und plant, wieder zu ihm zu gehen und vor ihn zu treten:

Da ging er in sich und sprach: Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, die Brot in Fülle haben, und ich verderbe hier im Hunger! Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir. Ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße; mache mich zu einem deiner Tagelöhner! Und er machte sich auf und kam zu seinem Vater. Als er aber noch weit entfernt war, sah ihn sein Vater, und er wusste sofort, was los war, denn er hatte immer damit gerechnet, das dieser nichtsnutzige Sohn irgendwann wieder vor seinem Haus stehen würde. Und er griff sich einen kräftigen Stock, der immer hinter der Tür stand und trat hinaus in den Hof. Und er herrschte den Sohn an: Was hast du noch hier verloren? Der Sohn aber sprach zu ihm: Vater, ich habe gesündigt gegen den Himmel und vor dir; ich bin hinfort nicht mehr wert, dass ich dein Sohn heiße. Und der Vater hob drohend den Stock und antwortet: Da hast du recht gesprochen! Du bist wahrhaftig nicht mehr mein Sohn. Dann rief er seine Knechte und sprach zu ihnen: Heute ist dieser Kerl vor mein Haus gekommen, der einmal mein Sohn war. Er hat alles, was ich ihm gab, durchgebracht und will jetzt wieder hier einziehen. Aber er ist nicht mehr mein Sohn, er ist tot für mich und er wird nie mehr wieder lebendig werden, er ist und bleibt verloren und ich werde ihn nie mehr finden. Und wenn er je wieder in die Nähe meines Hause kommt, dann verjagt ihn von hier. Und die Knechte fingen an, den verstoßenen Sohn zu schmähen und zu verspotten. Da kam der ältere Sohn vom Feld nach Hause zurück. Und als er nahe zum Hause kam, hörte er das Schmähen und Spotten der Knechte und rief zu sich einen von ihnen und fragte, was denn los wäre. Der aber sagte ihm: Dein Bruder ist gekommen und dein Vater hat ihm ein für allemal gesagt, dass er hier nichts mehr verloren hat, denn er ist nicht mehr sein Sohn. Da wurde der ältere Bruder froh und trat herzu und stellte sich breitbeinig neben seinen Vater und sprach zu dem jüngeren Bruder so: Ich habe dem Vater viele Jahre gedient, nie sein Gebot übertreten und immer das getan, was er von mir verlangt hat. Du aber hast sein Hab und Gut mit Huren verprasst und willst jetzt hier wieder unterkriechen. Das soll niemals geschehen! Du bist nicht mehr unseres Vaters Sohn und du bist auch nicht mehr mein Bruder. Du bist tot für uns und wirst nie mehr lebendig. Du bist und bleibst verloren und wirst nie mehr gefunden. Scher dich fort!

Liebe Gemeinde, das ist keine schöne Geschichte, aber - wenn wir ganz nüchtern auf sie hören und so, als hätten wir die biblische Erzählung noch nie gelesen - ist sie sehr realistisch! Anders gesagt: So hätte sich das abgespielt damals - aber genau so heute!

Denn in unserer Welt muss einer, der alles, was ihm von seinem Vater oder dem Schicksal geschenkt worden ist, verspielt und verprasst, in Zukunft seinen Lebensunterhalt hart verdienen. Und die Menschen, die er mit seinem Verhalten schwer gekränkt und beleidigt hat, geben ihm keine neue Chance. Er wird ein Leben lang von ihnen verachtet sein und von oben herab behandelt werden. Seine Schuld kriegt so einer nie mehr los, denn keiner wird ihm vergeben.

Wie gesagt, das ist damals so gewesen und heute nicht anders ... Aber nein! Wir müssen sagen, es wäre damals so gewesen und wäre heute nicht anders ... wenn es da nicht diese wunderbare Geschichte gäbe: Die Geschichte vom Vater, der seine Arme ausbreitet und den verlorenen Sohn umfängt, an sich drückt und herzt und ihm das ausredet, nur noch ein Tagelöhner sein zu wollen. Vom Vater, der ganz aus dem Häuschen ist vor Glück und dem Sohn ein schönes Gewand schenkt und ein Fest für ihn feiert und außer sich ist vor Freude. Vom Vater, der den anderen Sohn, der - was wir gut verstehen können! - nicht begeistert ist über die Rückkehr des Bruders und noch weniger angetan von der Freude des Vaters, doch umstimmen kann mit seinen Worten und dazu bewegen kann, sich mitzufreuen und mitzufeiern ... Und noch so viel mehr liegt in dieser Geschichte, das es uns deutlich vor Augen führt, was für ein wunderbarer, befreiender, froh machender Glaube das ist, der mit dem Erzähler der Geschichte in die Welt kam!

Und er, der Erzähler dieser Geschichte, stand und steht auch wirklich ein für allemal im Hintergrund dieser Geschichte, denn sie zeigt uns einen Vater, der durch den einen, einzigen Sohn versöhnt ist mit allen seinen Kindern. Wie schön wäre das, wenn sich nun auch die Kinder untereinander annehmen, miteinander versöhnen und einander vergeben könnten, so wie der Vater das durch die Liebe des einen Sohns Jesus Christus kann!