Predigt zum Sonntag "Exaudi" - 24.5.2009

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Textlesung: Jh. 15, 26 - 16,4

Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahr- heit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht abfallt. Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen. Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich's euch gesagt habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch.

Liebe Gemeinde!

Wir wissen, dass die Christen der ersten Gemeinden verfolgt wurden, dass man ihnen hart zusetzte und viele von ihnen sogar getötet hat. Und wir können uns vorstellen, dass die Versuchung für die Christen dieser Zeit, sich von ihrem Herrn loszusagen und abzufallen, sicher groß war! Wenn wir dazu noch hören, dass es damals sogar Menschen gab, die einen Gottesdienst darin sahen, die Anhänger Jesu Christi zu verfolgen und zu töten, dann können wir es uns besonders gut vorstellen, dass viele Christen ihren Glauben widerriefen und sich wieder den alten oder anderen Göttern zuwandten, die anzubeten ungefährlich war! Und wir wissen auch, dass es in einigen Weltgegenden, zum Beispiel in China, noch heute Verfolgungen der Christen gibt. Das Christentum gilt dort als "illegale religiöse Aktivität"! Seine Anhänger werden bedroht, drangsaliert und verschleppt, ihre Kirchen werden zerstört und es werden ihnen die menschlichen Grundrechte verweigert. Der tiefere Grund ist wohl das in den letzten Jahren starke Wachstum der christlichen Kirche in China, das den chinesischen Behörden und der Staatsführung verdächtig und unheimlich ist. (Wir wollen heute daher in der Fürbitte der chinesischen Glaubensgeschwister gedenken.)

Aber ist es bei uns nicht ganz anders? Was kostet es denn, Christin, Christ zu sein? Kann bei uns nicht jeder seinen Glauben unbehindert und ohne Gefahr leben? - Wir können hier, Gott sei Dank, ein uneingeschränktes Ja sagen! Wir müssen nichts befürchten, wenn wir uns am Sonntagmorgen auf den Weg zur Kirche machen. Wenn wir unsere Kinder zur Taufe bringen, dann ist das ein ungetrübter Freudentag. Und wenn wir uns konfirmieren lassen, dann wird uns keiner daran hindern wollen, im Gegenteil: Wir bekommen noch reichlich Geschenke! Was sollen wir also mit den Versen anfangen, die uns heute zu bedenken vorgelegt werden?

Mir ist bei den Gedanken an den Kirchgang, den uns keiner verwehren kann, an Taufe und Konfirmation, die wir ganz frei wahrnehmen können, etwas in den Sinn gekommen ... man traut es sich fast nicht auszusprechen ... Ich will es trotzdem sagen und zwar so: Kostet es bei uns, eine Christin, ein Christ zu sein, nicht vielleicht schon wieder zu wenig? Nein, ich wünsche mir gewiss nicht mehr religiösen Druck oder gar Repressalien. Aber es ist alles so leicht geworden mit dem Bekenntnis zu diesem Jesus von Nazareth! So unverbindlich auch. Nehmen wir einmal die Konfirmation als Einsegung in die christliche Gemeinschaft und Begründung der persönlichen Mitgliedschaft in der Kirchengemeinde. Was verlangt sie denn von den jungen Leuten? Meist nur 60 Stunden (vor Jahren waren es noch 80!) mehr oder weniger lockeren Unterricht - ein Jahr lang. In vielen Gemeinden werden diese 60 Stunden auf den Samstagmorgen gelegt - alle vier Wochen - mit abschließendem gemeinsamem Pizzabacken und -essen am Ende. Die Prüfung am Schluss ist längst Geschichte. Selbst ein Konfirmandengespräch, in dem bei der Vorstellung noch ein wenig Wissen abgefragt und vielleicht auswendig gelernte Hauptstücke des Glaubens hergesagt werden müssen, gilt (auch im Kollegenkreis der Pfarrerinnen und Pfarrer!) als absolut altmodisch.

Jetzt fragen Sie sich, was ich damit sagen möchte? Wünsche ich mir etwa die Zeit zurück, in der die Konfirmanden den gesamten Katechismus und oft noch zahlreiche Bibelsprüche und Gesangbuchlieder auswendig lernen mussten? Würde ich gern die Paukerei früherer Jahre, die harte Prüfung vor dem Kirchenvorstand und die Abfragung des Konfirmandenwissens vor der Gemeinde wieder einführen? Sicher nicht. Trotzdem bleibe ich dabei: Es ist zu einfach geworden, sich Christ nennen zu dürfen! - Ein Kirchenvorsteher hat zu seinem Pfarrer, der in der Gemeinde kostenlosen Gitarrenunterricht angeboten hat, einmal gesagt: "Herr Pfarrer, Sie sollten für den Unterricht unbedingt einen Beitrag nehmen - und wenn sie den dann in den Klingelbeutel tun. Aber es war schon immer so: Was nichts kostet, ist nichts wert!"

Liebe Gemeinde, das ist es genau, was ich auch im Blick auf den Konfirmandenunterricht und so manches andere, was heute in unserer Kirche so leicht und ohne größere Anstrengung zu bekommen ist, sagen will: Was nichts kostet, ist nichts wert! Oder anders: Worum ich mich nicht auch bemühen muss, kann ich hernach nicht wertschätzen. Und noch einmal von der anderen Seite: Nur was mir auch etwas abverlangt hat, werde ich hinterher pfleglich bewahren. Und ich werde es in größeren Ehren halten als das, was mir (zu) leicht gemacht worden ist.

Noch einmal: Ganz zurück in die alten Zeiten, in denen, Christ zu werden und zu sein noch mehr von uns verlangt hat, will ich nicht. Ich denke auch, wenn ein Weg erst einmal lange genug beschritten ist, dann ist eine Umkehr fast unmöglich. Andererseits glaube ich fest, ich bin mit meinen Gedanken darüber, wie einfach es heute doch ist, Christ zu heißen, (hier, heute Morgen) nicht allein! Aber, was können wir tun, dass es in unseren Gemeinden - und da vielleicht gerade bei den jungen Menschen - wieder als ein wirklicher Wert angesehen wird, Christ sein, seinen Glauben an Jesus Christus leben zu dürfen, ohne Bedrückung, ohne Verfolgung und ohne Nachteile für unser Fortkommen im Beruf und unser Ansehen in der Gesellschaft?

Wie gesagt, wir werden jetzt sicher nicht die Hürden erhöhen, die es zu überwinden gilt, um in die christliche Gemeinde hineinzukommen. Aber ich sehe etwas anderes, was wir tun können - und da helfen uns nun doch die Worte Jesu aus dem Johannesevangelium, die wir vorhin gehört haben. Und es sind besonders zwei Worte, die uns einen klaren Hinweis geben, was unsere Aufgabe ist. Einmal dieses Wort: "... ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen." Und noch dieses: Dazu, warum die Menschen die Christen bedrängen und verfolgen sagt Jesus: "...das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen."

Was sagt uns das? - Wir, die heute hier im Gottesdienst sitzen, sind doch gewiss Leute, die "von Anfang" unseres Lebens an bei Christus waren. Vielleicht hat er uns ja schon im Kindergottesdienst mit seiner guten Botschaft erreicht. Oder in unserer Konfirmandenzeit. Jedenfalls glauben wir heute an ihn, wissen dass er uns liebt, bekennen, dass er für uns ans Kreuz gegangen und auferstanden ist und hoffen auf das Leben in Gottes neuer Welt, das er uns verdient hat und schenken will. Wir können also wirklich seine "Zeugen" sein. Aber noch mehr: Wir haben durch Jesus auch den "Vater" kennen gelernt und "erkannt", wie er ist! Wir haben in Jesus Christus viel vom Wesen des Vaters erfahren, von seiner Güte, seiner Barmherzigkeit und seiner Gnade, die nicht strafen, sondern vergeben will! - Wenn wir also die Menschen dazu führen wollen, dass sie begreifen, wie wertvoll und wunderbar es ist, ein Christ, eine Christin sein zu dürfen, dann müssen wir ihnen zuerst zeigen, welch großen Wert das für uns hat! Und das geschieht und muss dadurch geschehen, dass wir mehr an das denken und uns selbst immer wieder dessen vergewissern, was uns an unserem Glauben wichtig ist. Dazu kann uns der Gottesdienst am Sonntag dienen, aber er ist nicht genug: Gott beansprucht und hat einen Anspruch auf unser ganzes Leben! Unser ganzer Tag, alles, was wir tun und lassen, was uns widerfährt und was an Nachrichten auf uns einstürmt muss vor unserem Glauben bedacht werden. Die Frage: Was würde Jesus jetzt tun?, ist keine schlechte Hilfe dabei!

Und von dem reden, was unser Glaube für uns bedeutet, müssen wir. Das sollen wir nicht aufdringlich und an völlig unpassenden Stellen und mit markigen Bibelsprüchen tun. Es gibt aber an jedem Tag viele Gelegenheiten, Gott und den Glauben an Jesus Christus ins Gespräch zu bringen. Und verlassen Sie sich darauf, viele Menschen erwarten bei bestimmten Gelegenheiten geradezu ein Wort von uns Christen: Wenn wieder einmal öffentlich über Ausländer hergezogen wird. Wenn die Politik sich beim Sparen immer wieder an die Ärmsten hält, die sich nicht wehren können. Oder auch, wenn wir, nachdem eine Sache wirklich glücklich ausgegangen ist, laut und vernehmlich sagen: Da müssen wir auch Gott danken, der hat hier nämlich eingegriffen und geholfen!

Und schließlich wird auch unser Tun dafür sprechen, dass es gut ist und von sehr großem Wert, dass wir mit dem Christenglauben beschenkt worden sind! Wenn man uns auf der Seite der Schwachen findet. Wenn wir für die reden, die sprachlos geworden sind. Wenn wir da Trost und Zuspruch sagen, wo andere keinen Rat mehr wissen.

Wir wollen dankbar sein, dass wir frei unseren Glauben bekennen und leben können. Wir wollen dankbar sein, dass bei uns keiner verfolgt oder bedrückt wird, weil er zu Jesus Christus gehört. Und wir wollen dafür Zeugen sein, dass dieser Glaube unendlich wertvoll ist, indem wir ihn auch anderen wertvoll und wichtig machen durch unser Denken, Reden und Handeln. AMEN