Predigt zum 4. Adventssonntag - 21.12.2008

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Textlesung - 1. Teil: Lk. 1, 39 - 45

Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth.

Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die Frucht deines Leibes! Und wie geschieht mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?

Denn siehe, als ich die Stimme deines Grußes hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leibe. Und selig bist du, die du geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn.

Liebe Gemeinde!

Wir wollen heute einmal alle Fragen danach beiseite lassen, wann und ob dieser Besuch der Maria bei Elisabeth stattgefunden hat. Viel zu klar sind nämlich die symbolischen Züge und ihre Deutungen im Hintergrund der Geschichte. Aber schauen wir uns genauer an, was erzählt wird:

Maria macht einen Besuch bei ihrer Verwandten Elisabeth, der Frau des Zacharias. Von ihr hatte der Engel gesprochen, der Maria ihre eigene Schwangerschaft angekündigt hat, sie wäre auch schwanger. Nun will Maria sehen, ob das wirklich wahr ist. Denn Elisabeth, sie soll ihre Base gewesen sein, ist eine uralte Frau, die lange nicht mehr „nach der Frauen Weise ging", wie das in der Bibel ausgedrückt wird. Und unfruchtbar war sie noch dazu ihr Leben lang gewesen! Wir verstehen also die Eile Marias, die eigentlich von einem Wunder gehört hat und jetzt sehen will, ob es sich wirklich so verhält. Dabei wollen wir nun nicht vergessen, dass ihre eigene Schwangerschaft ein noch viel größeres Wunder ist, denn dem Engel hatte Maria gesagt: „Wie soll das geschehen, da ich von keinem Manne weiß?" Auch das eine schöne biblische Ausdrucksweise, die wir gewiss gleich verstehen.

Nun kommt die junge Frau in das Haus der alten und begrüßt sie. Im selben Augenblick hüpft das Kind im Leib Elisabeths! Nun wissen Frauen, die Kinder zur Welt gebracht haben, dass solche Kindsbewegungen keine Seltenheit sind, namentlich wenn man wie Elisabeth schon im 6. Monat ist. Aber hier geht es doch noch um etwas anderes, mehr in der Tiefe der Geschichte:

Elisabeth wird den Täufer Johannes gebären, den Vorläufer und Ankündiger des Heilands. Maria aber trägt unter ihrem Herzen Jesus, den Sohn Gottes und Erlöser der Welt. Warum also hüpft das Kind Johannes im Leib der Mutter? Es ist ein Zeichen: Schon das Ungeborene erkennt hier den Größeren, von dem Johannes einmal sagen wird: Ich bin nicht würdig ihm die Schuhriemen zu lösen.

Aber es liegt noch viel mehr in dieser Begegnung: Die alte Frau steht auch für eine zu Ende gehende Zeit, die des Alten Testaments, des alten Bundes Gottes mit seinen Menschen. Mit Maria bzw. der Frucht ihres Leibes wird etwas neues beginnen: Der neue Bund, den Gott in Jesus Christus mit den Menschen schließt. Und das Kind der alten Frau wird auf den Heiland hinweisen: Bereitet dem Herrn den Weg! Und dann wird er die Menschen mit der Taufe zur Umkehr und Buße rufen und dabei so sprechen: „Ich taufe euch mit Wasser; es kommt aber einer, der ist stärker als ich ..., der wird euch mit dem Heiligen Geist und mit Feuer taufen." (Lk. 3,16)

Nun schlägt bei Elisabeth und damit im Lukasevangelium die Freude über die wunderbare Zukunft durch, die mit diesem Jesus Christus beginnt. Und wir hören, dass es der Heilige Geist ist, der Elisabeth solche Worte finden lässt: „Gepriesen bist du unter den Frauen, und gepriesen ist die Frucht deines Leibes!" Denn sie weiß genau, wen Maria zur Welt bringen wird und sie kann darüber nur staunen: „... wie geschieht mir das, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?"

Und sie bedankt sich auf ihre Weise für die große Ehre dieses Besuchs, indem sie die junge Frau, die sicher noch ganz befangen und unsicher ist, bestätigt und lobt: „... selig bist du, die du geglaubt hast! Denn es wird vollendet werden, was dir gesagt ist von dem Herrn." Elisabeth weiß, welche Last es auch bedeutet, dem Sohn Gottes Mutter zu sein und sie ahnt wohl, dass Maria um diesen Sohn viele Tränen weinen und Schmerzen haben wird.

Aber jetzt ist Maria dran. Wohl vom Augenblick und der Freude an der Begegnung mit der Base überwältigt, fängt sie ein Lied zu singen an, das als Lobgesang der Maria (Maginificat) in die Bibel, in zahllose Lieder und Chorsätze der Kirchenmusik und die Liturgien für die Gottesdienste der Vorweihnachtszeit eingegangen sind. Und ich glaube, jetzt erst - nachdem wir in die Tiefe und den Hintergrund des Besuchs bei Elisabeth hineingeschat haben - können wir es richtig verstehen. So singt Maria:

Textlesung - 2. Teil: Lk. 1, 46 - 55

Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; denn er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen. Siehe, von nun an werden mich seligpreisen alle Kindeskinder. Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist. Und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht bei denen, die ihn fürchten. Er übt Gewalt mit seinem Arm und zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn. Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen. Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen. Er gedenkt der Barmherzigkeit und hilft seinem Diener Israel auf, wie er geredet hat zu unsern Vätern, Abraham und seinen Kindern in Ewigkeit.

Liebe Gemeinde!

Ich will nun keinen Graben zwischen dem Alten und dem Neuen Testament ausheben und keinen Wall zwischen Juden und Christen aufschütten ... Aber hier beginnt wirklich eine neue Sicht von Gott und dazu ein Staunen und eine Freude darüber, wie anders sich der Vater Jesu Christi doch auch zeigt und zeigen wird als der Gott Abrahams. Wir wollen den Stichwörtern dieses Lieds einmal entlanggehen. Sie sind für mich wie Schlaglichter, die einen neuen Schein über die Welt und die Menschen ausbreiten, so dass man das Wesen Gottes neu erkennen kann:

- „... er hat die Niedrigkeit seiner Magd angesehen" - Was für ein erstaunlicher Gott, der sich so tief hinabbeugt, dass er sich den kleinen, sterblichen Menschen zuwendet! Ja, noch wunderbarer ist es, wenn wir uns in die damalige Zeit versetzen, dass er eine Frau an den Anfang seiner neuen Geschichte mit den Menschen stellt!

- „... er hat große Dinge an mir getan" - Wahrhaftig! Aber nicht nur an Maria! Nachdem die Menschen nun ganz offensichtlich nicht in der Lage sind, ihre Welt zu einem gerechten Ort zu machen, macht sich Gott selbst in seinem Sohn auf den Weg. Er wird Mensch werden und das Leben eines Menschen schmecken bis zur Neige, bis in Leiden, Sterben und Tod - um das alles in Ewigkeit zu überwinden.

- „... seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht" - Barmherzigkeit! Hier ist es, das zwar alte, aber doch in seiner Bedeutung ganz neue, alle Schuld zermalmende Wort. In diesem Heiland, der in die Welt kommen wird, gibt es nichts mehr, was den Menschen ein für allemal als böse und schlecht festlegt. Christus wird für alles genug tun, bezahlen. Jetzt kann das Erbarmen Gottes jeden Menschen verändern. Durch ihn werden wir gerecht. Gerechtigkeit ist Barmherzigkeit. Gerechtigkeit wird nicht mehr erworben - sie ist Gnade!

„Er zerstreut, die hoffärtig sind in ihres Herzens Sinn" - Die alte Ordnung von oben und unten mag ja weiter bestehen, sie steht aber schon unter Gottes Urteil: „Hoffart", das ist Hochmut und das Überlegenheitsgefühle derer, die meinen, besser als andere zu sein, kann vor Gott nicht bestehen. Durch seinen Sohn, den Heiland der Welt, gibt es nur noch eine Würde für alle: Sein Kind zu heißen und Schwester oder Bruder Jesu.

- „Er stößt die Gewaltigen vom Thron und erhebt die Niedrigen." - Aber Gott geht noch weiter. Seine Duldung der Menschen, die hoffärtig andere bedrücken, hat irgendwann ein Ende. Dann wird offenbar werden, dass den Kleinen, den Schwachen und Niedrigen schon immer seine besondere Liebe gehört hat. In Jesus Christus, den er nach einem Leben in Niedrigkeit aus dem Tod herausholt, hat es begonnen: Dass die Gewaltigen den Thron verlieren, die Könige der Welt dem Vergessen anheim fallen, aber der, den sie in Tod und Grab gebracht haben, ein für alle Mal die Krone des Sieges und des Lebens trägt.

- „Die Hungrigen füllt er mit Gütern und lässt die Reichen leer ausgehen." - Auch das sieht in unserer Zeit noch zu oft ganz anders aus. Dennoch: Gott hat gesagt, auf welcher Seite er er zu finden ist und zu wem er gehört. Und uns hat er damit einen Auftrag gegeben und eine Aufgabe gestellt: Es soll nicht sein, dass die einen nichts zu essen haben und die anderen alles besitzen und es denen vorenthalten, die es so nötig brauchen. Wir sollen teilen. Wir sollen den Ausgleich vorantreiben. Wir sollen denen, die sinnlos reich sind, sagen, dass Gottes Herz den Armen gehört.

Liebe Gemeinde, das können wir sicher verstehen, dass Maria nach Lobpreis Gottes und Singen zumute ist, wenn sie weiß oder auch nur ahnt, was mit dem Kind unter ihrem Herzen in dieser Welt beginnen wird. AMEN