Predigt am "Ostersonntag" - 31.3.2002

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Textlesung: 1. Kor. 15, 19 - 28

Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.

Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten.

Denn wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden.

Ein jeder aber in seiner Ordnung: als Erstling Christus; danach, wenn er kommen wird, die, die Christus angehören; danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt vernichtet hat.

Denn er muß herrschen, bis Gott ihm »alle Feinde unter seine Füße legt« (Psalm 110,1).

Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod.

Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, daß der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat.

Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, damit Gott sei alles in allem.

 

Liebe Gemeinde!

Was mußten sich die Christen wegen ihrer Hoffnung über den Tod hinaus schon alles anhören: Religion ist Opium für das Volk - damit wollte man sie verleumden, sie betäubten sich mit dem Auferstehungsglauben, wie mit einem Rauschgift. Und natürlich war das auch ein Angriff auf die Machthaber, die Pfarrer und geistlichen Führer: Ihr vertröstet die Menschen auf das Jenseits, daß ihr ihnen hier besser das Fell über die Ohren ziehen könnt. Von der "Pfaffenlüge" wurde gesprochen, die mit bloßen Versprechungen einer ewigen Freude, die Christen um das Leben in dieser Welt betrügt. Und noch in unseren Tagen müssen sich die Christen so einiges sagen lassen, wenn die Rede auf unsere ewige Zukunft kommt: "Alles Humbug! Es ist noch keiner zurückgekommen. Was Gottes ewige Welt angeht, da weiß man nichts genaues. Wir verlassen uns lieber auf das, was wir sehen. Ich glaube nur, daß ein Viertelpfund Rindfleisch eine gute Suppe gibt." Und noch so manches mehr wurde und wird gesagt. Ich will nun nicht versuchen, solches Reden zu widerlegen. Auch werde ich mich nicht bemühen, heute die Zweifler zu überzeugen. Ich kann das auch gar nicht. Das muß unser Herr selbst tun! Ich möchte heute die unter uns ansprechen, die das Zeugnis der Heiligen Schrift vom ewigen Leben überwunden hat. Ich rede jetzt mit denen, die dem Herrn Jesus Christus seinen Sieg über den Tod glauben können und die auch für sich selbst eine ewige Zukunft erwarten.

Ihr nämlich, liebe Christen mit lebendiger Hoffnung im Herzen, ihr habt einen großen, wichtigen Auftrag! Ihr seid heute Jesu Mund, mit dem er von seiner Auferstehung zeugen will. Ihr seid heute seine Hände, mit denen er die Menschen auf den Weg der Hoffnung und des Glaubens führen will. Ihr seid heute seine Füße, mit denen er die Ängstlichen und Verzweifelten aufsuchen will. Ihr seid heute seine Predigt, die von neuem Leben spricht und davon, daß der Tod überwunden ist. Wie der Herr am Ostermorgen nur ein paar Menschen erschienen ist, um den wenigen die wichtige Botschaft anzuvertrauen, so gibt er heute uns die Hoffnung und den Glauben ins Herz, um viele andere damit zum Fragen und zum Staunen zu bringen. Gewiß, es kann einem schon ein wenig bange werden, vor der Verantwortung, die uns da zugemutet ist!

Aber denken wir doch einmal nach: Wie war das denn bei uns, als wir zu diesem Glauben kamen? Konnten uns die Worte der Bibel überzeugen? Haben wir unsere Hoffnung auf Buchstaben gesetzt? War das ein Spruch, den wir gelesen haben, der uns zum Vertrauen führte? Oder war das nicht vielmehr die feste Hoffnung, die wir vielleicht unserer Mutter abgespürt haben, damals, als unser Vater starb? War das nicht die Zuversicht, die vielleicht ein Sterbenskranker ausstrahlte, die in uns den Glauben geweckt hat? War das nicht in jedem Fall das Beispiel eines Menschen, das auch in uns die Gewißheit von der Auferstehung der Toten pflanzte? Ich glaube, immer ist das so. Der Herr will sich unser bedienen. In uns will er auferstehen, in uns lebendig sein. So trägt er seinen Sieg über den Tod in die Welt. So setzt sich die Hoffnung auf ewige Zukunft durch: Aus Glauben zu Glauben. Durch Hoffnung zu Hoffnung. Durch das Beispiel gläubiger Menschen, durch ihr Vorbild, ihr Zeugnis, ihr Leben; durch die Jahre, die Jahrhunderte, die Jahrtausende - bis zu uns und solange es Christen auf dieser Erde gibt. Wahrhaftig, eine große Verantwortung. Aber wir können sie tragen, weil uns der Glaube an den Herrn trägt und an die Gewißheit seiner Auferstehung und unserer Auferweckung an seinem Tag.

Viel wurde den Christen schon gesagt. Viel mußten sie sich schon anhören wegen dieser ewigen Hoffnung. Ich will uns heute noch ein anderes Wort eines Kritikers unseres Glauben zumuten: "Ihr Christen müßtet viel erlöster aussehen!" Das hat uns ein Mensch des 20. Jahrhunderts zugerufen. Und er hat damit gerade die Leute Jesu gemeint, die doch angeblich fest darauf hoffen, daß dieses Leben in ein ewiges Leben bei Gott führen wird. Ich will dieses Wort heute weitergeben, weil ich glaube, er hat recht. "Ihr Christen müßtet wahrhaftig viel erlöster aussehen!" Man müßte euch die Hoffnung auf die Ewigkeit ansehen können. Euer Glaube müßte überzeugender gelebt werden. Auch in Kummer, auch in Trübsal, auch in Anfechtung. Laßt eure Freude über den Himmel, den Gott euch schenken will, strahlen! Laßt andere staunen über die Art, wie ihr mit Tod, Trauer und Leid umgeht. Macht die Menschen neugierig durch euer Gottvertrauen auch in Not, selbst wenn euch das Wasser bis zum Hals steht. Das soll euer ganzes Wesen durchscheinen: Dieses Leben ist nicht alles. Es kommt eine neue Welt. Selbst der Tod ist besiegt, er kann uns nicht mehr schrecken. Eine Herrlichkeit wartet auf uns, gegen die alles Glück dieser Welt nur Dreck ist.

Was für ein Anspruch! Eine Zumutung wie gesagt. Aber wir sollten es können. Und wir können es: Erlöster aussehen, erlöster sprechen, erlöster leben. Wie viele Zweifler würden wir gewinnen! Wieviel Glauben und Hoffnung ginge von uns aus!

Vielleicht kann uns die folgende kleine Geschichte dabei helfen, erlöster auszuschauen und zu reden: Ein Pfarrer ging einmal in der Karwoche durch die Gassen seines Dorfes. Es war ein noch sehr kalter, unfreundlicher Tag, so wie es ja auch bei uns oft in dieser Zeit noch ist. Da hörte er von irgendwoher ein fröhliches Lied singen. Er blieb stehen und lauschte. Der Gesang kam aus einem ärmlichen Haus. Wer mochte dieser glückliche Mensch sein? Kurz entschlossen trat er ein und fand zu seiner Überraschung eine alte Frau, die den Fußboden scheuerte. Was denn der Grund zu so fröhlichem Singen sei, fragte er und dachte dabei gewiß auch daran, daß man die Karwoche doch die stille Woche nennt. Da richtete sich die Frau auf, sah ihn mit strahlenden Augen an und sagte: "Ach, Herr Pfarrer, sie werden mir schon verzeihen, aber nun muß es übermorgen ja erst Karfreitag werden und unser Herr muß ans Kreuz gehen, aber ich habe schon an Ostern denken müssen. Ich habe an unseren Herrn am Ostermorgen gedacht, wie er so strahlend aus dem Grab steigt. Und ich habe mir vorgestellt, daß auch ich selbst und alle meine Lieben einmal so aus dem Grab steigen werden...ja, und da habe ich einfach lachen und singen müssen!!!"

Liebe Gemeinde, haben wir das nicht auch vor Augen? Das ewige, herrliche Leben in der neuen Welt Gottes! Die Zukunft, von der Paulus sagt: Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. Und: Wie sie in Adam alle sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden.

Müßten wir über dieser Aussicht nicht wirklich erlöster aussehen und fröhlich sein, auch an den kalten und unfreundlichen Tagen in dieser Welt, auch in den ärmlichen Häusern dieser Zeit, auch wenn wir in unserem Leben den Fußboden scheuern und sonst so manches tragen und leiden müssen? Wir gehen auf das Leben zu! Es ist uns versprochen. Der Herr hält sein Wort. Er hat's mit seinem Leben, Sterben und Auferstehen besiegelt. Die alte Frau, die ihn und sich selbst und ihre Lieben aus dem Grab steigen sieht, kann fröhlich singen. Ja, sie muß geradezu ihre Freude hinausschreien in die kalte und trübe Welt.

Wir Christen können viel erlöster aussehen. Ja, wir müßten geradezu strahlen von der Freude unserer herrlichen Zukunft: Diese Sekunde - die wir in dieser Welt zubringen - wird in die Ewigkeit übergehen. Ein Tropfen - vielleicht ein wenig bitter - wird in den Ozean der unendlichen Herrlichkeit hineinfallen. Wir werden das Leid dieses Lebens mit der Wärme in Gottes Nähe vertauschen. Wir werden ein immerwährendes Fest feiern, von dem wir auch in unseren schönsten Worten nur stammeln können. Wir müßten viel erlöster aussehen! Wieviel Hoffnung könnten wir verbreiten! Wieviel Glauben könnten wir wecken! Wieviel Zuversicht in die Herzen der Mitmenschen geben!

Noch einmal: Wie war das denn bei uns, als wir zu diesem Glauben kamen? Geschah es nicht durch den Glauben anderer? Gab nicht die Gewißheit eines Mitmenschen uns die Zuversicht ins Herz? Ist das nicht immer so mit der Auferstehungshoffnung der Christen?: Aus Glauben zu Glauben. Aus Hoffnung zu Hoffnung. Durch das Beispiel gläubiger Menschen. Die Christen müßten viel erlöster aussehen! Wir können es: Das ewige, herrliche Leben wartet auf uns!