Predigt am Ostersonntag  -  21.4.2019

Textlesung: Jh. 20,11-18

Maria aber stand draußen vor dem Grab und weinte. Als sie nun weinte, schaute sie in das Grab und sieht zwei Engel in weißen Gewändern sitzen, einen zu Häupten und den andern zu den Füßen, wo sie den Leichnam Jesu hingelegt hatten. Und die sprachen zu ihr: Frau, was weinst du? Sie spricht zu ihnen: Sie haben meinen Herrn weggenommen, und ich weiß nicht, wo sie ihn hingelegt haben. Und als sie das sagte, wandte sie sich um und sieht Jesus stehen und weiß nicht, dass es Jesus ist. Spricht Jesus zu ihr: Frau, was weinst du? Wen suchst du? Sie meint, es sei der Gärtner, und spricht zu ihm: Herr, hast du ihn weggetragen, so sage mir, wo du ihn hingelegt hast; dann will ich ihn holen. Spricht Jesus zu ihr: Maria! Da wandte sie sich um und spricht zu ihm auf Hebräisch: Rabbuni!, das heißt: Meister! Spricht Jesus zu ihr: Rühre mich nicht an! Denn ich bin noch nicht aufgefahren zum Vater. Geh aber hin zu meinen Brüdern und sage ihnen: Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater, zu meinem Gott und zu eurem Gott. Maria von Magdala geht und verkündigt den Jüngern: Ich habe den Herrn gesehen, und das hat er zu mir gesagt.

Liebe Gemeinde!

Natürlich "wissen" wir alle, worum es heute geht: Christus ist auferstanden? So haben wir's von Kindheit an gelernt: Weihnachten wird Jesus geboren, Karfreitag stirbt er und drei Tage später steht er auf von den Toten. Was wir da wissen und so leicht hersagen können - haben wir das auch begriffen?: Ein Toter wird wieder lebendig!? Ein Grab ist leer? Ein Verstorbener wird wieder gesehen und spricht mit den ehemaligen Freunden!? Kann man das überhaupt begreifen?

So wird das Thema "Auferstehung" auch gern ausgeklammert unter den Christen. Wir denken darüber lieber nicht nach; wir müssten uns sonst vielleicht fragen: Wie soll das eigentlich möglich gewesen sein, dass ein Toter aufersteht? Und am Ende kämen uns gar Zweifel am Hintergrund dieses Festes! Da halten wir's lieber mit dem, was unsere Zeit aus dem Osterfest gemacht hat: Eier, Schokohasen und Zuckerzeug haben in diesen Tagen (und schon seit Wochen!) Hochkonjunktur. Und wir, die meisten jedenfalls, machen diesen "österlichen" Eier- und Hasenrummel gerne mit. Vielleicht sagen wir ein wenig verlegen lächelnd wir täten's "der Kinder wegen", aber das stimmt ja gar nicht: "Wir tun's für uns selbst!" Ganz insgeheim sind wir den Geschäftsleuten sehr dankbar, wenn sie die alten Osterbräuche der Eier und Hasen so kräftig vermarkten. Damit bekommt dieses Fest doch wieder einen besonderen Sinn und einen deutlichen Charakter, und den soll Ostern ja behalten. Es scheint geradezu so: Je weniger uns die "Auferstehung Christi" verständlich und glaubhaft ist, umso mehr sind die Schokoladenhasen und Zuckerküken auf dem Vormarsch. Die Lücke beim Verständnis und beim Inhalt des Festes wird sozusagen mit Nougat und bunten Eiern geschlossen. Die Osterfreude ist gerettet, auch wenn der eigentliche Grund dazu immer mehr verloren geht: Jesu Auferstehung.

Angesichts dieser traurigen Erkenntnis, gefällt mir die Geschichte, die wir vorhin gehört haben: Die weinende Maria Magdalena am Grab des Herrn. Der Leib, der Leichnam Jesu ist fort. Es ist der Ostermorgen und sie sucht nach ihrem Herrn. -

Ich muss da an uns denken. Wir suchen doch heute auch nach ihm. Denn man kann ja auf die Dauer nicht leben von Hasen und Eiern. Die Botschaft von der Auferstehung wollen wir neu hören, verstehbar, begreiflich und glaubhaft. Ich denke, darum sind wir heute in die Kirche gekommen; die "modernen" Osterbräuche können wir auch zu Hause pflegen. Ja, und von daher gefällt mir diese Geschichte, denn sie kann uns bei unserer Suche wirklich weiterhelfen.

Zuerst einmal merken wir schnell: Auf die Frage nach der Auferstehung gibt sie keine Antwort. Sie lässt uns im Stich, wenn wir wissen wollen: Wie das möglich ist, dass einer wieder lebendig wird? Wir - und Maria - erfahren nur: Das Grab ist leer. Der Tote ist nicht mehr da. Von "Auferstehung" kein Wort! Vielmehr - und auch darin ist uns diese Maria ähnlich - ihr kommt das gar nicht in den Sinn, dass dieser Tote wieder ins Leben zurückgekehrt sein könnte. Das ist ihr völlig unvorstellbar, obgleich Jesus oft davon gesprochen hat! Wir sind also nicht allein mit unseren Zweifeln!

Was bewirkt bei Maria den Umschwung? Nicht, dass sie ihn sieht, nicht, dass sie mit ihm spricht! Sie erkennt ihn ja gar nicht: "Sie dachte, er sei der Gärtner". Er steht vor ihr, sie kann's dennoch nicht glauben! Das Entscheidende ist ein einziges Wort: "Maria!", sagt Jesus zu ihr. Ihr Name lässt die Frau aufhorchen: Sie wendet sich ihm zu und sagt: "Mein Herr!"

Wie hieß das vorhin in der Schriftlesung (Jh. 10,11-16 (27-30)?: "Ich bin der gute Hirte...die Schafe hören auf seine Stimme...er ruft sie beim Namen...und sie folgen ihm, weil sie seine Stimme kennen..." Jetzt ist diese Geschichte vom Ostermorgen ein Beispiel dazu! Maria erkennt ihren Herrn an der Stimme. Er kennt ihren Namen, darum folgt sie nun seinem Auftrag: "Geh zu meinen Brüdern und sag' ihnen von mir!"

Hier können wir begreifen, was Ostern ist: Nicht das "Wie" und "auf welche Weise" das denn möglich gewesen sein soll mit der Auferstehung, sondern die Begegnung mit dem lebendigen Herrn, das Hören auf seine Stimme und das Befolgen seines Auftrags. Maria fragt nicht: Herr, wie ist das möglich, dass du wieder lebendig bist? Er kennt sie. Er weiß ihren Namen. Es ist der Herr! Das ist genug für sie und sollte auch uns genügen!

Alle, die diese Predigt bis hierher mitgedacht haben, fragen sich jetzt, wo ist Jesus denn mir schon begegnet? Wo rief er denn je meinen Namen? Wo gab er denn mir einen Auftrag?

Ich frage zurück: Ist er nicht jedem und jeder von uns begegnet? Irgendwann einmal. Oder immer wieder? Im Kindergottesdienst vielleicht schon, in den Erzählungen der Mutter oder später des Religionslehrers, in der Konfirmandenzeit... Ja, kennen wir ihn nicht eigentlich sehr gut? Seine Art zu leben, seine Liebe zu allen Menschen; wer von uns wäre nicht angetan von diesem Jesus? Und wer wüsste nicht, was er von uns will und was er verwerfen würde? Sind das keine Begegnungen mit ihm? Einige möchten hier sicher einwenden: Das mit Maria, das war doch irgendwie etwas anderes; er stand doch vor ihr, sie hat ihn doch gesehen und gehört... Und wir? Ich möchte an Erfahrungen erinnern, die auch jede und jeder von uns schon gemacht hat: Vielleicht ist etwas geschehen, was uns sehr nah ging, ein Mitmensch, ein lieber Nachbar oder Freund ist in Not geraten. Da wussten wir: Hier muss ich helfen. Hier bin gerade ich nötig, der braucht mich jetzt! Wir haben es im Eifer für die gute Sache vielleicht gar nicht mehr wahrgenommen, aber da hörten wir auch seine Stimme und unseren Namen!

Und ich denke, auch so ist er uns schon gegenübergetreten: Wir mochten ganz und gar nicht auf seine Stimme achten. Wir waren so beschäftigt damals, hatten keine Zeit für das, was uns da so unvermittelt forderte. Da hätte einer ein gutes Wort gebraucht, eine Unterstützung, ein bisschen Trost. Tausend Ausflüchte sind uns eingefallen: Ich kenne ihn ja eigentlich gar nicht so gut, sicher nimmt er meine Hilfe gar nicht an, ein anderer als ich wäre gewiss geeigneter... Das letzte, was uns dann in den Sinn kam, war: Man kann sich ja nicht um alles und jeden kümmern! Aber es hat uns selbst nicht überzeugt. O ja, wir hatten seinen Auftrag vernommen; es war unser Name, den er rief! Wir aber haben versagt und die Folgen waren vielleicht schlimm, wir erinnern uns nicht gern daran.

Wer so etwas erlebt hat, kann aufhören nach der Auferstehung zu fragen, denn er weiß: Dieser Jesus ist heute lebendig. Er tritt dir und mir heute entgegen, sagt unseren Namen und hat gerade für mich einen Auftrag. Wer will ihn dann noch fragen: wie's möglich ist, dass er damals auferstand?

Liebe Gemeinde, nehmen wir doch von diesem Ostertag seinen Auftrag an Maria mit: "Geh zu meinen Brüdern und sag ihnen von mir"! Es gibt ja nun, weiß Gott, auch in unserem Dorf (unserer Stadt) genügend Menschen, die nichts von Jesus wissen...wissen wollen. Sagen wir ihnen von ihm. Und noch besser: Leben wir ihnen vor, wie er lebte. Durch uns sollen sie begreifen, dass er lebendig ist. Lassen wir sie staunen bis sie selbst zu seinen Leuten werden!

"Ostern" heißt nichts anderes als: Der Herr Jesus Christus lebt. Er begegnet uns heute. Er ruft uns beim Namen. Er gibt uns einen Auftrag. Der Herr lebt! Das ist der Grund der Osterfreude! Lassen wir uns das nicht von Hasen, Eiern und Zuckerzeug verdecken. AMEN