Predigt am Neujahrstag - 1.1.2018

Textlesung: Jos. 1,1-9

Nachdem Mose, der Knecht des HERRN, gestorben war, sprach der HERR zu Josua, dem Sohn Nuns, Moses Diener: Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe. Jede Stätte, auf die eure Fußsohlen treten werden, habe ich euch gegeben, wie ich Mose zugesagt habe. Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land der Hetiter, soll euer Gebiet sein. Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen. Sei getrost und unverzagt; denn du sollst diesem Volk das Land austeilen, das ich ihnen zum Erbe geben will, wie ich ihren Vätern geschworen habe. Sei nur getrost und ganz unverzagt, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem Gesetz, das dir Mose, mein Knecht, geboten hat. Weiche nicht davon, weder zur Rechten noch zur Linken, damit du es recht ausrichten kannst, wohin du auch gehst. Und lasse das Buch dieses Gesetzes nicht von deinem Munde kommen, sondern betrachte es Tag und Nacht, dass du hältst und tust in allen Dingen nach dem, was darin geschrieben steht. Dann wird es dir auf deinen Wegen gelingen, und du wirst es recht ausrichten. Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.

Liebe Gemeinde!

Diese Verse sind uns gar nicht so fern, wie wir vielleicht zunächst meinen. Und ich denke da gar nicht zuerst an diese wunderschönen, tröstlichen Worte am Ende: Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist... Ich meine auch schon den Anlass dieser Verheißung, über den wir am Anfang lesen: Mein Knecht Mose ist gestorben; so mach dich nun auf und zieh über den Jordan, du und dies ganze Volk, in das Land, das ich ihnen, den Israeliten, gegeben habe.

Mose hatte das Volk aus Ägypten befreit und über 40 Jahre durch die Wüste geführt. Das gelobte Land aber durfte er nur noch aus der Ferne sehen, dann starb er. Jetzt ist Josua der Führer des Volkes Israel. Er soll den Jordan überschreiten, die Grenze zum Neuen, zum Unbekannten. Er soll das Volk in das verheißene Land bringen.

Wie gesagt: Das ist auch uns nicht so fremd. Wir stehen auch an der Grenze. Auch vor uns weitet sich ein Land, das wir noch nicht kennen, ein neues Jahr, aus 12 Monaten und 365 Tagen, das uns auch ängsten und Sorgen machen kann. Und auch wir fühlen uns sehr allein und verlassen an der Schwelle zum Neuen. Und manche von uns haben ja auch wirklich in der letzten Zeit Menschen, die ihnen lieb und wichtig waren, an den Tod verloren! - Doch, wir können das gut nachempfinden, was Josua hier gefühlt haben mag, kurz bevor er das neue Land betrat. -

Aber was sind das für Gedanken, die uns heute beschäftigen und beschweren?

Viele von uns fürchten sich gewiss vor dem heute noch verborgenen Schicksal, das in diesem neuen Jahr auf uns wartet. Vielleicht müssen wir durch großes Leid gehen. Vielleicht wird uns Krankheit begegnen und unsere Körperkräfte werden abnehmen. Vielleicht muss Trauer bestanden oder wir müssen damit fertig werden, dass wir unsere Arbeit verlieren.

Andere sind voller Pläne und Hoffnungen. Sie möchten dies und das erreichen, manche Wünsche und Ideen sollen sich erfüllen! Aber ob es wahr wird, was wir planen? Ob unsere Zukunft hell ist und möglich sein wird, was wir uns wünschen und - ob Gott unserem Planen auch seine Gnade schenkt? Und wenn nicht, ob wir wohl ertragen können, wenn sich zerschlägt, was wir erhoffen?

Noch andere kommen aus einem Jahr voller Tränen und Kummer. Sie mussten Abschied nehmen, haben einen Menschen verloren, der doch mit ihnen ins neue, unbekannte Land ziehen sollte? Mit ihr an der Seite hätten Sie gewiss alles bestanden. Mit ihm zusammen hätten Sie sich nicht gefürchtet. Nun aber sind Sie allein geblieben. - Und wie fehlt Ihnen dieser Mensch!

Aber es beschäftigt uns auch manches heute, was nicht so persönlich ist: Wie geht das in unserer Gesellschaft weiter, in der es so kalt geworden ist, in der schon die Kinder und die ganz jungen Leute immer mehr zur Gewalt bereit sind, in der so vielen mit dem Arbeitsplatz auch der Lebenssinn verloren geht, in der die alten Menschen oft so einsam sind und jeder Tag so leer und freudlos.

Und auch an die wirtschaftlichen Verhältnisse müssen wir denken: Ob das wohl eintrifft, was man uns gerade wieder voraussagt? Ob es wohl wirklich wieder Wachstum gibt und der Wohlstand bleibt? Oder ob davon nicht wieder nur die profitieren werden, die übersatt sind und längst genug haben? Und ob nicht nur wieder deren Luxus noch gesteigert wird, die schon aus goldenen Schüsseln essen und nicht wissen, wohin mit all ihrem Geld?

Und nicht zuletzt macht uns auch das Gedanken, was in unserer Welt gerade in letzter Zeit an Naturkatastrophen und schrecklichen Unglücksfällen geschehen ist: Erdbeben, Hochwasser, Flutwellen, Dürre, Waldbrände, Orkane und Wirbelstürme. Ob das auch im nächsten Jahr so weitergeht? Ob das gar noch schlimmer werden wird?

Und gewiss bewegt uns noch so mancher angstvolle Gedanke in der Tiefe unseres Herzens, den nur wir selbst kennen und über den wir mit niemandem reden wollen oder können.

Wahrhaftig! Auch wir stehen an der Grenze, an der Schwelle zum Neuen, zum Unbekannten. Auch wir haben Furcht und sind voller Sorgen.

Vielleicht ist es ja jetzt Zeit, dass wir auch auf diese Verheißung hören: Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.

Vielleicht haben wir ja bei diesem Wort noch nie so ganz genau hingehört, aber das ist schon bemerkenswert: Es heißt nicht, wir dürfen getrost sein und auch nicht, wir könnten es doch einmal mit dem Mut, dem Unverzagt sein probieren. Siehe, ich gebiete es dir! Du sollst dich nicht fürchten. Ich will, dass du tapfer bist! - Passt denn das zu dem Gott, der sein Volk in die Freiheit geführt hat? Passt denn das zu unserem Bild vom lieben Gott, der uns immer die freie Entscheidung lässt, ob wir wollen oder nicht, ja oder nein, ihm folgen oder tun, was uns selbst gefällt?

Auf der anderen Seite: Wohin hat uns das denn bis heute stets geführt, wenn wir taten, was wir wollten, wenn wir Gottes Wege verlassen haben, um die eigenen zu gehen, wenn wir seinen klaren Wink missachtet haben, um das zu tun, wozu uns gerade einmal der Sinn stand? Nein, gut ist das nicht gewesen. Richtig schon gar nicht und hilfreich - auch nicht.

So gesehen wäre es schon besser, einmal zu hören - auch auf diese klare, unmissverständliche Weisung: Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist.

Aber geht das denn? Kann man dem folgen, wenn man es nur will? Lässt sich Mut und Getrost sein sozusagen befehlen? Das wohl nicht. Etwas anderes aber wohl - und das liegt in diesem kleinen Wörtchen am Anfang: Siehe! Und das hieß für Josua damals: Sieh doch, was ich bis heute für dich getan habe! Schau doch auf die letzten 40 Jahre, da ich euch durch die Wüste geführt und in aller Not und Gefahr immer erhalten habe. Meinst du nicht, Josua, du hättest nun auch Grund, mir zu vertrauen, wenn es ins neue, unbekannte Land geht?

Und für uns heißt das nicht viel anders: Sieh doch, wie oft ich in deinem Leben schon geholfen habe. Aus mancher schweren Zeit habe ich dich schon gezogen. Durch wie große Angst habe ich dich schon hindurchgeführt. Wie oft ist gut ausgegangen, was du nie für möglich gehalten hättest. Hinterher sah vieles, was erst schlimm war, gut aus und hat dir dienen müssen. Und kannst du die frohen Tage etwa des letzten Jahres genauso an den Fingern zweier Hände zählen, wie die bösen?

Hier liegt der Grund für dieses klare, deutliche Wort Gottes, das uns eben nicht überlassen will, ob wir folgen: Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Du weißt, wie nah ich immer bei dir war. Du hast so viele gute Erfahrungen mit mir machen dürfen. Ich habe dich immer beschützt und meine Hand über dich gehalten und am Ende behielt stets das Gute und die Freude das letzte Wort. Warum soll das im neuen Land, im nächsten Jahr anders sein?

Josua ist mit diesem Wort über die Grenze zum Neuen geschritten. Er hat sich darauf verlassen, dass nichts geschehen kann, was nicht im Plan Gottes ist. Nicht dass es leicht gewesen wäre! Es hat viele Jahre gedauert, bis die Kämpfe, die Enttäuschungen und sogar die Niederlagen im Gelobten Land ein Ende hatten. Aber immer und bei allem war Gott dabei. Und schließlich setzt sich durch, was Gott für Josua und sein Volk versprochen hatte: Von der Wüste bis zum Libanon und von dem großen Strom Euphrat bis an das große Meer gegen Sonnenuntergang, das ganze Land, soll euer Gebiet sein. Es soll dir niemand widerstehen dein Leben lang. Wie ich mit Mose gewesen bin, so will ich auch mit dir sein. Ich will dich nicht verlassen noch von dir weichen.

Und das wird auch für uns gelten und wahr werden: Dieses ganze neue Jahr, vom ersten bis zum letzten Tag, wird das Jahr Gottes mit uns sein. Keine Stunde, die wir nicht unter seinen guten Augen wären. Keine Nacht unbehütet. Niemand wird uns widerstehen können, wenn wir in Gottes Kraft durch dieses Jahr gehen. Gott wird bei uns sein. Er wird uns nicht verlassen.

Das heißt auch für uns nicht, dass wir in den nächsten 12 Monaten nur Sonnenstunden erleben. Auch im kommenden Jahr muss manche Träne geweint und manche Nacht durchwacht werden! Der Mensch, der von uns gegangen ist, wird uns fehlen. In der Gesellschaft wird vielleicht nichts besser. Wirtschaftlich geht es persönlich und in unserem Land möglicherweise abwärts. Katastrophenmeldungen werden uns erschüttern und - wer weiß - vielleicht werden uns die Naturgewalten sogar zunehmend und in nächster Nähe heimsuchen. Was uns im neuen Land, im unbekannten Jahr, erwartet, ist und bleibt ungewiss. Gewiss aber ist und bleibt allein, dass Gott mit uns geht, uns nicht verlässt und nicht von uns weicht. Und ich glaube, das ist nicht nur viel, sondern genug.

Liebe Gemeinde, erinnern wir uns, wie oft wir Gottes Macht in unserem Leben gespürt haben. Denken wir an alles, was Gott bei uns schon gerichtet und in Ordnung gebracht hat. Schauen wir auf die Erfahrungen so vieler Stunden, da wir es genau wussten: Hier hat Gott geholfen. Und folgen wir ihm, wenn er heute zu uns spricht:

Siehe, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lasse dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der HERR, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.

Mir scheint, wir ehren unseren Gott auch damit, wenn wir ihm vertrauen! Wir haben alle tausend Gründe dazu! AMEN