Predigt am 4. Sonntag nach Trinitatis - 9.7.2017

Liebe Gemeinde!

In den Versen, die uns heute als Predigttext empfohlen sind, steht ein (für mich) ganz wichtiger Satz. Wir hören eine Geschichte aus dem Alten Testament. Sie erzählt von Josef und seinen Brüdern. Aber es ist vielleicht gar nicht die Geschichte selbst, die uns anspricht. Es ist ein Gedanke, ein Satz aus dieser uralten Erzählung. - Aber hören sie erst einmal die Verse aus dem l. Buch Mose;

Textlesung: 1. Mos. 50, 15 - 21

Die Brüder Josefs aber fürchteten sich, als ihr Vater gestorben war, und sprachen: Josef könnte uns gram sein und uns alle Bosheit vergelten, die wir an ihm getan haben. Darum ließen sie ihm sagen: Dein Vater befahl vor seinem Tode und sprach: So sollt ihr zu Josef sagen: Vergib doch deinen Brüdern die Missetat und ihre Sünde, dass sie so übel an dir getan haben. Nun vergib doch diese Missetat uns, den Dienern des Gottes deines Vaters! Aber Josef weinte, als sie solches zu ihm sagten. Und seine Brüder gingen hin und fielen vor ihm nieder und sprachen: Siehe, wir sind deine Knechte. Josef aber sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Stehe ich denn an Gottes statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, aber Gott gedachte es gut zu machen, um zu tun, was jetzt am Tage ist, nämlich am Leben zu erhalten ein großes Volk. So fürchtet euch nun nicht; ich will euch und eure Kinder versorgen. Und er tröstete sie und redete freundlich mit ihnen.  

Können sie sich denken, welchen Satz aus der Geschichte ich so wichtig finde? - Nein, ich will jetzt kein Ratespiel mit ihnen machen, ich will es sagen: "Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen." "Ein sehr unscheinbarer Satz", denken sie vielleicht? Für mich ist er sehr groß und sehr wichtig - vor allem seine Wahrheit ist für mich so wunderbar und schon so oft erfahren, dass ich jetzt einfach einmal für sie zeugen muss! Ich kenne eigentlich wenige Verse der Bibel, die - recht verstanden - mehr Trost und Ermutigung enthalten als diese! Aber zunächst schauen wir einmal, wie diese Verse sich damals in der Geschichte von Josef und seinen Brüdern bewahrheitet haben:

Sie hatten ihren Bruder Josef viele Jahre zuvor als Sklaven verkauft. Den Vater, der diesem Sohn am meisten zugeneigt war, haben sie mit einem in Ziegenblut getauchten Mantel getäuscht: Ein Löwe hätte seinen Liebling zerrissen! Jahre später treffen die Brüder wieder mit Josef zusammen. Sie erkennen ihn nicht, sie rechnen ja gar nicht damit, dass er noch am Leben ist. Aber er hat es weit gebracht: Der 2. Mann im Staat Ägypten ist er geworden. Hoch geachtet vom Pharao, hat er jetzt die Aufgabe, die Folgen einer Hungersnot im Land und in allen Ländern ringsum einzudämmen. Er verteilt gegen Geld das Korn, das er in weiser Voraussicht jahrelang hat einlagern lassen. Und da eben kommen die Brüder aus seiner Heimat. Auch sie wollen Korn kaufen, Brot, um zu überleben. Und ausgerechnet ihr Bruder ist es, dem sie ans Leben wollten, der jetzt ihr Leben schont und erhält und damit die ganze Familie zu Hause.

Als er sich endlich zu erkennen gegeben hat, setzt die Geschichte ein, die wir heute hören: Die Brüder befürchten, Josef werde sich rächen. Er aber hat längst die Macht und den Plan Gottes hinter seiner Geschichte mit den Brüdern erkannt. Er will ihnen nichts Böses. Er sagt nur voller Demut: Bin ich denn euer Richter? Stehe ich denn an Gottes statt? Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen.

Ist das nicht wirklich - so gesehen - ein wunderbarer Vers? Und vor allem eben die Wahrheit, für die er steht: Wunderbar! Und von dieser Wahrheit spricht durchaus nicht nur diese Geschichte! Sie kennen - wie ich auch - bestimmt jede und jeder 10 weitere Geschichten, die bestätigen, dass die Wahrheit der Josefserzählung keine einmalige Sache ist: Denken sie nur an Saul, der dem David ans Leben wollte. Gott aber hat ihn bewahrt und zum König gemacht.

Oder denken sie an die vielen kranken, behinderten Menschen, die Jesus begegnet sind. Die Gesellschaft hatte sie abgeschoben. Sie lebten im Ghetto, in der Verbannung, waren geächtet durch ihre Mitmenschen. Für die Leute waren sie so gut wie tot. Als sie in die Nähe Jesu kommen, erfahren sie zum ersten Mal in ihrem Leben Beachtung, ja, er macht sie gesund und heil.

Und denken sie an Paulus: Erst Verfolger Jesu und seiner Leute, dann sein größter Missionar. Immer wieder ist es so gewesen in der Zeit der Bibel: Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen.

Und nicht nur damals! In den 2000 Jahren seit Jesus als unser Bruder in dieser Welt gelebt hat, durften immer wieder Menschen dieselbe Erfahrung machen: Was so böse, so verfahren und hoffnungslos aussah, ging gut aus. Böse Menschen wollten schaden, vernichten, unterdrücken - und sie haben doch genau das Gegenteil erreicht. Oder besser: Sie konnten nichts erreichen, weil Gott da war und seinen Plan durchgesetzt hat. Und so geht es bis heute! Auch manche von uns haben in ihrem Leben schon oft eben dieselbe Wahrheit am eigenen Leib spüren dürfen oder im Geschick, das Gott ihnen gesandt hat, deutlich erfahren. Und ich will heute einmal davon reden und ein paar Erlebnisse erzählen, die mir berichtet wurden:

(Hier kann man auch ein eigenes Beispiel einfügen!)

Das erste ist eigentlich nicht ein Erlebnis - es ist bestimmt schon viele tausend Mal vorgekommen, seit es Christen gibt in dieser Welt. Da wurde von irgendeiner losen Zunge über uns ein Gerücht verbreitet: Man hätte dies oder das getan, dieses und jenes gesagt, dies und das wäre vorgefallen... Natürlich weiß das Gerücht überhaupt nichts Genaues, keinerlei Vorgeschichte oder was wirklich geschehen ist. Nur eben die angebliche Schandtat, die Sensation wird verstreut, so wie der Bauer den Mist über das Land streut. Und dann - um in diesem Bild zu bleiben - bringt der Mist eben doch Segen! Aber nicht gleich. Erst muss einmal so manche schlaflose Nacht bestanden und viele Fragen nach dem eigentlichen Hintergrund der Sache beantwortet werden. Und schließlich, wenn man dann vielleicht ganz unten ist über das ungerechtfertigte Geschwätz und die Bosheit mancher Leute - dann geht die Saat auf; es wächst etwas, auf dem Feld, das so reichlich und so schmerzlich gedüngt worden ist. Und man kann nur schauen, sich wundern, und dankbar staunen, was Gott da inzwischen getan hat. Vielleicht sprechen Menschen uns an: "Ich glaube nicht, was da über Sie erzählt wird." Anrufe stellen sich ein: "Ich wollte dir nur sagen, dass ich gemein finde, was da über dich im Umlauf ist, und ich weiß, das war bestimmt nicht so." Leute grüßen dich auf der Straße - besonders herzlich - und du fühlst, der oder die will dir Mut machen! Und nach und nach dient dir die Sache, die dich erst so heruntergezogen hat dazu, die Menschen klarer zu sehen und zu erkennen, wo deine Freunde sind und wo die, die es auch noch freut, wenn Verleumdungen die Runde machen. - So ist es schon unzähligen Menschen ergangen. Sicher gibt es auch hier einige, die Ähnliches erlebt haben!?

Und auch das zweite kennen sicher viele hier aus eigener Anschauung: Man wird Opfer einer rechten Gemeinheit, ein böser Streich wird einem gespielt und manche haben ihren Spaß daran. Da fragt man sich dann, ob man das verdient hat, ob da wirklich nur Freude bei der Allgemeinheit aufkommt, wenn sie dir das getan haben?! Und nach einer Weile erfährst du dann: Das war nur einen Moment lang erschrecktes Schweigen der Mehrheit. Nein, das hat dir keiner gegönnt, oder doch nur ganz wenige. Dann erlebst du viele Worte der Solidarität. Menschen die schon jahrelang kein Wort mehr mit dir gewechselt haben, sagen dir etwas, das Mut schenkt. Auch hieraus gehst du am Ende gestärkt hervor. Menschen wollten etwas böse machen, Gott aber hat es gut gemacht.

Das dritte und letzte wären jetzt die vielen hundert Beispiele, die ich selbst aber auch andere haben erleben müssen: Am Anfang ging einem fast die Welt in Scherben, Tränen wurden geweint, gejammert und geklagt. Wir haben den Kopf geschüttelt, zu was Menschen doch fähig sind. Am Ende war da nur noch Lachen und Staunen! Wir haben es erlebt: Gott kann aus Dingen, die ganz schlecht und verfahren sind, noch etwas Herrliches, Schönes, Beglückendes werden lassen. Und noch wichtiger: Er tut das auch - immer wieder, schon in biblischer Zeit und bis heute. Wunderbar handelt Gott an seinen Menschen, an uns, an dir und mir.

Was wir heute daran lernen und von hier mitnehmen können, ist dies: Gott hat mehr Möglichkeiten, als wir auf den ersten Blick und aufs erste Hören meinen. Er kann aus schwarz weiß und aus böse gut werden lassen. Und noch wichtiger: Er tut das auch immer wieder, heute. Das zeigt uns auch das zweite, was wir bewahren wollen: Gott handelt überhaupt an seiner Welt und seinen Menschen! Wir sind nicht abgeschrieben und vergessen bei ihm. Das erkennen wir an eben solchen Beispielen: wie er herumdreht, was schlimm ausgesehen hat. Und wir erkennen es auch immer wieder daran, dass die Bäume des Glücks mancher böser Menschen nicht in den Himmel wachsen. Vielmehr müssen sie - manchmal nach vielen Jahren erst - die Folgen ihres bösen, gottlosen Tuns tragen.

Das dritte aber, was uns von heute begleiten möchte, ist das Wichtigste: Wenn Gott, wie wir sehen, in seiner Welt handelt und seine Menschen nach geheimem, oft wunderbaren Plan führt und leitet, dann müssen wir uns nicht fürchten, was auch kommen mag! Wir wollen daran denken, wenn wir das nächste Mal ganz unten sind über die üble Nachrede der Leute. Wir wollen uns an all die früheren Beispiele erinnern, die so gut ausgingen, wenn uns die gegenwärtigen Ereignisse zu Boden drücken. Wir wollen uns nicht dazu bringen lassen, an der Güte und Gerechtigkeit Gottes zu zweifeln, wenn zuerst vielleicht auch alles ganz dunkel aussieht. Erst am Ende wollen wir urteilen, ob Gott es nicht doch glücklich hinausgeführt hat.

Dieser Satz ist wahr und wunderbar ist immer wieder, dass wir seine Wahrheit erleben dürfen: "Ihr gedachtet es böse mit mir zu machen, Gott aber gedachte es gut zu machen." AMEN