Predigt zum Pfingstsonntag - 8.6.2014 Textlesung: Röm. 8, 1 - 9 So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des To- des. Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und ver- dammte die Sünde im Fleisch, damit die Gerechtigkeit, vom Gesetz gefordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch leben, sondern nach dem Geist. Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. Aber fleischlich ge- sinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch dem Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag’s auch nicht. Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, wenn denn Gottes Geist in euch wohnt. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. Wenn nun der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt. Liebe Studentinnen und Studenten! Das war ein Ausschnitt aus der Vorlesung von Professor Paulus für das 12. Semester. Wenn Sie mitgeschrieben hätten, dann hätten Sie auch etwas mehr davon verstanden und könnten jetzt noch einmal nachsehen, was der Herr Professor gesagt hat. Haben sie aber nicht. Zum Glück für Sie liegt mir der Ausschnitt aus der Vorlesung aber jetzt schriftlich vor. Darum kann ich Ihnen noch einmal die wichtigsten Gedanken daraus erläutern. Aber trotzdem: Sie müssen jetzt sehr gut aufpassen! Liebe Gemeinde! Spaß beiseite, wollte ich an dieser Stelle sagen. Aber es ist eigentlich gar kein Spaß. Die eben ge- hörten Verse aus dem Römerbrief sind wirklich sehr ernst, sehr tief und auch sehr schwierig zu ver- stehen. Und allem, was Paulus sagt, können wir auch in einer Predigt gar nicht nachgehen. Darum wollen wir das Wichtigste herausnehmen, sozusagen die Mitte dieser Verse. Wir wollen diese Mitte noch einmal hören und dann bedenken. Und tatsächlich! Das wichtigste - wie ich es sehe - steht ge- nau in der Mitte: „Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ Hier, an diesem Satz wird auch deutlich, worum es in diesem ganzen Abschnitt aus dem Römer- brief geht: Um Fleisch und Geist, fleischlich und geistlich leben und gesinnt sein. Aber hier ist selbstverständlich etwas anderes gemeint als das, was wir herkömmlich als Geist und Fleisch be- zeichnen. Wenn wir die Verse, die wir heute bedenken sollen, aufmerksam lesen, dann wird das deutlich. Einmal heißt es: „Gott sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch...“ - „... fleischlich gesinnt sein ist Feind- schaft gegen Gott.“ Fleisch hat also mit der Sünde zu tun und wer fleischlich lebt, ist ein Feind Gottes. Dann lesen wir: „Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, wenn denn Gottes Geist in euch wohnt.“ - „...der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen.“ Es ist also Gottes Geist, der uns fähig macht, geistlich zu leben. Und wer Gottes Geist in sich hat, lebt nach der Ge- rechtigkeit. Liebe Gemeinde, so sehr viel weiter sind wir jetzt immer noch nicht. Irgendwie sind diese Gedanke so wenig praktisch. Man müsste sie so sagen, dass sie Farbe und Leben bekommen. Ob das geht? Ich will einmal versuchen zwei Lebensweisen zu beschreiben, von der die eine nach dem Fleisch, die andere nach dem Geist ist. So wie ich das jetzt darstelle, wird es sehr grob - es soll eben deut- lich werden, was das eine und das andere ist. In der Wirklichkeit gibt es sicher kaum Menschen, die nur nach dem Fleisch oder dem Geist leben, es ist also nicht alles fleischlich oder geistlich, sondern beides ist vorhanden, einmal mehr, einmal weniger. Aber es kommt sehr darauf an, was überwiegt! So könnte ein Leben nach dem Fleisch aussehen: Wir lassen den Mann einmal ohne Namen. Er ist heute 32, hat eine Frau und zwei Kinder. Er wurde getauft und er hat sich konfirmieren lassen. Al- lerdings war nach der Konfirmation Schluss mit der Kirche, auch mit der christlichen Sache... Er hat eine kaufmännische Lehre gemacht und abgeschlossen. Dann kam ein unaufhaltsamer Aufstieg. Allerdings war er nie zimperlich: Immer bedacht darauf, dass er beruflich weiterkommt, hat er auch Mittel gebraucht, die nicht gut waren, Gerüchte über andere, die er gestreut hat, Hinweise an den Chef über Versäumnisse der Kollegen, seine eigenen Fehler konnte er immer vertuschen oder auf andere schieben... Seine Devise war immer: Jeder ist sich selbst der Nächste! Heute - nach Jahren des Einsatzes unlauterer Mittel und reichlichem Gebrauch der Ellenbogen - ist er für sein Alter schon sehr weit oben angekommen in der Firma. Als Abteilungsleiter hat er rund fünfzig Leute un- ter sich. Darunter auch einige, die er immer im Auge behalten muss, denn sie wären gern auch an der Stelle, an der er heute sitzt. Aber er hat ja gelernt, wie man sich behauptet. Und Skrupel hat er längst keine mehr. Gleich, wenn ich ein Leben nach dem Geist vorstelle, werden Sie denken, ich hätte „fleischlich le- ben“ den Männern zugeordnet und „geistlich leben“ den Frauen. Aber ich betone dazu: es hätte auch umgekehrt sein können! Denn es gibt Männer und Frauen beider „Sorten“! Hier also ein Leben nach dem Geist: Auch die Frau, von der ich jetzt erzähle, ist 32. Auch ihr gebe ich keinen Namen. Auch sie ist verheiratet und hat zwei Kinder. Taufe und Konfirmation hat sie auch empfangen. Danach aber hat sie immer die Verbindung zur Kirche gehalten. Ja, sie ist sogar in die Arbeit der Gemeinde eingestiegen und hat Jugendkreise geleitet und alte Menschen besucht. Auch im Kirchenvorstand trägt sie seit Jahren Verantwortung. Beruflich wollte sie immer mit Men- schen zu tun haben, darum ist sie Krankenschwester geworden. Der Verdienst ist zwar weit unter- durchschnittlich, aber die Erfüllung in der Arbeit wiegt das für sie weit auf. Seit zwei Jahren ist sie in der Ausbildung des pflegerischen Nachwuchses tätig. Seitdem hat sie noch mehr Freude an ih- rem Beruf. Sie kann sich nichts Schöneres vorstellen, als an junge Leute weiterzugeben, was ihr selbst so viel gibt: Für andere da sein. Menschen, die krank oder behindert sind, so zu pflegen, dass sie wieder gesund werden und neuen Lebensmut finden können. Wenn wir sie nach ihrer Le- bensdevise fragten, würde sie vielleicht antworten: Nächstenliebe üben! Und wenn sie dazu noch sagen sollte, woher sie dieses Motto hat, würde sie das biblische Liebesgebot nennen: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst! Liebe Gemeinde, wie gesagt, das war eine sehr grobe Betrachtung der zwei Lebensweisen: fleisch- lich und geistlich. Auch hat die wichtige Frage gefehlt, wie es eigentlich dazu kommt, dass einer oder eine so oder so lebt, den Lebensentwurf also nach dem Fleisch oder dem Geist ausrichtet. Da- rum will ich dazu noch etwas sagen und ich beziehe mich dabei auf das, was Paulus in den Versen schreibt, über die wir heute nachdenken: Alles liegt daran, ob wir „in Jesus Christus sind“. So be- ginnen ja auch schon diese Verse: „So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ An dem Beispiel des Mannes, von dem ich erzählt habe, wird es deutlich: Wir sind zwar frei vom Gesetz der Sünde und des Todes, aber wir können durch- aus den Weg des Fleisches, also die Sünde und den Tod wählen. Gott zwingt niemandem auf, nach dem Geist zu leben, wie es die Frau tut. Auch sie hat die Freiheit vom Gesetz der Sünde und des Todes nicht erworben, sondern geschenkt bekommen. Sie allerdings ist dabei geblieben. Ich glaube, wenn wir jetzt hören, was Paulus weiter schreibt, können wir es auch verstehen: „Gott sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, damit die Gerechtigkeit, vom Gesetz gefordert, in uns erfüllt würde, die wir nun nicht nach dem Fleisch leben, sondern nach dem Geist.“ Jesu Christi Tod am Kreuz ist Gottes Verdammungsurteil über das Gesetz, über die Sünde und den Tod. Christus hat dieses Urteil getragen und die Folgen erlitten - wir sind jetzt frei nicht mehr nach dem Fleisch, sondern nach dem Geist zu leben, das heißt: Die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, als Geschenk anzunehmen und die erfahrene Liebe Christi an die Mitmenschen weiterzugeben. Übrigens: Es gibt auch für den Mann, der den Weg des Fleisches eingeschlagen hat, die Möglich- keit, umzukehren. Der Weg des Lebens nach dem Fleisch ist keine Einbahnstraße. Allerdings wird man sich die Freiheit vom Gesetz neu schenken lassen müssen. Wie das geht? Dazu fällt mir Jesu Wort aus der Bergpredigt ein: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“ Wir dürfen uns darauf verlassen: Gott erhört Gebete! AMEN