Predigt zum Sonntag „Exaudi“ - 1.6.2014 Textlesung: Röm. 8, 26 - 30 Desgleichen hilft auch der Geist unsrer Schwachheit auf. Denn wir wissen nicht, was wir beten sol- len, wie sich’s gebührt; sondern der Geist selbst vertritt uns mit unaussprechlichem Seufzen. Der aber die Herzen erforscht, der weiß, worauf der Sinn des Geistes gerichtet ist; denn er vertritt die Heiligen, wie es Gott gefällt. Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, denen, die nach seinem Ratschluss berufen sind. Denn die er ausersehen hat, die hat er auch vorherbestimmt, dass sie gleich sein sollten dem Bild seines Sohnes, damit dieser der Erstge- borene sei unter vielen Geschwistern. Die er aber vorherbestimmt hat, die hat er auch berufen; die er aber berufen hat, die hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht. Liebe Gemeinde! Heute war ich richtig froh, dass es auch andere, neuere Übersetzungen der Bibel gibt. Und ich neh- me an, dass auch Sie diese Verse aus dem Römerbrief in der Übersetzung Luthers nach der Überar- beitung von 1984 nicht so recht verstanden haben. Hören wir darum diesen Bibelabschnitt jetzt noch einmal nach der Übersetzung der Guten Nachricht: Aber ebenso wie wir seufzt und stöhnt auch der Geist Gottes, der uns zu Hilfe kommt. Wir sind schwache Menschen und unfähig, unsere Bitten in der rechten Weise vor Gott zu bringen. Deshalb tritt sein Geist für uns ein mit einem Stöhnen, das sich nicht in Worte fassen lässt. Und Gott, vor dem unser Innerstes offen liegt, weiß, was sein Geist in unserem Innern ihm sagen will. Denn so, wie es vor Gott angemessen ist, legt er Fürsprache ein für die, die Gott als sein Eigentum ausge- sondert hat. Was auch geschieht, das eine wissen wir: Für die, die Gott lieben, muss alles zu ihrem Heil dienen. Es sind die Menschen, die er nach seinem freien Entschluss berufen hat. Sie alle, die Gott im Voraus ausgewählt hat, die hat er auch dazu bestimmt, seinem Sohn gleich zu werden. Nach dessen Bild sollen sie alle gestaltet werden, damit er der Erstgeborene unter vielen Brüdern und Schwestern ist. Und wenn Gott sie dazu bestimmt hat, dann hat er sie auch berufen, und wenn er sie berufen hat, dann hat er sie auch für gerecht erklärt, und wenn er sie für gerecht erklärt hat, dann steht auch fest, dass sie an seiner Herrlichkeit teilhaben. Nicht wahr, das ist schon wesentlich verständlicher. Und trotzdem, wenn wir ehrlich sich, bleibt uns immer noch unklar, worum es eigentlich geht. Darum will ich in vier Sätzen einmal die Gedan- ken dieser Verse zusammenfassen und diesen Sätzen dann einem nach dem anderen entlanggehen. Sie werden sehen, es lohnt sich, denn Paulus hat hier - wenn auch in schwer verständlichen Worten über ein wichtiges Thema gesprochen. Aber was will er uns sagen?: - Als schwache Menschen sind wir nicht fähig unsere Bitten in rechter Weise vor Gott zu bringen. - Weil das so ist, hilft Gott uns durch den Heiligen Geist, ihn angemessen zu bitten. - Eins dürfen wir sicher wissen: Alles, was uns geschieht, muss unserem Heil dienen! - Auch wenn wir einmal leiden müssen, am Ende steht für uns die himmlische Herrlichkeit, denn Gottes Entscheidung für uns ist verlässlich. Schauen wir uns jetzt diese vier Sätze genauer an: - Als schwache Menschen sind wir nicht fähig unsere Bitten in rechter Weise vor Gott zu bringen. Dem kann ich persönlich nur zustimmen und ich hoffe, ich spreche jetzt auch für andere, wenn ich sage: Oft weiß ich nicht, was ich mir eigentlich von Gott wünsche. Wenn mir zum Beispiel die Ar- beit über den Kopf wächst, dann möchte ich ihn bitten, dass ein anderer für mich einspringt und ich für eine Zeit Ruhe habe. Andererseits gibt mir die Arbeit, auch wenn sie viel und belastend ist, auch immer wieder das Gefühl, dass ich gebraucht werde, dass ich etwas kann und dass gerade darum ich diese Arbeit tun muss. Oder in ganz persönlichen Dingen... Wie oft habe ich schon überlegt, wie ich mit diesem oder je- nem Menschen in meiner Nähe umgehen soll. Und wie oft habe ich das im Gebet schon vor Gott gebracht. Da habe ich mir dann Kraft dafür erbeten, dieses oder jenes tun zu können, den Mut zu haben, dies oder das zu sagen... Aber ich war doch gar nicht sicher, ob das was ich tun oder sagen wollte, richtig gewesen wäre. Auch was meinen Glauben angeht, weiß ich doch oft nicht, was ich mir von Gott erbitten soll: Möchte ich wirklich ein für alle Mal einen festen Glauben haben, der stets die Antwort kennt, wa- rum Gott so, wie er es tut, mit mir, mit anderen und mit seiner Welt verfährt. Wäre ein solcher Glaube nicht viel zu starr und unbeweglich und der Liebe Gottes, die wandelbar und jeden Morgen neu ist ganz unangemessen? Muss mein Glaube also nicht auch täglich neu erbeten, neu bewährt werden, neue Worte finden und danach suchen, was Gott heute von mir haben will? - Wirklich: Wir wissen nicht, was wir bitten sollen! Wie gut ist darum dieser Hinweis: - Weil das so ist, hilft Gott uns durch den Heiligen Geist, ihn angemessen zu bitten. Ich stelle mir das so vor: Gottes Geist ist eben nicht nur in unseren Beziehungen und in der Natur zu spüren - er ist auch in uns, in jeder und jedem von uns. Wobei wir das sicher einschränken müs- sen. Er zieht wohl nur dort ein, wo der Glaube an Jesus Christus wohnt. Und er drängt sich nicht auf. Aber wenn wir ihn gewähren lassen, dann ist er da, vielleicht wie ein Für-sprecher im wörtli- chen Sinn, wie ein Übersetzer, der die Worte unserer Gebete für Gott übersetzt oder sagen wir bes- ser: der unsere Bitten so vor Gott bringt, dass Gott weiß, was wir wirklich nötig haben und was gut und richtig für uns ist. Ja, sogar wenn wir gar nichts sagen, sondern nur seufzen oder vielleicht nur noch weinen und wehklagen können, bringt der Heilige Geist das so vor Gottes Ohr, dass er ver- steht, was er für uns tun muss, dass es uns gut geht und wir wieder froh werden. Aber auch dann, wenn wir meinen, wir wüssten sehr genau, was uns Not tut und was Gott uns schenken müsste, überträgt der Geist Gottes das in Bitten, die nur das eine im Sinn haben: dass uns, was wir erbitten, nicht schadet, sondern dient. Und „dient“ ist das Stichwort, das uns zum dritten Hinweis führt: - Eins dürfen wir sicher wissen: Alles, was uns geschieht, muss unserem Heil dienen! Machen wir uns nichts vor, es ist nicht leicht, das zu glauben. Es ist vielmehr sehr schwierig, davon auszugehen, dass alles, was uns begegnet, was uns beschwert und zu Boden drückt als guten Willen Gottes zu verstehen und als etwas, was letztlich heilsam ist und uns eben „dienlich“. Aber ich will Sie, liebe Gemeinde, und mich selbst an dieser Stelle erinnern: Haben wir das nicht schon oft erlebt in unserer Zeit in dieser Welt, dass wir uns zunächst etwas von Gott gewünscht und erbeten haben, von dem wir glaubten, es würde uns glücklich machen oder wir müssten es sogar unbedingt haben. Das kann die Liebe oder Freundschaft eines Menschen gewesen sein. Vielleicht auch irgendeine Sache, die wir gern besessen hätten, uns aber nicht leisten konnten. Aber unsere Bitten wurden nicht erfüllt und wir waren darüber traurig. Nach einiger Zeit aber war uns dann anderes viel wich- tiger als die so lange vorgetragenen Bitten. Ja, wir hatten sie sogar fast vergessen. Jedenfalls wich auch die Trauer darüber, dass Gott uns die Erfüllung versagt hatte. Und vielleicht haben wir dabei sogar eine Ahnung dafür bekommen, was eigentlich wichtig ist für uns und was es heißt, dass die Geschenke Gottes unserem Heil dienen. Hier jedenfalls spüren wir etwas davon, welche Aufgabe der Heilige Geist in uns hat: Nicht nur unsere Bitten und Wünsche zu Gott zu tragen, sondern das zu übermitteln, was uns dient und was uns eigentlich nötig ist. Der vierte Hinweis greift eine Frage auf, die wir uns als Christen in unserem Leben immer wieder einmal stellen, besonders wenn wir leiden müssen: Ist Leid nicht ein Zeichen dafür, dass wir aus Gottes Liebe gefallen sind und Gottes Heil einmal nicht sehen werden? Paulus meint dazu: - Auch wenn wir einmal leiden müssen, am Ende steht für uns die himmlische Herrlichkeit, denn Gottes Entscheidung für uns ist verlässlich. Auch die Frage, warum auch einem Christen, oft sogar einem „guten“ Christen, wie wir ihn nen- nen, auch Leid begegnet und ihn oft über Jahre und manchmal sogar lebenslang begleitet, ist nicht einfach zu beantworten. Seit unser Herr aber selbst ins Leiden und in den Tod gegangen ist, wissen wir, dass auch schwere Zeiten, auch Leiden zu einem Leben als Christ oder Christin gehören. Wir können dem Leid nicht ausweichen. Was wir aber können - und das besser als andere Menschen, die nicht an Jesus Christus glauben - ist dies: Das Leiden annehmen und mit seiner Hilfe hindurch- gehen. Gott hat sich in Christus ein für alle Mal für unser Heil entschieden. Wir sollen leben, wie unser Herr lebt. Wir werden auferstehen und die himmlische Heimat sehen. Nichts und niemand kann uns das nehmen. Gottes Entscheidung ist verlässlich. Unsere Entscheidung ist es, Jesus Chris- tus als unseren Herrn anzunehmen. Er hat unser Heil verdient. Der Glaube an ihn hat ein Ziel: Got- tes Herrlichkeit. Weil wir das wissen, können wir auch Leidenszeiten bestehen. AMEN