Predigt zum Ewigkeitssonntag - 25.11.2012 Liebe Gemeinde am Ewigkeitssonntag! Ich glaube, wir dürfen ganz offen darüber sprechen: Viele gehen heute an die Gräber ihrer Lieben, weil es so Brauch ist. Ein guter Brauch! Und viele sind jetzt zum Gottesdienst gekommen, weil der Abschied von einem lieben Menschen noch nicht gar so lange her ist. Vielleicht war dieser Ab- schied erst im heute zu Ende gehenden Kirchenjahr? Vielleicht wird der Name des Verstorbenen nachher hier in der Kirche verlesen? Jedenfalls ist auch der Besuch des Gottesdienstes heute eine gute Sache und eine sinnvolle Tradition: Wir erinnern uns noch einmal ganz intensiv an die Men- schen, die wir verloren haben. Wir denken daran, was sie für uns bedeutet haben und wir fragen, was denn im Tod mit ihnen geschehen ist? Und wie von selbst sind wir dann auch bei der Frage, was denn mit uns geschieht, wenn wir diese Welt verlassen müssen? Eine Frage, die wir sonst gern verdrängen. Auch darum ist es gut, wenn wir heute in diesem Gottesdienst dieser Frage einmal nachgehen. Wir dürfen das ganz mutig tun, ohne Furcht vor der Antwort. Denn eines ist sicher - und das will ich jetzt schon sagen! - es sind ganz wunderbare Aussichten, die uns blühen! Wir wollen zunächst einmal auf den Predigttext hören, der uns heute zu bedenken vorgelegt ist. Er steht im Buch des Propheten Jesaja, ist also ein Text aus dem Alten Testament, geschrieben in einer Zeit, die noch nichts von Jesus Christus wusste. Textlesung: Jes. 65,17-19 (20-22) 23-25 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich will Jerusalem zur Wonne machen und sein Volk zur Freude, und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. Und es soll geschehen: ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hö- ren. Wolf und Schaf sollen beieinander weiden; der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind, aber die Schlange muss Erde fressen. Sie werden weder Bosheit noch Schaden tun auf meinem ganzen heili- gen Berge, spricht der HERR. Liebe Gemeinde, tröstliche Worte, wunderschöne Bilder, paradiesische Zustände: Ein neuer Him- mel und eine neue Erde, ein neues Jerusalem. Kein Weinen und Klagen in seinen Mauern. Keine Kinder, die gleich nach der Geburt sterben, weit über hundert Jahre Lebensalter wird normal sein. Der Ertrag der Äcker wird dem gehören, der sie bebaut, ein Volk von Auserwählten Gottes, ein Ge- schlecht von Gesegneten des Herrn. Gott wird ihr Rufen hören und Antwort auf all ihre Fragen ge- ben. Kein Mensch wird mehr Böses tun, niemand einem anderen schaden... Wirklich: ein Paradies! Aber, haben Sie’s bemerkt, es ist ein Paradies auf Erden! Es liegt auf „Gottes heiligem Berg“, das ist der Zion. Über ihm, der „neuen Erde“, wird sich der „neue Himmel“ wölben. Die Gesegneten des Herrn wohnen in ihren Häusern an seinen Hängen und werden dort Weinberge haben. Und das Leben der Menschen wird sehr lang sein, viel länger als zur Zeit des Jesaja - aber nicht ewig! Sie spüren, worauf ich hinauswill: Es sind eben nur Erwartungen, Vorstellungen und Bilder aus dem Alten Testament. Und es ist Jesaja, der davon spricht. Jesus Christus war noch nicht gekommen. Es gab allenfalls die Sehnsucht nach dem Messias und hin und wieder in den alten Texten Anspielungen auf die Zeit, die mit seinem Kommen anbricht. Denken wir an die Worte aus dem Buch des Propheten Micha, die Sie gewiss alle kennen - in wenigen Wochen werden wir sie auch wieder in der Kirche hören: „Und du, Bethlehem Efrata, die du klein bist unter den Städten in Juda, aus dir soll mir der kommen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. [...] Er aber wird auftreten und weiden in der Kraft des HERRN und in der Macht des Namens des HERRN, seines Gottes.“ (Mich.5,1+3) Und auch bei Jesaja lesen wir Weissagungen, mit denen er von einem „Knecht Gottes“ spricht, der bald kommen wird - und auch diese Verse kennen Sie : „Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre. Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zer- schlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt.“ (Jes.53,4+5) Aber halten wir das fest: Es sind nur Prophezeiungen. Es ist noch nicht eingetroffen, was sie verhei- ßen. Darum denkt auch noch kein Mensch an eine neue Welt, die ganz woanders liegt als in Jerusa- lem oder sonst irgendwo auf unserer Erde. Wir leben in der Zeit, die den Herrn, der in Bethlehem geboren wurde, kennt. Wir haben davon gehört, wie er als „Knecht Gottes“ unsre Krankheit und un- sere Schmerzen ans Kreuz getragen hat. Und in jedem Jahr, an Weihnachten und in der Passionszeit denken wir wieder besonders daran und erzählen aufs Neue den Beginn und das Ende seiner Ge- schichte in dieser Welt. Aber - und da geht das, was wir von diesem Herrn und Knecht Gottes wis- sen, weit über die alten Prophezeiungen hinaus - wir können auch seine Geschichte von Ostern und weit darüber hinaus erzählen! Was Micha, was Jesaja sich nie hätten träumen lassen, ist geschehen: Wir haben eine Zukunft über Tod und Sterben und über diese Welt hinaus! Unser Herr ist nicht nur in Bethlehem geboren, er hat nicht nur ein Leben als Wanderprediger geführt und uns Gott als Erlö- ser und gütigen Vater bekannt gemacht und er ist nicht nur als Knecht Gottes auf Golgatha gestor- ben... Er ist auferstanden. Er ist nicht im Tod geblieben, sondern von Gott auferweckt worden zu ei- nem neuen, ewigen Leben in seinem Reich. Und das wichtigste dabei ist dies: Er hat uns die Tür zu diesem Reich geöffnet, einer neuen Welt, in der auch wir ewig leben sollen. Was liegt näher, als jetzt die Zeugen von Jesu Auferstehung, wie sie sich im Neuen Testament äu- ßern, zu Wort kommen zu lassen? Vielleicht geht uns heute am Ewigkeitssonntag, an dem wir fra- gen, was denn aus unseren Verstorbenen geworden ist und was uns einmal erwartet, ihre Botschaft besonders ein, erreicht nicht nur unser Ohr, sondern unser Herz: Hören wir, was der Evangelist Matthäus zu Jesu Auferstehung schreibt: „Als aber der Sabbat vo- rüber war und der erste Tag der Woche anbrach, kamen Maria von Magdala und die andere Ma- ria, um nach dem Grab zu sehen. Aber der Engel sprach zu den Frauen: Fürchtet euch nicht! Ich weiß, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht. Er ist nicht hier; er ist auferstanden, wie er gesagt hat. Kommt her und seht die Stätte, wo er gelegen hat; und geht eilends hin und sagt seinen Jüngern, dass er auferstanden ist von den Toten.“ (Mt.28,1.5-7) Was die Jünger Jesu mit dem Auferstandenen erlebt haben, lesen wir bei Lukas: „Als sie aber da- von redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie er- schraken aber und fürchteten sich und meinten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken, und warum kommen solche Gedanken in euer Herz? Seht meine Hände und meine Füße, ich bin’s selber. Fasst mich an und seht; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Kno- chen, wie ihr seht, dass ich sie habe.“ Wie aus diesen Erlebnissen die erste Verkündigung wird, steht in der Apostelgeschichte, in der Pfingstpredigt des Petrus. Er spricht vor den Juden von Jerusalem: „Ihr Männer von Israel, hört diese Worte: Jesus von Nazareth, von Gott unter euch ausgewiesen durch Taten und Wunder und Zeichen, die Gott durch ihn in eurer Mitte getan hat, wie ihr selbst wisst - diesen Mann, der durch Gottes Ratschluss und Vorsehung dahingegeben war, habt ihr durch die Hand der Heiden ans Kreuz geschlagen und umgebracht. Den hat Gott auferweckt und hat aufgelöst die Schmerzen des Todes... (Apg.2,22-24) Was das für uns Christinnen und Christen bedeutet, fasst Paulus einige Zeit später im Römerbrief „theologisch“ so zusammen: „Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben - wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja vielmehr, der auch aufer- weckt ist, der zur Rechten Gottes ist und uns vertritt. Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes noch eine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn. Wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, damit, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ (Röm. 8 und 7 Auszüge) Liebe Gemeinde, wie gesagt, das war Theologie. Ich möchte am Ende dieser Predigt noch einmal Ihr Herz ansprechen und das mit den schönsten Worten, die ich kenne, die davon reden, was uns in Gottes neuer Welt erwartet: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein und er selbst, Gott mit ihnen, wird ihr Gott sein; und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“ (Offb. 21,3f) Sind das nicht wunderbare, herrliche Aussichten? AMEN