Predigt zum Trinitatissonntag - 3.6.2012 Liebe Gemeinde! Heute ist Trinitatis, der Sonntag der „Dreieinigkeit“ oder „Dreifaltigkeit“ und damit ein Sonntag voller Geheimnisse. Das erste Geheimnis dabei ist, warum Gott uns überhaupt als Vater, Sohn und Heiliger Geist gegenübertritt, also warum Gott drei Personen in einer ist. Aber denken Sie jetzt bloß nicht, ich könnte ihnen dieses Geheimnis erklären! Das würde jeder, den Sie fragen - auch jeder Theologe - ganz unterschiedlich versuchen. Aber es ist sehr zweifelhaft, ob dabei etwas herauskä- me, bei dem Sie dann sagen könnten: „Aha, so ist das also mit der Dreieinigkeit.“ Nein, vielleicht wäre die Verwirrung darüber am Ende sogar noch größer. Es ist und bleibt vielmehr ein großes Ge- heimnis, warum Gott uns in drei Personen begegnen will. Und „Das große Geheimnis“ heißt auch eine kleine Geschichte, die ich Ihnen erzählen will, die bestätigt, dass auch die größten Theologen das Rätsel der Dreifaltigkeit Gottes nicht lösen können: Einst ging Augustinus, ein gelehrter Kirchenvater - so wird erzählt - am Meer spazieren und dachte nach über Gott Vater, seinen Sohn und den heiligen Geist - mit einem Wort: Über die Dreifaltigkeit dachte er nach. Da traf er auf ein Kind, das mit einem Eimerchen Wasser aus dem Meer in einen kleinen abgegrenzten Teich schöpfte. „Was machst du da?“, fragte Augustinus interessiert. „Ich möchte das Meer ausschöpfen!“, antwortete das Kind. „Das wird dir nie gelingen!“, lachte der Ge- lehrte und verstummte. „Ich mache es ja genauso wie das Kind“, dachte er dann, „ich will mit meinem kleinen Verstand das Geheimnis des dreieinigen Gottes verstehen!“ Er reichte dem Kind die Hand und bedankte sich für die Lektion. Die großen Augen des Kleinen verfolgten ihn noch lange. Liebe Gemeinde, wenn schon der Name des Sonntags uns Rätsel aufgibt und wenn schon das immer ein Geheimnis bleiben wird, warum unser Gott ein dreieiniger Gott sein will, dann wundert es uns bestimmt nicht, wenn nun auch der Predigttext uns noch weitere Geheimnisse Gottes vorlegt. Wir hören auf Worte aus dem Epheserbrief im 1. Kapitel, die Verse 3 - 14: Textlesung: Eph. 1, 3 - 14 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, dass wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten. In ihm haben wir die Erlösung durch sein Blut, die Vergebung der Sünden, nach dem Reichtum seiner Gnade, die er uns reichlich hat widerfahren lassen in aller Weisheit und Klugheit. Denn Gott hat uns wissen lassen das Ge- heimnis seines Willens nach seinem Ratschluss, den er zuvor in Christus gefasst hatte, um ihn aus- zuführen, wenn die Zeit erfüllt wäre, dass alles zusammengefasst würde in Christus, was im Himmel und auf Erden ist. In ihm sind wir auch zu Erben eingesetzt worden, die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens; damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit, die wir zuvor auf Christus gehofft haben. In ihm seid auch ihr, die ihr das Wort der Wahrheit gehört habt, nämlich das Evangelium von eurer Seligkeit - in ihm seid auch ihr, als ihr gläubig wurdet, versiegelt worden mit dem heiligen Geist, der verheißen ist, welcher ist das Unterpfand unsres Erbes, zu unsrer Erlösung, dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit. Sicher können Sie es sich denken, was in diesen Versen ein zweites Geheimnis Gottes ist... Gleich dreimal ist davon die Rede und es wird auch ausdrücklich als ein Geheimnis bezeichnet. Gemeint ist der „Wille Gottes“. Hier lesen wir davon: „Denn in Christus hat er uns erwählt...nach dem Wohlgefallen seines Willens“ und hier: „Denn Gott hat uns wissen lassen das Geheimnis seines Willens nach seinem Ratschluss...“ und noch hier : „In Christus sind wir auch zu Erben eingesetzt worden nach dem Vorsatz dessen, der alles wirkt nach dem Ratschluss seines Willens...“ Aber wie drücken wir nun aus, was der Kern dieses Geheimnis’ ist? Vielleicht so: Warum nur war und ist es „Gottes Wille“ und sein „Ratschluss“, uns zu erwählen und uns zu Erben einzusetzen? Es hätte doch auch ganz anders sein können. Warum sollte ein Töpfer die Gefäße, die er formt, zu mehr bestimmen als dazu, ihm als Krug, Teller oder Schüssel zu dienen - bis sie zerbrechen und er neue macht? Warum sollte Gott Geschöpfe schaffen, die einen eigenen Willen haben, die frei sind, das zu tun, was sie selbst wollen, also sich auch von ihrem Schöpfer anzuwenden? Und warum soll- te er diesen Geschöpfen auch noch seinen Himmel auftun, dass sie dort in seiner Nähe einmal ewig leben? Aber um den Menschen diesen Weg zu öffnen, schickt Gott seinen eigenen Sohn in die Welt, dass er durch sein Blut die Vergebung der Sünden für diese Menschen erwirkt, dass sie Selig- keit und Erlösung erlangen. - Wie gesagt: Ein Geheimnis! Eines Menschen und aller Menschen Le- benzeit wird nicht reichen, herauszufinden, warum das und nichts anderes Gottes Wille war und ist. Aber wir lesen hier von einem dritten Geheimnis. Es führt uns noch ein wenig mehr in die Tiefe des unergründlichen Geistes Gottes und wir können es darum noch weniger lösen: Wir hören hier davon: „...in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus...“ Und dann hier: „die wir dazu vorherbestimmt sind nach dem Vorsatz des- sen, der alles wirkt...“ Auch dabei können wir nur fragen, warum nur bestimmt uns Gott auch noch im Vorhinein dazu, seine Kinder und Erben zu sein, und durch Jesus Christus selig zu werden? Und nur von dieser Bestimmung wird hier gesprochen, nicht auch von der zum ewigen Tod und zur Verdammnis! Sie kennen sicher andere Religionen oder Konfessionen, in denen die Vorherbestim- mung in einem doppelten Sinn verstanden wird: Die einen werden das Ewige Leben sehen, die an- deren werden hinausgestoßen ins Dunkel, wo Heulen und Zähneklappern ist. Aber dass es so oder so kommt, ist nach Meinung mancher Religionen und Konfessionen auch schon vor aller Zeit bei Gott beschlossen: Wenn es den Menschen in diesem Leben gut geht, wenn sie Reichtum und Macht besitzen, dann wird das als Zeichen gedeutet, dass sie zum Heil bestimmt sind. Denen, die arm und elend sind, blüht dagegen die Verdammung. - Lassen wir das einen Augenblick so stehen. Andere gibt es, die denken, dass Heil oder Unheil immer mit dem Leben des einzelnen Menschen in dieser Welt zu tun hat: Ist er sein Leben lang auf dem breiten Weg gegangen, auf dem es sich leicht und bequem dahinschreitet, dann ist er unterwegs zu der weiten Pforte, hinter der Verdammnis auf uns wartet. Hat er aber den engen Pfad gewählt, den Weg des Verzichts, der Entbehrungen und der Liebe zu den Mitmenschen, dann wird er einmal durch die enge Pforte in Gottes Himmel eintreten (Mt.7,13). Ganz einfach können wir das so sagen: Ob der Mensch selig oder verdammt wird ent- scheidet sich daran, ob er gut war oder böse. In den Versen, die wir heute bedenken, ist das anders, wunderbar anders! Denn das Geheimnis der Vorherbestimmung, wie es hier angesprochen wird, kennt nur einen Weg, nur einen Ausgang und der heißt: Wir sind vorherbestimmt nach Gottes Willen zur Erlösung, zum Heil, zur Seligkeit, zum Leben! Wie wohlhabend und wie mächtig wir sind, hat also rein gar nichts damit zu tun, wie es für uns am Ende ausgeht! Und auch ob wir gute oder schlechte Menschen waren, die breite Straße oder den engen Pfad gegangen sind, ist nicht entscheidend dafür, ob wir in Gottes Himmel kommen oder davon ausgeschlossen sind. Ja, es liegt überhaupt nicht in unserer Hand, ob wir selig werden. Es ist niemals unser Verdienst oder unser Versagen, ob wir am Ende das Heil und das Leben sehen oder verfehlen. Es ist Christi Blut, sein Leiden und Sterben, das uns die Vergebung aller Sünden schenkt und es ist unser Glaube an ihn und ob wir allein auf ihn vertrauen in unserem Leben. Und - die Frei- heit haben wir! - diesen Glauben können wir ihm durchaus verweigern! Dann allerdings entscheiden wir uns selbst gegen Gottes Bestimmung und seinen Willen, uns heil und selig zu machen. - - - Ich will nun nicht doch noch versuchen, wenigstens etwas Erhellendes zu den Geheimnissen Gottes zu sagen - das kann ich nicht. Aber ein Hinweis dazu steht in den Worten des Paulus aus dem Ephe- serbrief, die wir heute bedacht haben, den sollten wir doch noch hören und wahrnehmen. Immerhin lesen wir von diesem Hinweis gleich viermal - und einmal gleich zu Beginn dieser Verse: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus...“ Dieses „Lob Gottes“ scheint Paulus wichtig zu sein, denn er spricht noch dreimal davon: Gott hat uns erwählt „... zum Lob seiner herrlichen Gna- de, mit der er uns begnadet...“. Und warum? Das erfahren wir auch: „damit wir etwas seien zum Lob seiner Herrlichkeit“ und „dass wir sein Eigentum würden zum Lob seiner Herrlichkeit.“ Das Lob Gottes ist Paulus wichtig, habe ich eben gesagt. Aber vielleicht ist es ja auch Gott selbst wichtig? Wenn Gott ein „Vater“ für uns sein will, passt dann nicht gut dazu, dass er sich auch dar- über freut, wenn seine Kinder ihn loben und ihm dankbar sind? Nun, es mag allzu menschlich von Gott gedacht sein, wenn wir sagen: Gott braucht auch ein Gegenüber, das ihm Lob und Dank entge- genbringt, aber ganz verkehrt ist es sicher nicht. Denn so von Gott zu denken ist allemal besser, als wenn wir ihn nur als strengen Richter oder gar als unpersönliche Macht über uns verstehen. Das Kind, das Augustinus auf seinem Spaziergang getroffen hat, wollte mit seinem Eimerchen das Meer ausschöpfen und musste lernen, wie groß und gewaltig das Meer ist. Wir wollen die Dreifal- tigkeit Gottes begreifen und müssen erkennen, wie groß und unergründlich dieses und die anderen Geheimnisse Gottes sind. Aber ist es nicht genug zu wissen, dass der große Gott hinter diesen Ge- heimnissen steht, der Gott, der uns in Jesus Christus zu Heil und Leben bestimmt hat? Genügt es nicht, ihn anzubeten und ihm unser Lob und unseren Dank zu geben? Darum lasst uns Gott, wo und wie immer wir das können, loben und preisen und ihm als unserem Vater allezeit dankbar sein. AMEN