Predigt zum Gründonnerstag - 5.4.2012 Liebe Gemeinde! Es sind nur drei kurze Sätze, über die wir heute nachdenken wollen. Sie sind nicht spektakulär, nicht irgendwie aufregend oder so, dass wir gleich denken, es hinge viel von ihnen ab. Nachdem ich sie vorgelesen habe, werden sie uns auch gewiss nicht neu oder besonders wesentlich vorkommen, eher so, als hätten wir ihren Inhalt schon sehr oft gehört - und so ist es auch. Vielleicht aber ist es gerade darum gut, wenn wir sie heute wieder einmal ganz bewusst hören und versuchen, sie in ihrer tiefsten Bedeutung zu verstehen und in unser Leben hineinzubuchstabieren. Hier sind diese drei Sätze aus dem 1. Korintherbrief, Kapitel 10, die Verse 16 und 17: Textlesung: 1. Kor. 10, 16 - 17 Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist’s: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben. Es geht um das Abendmahl als ein Mahl der Gemeinschaft von Menschen, die zu Jesus Christus gehören. Das passt zu diesem Tag - und gleich in doppelter Weise: Heute ist der Tag, an dem Jesus und seine Jünger ihr letztes gemeinsames Passamahl gefeiert haben. Dies ist aber auch der Abend, an dem wir Christinnen und Christen seit alters das Mahl unseres Herrn feiern - zu seinem Gedächtnis, zu unserem Heil durch die Vergebung der Sünden, zu unserer Freude und als Stärkung unserer Gemeinschaft. Auch andere Gemeinschaften essen und trinken zusammen. Die Leute vom Gesangverein, wenn sie Jahreshauptversammlung haben. Die Angestellten einer Firma, wenn sie ihren Betriebsausflug un- ternehmen. Eine Familie, wenn Omas Achtzigster Geburtstag ansteht. Sie werden jetzt sagen: Diese Mahlgemeinschaften sind doch etwas ganz anderes! Beim Abendmahl geht es doch um viel mehr! Ja, das ist sicher richtig! Umso erstaunlicher ist es aber, dass gemeinsames Essen bei der Jahreshauptversammlung, beim Betriebsausflug und bei Omas Geburtstag viel länger in Erinnerung bleiben und anscheinend eine viel größere Bedeutung haben, als unsere Mahlfeiern am Altar. Viel- leicht hören wir noch Wochen nach der Jahreshauptversammlung bei der Chorprobe, wie lecker es geschmeckt hat, wie gut das Essen doch organisiert und wie anregend die Gespräche bei Tisch waren. Nach dem Betriebsausflug wird vielleicht neben dem schmackhaften Buffet noch lange gelobt, wie intensiv man sich unterhalten und dass man einige Leute aus der Firma kennengelernt hat, die man sonst übers Jahr gar nicht so wahrnimmt. Bei Omas Geburtstag schließlich wird man noch nach Wochen von einem schönen Fest reden, bei dem gerade beim gemeinsamen Essen wied- er einmal das Gefühlt gestärkt worden ist, dass man eine Familie ist und zusammengehört. Und wie ist das nach unseren Abendmahlsfeiern? Wie wird es heute sein, wenn wir nach Hause gehen und in den nächsten Tagen? Haben Sie schon einmal in der Woche nach Ostern mit einem Mitchristen, der am Gründonnerstag oder Karfreitag an unserem Abendmahl teilgenommen hat, darüber gesprochen, wie tief Sie diese Feier berührt hat, wie sehr Sie sich darüber gefreut haben, dass Ihr Ehepartner, ihre Tochter oder ihr Sohn auch mitgegangen ist oder wie lange Sie über die Worte, die dabei gesagt wurden, haben nachdenken müssen? Warum ist das so? So anders als bei anderen Mahlfeiern in anderen Gemeinschaften? Liegt es daran, dass wir zu befangen sind beim Abendmahl vor dem Altar? Eben gerade deshalb, weil das dort so viel mehr bedeutet als ein gemeinsames Essen in mehr weltlichen Beziehungen? - Das könnte sein. Aber es wäre doch schade und traurig wäre es auch! Oder liegt es daran, dass wir die Abendmahlsfeier in der Kirche zu leicht nehmen, weil wir ihren tiefsten Sinn lieber gar nicht bedenken wollen - es geht immerhin auch um Sünde und Schuld, um Versagen und die notwendige Vergebung. - Auch das können wir uns sicher vorstellen. Das würde auch erklären, warum so viele Mitchristen gar nicht gern oder überhaupt nicht zum Abendmahl gehen. Ich muss nicht betonen, dass auch das traurig wäre, wenn Menschen aus solchen Gründen das Mahl des Herrn meiden. Schließlich halte ich auch für möglich, dass mancher und manche von uns gar nicht mehr darüber nachdenken, was da beim Abendmahl an, mit und für uns geschieht. Wir folgen einem Brauch, den wir bei unserer Konfirmation aufgenommen haben, auch wenn wir damals sicher noch nicht ver- stehen konnten, wozu er gut sein soll. Und wir gehen vielleicht heute noch zu diesen Mahlfeiern, weil es immer so üblich war und weil es doch einfach zum Leben einer Christin, eines Christen dazu gehört. Liebe Gemeinde, wie auch immer es nun sein mag, es ist sicher gut, wenn wir es heute wieder ein- mal hören und wir es uns wieder einmal sagen lassen, was das Abendmahl eigentlich bedeutet und was es uns schenken will. Und da eignen sich die Verse aus dem 1. Korintherbrief, die wir heute bedenken sollen, ganz wunderbar. Hören wir sie noch einmal. Ich will dann nur noch ganz kurz ein paar Worte der Erklärung anhängen: Der gesegnete Kelch, den wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? Denn ein Brot ist’s: So sind wir viele ein Leib, weil wir alle an einem Brot teilhaben. Vielleicht vermissen wir in diesen Sätzen den Hinweis auf Sünde und Schuld, die uns zum Abendmahl führen und auch die Worte, die von Reue und Vergebung sprechen... Aber, wenn wir ehrlich sind, vermissen wir diese Worte gar nicht. Im Gegenteil! Diese Verse kommen von der an- deren Seite her, sozusagen: Der Kelch, aus dem wir trinken, ist die Gemeinschaft des Blutes Christi! Sünde und Schuld, Reue und Vergebung liegen schon hinter uns, wenn wir den Kelch nehmen. Wir treten ein in die Gemeinschaft mit unserem Herrn und untereinander. Nichts mehr steht zwischen uns und IHM, aber auch nicht zwischen uns, die miteinander feiern und den Kelch miteinander teilen. Das Brot, das wir brechen, gliedert uns ein in die Gemeinschaft des Leibes Christi. Gleichgültig wo wir herkommen, woran wir jetzt noch tragen, was wir in der Vergangenheit auf uns geladen haben - wir gehören zusammen: ER ist das Haupt, wir die Glieder, ER ist unser Bruder, wir sind Gesch- wister. Ein Brot ist es, von dem wir alle essen. Wie in einem Leib, einem Organismus, hat jede und jeder ihre, seine Aufgabe. Alle sind wichtig. Keiner darf fehlen. Wir haben teil an SEINEM Leib. Wer mitfeiert beim Mahl unseres Herrn, gehört zu ihm - in diesem Leben und in Ewigkeit. Wie schön wäre es, wenn wir das, was wir eben gehört haben, nachher, wenn wir das Abendmahl feiern, auch empfinden können. Wie schön wäre es, wenn wir diese Erfahrungen und die Freude dieses Abendmahls dann auch noch in die nächsten Tage mitnehmen könnten. Am schönsten wäre es, wenn uns die Erinnerung an dieses Abendmahl heute dauerhaft begleitet und wenn wir auch noch bei unseren Angehörigen und Freunden darüber reden, was uns Jesus Christus bei seinem Mahl schenken kann. AMEN