Predigt zum 2. Sonnt. nach Epiphanias - 15.1.2012 Textlesung: 1. Kor. 2, 1 - 10 Auch ich, liebe Brüder, liebe Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen. Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten. Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft. Wovon wir aber reden, das ist dennoch Weisheit bei den Vollkommenen; nicht eine Weisheit dieser Welt, auch nicht der Herrscher dieser Welt, die vergehen. Sondern wir reden von der Weisheit Gottes, die im Geheimnis verborgen ist, die Gott vorherbestimmt hat vor aller Zeit zu unserer Herrlichkeit, die keiner von den Herrschern dieser Welt erkannt hat; denn wenn sie die erkannt hätten, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Sondern es ist gekommen, wie geschrieben steht (Jesa- ja 64,3): „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“ Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Liebe Gemeinde! Je älter wir sind, umso mehr Reden werden wir im Laufe unseres Lebens gehört haben: Vielleicht die Rede des Kreisvorsitzenden beim Vereinsjubiläum. Die Rede der Landfrauenbeauftragten beim Landfrauentag im vergangenen Jahr. Die Ansprache des Bürgermeisters bei der Einweihung des Bürgerhauses. Die Worte des Orstvorstehers bei der Feier unserer Goldenen Hochzeit. (...) Und immer wieder - wenn wir ganz ehrlich sind - waren wir hinterher froh, wenn es vorbei war. Und noch mehr erfreut waren wir, wenn die Rednerin oder der Redner seine Rede einigermaßen kurz gehalten hat. Am größten aber war die Freude, wenn wir gar noch das eine oder andere aus der Rede verstanden hatten, denn das ist so eine Sache mit dem Verfassen, dem Halten und dem Hören von Reden! Jetzt könnten Sie denken, ich traute Ihnen ja wohl gar nichts zu! Aber es ist eher umgekehrt: Ich traue vielen Rednerinnen und Rednern nicht zu, dass sie wirklich und in erster Linie die Menschen erreichen wollen, die ihnen gerade zuhören! Wenn sie das nämlich wollten, würden sie sich kurz fassen, würden sie Schachtelsätze und Fremdwörter vermeiden und auch alles, was nur dem Selbstruhm dient, voher aus ihrem Manuskript streichen. Das aber tun sie nicht. Im Gegenteil: Oft genug scheint das sprachliche und geistige Niveau einer Ansprache geradezu so gewählt, dass möglichst wenige verstehen, was gesagt wird und was gemeint ist. Wenn einer seine Rede aber bewusst in solchen philosophischen, sprachlichen oder wissenschaftlichen Höhen ansiedelt, dass normal gebildete Menschen gar nicht mehr mitkommen können, dann wird mehr verschleiert als verdeutlicht. Sie haben ja nun schon darauf gewartet - und hier kommt es: Ja, auch in Predigten und geistlichen Ansprachen begegnen wir Redewendungen, die nicht dem Verständnis der Menschen einer Durchschnittsgemeinde dienen. Auch hier wimmelt es oft von theologischen Fachausdrücken, von lateinischen oder griechischen Begriffen, die meist nur die verstehen, die Theologie studiert haben. Und auch hier weicht die verständliche Alltagssprache oft der so genannten Kanzelhochsprache, die mehr verbirgt als erklärt. Wohlgemerkt: In Predigten und Ansprachen sollen sich die Rednerinnen und Redner nicht mit der Sprache etwa der Bild-Zeitung, der Jugend oder gar der Gasse gemein machen, nur um sich anzubiedern. Aber sie sollen allgemein verständlich sprechen, sodass sie möglichst alle oder doch die meisten mit ihren Worten erreichen. Aber warum machen Rednerinnen und Redner so etwas? Warum sprechen sie oft hochtrabend und unverständlich? - Ich habe es schon angedeutet: „Selbstruhm“ war das Stichwort! Sie wollen sich selbst herausstreichen, wie gelehrt sie sich ausdrücken können, wie geschliffen ihre Rede ist, wie sie sich auskennen und was sie alles wissen. Das Verständnis der Hörerinnen und Hörer bleibt dabei auf der Strecke. Die Ansprache soll zuallererst für die Redekunst derer sprechen, die sie hal- ten, für ihre Sachkenntnis, ihre Weisheit... Und „Weisheit“ ist jetzt das Wort, das uns zurückführt zu Paulus und zu dem, was er mit seiner Predigt bei den Menschen erreichen wollte: „...ich, liebe Brüder, liebe Schwestern, als ich zu euch kam, kam ich nicht mit hohen Worten und hoher Weisheit, euch das Geheimnis Gottes zu verkündigen.“ Wie wohltuend ist das doch! Da kommt einer jetzt auch zu uns, nicht um mit seiner Rede zu glän- zen, nicht um unsere Anerkennung für seine Klugheit oder Redegewandtheit zu gewinnen, sondern um uns eine einfache Botschaft von Gott auszurichten, die wir auch verstehen. Das ist diese Botschaft: „Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“ Und mehr braucht es eigentlich auch nicht, um alles zusammenzufassen, was Gott uns sagen wollte und will mit Weihnachten, Karfreitag und Ostern: Ich habe euch meinen lieben Sohn in die Welt gesandt, dass er geboren wird wie ihr, dass er als ein Mensch lebt wie ihr, dass er euch sagt und zeigt, wie ein Leben aussieht, das mir gefällt, dass er für eure Sünde und Schuld leidet und stirbt und dass er so den Tod besiegt und euch voraus eingeht in mein ewiges Reich wohin ihr ihm folgen sollt. Eine solch einfache Rede mit einer so einfachen Botschaft war damals in Korinth keinesfalls üblich. Nur ein paar Verse vor den Worten, die wir heute bedenken, sagt Paulus: „Denn die Juden fordern Zeichen und die Griechen fragen nach Weisheit, wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis und den Griechen eine Torheit“ (1.Kor.1,22f). Um die Juden zu überzeugen, hätte Paulus Wundertaten tun müssen. Um die Griechen für die Sache Jesu Christi zu gewinnen, hätte er wohlformulierte, kluge Reden halten müssen. - Die Korinther waren Griechen! Paulus ist aber mit seiner einfachen Botschaft vom „gekreuzigten Christus“ zu den Menschen von Korinth gekommen. Das hat ihm zuerst große Angst bereitet, wie er sagt: „Und ich war bei euch in Schwachheit und in Furcht und mit großem Zittern; und mein Wort und meine Predigt geschahen nicht mit überredenden Worten menschlicher Weisheit, sondern in Erweisung des Geistes und der Kraft, damit euer Glaube nicht stehe auf Menschenweisheit, sondern auf Gottes Kraft.“ Und das Wunder ist damals geschehen: Paulus wurde verstanden! Oder sagen wir besser: Gottes Kraft und Weisheit hat sich in den einfachen Menschenworten des Apostels erwiesen und die Her- zen der Menschen von Korinth erreicht. Und dieses Wunder ist seitdem in der Geschichte des christlichen Glaubens immer wieder gescheh- en: Trotz großer Gesten und großer Worte der Rednerinnen und Redner dieser Welt, trotz Wort- geklingel und glänzender Formulierungen, trotz kluger Sprüche und trotz kunstvoll verschachtelter Sätze, die uns ein Staunen und anerkennendes Kopfnicken abringen..., die einfache Weisheit vom Gottessohn am Kreuz hat immer wieder die Herzen der Menschen berührt und die Seelen an- gesprochen - millionenfach. Liebe Gemeinde hier in .................! Dieses Wunder ist auch bei uns schon geschehen und es soll immer wieder geschehen! Es wäre gut, wenn wir Predigerinnen und Prediger dem nicht im Wege stünden, indem wir unsere eigene Weisheit predigen, unseren eigenen Ruhm suchen und mit mit der Brillianz unserer Rede blenden und so der Botschaft Gottes im Wege stehen. Menschenweisheit lenkt vom Wesentlichen ab und kann nicht retten. Die Weisheit Gottes ist einfach und leicht verständlich! Wir haben keine andere Aufgabe, als sie zu verkündigen und ihr nach Kräften den Weg zu den Herzen zu ebnen: Gott hat seinen lieben Sohn in die Welt gesandt, dass er geboren wird wie wir, dass er als ein Mensch lebt wie wir, dass er uns sagt und zeigt, wie ein Leben aussieht, das Gott gefällt, dass er für unsere Sün- de und Schuld leidet und stirbt und dass er so den Tod besiegt und uns voraus eingeht in Gottes ewiges Reich, wohin wir ihm folgen sollen. Damit das Wunder bei uns geschehen kann, dass wir die Weisheit Gottes verstehen und seine Kraft uns im Glauben ergreift, wäre es auch gut, wenn wir uns nicht mehr durch Redekunst blenden las- sen und auf Wortgeklingel hereinfallen. Schauen wir hinter die Fassade aus klangvollen Worten und unverständlichen Fremdwörtern. Achten wir auf Zeichen, die deutlich machen, dass hier eine oder einer nur den eigenen Ruhm sucht. Lassen wir uns nicht abspeisen mit der Weisheit, die nicht bis in unser Herz, allenfalls bis in unser Auge und unser Ohr reicht. Die Weisheit Gottes ist einfach. Sie hilft zu einem Leben, das Gott gefällt und in dem wir seine Kraft spüren. Wie sagt Paulus: „Denn ich hielt es für richtig, unter euch nichts zu wissen als allein Jesus Christus, den Gekreuzigten.“ Diese Weisheit ist genug für alle Menschen. AMEN