Predigt zum 8. Sonntag nach Trinitatis - 26.7.2015 Textlesung: Mt. 5, 13 - 16 Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es al- len, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke se- hen und euren Vater im Himmel preisen. Liebe Gemeinde! Was mir an diesen Versen besonders gefällt? Dass sie nicht erfüllen, was wir sonst meist erwarten, wenn von unserer Beziehung zu Gott gesprochen wird: Dass nämlich davon die Rede ist, was Gott für uns tut, wie sehr er uns liebt, wie treu er ist und wie freundlich. Salopp, in der Sprache unserer Zeit, können wir es so sagen: Wir hören nichts davon, was es bringt, an Gott zu glauben und Jesus, der hier ja zu uns spricht, als unseren Herrn anzunehmen. Nein, hier wird etwas von uns verlangt. Hier wird etwas gefordert. Wenn wir das salopp ausdrücken, klingt das so: Was bringt ihr denn für Gott und seine Sache? Was springt denn für Jesus Christus heraus, wenn ihr an ihn glaubt? Es wird hier auch nicht herumgedruckst: Wollt ihr nicht das Salz der Erde werden? Könntet ihr nicht einmal darüber nachdenken, ob ihr nicht vielleicht... „Ihr seid das Salz der Erde.“ Da gibt es kein Entrinnen! Ob wir wollen oder nicht, wir sind es! Oder wir sind keine Leute Jesu Christi und unser Glaube an ihn ist nicht echt. Aber was bedeutet es, Salz der Erde zu sein? Zuerst fällt uns ein, dass Salz ja Speisen wohlschmeckender und manchmal erst genießbar macht. So, auf diese Weise, sind wir gewiss gern Salz. Mit der zweiten Eigenschaft des Salzes allerdings ist es schon schwieriger, wenn wir sie auf unser Handeln als Christen beziehen: Salz nämlich macht haltbar, konserviert, bewahrt frisch und schützt vor Fäulnis. Vergessen wir dabei nicht, dass hier nicht an Nahrungsmittel gedacht ist, sondern an unser Verhalten gegenüber unseren Mitmenschen, besonders wenn sie Christen sein wollen. So verstanden, stellt die Aufgabe, sie „vor Fäulnis zu schützen“, doch schon einige Anforderungen! Und auch das Bewahren, wenn wir dabei an die Treue zu dem denken, woran Christen glauben, ist manchmal nicht so einfach, wenn die Mitmen- schen unserem Bemühen um ein christliches Miteinander mit Spott oder Herablassung begegnen. Schließlich - und das ist wohl in diesem Zusammenhang die wichtigste Eigenschaft - das Salz hat auch Schärfe, eine bestimmte Dosis davon, greift unsere „Geschmacksnerven“ an und kann sehr unangenehm zu schlucken sein. Aber wir wollen jetzt deutlicher von den Eigenschaften des Salzes sprechen, wie sie im Blick auf unsere Mitmenschen gemeint sind: Salz schützt vor Fäulnis und bewahrt davor, der Sache Jesu untreu zu werden. - Da muss ich daran denken, wie träge und faul manche Christen doch im Laufe ihres Lebens werden, wenn es darum geht, zu zeigen, dass sie zu Jesus Christus gehören. Vielleicht waren sie im Konfirmandenalter und ein paar Jahre danach noch sehr angetan von der Art Jesu zu leben und sich für die Schwachen, Armen und Leidenden einzusetzen. Irgendwann ist das dann aber einer gewissen Gleichgültigkeit gewichen. Sie konnten die christlichen Ideale nicht hochhalten und die Werte nicht bewahren. Im- mer häufiger haben sie die Fragen gestellt, was ihnen selbst das denn eigentlich nützt, sich für andere einzubringen und wer ihnen das denn dankt. Da wurden dann auch die Gelegenheiten seltener, bei denen sie sich um die Sorgen, Probleme und Nöte anderer gekümmert haben. Zugleich aber haben sie immer mehr darauf geachtet, dass sie selbst nicht zu kurz kommen. Hier ist es unsere Aufgabe, Salz zu sein und den Mitchristen den Spiegel vorzuhalten, dass ihnen deutlich wird, sie sind als Christinnen oder Christen, träge geworden und schläfrig, konnten nicht bewahren, was ihnen einmal wichtig war. Hier wird unser Salz gebraucht, dass sie zurückgewinnen, was sie verloren haben. Salz muss aber auch Schärfe haben. Salzschärfe - dazu fällt mir ein, dass wir die Dinge beim Na- men nennen sollen, nicht um den heißen Brei herumreden, sondern klar und deutlich sagen, was ge- sagt werden muss. Eben auch und besonders wenn es um die Christlichkeit und die Glaubensüber- zeugungen geht. Nicht nur: Meinst du nicht auch, dass deine Meinung nicht zu dem passt, was Je- sus über die Liebe zum Nächsten, auch zu Fremden, auch zu denen mit anderer Hautfarbe, niedriger Herkunft oder geringer Bildung gesagt hat. Nein, klarer, deutlicher: Was du da redest und tust ist nicht im Sinne der Nächstenliebe, die uns Jesus vorgelebt und geboten hat! Die macht nämlich keine Unterschiede zwischen den Menschen. Vor ihr sind alle gleich! Weil Jesus auch alle gleich liebt! Dass wir das richtig verstehen: Salz sein, auch mit Schärfe zu reden, heißt nicht, andere anzugrei- fen, sie zu verletzen und ihnen bewusst weh zu tun. Es heißt vielmehr, nicht hinterm Berg zu halten damit, die Wahrheit zu sagen, wie wir sie erkannt haben - und das ohne Umschweife und ohne fal- sche Zurückhaltung und doch freundlich und so, dass der Mitmensch die Wahrheit annehmen kann, ohne sein Gesicht zu verlieren. - - - Ich denke, Sie haben jetzt auch gemerkt und vielleicht als peinlich empfunden, dass doch wohl auch wir die sein können, die von den Mitchristen mit Recht auf ihre Trägheit und ihre Untreue an- gesprochen werden könnten und darauf, dass sie nicht bewahrt haben, was ihnen einmal als Jesu Nachfolgerinnen und Nachfolger wichtig gewesen ist. Wenn das so kommt, dann sollten wir genau- so reagieren, wie wir das im umgekehrten Fall von den anderen erwarten: Dass wir in uns gehen, über die Kritik nachdenken und wenn wir ihr Recht geben müssen, zurückkehren zu dem, wie wir einmal gedacht und geglaubt haben. Aber Jesus hat uns hier noch eine zweite Aufgabe gestellt: „Ihr seid das Licht der Welt.“ Auch das ist ein Bild, das deutlich mit uns spricht: Ein Licht ist nie dazu da, dass wir es verbergen, „unter ei- nen Scheffel stellen“ oder an sonst einen Ort, an dem es niemand sieht und wo es niemandem hell macht. Licht gehört dorthin, wo es die Räume und die Dinge erleuchtet. Und wenn Christen selbst Licht sein sollen, dann müssen sie dort sein, wo ihr Licht in das Dunkel der anderen Menschen hin- ein scheint und ihnen den Weg, den sie gehen können, erhellt. Wenn wir das jetzt aber persönlich nehmen, sträubt sich in uns auch hier einiges gegen diese Auf- gabe. Wer sind wir denn, dass wir für andere ein Licht sein könnten? Aber wir können uns nicht drücken und vor diesem Auftrag davonlaufen. „Ihr seid das Licht der Welt.“ Auch hier heißt das: Ob wir wollen oder nicht, wir sind es! Oder wir können uns nicht Leute Jesu Christi nennen und mit unserem Glauben an ihn ist es nicht weit her. Aber auch hier wollen wir fragen: Was bedeutet es, Licht der Welt zu sein? Erst einmal heißt das, sich nicht davor zu scheuen, gesehen, ja, manchmal vielleicht sogar beobach- tet zu werden. Einer, der Christ sein will - und eben nicht nur mit der Karteikarte im Gemeindebüro - der muss damit rechnen, dass ihn die Mitmenschen daraufhin prüfen, ob er mit seinem Denken, Reden und Handeln auch deckt, was sein Name „Christ“ verspricht. Licht zu sein, heißt darum auch, anderen Menschen und vielleicht anderen Christen als ein Vorbild zu dienen. Spätestens jetzt wird uns doch ein wenig bange: Vorbild sein? Wer sind wir, dass wir das können? Wir haben doch alle unsere Fehler und Schwächen. Wer kann denn das durchhalten, immer vor- bildlich zu sein? Mir kommen dazu zwei Gedanken: Einmal erwartet sicher niemand von uns, dass wir zu Übermen- schen werden oder zu Überchristen. Aber warum sollen wir das nicht versuchen, für andere Men- schen auch in unserer christlichen Gesinnung und dem entsprechenden Handeln beispielhaft zu sein oder zu werden. Wenn wir an diesen Auftrag Jesu, Licht zu sein, gleich mit der Entschuldigung herangehen, „wir haben doch alle Fehler und Schwächen“, dann wird es wohl nichts mit dem vor- bildlichen Verhalten. Darum: Nehmen wir die Aufgabe doch an. Es gibt auch Hilfe! Und das führt mich zum zweiten Gedanken: Vorbild sein, wie Jesus es gemeint hat, ist nichts, wo- mit wir uns selbst herausstellen. Unser Licht soll nicht uns selbst bestrahlen und es soll anderen nicht sagen: Seht her, wie christlich ich bin! Wofür und für wen wir Licht der Welt sein sollen, sagt Jesus auch: „So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und eu- ren Vater im Himmel preisen.“ Um Gottes Ruhm und Ehre geht es. Unser Licht ist von Gott und für seine Größe soll es zeugen! Und wenn wir um der Größe Gottes willen und um seinen Ruhm zu mehren, Licht und Vorbild für andere werden, dann wird uns die Kraft Gottes niemals fehlen. Er wird uns helfen, die Aufgaben, die uns Jesus heute stellt, zu erfüllen. Wir müssen nicht bange sein vor dem Auftrag Jesu: „Ihr seid das Salz der Erde. Ihr seid das Licht der Welt.“ AMEN