Predigt zum Sonntag „Exaudi“ - 17.5.2015 Textlesung: Jh. 15, 26 - 16,4 Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahr- heit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht abfallt. Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen. Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich's euch gesagt habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch. Liebe Gemeinde! Es sind ja mindestens 1900 Jahre vergangen, seit der Evangelist Johannes diese Verse aufgeschrie- ben hat. Aber ich bin doch erschrocken, wie aktuell seine Worte sind! Wohl spricht er von Verfol- gungen, wie sie die Christen in der Zeit der Bildung der ersten Christengemeinden getroffen haben. Aber - mit anderen religiösen Vorzeichen - erleben wir ähnliche Verfolgungen auch heute in eini- gen Ländern der Erde. Meist gehen sie von Terrormilizen aus, die sich auf den Islam und damit auf den Koran berufen. Ich will dabei betonen, dass ich die Ansicht der großen Mehrheit der Muslime in aller Welt teile, dass diese gewalttätigen Fundamentalisten ihre schrecklichen Untaten keinesfalls mit dem islamischen Glauben rechtfertigen können. Tatsache aber ist: Sie verfolgen und töten Christinnen und Christen allein darum, weil sie Christen, für sie also Ungläubige sind. Und damit trifft heute zu, was wir schon bei Johannes lesen können: „Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit.“ Und wenn wir im nächsten Vers für „Vater“ Gott einsetzen, dann trifft auch dieser Vers zu: „Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen.“ Gott sei Dank spielen sich die Gräueltaten an Christen, von denen immer wieder in den Medien be- richtet wird, noch nicht sehr häufig in unserer Nähe ab. Aber es braucht nicht allzu viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie das wäre, wenn wir von der Gewalt dieser verblendeten Menschen be- droht würden. Aber eigentlich möchten wir uns das gar nicht vorstellen! Liebe Gemeinde, ich will diese beängstigenden Gedanken jetzt auch nicht weiter vertiefen. Im Ge- genteil. Ich will ihnen ein wenig die Schärfe und den Schrecken nehmen und Sie und mich einmal nur das fragen: Halten wir denn wenigstens Stand, wenn einer unseren Christenglauben in Zweifel oder in den Dreck zieht? Wie reagieren wir, wenn z.B. einer von uns wissen will, ob wir wirklich an so etwas „Unrealistisches“, an so ein „Märchen“ wie die Auferstehung der Toten glauben? Was sagen wir dem, der Witze über Dinge macht, die uns heilig sind oder dem, der ganz unverblümt Gott oder Jesus Christus verspottet? Wenden wir uns nur ab, ohne ein Wort zu entgegnen? Tun wir so als hätten wir nicht gehört, was einer doch laut genug gesagt hat? Oder versuchen wir die richtigen Worte zu finden, um den An- griff auf unseren Glauben abzuwehren? Und weisen wir den Spötter zurecht, der sich über Gott und seinen Sohn, unseren Herrn, lustig macht? Mir scheint es so, als würde es uns in dieser Zeit immer leichter werden, den Fragen nach unserem Glauben auszuweichen, über die Witze der Spötter hinwegzuhören und die Angriffe auf das, was uns heilig ist, zu ignorieren. Aber was ist denn unserer Gesellschaft heute überhaupt noch heilig? Der Sonntag? Die christlichen Feiertage? Auch wenn es noch im Grundgesetz steht, dass der siebte Tag arbeitsfrei sein und der seelischen Erhebung dienen soll, wie oft - etwa in großen Städten, in der Adventszeit - wurde der freie Sonntag schon zum Einkaufstag erklärt und damit auf dem Altar des Gottes Mammon geop- fert? Oder denken wir an den Karfreitag, den Todestag des Herrn der Christen, an dem er für die Schuld aller Menschen ans Kreuz geht und uns den Weg zum Vater und zum Ewigen Leben eröffnet. - Wie sagte der junge Mann neulich im Radio, als er gefragt wurde, was ihm zum Karfreitag einfällt? Ihn störe doch gewaltig, dass die Disco am Karfreitag geschlossen ist und an diesem Tag Tanzverbot gilt. Was ihn denn der christliche Hintergrund des Karfreitag anginge? - Der Rundfunkreporter hat dann zurückgefragt: Ob er denn nicht konfirmiert wäre? Doch, war die Antwort, aber das wäre lange her! Nun ist das ja noch einigermaßen weit weg von uns: Wir gehen ja nicht zum sonntäglichen Einkauf in der Adventszeit. Und wenn da einer etwas im Radio sagt, was sollen wir dem denn erwidern und wie können wir ihn überhaupt erreichen? Aber die Sonntagsheiligung wird auch ganz in unserer Nähe gebrochen: Von unserer Wohnung nur ein paar Häuser weiter läuft vielleicht am Sonntagmorgen schon die Betonmischmaschine. Oder wir sind auf dem Weg zur Kirche vorhin vielleicht an einem Haus vorbeigekommen, vor dem ein Mann fast demonstrativ sein Auto schamponiert hat. - Zu solchen Dingen könnten wir schon ein- mal in aller Freundlichkeit ein Wort sagen! - Aber, tun wir’s? Aber sprechen wir noch einmal darüber, wenn Mitmenschen unseren Glauben verunglimpfen und Gott ins Lächerliche ziehen. Ist Ihnen das noch nie passiert, dass einer Sie so angesprochen hat: „Wenn du immer wieder in die Kirche rennst, dann ist das doch reine Zeitverschwendung. Da oben ist keiner!“ Oder so: „Alles, was in der Bibel steht, ist doch gelogen!“ Oder auch so: „Ihr Christen seid für mich doch alle arme Irre!“ Und noch ganz andere Angriffe werden gegen unseren Glauben vorgetragen und oft sehr deftige Witze über unseren Gott erzählt. - Ich bin sicher, wir wollten dann ja gern etwas entgegnen. Das lässt uns doch nicht kalt, wenn andere so reden und lose Sprüche ma- chen. Aber es gelingt uns halt nicht. Bevor wir den Mund aufmachen, denken wir schon: Das hat ja doch keinen Zweck oder bei dem oder der geht sowieso nichts ein. Übrigens: Manchmal, wenn wir die Menschen im Hintergrund solcher üblen Witze und losen Sprü- che nur genauer kennen, können wir vielleicht sogar verstehen, warum sie so reden. Denn das gibt ja es auch, dass einem ein ganz schlimmes Schicksal auferlegt wurde. Oft ist ihm dann Gott in sei- nem Leben ganz dunkel geworden und er hat die Beziehung zu ihm verloren. Wenn man verzwei- felt und ganz unten ist, dann kommen einem schon einmal Worte in den Sinn, die Gott verhöhnen und die Menschen verletzen sollen, die an ihn glauben. Aber solche Worte sind dann verständlich und die Verzweiflung hält, so Gott will, nicht ein Leben lang an - weil sich ein schweres Schicksal ja auch wieder einmal wendet. Bei den anderen, die aus bloßer Lust daran, uns zu provozieren, ihre Witze und Sprüche machen, ist es anders. Hier wollten wir und müssten wir etwas erwidern - können es aber oft nicht. Aber ich glaube, der erste Vers der Worte Jesu, die wir vorhin gehört haben, kann uns da helfen: „Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir.“ Liebe Gemeinde, das griechische Wort für „Tröster“ kann auch mit „Beistand“ oder „Helfer“ über- setzt werden. Ich finde, da wird noch deutlicher, wen Jesus seinen Leuten, also auch uns, senden will, wenn wir in die Lage kommen, dass wir Zeugnis für ihn und unseren Glauben ablegen müs- sen. Und so kurz vor Pfingsten kommt uns ja auch wie von selbst der Name des „Trösters“ in den Sinn, der uns sicher am geläufigsten ist: Heiliger Geist. Ihn will und wird Jesus uns schicken, wenn wir beim nächsten Mal spüren: Was da einer Abschätziges über Gott gesagt hat, können wir nicht so stehen lassen. Dann werden wir vielmehr den Mund aufmachen und dem Spötter höflich aber bestimmt unsere Meinung über das, was er gesagt hat, mitteilen. Und wenn einer uns nach unserem Glauben an die Auferstehung fragt oder an die Wunder, die Jesus getan hat, dann werden wir auch dazu unsere Ansicht nicht hinterm Berg halten. Schließlich werden wir uns da einmischen, wo über die verkaufsoffenen Sonntage diskutiert wird oder irgendwo anders die christlichen Werte mit Fü- ßen getreten werden. Vielleicht denkt manche und mancher von uns jetzt so: Was ist, wenn der Beistand mich dann im Stich lässt? Was ist, wenn ich dann doch auf mich allein gestellt bin und mir die Argumente ausge- hen oder ich die rechte Überzeugungskraft nicht aufbringe? Dazu fällt mir zweierlei ein: Einmal sollten wir nicht meinen, wir müssten künftig auf Spott oder dumme Sprüche unbedingt reagieren. Wenn wir dabei ohne eigene Überzeugung reden, dann wird es auch nicht überzeugend werden. Und das zweite ist dies: Es ist mit dem Beistand des Heiligen Geistes so wie mit dem Schwimmen: Erst wer sich ins Wasser begibt, erfährt, dass er schwimmen kann. Erst wer auf den Beistand vertraut, bekommt seine Hilfe! AMEN