Predigt zum 1. Advent - 30.11.2014 Textlesung: Mt. 21, 1 - 9 Als sie nun in die Nähe von Jerusalem kamen, nach Betfage an den Ölberg, sandte Jesus zwei Jün- ger voraus und sprach zu ihnen: Geht hin in das Dorf, das vor euch liegt, und gleich werdet ihr ei- ne Eselin angebunden finden und ein Füllen bei ihr; bindet sie los und führt sie zu mir! Und wenn euch jemand etwas sagen wird, so sprecht: Der Herr bedarf ihrer. Sogleich wird er sie euch über- lassen. Das geschah aber, damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten, der da spricht (Sacharja 9,9): „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.“ Die Jünger gingen hin und taten, wie ihnen Jesus befohlen hatte, und brachten die Eselin und das Füllen und legten ihre Kleider da- rauf, und er setzte sich darauf. Aber eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; an- dere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm vo- ranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Na- men des Herrn! Hosianna in der Höhe! Liebe Gemeinde! Wir stehen heute gleich dreifach am Beginn. Heute fängt ein neues Jahr der Kirche an. Außerdem liegt die schöne Zeit des Advents vor uns. Und schließlich beginnt mit dem Advent eine Bußzeit, die erst an Weihnachten endet. Allen drei Anfängen wollen wir heute nachdenken. Ein neues Jahr der Kirche beginnt! - Mir gefällt das immer wieder gut, dass die Zeiten im Jahr und die Themen, die in diesen Zeiten dran sind, wechseln. Gerade noch haben wir an den Gräbern unse- rer Lieben gestanden. Wir waren traurig und haben vielleicht geweint. Mit dem 1. Advent aber geht es auf ein frohes Fest zu. Statt Tod und Abschied feiern wir bald die Geburt unseres Herrn und da- mit den Tag, an dem Gott selbst in unsere Welt kommt und in Gestalt eines Menschen nach seinen Menschen sieht und ihnen damit Zuversicht und Hoffnung schenkt. Danach ist die Passionszeit die nächste Station, wenn unser Herr am Kreuz unsere Erlösung von Sünde, Tod und Teufel vollbringt. Mit seiner Auferstehung an Ostern legt er dann den Grund für unseren Glauben. An Himmelfahrt fährt er dorthin auf, wo sein und unser himmlischer Vater ihm den Platz an seiner Seite bereitet hat. Dass wir nicht allein zurückbleiben und eine Hilfe bekommen, den Glauben festzuhalten, schickt er uns an Pfingsten den Heiligen Geist. Schließlich gedenken wir am Ewigkeitssonntag wieder unserer Verstorbenen - was wir mit den guten Gedanken des Kirchenjahres von Weihnachten bis Pfingsten aber ganz getrost tun können: Denn aus dem Tod entsteht neues Leben! Und nach dem Totensonntag kommt bald wieder der schöne, besinnliche Advent, die Zeit auf das Christfest hin. Aber bleiben wir jetzt noch etwas beim heutigen Tag, beim Beginn des Advents. - Passt denn die Geschichte, die wir eben gelesen haben dazu? Wir hören vom Einzug Jesu in Jerusalem. Ein- zug...das hat schon auch etwas mit Anfang zu tun. Es ist auch der Tag, an dem Jesus mit einem Zeichen offenbart, wer er ist: „Sagt der Tochter Zion: Siehe, dein König kommt zu dir sanftmütig und reitet auf einem Esel und auf einem Füllen, dem Jungen eines Lasttiers.“ Was das bedeutete, wussten in Jerusalem viele Menschen, besonders die Pharisäer und Schriftgelehrten und alle, die ein wenig jüdisch-religiöse Bildung hatten: So hatte es der Prophet Sacharja geweissagt, viele hun- dert Jahre vorher. So würde der Messias, ein Abkömmling des großen Königs David, in seine Hauptstadt einreiten. Und die Menschen von Jerusalem zeigen, dass sie das Zeichen verstanden haben: „...eine sehr gro- ße Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg.“ Deutlicher als damit, dass man seine Kleider vor die Füße eines Menschen brei- tete, konnte man seine Hochachtung und Freude wohl kaum ausdrücken! Auch wer Zweige auf den Weg streut, will sagen, wie sehr er den Menschen schätzt, der darüber hin läuft oder reitet. So be- grüßt man einen König! Aber ob sie die ganze Botschaft verstanden haben, die ihnen Jesus sagen will, wenn er so in Jerusalem einzieht? Und wenn sie verstehen, ob sie diese Botschaft werden er- tragen können? Denn der da auf dem Esel sitzt ist nicht der König, für den sie ihn halten. Er will es nicht sein. Sonst hätte er ein Pferd für seinen ersten Auftritt in Jerusalem gewählt. Und er hätte sich auch nicht mit dieser ärmlichen Schar seiner Jünger umgeben, sondern mit einigen bewaffneten Soldaten. Und wir wissen es ja: Viele wird er enttäuschen. Er ist und wird kein König sein, wie sie ihn erwarten, nur ein sanftmütiger Mann auf einem Esel, der nicht weltliche Macht sucht, der nicht die Augen blenden, sondern die Herzen der Menschen gewinnen will. Durch die Jahrhunderte hindurch bis heute ist das die Frage, die uns dieser Mann auf dem Esel stellt: Nehmt ihr mich an, so wie ich bin? Könnt ihr mich ertragen als einen, der keine Macht hat und keine Gewalt übt? Der euch nur mit Liebe begegnet und euch mit dieser Liebe verwandeln will: In Menschen, die sanftmütig sind. Die andere Menschen, auch die, die ihnen nicht gefallen, lieben und ihnen nach Kräften helfen und dienen. Die mit jedermann Frieden halten und das Gute wollen. Die mit denen teilen, die nicht genug zum Leben haben. Die auch einmal zurückstecken können und sich darüber freuen, wenn andere Erfolg haben. Die sich nicht um ihr Leben sorgen, weil sie wissen, dass sie in Gottes gütigen Händen geborgen sind. Aber ist dieser 1. Advent nun auch der Anfang einer Bußzeit? Und wo finden wir diesen Gedanken in der Geschichte vom Einzug in Jerusalem? Liebe Gemeinde, Buße, das wissen wir, heißt Umkehr. Und über Umkehr haben wir eben schon ge- sprochen! Ich meine das: Viele Menschen von Jerusalem, die Jesus wie einen König empfangen haben, sind umgekehrt. Sie haben verlassen, was sie erwartet hatten und begriffen: Dieser Jesus ist anders als wir es uns vorgestellt haben - und sie konnten ihn trotzdem als ihren Heiland annehmen, als den König...über ihre Herzen. Sie sind bei der Hochachtung geblieben, die sie zeigten, als sie Kleider und Zweige auf seinen Weg gelegt haben. Vielleicht waren sie erst ja auch ein wenig ent- täuscht, aber sie haben sich doch von diesem sanftmütigen König anstecken lassen: Von seiner Lie- be, von seiner Güte und seinem Erbarmen, zum Teilen und zum Frieden und zum Glauben an sei- nen Vater im Himmel. Zu solcher Umkehr sollen auch wir in der Adventszeit finden. Weg von den großen Erwartungen, dass Jesus unser Leben machtvoll umkrempelt. Dass er mit starker Hand in unser Leben eingreift und all unsere Versäumnisse ungeschehen und unsere Fehler und ihre Folgen wieder gut macht. Das wird er nicht für uns tun. Aber er wird uns zeigen, wo wir etwas versäumt und falsch gemacht haben. Und er wird uns helfen, unser Leben in Ordnung zu bringen und uns auf dem Weg dahin mit seiner Liebe, seiner Vergebung und seinem Zuspruch begleiten. Mit ihm an unserer Seite können dann auch wir den anderen Menschen sanftmütig und mit Liebe begegnen, auch denen, die uns nicht gefallen. Wir können ihnen nach Kräften helfen und dienen, mit jedermann Frieden halten und dem Guten nachstreben. Auch mit anderen zu teilen, die selbst nicht genug zum Leben haben, werden wir bei ihm lernen und zurückzustecken und uns zu freuen, wenn andere Erfolg haben. Und wir werden uns nicht mehr um unser Leben sorgen, weil wir wissen, dass wir in den gütigen Hän- den unseres himmlischen Vaters geborgen sind. Aber wir fragen uns jetzt, wie das alles gelingen kann? Was hilft uns dabei, dass heute für uns nicht nur das Kirchenjahr und die Adventszeit beginnt, sondern auch eine Zeit der Buße, der Umkehr, in der unser Leben neu wird, eine andere Ausrichtung bekommt und so werden kann, dass wirklich wahr wird, was der Wochenspruch zu diesem Sonntag verspricht: „Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.“ Wie bereiten wir seinen Advent bei uns vor, Advent heißt ja An- kunft? Wie kann er wirklich bei uns ankommen? Wie haben es damals die Menschen von Jerusalem gemacht? „Die Menge aber, die ihm voranging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!“ Mit dem Hosianna schreien, haben wir’s sicher nicht so. Aber „vo- rangehen“ und „nachfolgen“, das können wir auch. Überhaupt seine Nähe suchen, nach ihm sehen, auf ihn hören... Das können wir. Dabei war die Geschichte heute, von seinem Einzug in Jerusalem, schon ein Anfang im Hinsehen und Hinhören. Wenn wir wieder einmal weiter in den Evangelien lesen, dann werden wir noch mehr entdecken oder wiederentdecken, was uns das Wesen unseres Heilands Jesus Christus näher bringt und unsere Freude daran weckt, ihm nachzufolgen. Seine Nähe zu suchen - und zu finden! - ist noch viel einfacher: Wir müssen nur die Hände falten und eine Weile still sein. Dann dürfen wir ihm alles sagen, was uns bedrückt, auch die geheimsten Dinge. Er weiß davon ja ohnehin. Und er wird auf seine Weise antworten und uns damit zeigen, dass er uns aufmerksam zugehört hat. Ich glaube, solch ein Gebet ist mindestens ebenso gut wie ein lautes Hosianna! - Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Advent! AMEN