Predigt am Sonntag „Jubilate“ - 29.4.2007 Textlesung: 1. Mose 1, 1 - 4a. 26 - 31; 2, 1 - 4 Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser. Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei, die da herrschen über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alle Tiere des Feldes und über alles Gewürm, das auf Erden kriecht. Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Weib. Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht. Und Gott sprach: Sehet da, ich habe euch gegeben alle Pflanzen, die Samen bringen, auf der ganzen Erde, und alle Bäume mit Früchten, die Samen bringen, zu eurer Speise. Aber allen Tieren auf Erden und allen Vögeln unter dem Himmel und al- lem Gewürm, das auf Erden lebt, habe ich alles grüne Kraut zur Nahrung gegeben. Und es geschah so. Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Da ward aus Abend und Morgen der sechste Tag. So wurden vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. Und so vollendete Gott am siebenten Tage seine Werke, die er machte, und ruhte am siebenten Tage von allen seinen Werken, die er gemacht hatte. Und Gott segnete den siebenten Tag und heiligte ihn, weil er an ihm ruhte von allen seinen Werken, die Gott geschaffen und gemacht hatte. So sind Himmel und Erde geworden, als sie geschaffen wurden. Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. Liebe Gemeinde! Es ist der Geist dieser Worte, der mich immer wieder anrührt und es sind nicht die Ereignisse, die erzählt werden, nicht die Reihenfolge der Schöpfungswerke, nicht die Dinge, die Pflanzen und Tie- re und wie sie geschaffen wurden ... Darüber wird immer wieder nur gestritten: Ob wir denn - wie hier beschrieben - nur Pflanzen und Früchte essen sollen und dürfen? Ob wir das wissenschaftlich heute nicht besser wissen und endlich die „Sieben Tage der Schöpfung“ ins Reich der Fabel ver- weisen müssen. Ob wir schließlich überhaupt noch Gott als Schöpfer und ersten Anstoß allen Le- bens und der Zeitläufe glauben können. Diese Weise an diese uralte Geschichte heranzugehen, sucht die Wahrheit in den Buchstaben und Wörtern. Dort aber ist sie nicht. Wir entdecken sie erst, wenn wir den Geist dieser Geschichte wahrnehmen, das ewige Wort Gottes in den Wörtern hören, das Zeugnis des Glaubens in ihnen er- kennen. - So viel zuvor. Ob wir einmal versuchen, nur diesen Geist in dieser Geschichte sprechen zu lassen? Vielleicht würde sich das so anhören: Gott hat unsere Welt gewollt und für uns Menschen bewohnbar geschaffen und ihr eine Ordnung gegeben. Wir sind nach seinem Bild gemacht. Frau und Mann sind vor ihm von gleichem Recht und gleicher Würde. Sein Segen ruht auf uns Menschen. Sein Auftrag an uns heißt: Die Erde in Besitz zu nehmen, über sie zu herrschen und sie zu bewahren für Menschen und Tiere - auch die nach uns kommen - nach seiner guten Ordnung. Dieser Auftrag verlangt nicht nur unseren Einsatz und unsere Arbeit - wir haben auch einen Tag der Ruhe und der Besinnung geschenkt bekommen, an dem Gott uns neue Kräfte aus seinem Wort geben und den Segen über uns erneuern will. Das ist nun nicht einmal mehr ein Drittel des Umfangs der ursprünglichen Geschichte, über die wir heute nachdenken sollen. Aber ich finde, alles wirklich Wesentliche ist enthalten. Lassen sie uns jetzt diesen Gedanken und damit sozusagen dem Geist der Geschichte nachdenken und sie in unser Leben hineinsagen: Dass unsere Welt eine gute Ordnung hat, dass die Natur in Sommer und Winter, Tag und Nacht, Werden und Vergehen wunderbare Dinge, Pflanzen, Tiere, Schönheit und Farbe hervorbringt, kön- nen wir immer noch täglich beobachten. Und es fällt uns leicht, dahinter das Walten eines gütigen Gottes zu erkennen. Schwerer fiele es, das alles dem Zufall oder einem seelenlosen, unpersönlichen Gesetz zuzuschreiben. Wir Christinnen und Christen sehen darin aber noch mehr: Es ist ein Vater über uns, der uns das alles in Liebe und Fürsorge zum Geschenk macht, was die Erde und die Natur uns gibt. Und selbst die Störung der Ordnung, der Wandel des Klimas, die Gefährdung der Meere, der Luft und des Ackerbodens, die wir in dieser Zeit beklagen, machen es nur um so deutlicher: Wir gut und dem Leben von uns Menschen förderlich alles einmal eingerichtet war! So können wir nur bestätigen, was wir hier lesen: Und Gott sah an alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut. Nach Gottes Bild sind wir geschaffen - als Mann und Frau. Mir fällt dabei immer zuerst die Liebe ein, die uns Gott ähnlich macht. Tiere können nicht lieben. Auch wenn es so aussehen mag, wenn wir ihnen unsere Zuneigung entgegen bringen, unser Hund, unsere Katze antworten nur auf das, was wir ihnen an Freundlichkeit oder Nahrungsangeboten geben - selbstlos lieben können sie nicht. Vielleicht kann man es ja so sagen: Gott ist die Liebe - wir sind sein Bild dadurch, dass auch wir zur Liebe fähig sind, die nichts fordert, nichts für sich haben will, keinen Zweck verfolgt ... Dazu hat Gott uns in die Gemeinschaft mit anderen hineingeschaffen: Dass wir die Liebe üben, wie er sie zu uns hat. Und darum hat Gott uns als Mann oder als Frau gemacht, dass uns die (geschlechtliche) Anziehung, die wir gegenseitig empfinden, zueinander führt und wir durch sie leichter die Liebe lernen. Gottes Segen ruht auf uns. Es gibt diesen Halt, diese feste Zusage Gottes an uns, von der wir immer ausgehen können. Wenn uns die Schöpfungstage zu fern erscheinen, dieser Zusage zu vertrauen, dann schauen wir an den Anfang unseres Lebens, an dem uns in der Taufe der bleibende, unser ganzes Leben begleitende Segen Gottes versprochen worden ist. Aus diesem Segen können wir nicht fallen. Gott ist treu und jeden Morgen neu geht sein Segen über uns auf wie seine Sonne. Wir haben einen Auftrag von Gott. War dieser Auftrag in der Schöpfungsgeschichte noch, die Erde zu füllen und über die Tiere zu herrschen, so ist er heute vielseitiger, persönlicher auch: Jeder Mensch soll dort, wo er im Leben steht, mit seinen Gaben und mit dem, was er daraus gemacht hat, Gott und den Menschen dienen. Dieser Dienst soll die Liebe zum Maßstab haben, also das Wohl der Nächsten, die Gerechtigkeit der Verhältnisse, die Würde und die Lebensmöglichkeiten aller im Auge behalten. Dort wo auf der Armut anderer eigener Reichtum gebaut wird, wo aus dem Unglück oder der Unterdrückung von Mitmenschen Kapital oder Vorteile gezogen werden, ist keine Liebe. Darum kann dort nicht unser Platz sein. Schließlich hat Gott uns den siebten Tag gegeben, den Tag der Ruhe, der Besinnung und den Tag, an dem wir uns vor ihm versammeln und besonders aufmerksam auf sein Wort hören. Und wir brauchen diesen regelmäßigen Halt, an dem wir zu uns und zu Gott kommen. Wenn unser Glaube nicht immer wieder neue Nahrung bekommt, stirbt er am Hunger. Wenn unser Vertrauen nicht im- mer aufs Neue gestärkt wird, verkümmert es. Wenn unsere Liebe nicht an der Quelle aller Liebe trinken darf, muss sie verdursten. Wer ohne Besinnung durch ein Leben voller Arbeit oder voll Kurzweil und Zerstreuung taumelt, verliert die Richtung. Es gibt an allen diesen Dingen keinen Vorrat, der all die Jahre unseres Lebens halten könnte. Täglich neu muss uns die Liebe zugespro- chen werden. Dass wir wenigstens einmal in der Woche bei Gott, dem Ursprung des Segens und der Liebe neue Kräfte sammeln können, dazu hat er uns den siebten Tag geschenkt. Liebe Gemeinde, ich denke, das alles beschreibt den Geist, der die uralte Geschichte durchweht, die wir heute bedacht haben. Und es sind wichtige, wesentliche Gedanken, die er uns vermitteln will. So gelesen, kann uns auch die Schöpfungsgeschichte mit ihren vielleicht an manchen Stellen fragwürdigen und heute nur schwer nachvollziehbaren Gedanken, zu einem Leben helfen, wie Gott es gemeint hat und wie es seinem Willen entspricht: Die Welt hat eine gute Ordnung und sie zu bewahren ist unsere Aufgabe. Jeder Mensch ist ein Ge- schöpf Gottes, das Bild seiner Liebe und er trägt sein Antlitz. Beide, Mann und Frau, sind der Mensch, den Gott geschaffen hat, gleich geliebt, gleichen Rechts und gleicher Würde. Wir sind Ge- segnete Gottes, wir beginnen und beschließen unser Leben auf dieser Erde unter Gottes Fürsorge. Unser Auftrag lautet: Alles, was wir sind, können und haben in den Dienst der Liebe zu Gott und den Menschen zu stellen. Schließlich begleitet Gottes Segen und seine Liebe auch unser Leben: Je- den Tag neu und an jedem Sonntag bietet uns Gott die Ruhe, die Besinnung, das Hören und die Hilfe seines Wortes an uns - so wie heute. AMEN