Predigt zum Sonntag "Exaudi" - 28.5.2006 Textlesung: Jer. 31, 31 - 34 Siehe, es kommt die Zeit, spricht der HERR, da will ich mit dem Hause Israel und mit dem Hause Juda einen neuen Bund schließen, nicht wie der Bund gewesen ist, den ich mit ihren Vätern schloß, als ich sie bei der Hand nahm, um sie aus Ägyptenland zu führen, ein Bund, den sie nicht gehalten haben, ob ich gleich ihr Herr war, spricht der HERR; sondern das soll der Bund sein, den ich mit dem Hause Israel schließen will nach dieser Zeit, spricht der HERR: Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein. Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: "Erkenne den HERRN", sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken. Liebe Gemeinde! Mit Israel und Juda hat Gott den "alten Bund" geschlossen. Den haben sie gebrochen. Aber Gott wollte und will einen neuen Bund mit seinen Menschen schließen. Ob der Bestand haben wird? Aber was ist das überhaupt: Der alte Bund? - Wir wollen jetzt nicht die Geschichte Gottes mit seinem Volk von Abraham bis Johannes dem Täufer betrachten. Das ist auch nicht nötig. Denn wir kennen den Charakter der Beziehung zwischen Gott und Israel. Immer hat das Gesetz diese Bezie- hung regiert. Von den 10 Geboten mit ihrem "Du sollst keine anderen Götter haben neben mir!", über die Thora, die fünf Bücher Mose mit ihren einigen Hundert Einzelvorschriften, bis hin zum Ruf des Täufers am Jordan: "Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen!" Immer galt das Gesetz. Dann kam Jesus und erfüllte es. Nicht dass er es außer Kraft gesetzt hätte. Aber er zeigte mit seinem Leben und Sterben, dass es noch etwas anderes gibt: Die Liebe, die Vergebung, den Neuanfang vor Gott - auch wenn wir das Gesetz gebrochen haben und immer wieder brechen. Das ist der "neue Bund"! Jetzt verstehen wir auch, was der Prophet hier verheißt: "Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben und in ihren Sinn schreiben, und sie sollen mein Volk sein, und ich will ihr Gott sein." Als Christen können wir das nicht anders sehen, als dass dieser neue Bund Gottes mit Jesus angefangen hat. Mit ihm hat Gott auch sein neues Gesetz in unser Herz geschrieben und wir können es da lesen. Da steht in tiefroten Buchstaben: Ich, dein Herr und Gott, liebe dich von deinem ersten Atemzug an. Ich habe dich geschaffen. Ich habe dir all die guten Gaben deines Lebens mitgegeben. Deine Tal- ente - von mir hast du sie. Deine Güter - ich habe sie dir geschenkt. Die Zuneigung, die dir andere entgegenbringen - der Widerschein meiner Liebe auch zu deinen Mitmenschen. Nichts, was du bist oder hast ist von dir selbst - alles ist mein und bleibt mein - du darfst es aber gebrauchen, nutzen, genießen und dich daran freuen. Du wirst auch immer wieder Dinge tun, die mir nicht gefallen. Auch Böses ist ja in dir, wie in allen Menschen. Immer wieder wirst du dich auch auflehnen gegen meinen Willen und wirst den Weg verlassen, auf dem ich dir vorausgehe. Dafür habe ich meinen Sohn Jesus Christus in die Welt gesandt, dass er für alle Schuld, die immer wieder aus diesem Bösen erwächst, leidet und sein Leben lässt. So hat er auch deine Schuld ans Kreuz von Golgatha getragen. Durch seinen Tod zeige ich dir meine Liebe. Durch ihn kommt alles zwischen uns wieder in Ordnung. So kann dich meine Liebe dein ganzes Leben lang begleiten und hört auch dann nicht auf, wenn du von dieser Welt Abschied nehmen wirst. Wie ich meinen Sohn heimgeholt habe in meine ewige Welt, so will ich auch dich zu mir holen: Du wirst nicht im Tod bleiben, du sollst auf- erstehen und ewig bei mir sein! Du bist mein Kind und ich bin dein Vater. Nur eines ist nötig: Ver- lass dich auf deinen Bruder Jesus Christus, auf nichts und niemand sonst. Er ist der neue Bund, den ich mit dir schließe! Glaube an ihn, vertraue ihm, dann wirst du das Leben finden - hier und ewig. Liebe Gemeinde, das könnten die Worte sein, die Gott in unser Herz geschrieben hat. Wenn wir sie lesen, dann werden wir auch diese Gedanken verstehen: "Und es wird keiner den andern noch ein Bruder den andern lehren und sagen: "Erkenne den HERRN", sondern sie sollen mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken." Der "alte Bund" war nicht nur vom Gesetz geprägt, sondern auch davon, dass die Menschen Priester hatten und brauchten, die ihnen den Willen und die Gebote Gottes gedeutet haben. Auch damit ist es seit Jesus Christus vorbei! Alle, Groß und Klein, Alt und Jung, Gebildet im Sinne der Welt oder ungebildet, reich oder arm, Frau oder Mann, jede und jeder kann nun im eigenen Herzen nachsehen, wie groß die Liebe Gottes ist und wie gering das, was er von seinen Menschen fordert: Glaubt an meinen Sohn Jesus Christus! Dass wir keine "Priester" mehr brauchen, dass also niemand mehr zwischen uns und unserem Gott steht, der vermitteln müsste, das ist mir mindestens ebenso wichtig wie das andere: Dass alles Ge- setz in Jesus erfüllt ist. Aber wir - auch wir evangelischen Christen! - sind noch weit davon ent- fernt, dass wir die Gleichheit vor Gott, die keinen besonderen priesterlichen Stand kennt, in un- serem Alltag wirklich leben. Und da denke ich - und sie gewiss auch - zuerst an unser Verhältnis als Gemeindeglied zu unserem Pfarrer oder der Pfarrerin. Es ist ein Missverständnis, zumindest für uns Evangelische, wenn wir diese Amtsträger als Geistliche bezeichnen oder gar als Priester der Gemeinde. Sie sind nach unserem Verständnis genau so "geistlich" wie alle anderen, die an Jesus Christus glauben. Und der einzige Hohepriester den wir kennen, ist der Herr Jesus Christus, der sein Leben für uns geopfert hat. Unsere Pfarrerinnen und Pfarrer sollen wie gute Hirten die Herde Gottes pflegen, führen, ihnen die fette Weide zeigen und sie zum frischen Wasser geleiten. Bei alledem haben sie nur Aufgaben, die auch jede andere Christin und jeder andere Christ erfüllen kann. Wir wissen ja, dass jeder Getaufte im Falle der Not, wenn keiner da ist, der besonders dafür ausgebildet wurde, taufen und das Abendmahl reichen darf. Allerdings ist es sicher gut, wenn man das zuerst denen überlässt, die es besonders gelernt haben und es darum angemessen und würdig tun können. Aber das ist auch gar nicht die wichtigste Frage. Viel wichtiger ist, dass Gott mit seinem neuen Bund jede und jeden einzeln anspricht und einladen will, eine Entscheidung zu treffen. Er tut das eben nicht über einen "Priester". Die Entscheidung kann uns vielmehr kein anderer abnehmen. Sie betrifft nur uns und unseren Gott. Sie ist eine Sache nur zwischen ihm und mir. Wie ich mich auch entscheide, ich kann niemals sagen, die Antwort wäre mir von einem anderen vorgegeben gewesen, nahe gelegt oder gar aufgedrängt worden. Ich allein entscheide - und ich allein trage die Verantwortung dafür. Um noch einmal das Bild vom Hirten oder der Hirtin der Gemeinde aufzunehmen: Sie zeigen mir nur einen Weg, ob ich ihn gehe ist meine Entscheidung. Sie bieten mir nur das Brot an, ob ich davon esse, muss ich selbst wissen. Und das Wasser, zu dem sie mich leiten, muss ich selbst trinken. Und nicht anders ist es in jedem Verhältnis zu anderen Menschen - und wenn es die engsten Verwandten und unsere Liebsten aus der Familie wären: Keiner steht für den anderen, wenn es um die Entscheidung des Glaubens geht. Niemand kann uns die Verantwortung von Ja oder Nein zu Jesus Christus abnehmen. Gottes neuer Bund richtet sich an mündige, selbstverantwortliche Menschen. Liebe Gemeinde, was sich nun fast ein wenig bedrohlich anhört, ist eigentlich die wunderbare Frei- heit von uns Christenmenschen! Denn wir wollen doch frei sein. Kinder haben vielleicht noch gern einen Menschen, dem sie die Entscheidungen überlassen und die Verantwortung dafür. Aber doch nicht wir Erwachsene! Und außerdem, es gilt eben im neuen Bund Gottes auch noch das: "Sie sol- len mich alle erkennen, beide, klein und groß, spricht der HERR; denn ich will ihnen ihre Missetat vergeben und ihrer Sünde nimmermehr gedenken." Keiner von uns wird für immer auf seine vielleicht falsche Entscheidung festgelegt! Wer vom Weg abgeirrt ist, der darf auch zurückfinden - ja, der gute Hirte sucht sogar nach ihm! Wer die rechte Weide verschmäht, bekommt immer wieder die Möglichkeit, zurückzukehren. Und wer das lebendige Wasser verachtet, dem zeigt Gott immer wieder in seinem Leben die Stellen, an denen er sich neu daran satt trinken kann. Alles ist noch offen. Jeder Tag bringt neue Gelegenheiten, es mit dem zu versuchen, was Gott jedem und jeder ins Herz geschrieben hat: Ich habe meinen Sohn Jesus Christus in die Welt ge- sandt, dass er für deine Schuld leidet und sein Leben lässt. Er hat auch deinen Schuldschein ans Kreuz von Golgatha geheftet. Durch seinen Tod zeige ich dir meine Liebe. Durch ihn kommt alles zwischen uns wieder in Ordnung. So kann dich meine Liebe dein ganzes Leben lang begleiten und hört auch dann nicht auf, wenn du von dieser Welt Abschied nehmen wirst. Wie ich meinen Sohn heimgeholt habe in meine ewige Welt, so will ich auch dich zu mir holen: Du wirst nicht im Tod bleiben, du sollst auferstehen und ewig bei mir sein! Du bist mein Kind und ich bin dein Vater. Nur eines ist nötig: Verlass dich auf deinen Bruder Jesus Christus, auf nichts und niemand sonst. Er ist der neue Bund, den ich mit dir schließe! Glaube an ihn, vertraue ihm, dann wirst du das Leben fin- den - hier und ewig. AMEN