Predigt zum Sonntag "Reminiszere" - 20.2.2005 Textlesung: Mt. 12, 38 - 42 Da fingen einige von den Schriftgelehrten und Pharisäern an und sprachen zu ihm: Meister, wir möchten gern ein Zeichen von dir sehen. Und er antwortete und sprach zu ihnen: Ein böses und ab- trünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jona. Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fi- sches war, so wird der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein. Die Leute von Ninive werden auftreten beim Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und werden es verdammen; denn sie taten Buße nach der Predigt des Jona. Und siehe, hier ist mehr als Jona. Die Königin vom Süden wird auftreten beim Jüngsten Gericht mit diesem Geschlecht und wird es ver- dammen; denn sie kam vom Ende der Erde, um Salomos Weisheit zu hören. Und siehe, hier ist mehr als Salomo. Liebe Gemeinde! Das geht einem beim ersten Lesen nicht gleich auf, aber Jesus nimmt die Pharisäer, die ein Zeichen von ihm fordern, eigentlich gar nicht ernst! Da tun sie doch so, als würden sie ihm glauben, wenn er ihnen nur ein kleines Wunder zeigte. Und er? Die Leute von Ninive haben der Predigt des Jona ge- glaubt, die Königin von Saba hat sich von Salomos Weisheit alles versprochen - euch aber werde ich noch durch das größte Wunder nicht überzeugen können! Und wir wissen, Jesus wird Recht be- halten! "... wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird der Menschen- sohn drei Tage und drei Nächte im Schoß der Erde sein." Jesus kündigt das größte Zeichen an, das wir überhaupt denken können: "... gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten ..." Das ist geschehen - und wir sagen es im Glaubensbekenntnis. Die Pharisäer aber, sie stehen für Israel, werden das nicht glauben. Geht es also um die Stellung der Juden zu Jesus? Geht es hier um ihren Unglauben? Da betet eine Frau am Abend zu Gott: "Du kennst meine Sorgen. Ich weiß nicht mehr ein und nicht mehr aus. Man sagt doch von dir, dass du dich der Schwachen annimmst - ich bin schwach und verzweifelt. Ich muss es dir nicht sagen, du weißt es: Ich glaube nicht an dich. Aber ich komme heute doch zu dir, weil mir nichts anderes mehr einfällt. Wenn du mir jetzt nicht hilfst, bin ich ver- loren. Gott, hilf mir und ich will an dich glauben!" Ein anderer spricht dieses Gebet: "Danke, Gott! Du hast mir so geholfen! Das war kein Zufall, dass die Sache so ausgegangen ist. Jetzt weiß ich, dass du da bist und ganz nah! Ich war lange kein großer Beter. Das soll jetzt anders werden, ganz bestimmt. Ich verspreche dir, dass ich dich nicht mehr verlasse. Und in die Kirche will ich auch gehen!" Kennen sie das nicht auch? Haben sie nicht auch schon so zu Gott gesprochen: Wenn du mir jetzt dies und das tust, dann will ich dieses oder jenes dafür zurückgeben: Ein besserer Christ werden, mehr an die Mitmenschen denken, in der Bibel lesen, häufiger beten oder eben auch einfach glauben, dass da ein Gott über mir ist. Und das ist uns auch nicht fremd: Ganz unverhofft ist etwas geschehen, das hätten wir niemals mehr für möglich gehalten. Wie ein Wunder war das für uns. Und es hat uns neu bewusst gemacht, dass es doch eine höhere Macht gibt, dass, wie wir das gern ausdrücken, "ein Gott über uns wohnt". Jedenfalls hat uns das Ereignis wieder zum Glauben gebracht oder zu einem Versprechen Gott gegenüber ... Vielleicht haben wir es auch gehalten? Und jetzt sagt Jesus uns dies: "Ein böses und abtrünniges Geschlecht fordert ein Zeichen, aber es wird ihm kein Zeichen gegeben werden, es sei denn das Zeichen des Propheten Jona." Das ist nicht ganz leicht zu verstehen, und noch schwerer ist es zu akzeptieren: Gott tut uns keine derartigen Zeichen! Er vergeudet seine Wunder nicht, um uns damit zu überzeugen! Und wenn uns ein Zeichen geschehen ist, wenn wir nur von einem Gotteswunder sprechen können, das wir erlebt haben - dann mag das zwar von Gott geschickt worden sein, aber niemals, um uns auf seine Seite zu ziehen, um uns zu gewinnen, um uns staunen oder gar glauben zu lassen. Liebe Gemeinde, das klingt zuerst hart und abweisend. Und sicher fragen wir, was ist denn so schlimm daran, wenn wir um ein Wunder bitten oder etwas, das uns widerfahren ist, als ein Got- teszeichen verstehen? Denken wir uns einmal eine Mutter oder einen Vater, die sich mühen, ihrem Kind eine gute Erzie- hung zu geben, es pflegen und ernähren, ihm aufwarten und es lieben ... Kurz sie geben ihm alles, was es zum Leben braucht. Es fehlt ihm an nichts. Wenn nun das Kind zu seinen Eltern spräche: Wenn ihr mir diesen Wunsch nicht erfüllt, dann seid ihr nicht mehr meine Eltern! - Oder auch um- gekehrt: Weil ihr mir diese Bitte nicht abgeschlagen habt, weiß ich, dass ihr wirklich meine Eltern seid! - Würde uns das gefallen? Auch Gott will sich nicht auf seine Wohltaten verkleinern lassen! Nicht nur deshalb, weil er uns das tut, was wir wünschen und wollen, ist er unser Gott und Vater. Das ist er zuerst und allemal - und wir dürfen davon ausgehen! Aber nun hat Gott uns ja doch ein Zeichen getan, das des Jona! Und dieses Wunder übertrifft alles andere, was er uns geschenkt hat und täglich tut bei weitem! Und eben auch die Ereignisse, die wir als seine Zeichen gedeutet oder um die wir gebetet haben: Jesus Christus, Gottes geliebter Sohn lässt sich ans Kreuz schlagen, stirbt für uns und wird begraben. Aber Gott erweckt ihn aus dem Tod! Als der Erste der Auferstandenen geht er uns voraus ins ewige Leben. Und wir werden folgen, wenn die Zeit da ist. - Welch ein Wunder! Liebe Gemeinde! Damals wie heute sind wir zum Glauben an dieses Zeichen Gottes eingeladen! Es ist Mitte und Ziel unseres Glaubens! Alle anderen "Wunder" die Gott tut, verblassen vor diesem unerhörten Geschehen. Und wir brauchen sie nicht mehr. Wenn unser Leben doch am Ende immer gut ausgeht, wenn uns nicht der kalte Tod erwartet, sondern die Herrlichkeit in Gottes zukünftigem Reich, wenn vor dem Hintergrund dieser wunderbaren Aussicht auch ein ganz schweres Leben ger- ing wird und wie eine einzige dunkle Minute der Ewigkeit, dann kommen wir in dieser Zeit ganz gut aus ohne Zeichen. Und schon gar können wir aufhören, von Gott Wunder zu fordern und zu er- warten. Unser Glaube hat genug daran, dass wir einmal ins Leben auferstehen sollen! Und auch von diesem Glauben können Menschen erzählen. Hören wir auf einen Mann und was er mit dem "Zeichen des Jona" erlebt hat: "Gewiss, ich war getauft und konfirmiert, aber ich hatte jahrelang doch eine eher lockere Verbindung zu Gott. Ich sage es ganz deutlich: Ich hatte ihn ein- fach vergessen, weil in meinem Leben alles ganz glatt lief. Nach der Ausbildung gleich eine gut dotierte Stellung. Der berufliche Aufstieg war rasant. Auch in der Ehe und der Familie - alles in Ordnung. Bis zu dem Tag, an dem meine Frau krank wurde. Es war eine ganz furchtbare Zeit. Manches Gebet aus meiner Kindheit fiel mir damals wieder ein. Manchmal lag ich buchstäblich auf den Knien. Ich wollte ein Wunder von Gott! Immer wieder bat ich um ihre Heilung. Aber sie ist nicht gesund geworden, sondern gestorben, erst 33 Jahre alt. Dass ich danach darüber weg kam, verdanke ich ihr, meiner Frau! Nicht ein einziges Mal in ihrer letzten Zeit hat sie sich aufgelehnt gegen das, was sich immer deutlicher ankündigte. Sie hat nicht geklagt und nicht mit Gott gehadert. Immer wieder hat sie davon gesprochen, dass sie weiß, wohin sie geht. Sie hatte einen festen Glauben. Viel fester als meiner, damals. Sie konnte sich sogar über den Tod mit mir unterhalten. Der Abschied hatte keine Schrecken für sie. Am Ende hat sie mir unsere Kinder anvertraut und mir gesagt, dass wir uns wiedersehen. - Seitdem weiß ich, woran ich glaube. Und irgendwie hat das Le- ben in dieser Welt einiges an Bedeutung verloren. Trotzdem lebe ich gern ... Aber ich freue mich auch auf die Zeit, die einmal kommt ... und das Wiedersehen. --- Gott will uns kein anderes Zeichen tun, als dieses: Jesus Christus ist gekreuzigt für uns, begraben und auferstanden für uns! Und er muss uns auch kein anderes Wunder mehr schenken. Wenn ein- mal alles gut wird für uns, wenn am Ende unserer Tage nicht der Tod, nicht das Vergessen, sondern das Leben steht, dann können wir alles leiden, alles tragen, durch alles hindurchgehen. Schön, wenn uns Gott hin und wieder einen Wunsch erfüllt, eine Bürde von der Schulter und eine Sorge von der Seele nimmt. Wir wollen ihm dann dankbar sein. Ein Zeichen aber - gar eines, mit dem er uns zum Glauben ruft - ist das dann nicht. In Jesus Christus hat Gott ein für allemal alles für uns getan. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Am Ende unseres Lebens, steht - das Leben bei Gott, ohne Leid, ohne Krankheit, ohne Behinderung ... ewig! ... Welch ein Wunder!