Predigt zum Heiligen Abend - 24.12.2004 (Für die Christvesper der erwachsenen Gemeinde oder für die Christmette. Zu Beginn des Gottesdienstes werden an alle Besucher Kerzen verteilt!) Die Predigt kann von einer/m Predigerin oder Prediger gehalten, aber auch gut auf mehrere SprecherInnen verteilt werden. Textlesung: Jh. 3, 16 - 21 Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde. Wer an ihn glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes. Das ist aber das Gericht, daß das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse. Wer Böses tut, der haßt das Licht und kommt nicht zu dem Licht, damit seine Werke nicht aufgedeckt werden. Wer aber die Wahrheit tut, der kommt zu dem Licht, damit offen- bar wird, daß seine Werke in Gott getan sind. Liebe Gemeinde! Warum ist es Heiligabend immer so voll in unserer Kirche? Wie würden sie antworten? - Weil es an diesem Abend immer besonders feierlich ist im Gottesdienst! Weil ich zu diesem Anlass schon seit Kindertagen in die Kirche gehe! Ohne Christvesper (-mette) - da würde doch etwas fehlen! Gewiss gibt es noch viele Gründe, gerade heute Abend in diese Christmette (-vesper) zu gehen, vielleicht so viele, wie Menschen hier sitzen. Einen Grund aber, da bin ich ganz sicher, haben wir alle gemeinsam: Wir warten auf etwas ... Auf ein Ereignis. Eine Veränderung. Einen Menschen. Und ich glaube, das worauf wir warten, kann nur von Gott her kommen. Bevor sie nun widersprechen, hören wir auf ein paar Stimmen von Menschen aus unserer Mitte. Sie werden nicht selbst reden. Das will ich (wollen wir) heute übernehmen. Aber ich denke, es sind einige, die so sprechen würden: 1. Ja, ich warte. Jetzt, wo sie das sagen, geht mir das auf, dass ich wirklich deswegen heute Abend hierher gekommen bin, weil ich warte. Worauf? Nun, auf das Glück vielleicht, das tun ja sicher alle Menschen. Aber ich besonders warte auch noch auf ein Zeichen ... Ja, ich bin heute hierher ge- kommen, weil ich gedacht habe: Ich will doch einmal sehen, ob Gott mir ein Zeichen schenkt, einen Halt, eine Hoffnung ... Ich will jetzt, wo ich schon einmal davon erzähle, so weit gehen, dass ich es ausspreche, aber ihr lacht bitte nicht darüber! Ich habe vorhin beim Eintreten in diese Kirche gedacht: Gott, wenn es dich gibt und wenn dieses Weihnachten wirklich ein besonderes Fest ist und das Kind in der Krippe wirklich dein Kind, dann lass mich hier heute Abend ein Wort hören, das mir ganz tief in die Seele fällt, das es bei mir ein wenig heller macht, denn es ist sehr dunkel in mir. Ich lebe hoffnungslos und ohne rechtes Ziel. Ich wünschte mir wirklich, dass ich heute hier etwas höre und erlebe, was mir dieses furchtbare, leere Gefühl von der Seele nimmt! Ich wüsste so gern, für was ich da bin. Ich würde den so gern kennen, endlich erkennen, an den andere glauben können. Und ich beneide sie manchmal darum. Ja, ich warte. Wirklich, ich warte! (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 2. Mir scheint, ich bin hier in guter Gesellschaft. Ich warte auch. Nein, nicht was wir Christen den Glauben nennen ist es, was ich suche. Den habe ich. Ich bilde mir nichts darauf ein! Ich weiß, dass ich dafür nichts kann, nichts getan habe. Ich warte ... ja, auf die Liebe! - Ich merke, das hört sich an wie in den Groschenromanen: "Junges Mädchen an Weihnachten ... wartet auf die Liebe ..." Ich meine nicht diese Liebe damit, nach der ich mich sehne. Ich suche eine Liebe, die viel größer ist, als zwei Menschen sie sich geben können. Ich meine die Liebe ... Es müsste etwas geschehen, dass die Menschen die Liebe wieder lernen. Wer kann das denn noch: An den anderen denken ... nicht nur mal an Weihnachten so ein bisschen ... Nein, immer! Das müsste uns doch bewegen: Was braucht mein Mitmensch? Wonach sehnt er sich? Was wünscht er sich von mir? Was kann ich ihm geben? Was kann ich mit ihm teilen? Die Welt, die Menschen heute sind so kalt. Uns fehlt die Liebe! Uns fehlt einer, der uns das wieder zeigt, wie das geht: Sich selbst vergessen. Zurückstehen. Sich freuen, wenn ein anderer sich freut. Ich warte auf die Liebe! (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 3. Ich will gar nicht so hochtrabend sprechen: Mir fehlt ganz einfach ein Mensch! Ich bin oft sehr einsam. Dann sitze ich zu Hause und schaue gegen die Wand und warte: Am Morgen, bis es Zeit ist, dass ich zur Arbeit fahren kann und abends, Zeit, ins Bett zu gehen. Am Wochenende warte ich, dass einer anruft, dass es gutes Wetter gibt und ich ein paar Schritte draußen machen kann, und dann warte ich, bis es wieder Sonntagabend geworden ist. Und so reiht sich Woche an Woche ... wie dunkle Perlen an eine Schnur. Es gibt ihn nicht, den Menschen, der sagt, dass er auch wartet ... auf mich ... Es gibt ihn nicht. Heute Abend war es besonders schlimm! Ahnt ihr, was die Heilige Nacht auslöst in einem Menschen, wie ich einer bin? All die zerbrochenen Träume, die verdrängte Sehnsucht, die unerfüllten Wünsche ... Sie steigen herauf in solchen Nächten aus der Kammer deines Herzens, wo du sie doch so fest verschlossen glaubtest, und sie stellen sich alle vor dich hin und schweigen und sehen dich an und ihr Blick fragt stumm: Ist noch Hoffnung? Und du möchtest weinen und den Kopf schütteln und dich verkriechen, aber wohin? Ja, ich warte. Und ich warte doch auch nicht mehr. (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 4. Worauf ich warte, ist einer, der mir die Angst nimmt, diese scheußliche Angst, die sich immer mehr breit macht in meinem Leben, je älter ich werde! Ich denke so oft, wann wird das Leid über dich herfallen? Wann wirst du krank? Wer wird dich pflegen? Und es gibt auch an so vielen Orten Krieg auf der Welt! Wird der immer vor unseren Grenzen halt machen? Und der Hunger? Werden sich die Menschen in der dritten Welt nicht einmal holen, was wir ihnen vorenthalten? Und es ist ja auch so vieles ungerecht und schlecht und nur dem Streben nach Macht und der Gier nach Geld entsprungen. Und unsere Welt geht ja auch nach und nach vor die Hunde! Ausgebeutet ist sie, geschunden und vergewaltigt. Wer bringt das alles zurecht? Wer sagt da ein tröstliches Wort hi- nein, eines, was nicht nur einlullt und beschönigt? Wer hat auch wirklich die Macht, unsere Bruch- stücke überall wieder zu einem Ganzen zu verbinden? Wer wird mir diese Angst nehmen? Wer schenkt mir endlich ein wenig Ruhe und einen Schimmer von Zuversicht, dass doch noch nicht alles verloren ist - für die Welt und bei mir persönlich? Ich warte ... und bin hier drinnen schon ganz krank davon! (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) Das, worauf wir alle warten, ist heute geschehen! Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde. Er ist gekommen, der Retter, der uns erlöst aus allem Elend und aller Furcht! Gott ist treu und bleibt denen treu, die auf ihn warten: Den Armen, den Schuldigen, den Einsamen, denen, die Angst haben und denen, die den Sinn ihres Lebens nicht wissen. Wir haben nicht vergeblich gewartet! Der ist da, der unser Leben und diese ganze Welt in Ordnung bringt. (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 1. Soll das bedeuten, dass dieses Kind im Futtertrog das Zeichen für mich ist? Habe ich bis heute immer zu groß vom Glauben gedacht? Muss ich Gott gar nicht hinter den Wolken suchen als Herr- scher und unnahbaren Himmelskönig? Ist Gott so klein geworden? Ein Arme-Leute-Kind? Dann ist der Glaube ja gar nicht mehr dieses schwierige, hohe Ding, den Schöpfer und Erhalter des Weltalls zu fassen. Dann muss ich ja nur zu einer Futterkrippe gehen und einem Kind mein Herz schenken! (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 2. Wirklich, da ist das Vorbild, das Beispiel der Liebe, das ich immer gesucht habe! Gott gibt seinen Himmel auf! Gott steigt herab in den Dunst, die Kälte eines Viehstalls. Gott legt sich in einen Futtertrog. Wahrhaftig: Dem können wir nichts mehr hinzufügen! Da ist die Liebe greifbar geworden, zu einem Menschen geworden. Da ist der, an dem wir lernen können, was Liebe heißt, die Liebe! Dann ist mein Warten also am Ziel? (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 3. Aber ist mir auch geholfen? Gut, die Botschaft dieser Nacht heißt schon einmal, dass Gott nun bei mir ist. Aber wo ist der Mensch, dem ich von mir erzählen kann? Wer teilt meine Freude, meine Ängste, meine Zeit? Ob es einem anderen Menschen nicht genau so geht wie mir? Ob es nicht auch andere Menschen gibt, die warten ... auf mich ... wie ich auf sie warte? (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) 4. Wenn das Gott ist, der in seine Welt kommt, dann hat er uns ja nicht vergessen! Dann sieht er ja nach ihr und nach uns ... Nicht so, wie ich mir das wünsche, nicht so machtvoll und nicht so durch- greifend. Er läßt uns noch gewähren. Auch gefährden und zerstören. Aber er ist schon da. Das ist gut zu wissen. Sehr gut. Dann wird wohl nichts geschehen, wovor ich wirklich Angst haben müsste. (Musik oder eine Liedstrophe - EG 37?) Das, worauf wir alle gewartet habt, ist geschehen! Aber es hat im Stall von Bethlehem erst ange- fangen! Jahre später vollendet Gott an einem Kreuz, was er für uns tun wollte: Dass er uns frei macht von Angst, Schuld und vom Tod. Das Warten ist also noch nicht vorbei! Es muss noch ganz wahr und wirklich werden, wie Gott uns erlöst! Aber der Anfang ist gemacht. Wir müssen Geduld haben. Aber Gott wird erfüllen, worauf wir warten, ganz gewiss! Also hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern daß die Welt durch ihn gerettet werde. Heute hat es angefangen und Gott wird es erfüllen. Darum lasst uns Lichter der Hoffnung an- zünden! (Der/die Sprecher nimmt/nehmen eine Kerze, entzündet/n diese an der Altar- oder Osterkerze und verteilt/en das Licht überall an die Gottesdienstbesucher in der Kirche.) (Während der Austeilung des Lichtes kann die Gemeinde Lied EG 46 oder 36 singen.)