Predigt zum 3. Adventssonntag - 12.12.2004 Liebe Gemeinde! Ist's denn bei Ihnen schon ein wenig weihnachtlich im Herzen? Keimt die Freude? Haben wir schon all die schönen Dinge vor Augen: Den Lichterbaum, die stimmungsvollen Stunden der Festtage, Lametta, Kerzenschimmer, Tannengrün ... Dann hören wir uns doch einmal diese Verse an. Sie sind uns für heute als Predigttext vorgeschlagen und wollen uns auf Weihnachten vorbereiten: Textlesung: Lk. 3, 1 - 14 Im fünfzehnten Jahr der Herrschaft des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus Statthalter in Judäa war und Herodes Landesfürst von Galiläa und sein Bruder Philippus Landesfürst von Ituräa und der Landschaft Trachonitis und Lysanias Landesfürst von Abilene, als Hannas und Kaiphas Hohe- priester waren, da geschah das Wort Gottes zu Johannes, dem Sohn des Zacharias, in der Wüste. Und er kam in die ganze Gegend um den Jordan und predigte die Taufe der Buße zur Vergebung der Sünden,wie geschrieben steht im Buch der Reden des Propheten Jesaja (Jesaja 40, 3 - 5): "Es ist eine Stimme eines Predigers in der Wüste: Bereitet den Weg des Herrn und macht seine Steige eben! Alle Täler sollen erhöht werden, und alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden; und was krumm ist, soll gerade werden, und was uneben ist, soll ebener Weg werden. Und alle Men- schen werden den Heiland Gottes sehen." Da sprach Johannes zu der Menge, die hinausging, um sich von ihm taufen zu lassen: Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiß gemacht, daß ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße; und nehmt euch nicht vor zu sagen: Wir haben Abraham zum Vater. Denn ich sage euch: Gott kann dem Abraham aus diesen Steinen Kinder erwecken. Es ist schon die Axt den Bäumen an die Wurzel gelegt; jeder Baum, der nicht gute Frucht bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. Und die Menge frag- te ihn und sprach: Was sollen wir denn tun? Er antwortete und sprach zu ihnen: Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso. Es kamen auch die Zöllner, um sich taufen zu lassen, und sprachen zu ihm: Meister, was sollen denn wir tun? Er sprach zu ihnen: Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist! Da fragten ihn auch die Soldaten und sprachen: Was sollen denn wir tun? Und er sprach zu ihnen: Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und laßt euch genügen an eurem Sold! Immer noch Weihnacht im Herzen? Nicht wahr, das geht uns ganz schön hart an: "Ihr Otternge- zücht ... wer sagt euch, dass ihr dem zukünftigen Zorn entrinnt? Die Axt ist euch schon an die Wur- zel gelegt ..." Es wird uns schwer, das zusammenzureimen: Die schönste Zeit des Jahres steht vor der Tür - und solche harten Worte! Wir möchten doch unbeschwert feiern können! Und diese be- drohlichen Worte sollen uns auf das Fest einstimmen? Wir suchen hier vorweihnachtliche Gefühle und finden das: "Ein jeglicher Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen." Ade, frohe Weihnacht!? Andererseits: Advent ist ja Vorbereitungszeit. Und das haben wir doch auch nötig, oder? Nehmen wir uns das nicht jedes Jahr neu vor: Die Festzeit einmal ganz anders zu gestalten, sich einmal nicht in den Sog der Hektik ziehen zu lassen, einmal mehr und tiefer zu bedenken, was da in der Heiligen Nacht geschieht, damit wir hernach sagen können: Es war diesmal schön und es bleibt etwas davon! Johannes nennt das Vorbereitung, "Buße". Buße, das wissen wir, heißt Umkehr. Und die gehört schon auch in diese Wochen vor Weihnachten. Die violetten Vorhänge am Altar und an der Kanzel sind ihr äußeres Zeichen. Violett ist die Farbe der Buße.- Aber trotzdem: Muss uns Johannes das so ins Gesicht schleudern? "Ihr Otterngezücht"! Ist das nicht ein starkes Stück? Müssen wir uns das gefallen lassen? Und dann: Wer wird denn auf so etwas hören? Hier kommt ein Vorschlag. Könnten wir's nicht einmal so sehen: Da ist ein Mann, besessen von dem einen Gedanken, dem Stärkeren, der ihm folgt, den Weg zu bereiten. Das ist sein Auftrag. Da- zu ist er gesandt. Und er will seine Aufgabe erfüllen: Das Krumme soll gerade werden, das Rauhe glatt, der Sünder soll sich bekehren ... Und der, den er erwartet, steht schon vor der Tür. Der "Stär- kere" ist schon auf dem Weg. Es ist keine Zeit zu verlieren! Darum: Ihr Otterngezücht! Erkennt doch euren falschen Pfad! Bekehrt euch, ehe es zu spät ist! Fast kann ich des Täufers Liebe zu mir spüren, wie er um mich ringt, wie er an mein Ohr dringen will - gerade mit solch harten Worten: Es ist wirklich so dringend, dass du ein anderer wirst! Du darfst nicht mehr länger zögern! Es muss bei dir etwas geschehen! ER kommt! Wohin könnte unsere "Umkehr" führen? - Was tun wir in diesen Tagen der Weihnachtsvorberei- tung? Wir hetzen von einem Kaufhaus ins andere. Wo gibt es den Schal, der ihr gefällt? Was war's doch gleich, was er sich so lange schon gewünscht hat? Und da ist ja nicht nur sie und er. Da gibt's noch die Mutter, die Tante, die Schwiegerleute und und und ... Für jeden etwas besorgen, nicht zu klein, soll Freude machen, nicht zu groß, nicht aufdringlich und jedes Jahr etwas anderes. Wenn wir schließlich alles beisammen haben, sind wir dann bereit für Weihnachten? Ach und der ganze Rummel zu Hause! Den Baum besorgen, schmücken, Geschenke verpacken, Braten kaufen, vorbereiten, Päckchen verschicken, Briefe, Glückwunschkarten schreiben ... Und wenn das alles getan ist und wir auch nicht das geringste vergessen haben ... sind wir dann bereit, für das Geschehen der Heiligen Nacht? Wenn uns doch da hinein einer einmal ein Wort sagen würde, eines, das uns zurechtbringt - und sei's ein hartes Wort! Denn bereitet uns all der Kram wirklich auf Weihnachten vor? Ausgepumpt kommen wir am Fest an, mit hängender Zunge. Bepackt mit Geschenken für andere und überhäuft mit Gaben hocken wir dann im Schimmer der Kerzen - innerlich aber sind wir ausgebrannt und leer. Dann wird uns in den Kirchen die Geschichte der Weihnacht erzählt und sie will uns froh ma- chen; wir hören von Gottes Geschenk an uns Menschen, von seiner Liebe und von der Freude - und nichts davon will dann in uns aufkommen. Kaum gestehen wir's uns ein: Aber wir waren oft schon froh, wenn der ganze Betrieb am 2. Feiertag herum war! Vielleicht noch nahmen wir uns vor: Im nächsten Jahr wird alles ganz anders! Und dann kam das nächste Jahr - und alles ging von vorne los! "Sehet zu, tut rechtschaffene Früchte der Buße!" - Wohin könnte unsere Umkehr gehen? Es ist schrecklich schwer, aus dem Geschenkerummel dieser Tage und Wochen herauszukommen. Es scheint fast unmöglich, nicht jedes Jahr wieder in die selbe "weihnachtliche" Betriebsamkeit zu verfallen. Wie sollen wir's denn vermeiden, Heiligabend wieder so müde und fertig zu sein? Wie sollen wir die "frohe Botschaft" denn noch aufnehmen können? Wir müssen weg davon! So bereiten wir dem Herrn nicht den Weg. So, wie es immer war, wird uns seine Geburt nicht froh machen können. Die Umkehr wird uns schwer werden, aber wir müssen uns in diesem Jahr mit allen Kräften wehren, vom Strudel der Hektik und Betriebsamkeit fortgeris- sen zu werden. Vor allem brauchen wir Zeit! Wer sich bereiten will, braucht Zeit, um sich selbst wahrzunehmen. Er muss seine Sehnsüchte spüren, seine Hoffnung, seine Träume und Wünsche; auch an Weihnachten! Könnten wir das nicht wirklich einmal probieren?: Nehmen wir uns einmal bewusst Zeit ( - auch wenn wir meinen, keine zu haben!). Vielleicht schreiben wir einen Wunsch- zettel, wie wir ihn als Kinder dem Christkind geschrieben haben. Ja, ein Wunschzettel - vielleicht mit der Überschrift: "An meine Frau, an meine Kinder, für meine Eltern ..." Und vielleicht schrei- ben wir dann so weiter: In diesem Jahr brauche ich von dir ... wünsche ich mir von euch: Mehr An- erkennung, ein gutes Wort ab und zu, ein Lob hie und da, ein Ohr, das mir zuhört, ein paar Minuten am Tag, die nur uns gehören ... Und der Wunschzettel hat auch eine andere Seite, die geht uns selbst an: Könnten wir uns die unausgesprochenen Wünsche anderer in dieser Zeit nicht auch ein- mal nahe gehen lassen? Lesen wir doch einmal im Gesicht nur eines einzigen Mitmenschen: Was ihn umtreibt, was ihm fehlt, was er sich wünscht und was ihm schwer ist. Vielleicht können ja auch wir in dieser Zeit vor dem Fest, einen anderen ein Stück begleiten, uns auf ihn einlassen, etwas mit ihm teilen .... Warum das alles? Weil Johannes uns das zuruft: Kehrt um! Bereitet dem Herrn den Weg! Und ist das nicht der Herr, der da kommt: Er hat Zeit für mich, wird einer wie ich. In ihm kommt Gott mir ganz nah und nimmt teil an allem, was menschlich ist: An meinen Sorgen, meinen Ängs- ten und Nöten ... Und er will meine Freude! Ich bin nicht mehr allein. Er steht für mich ein und ist für mich da. Nichts ist ihm fremd, was einen wie mich bewegt; er ist ja Mensch geworden wie ich. Wenn das kein Grund zur Freude ist! Nur muss er mich halt bereit finden. Darum lässt er mich heute mit aller Härte zurechtweisen: Tu Buße! Frag' dich, wie's in dir aussieht, wem und was du in diesen Tagen nachläufst. Räume alles aus, was meine Freude in dir erstickt. Nimm dir Zeit für dich - und für mich. Und tu's in diesem Jahr wirklich! Überlege, was du brauchst. Nimm dich wahr und deine Wünsche. Und komm auch einem Mitmenschen einmal nah, hab' Interesse für ihn, wie ich für dich! Ich will dir nahe kommen! Bereite mir den Weg. Mach' meine Steige richtig. Ich will bei dir einzie- hen - und mit mir die Freude.