Predigt zum Reformationstag/-fest - 31.10./1.11.2009 Textlesung: Mt. 5, 2-10 (11-12) Und er tat seinen Mund auf, lehrte sie und sprach: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Seid fröhlich und getrost; es wird euch im Himmel reichlich belohnt werden. Denn ebenso haben sie verfolgt die Propheten, die vor euch gewesen sind. Liebe Gemeinde! Heute ist der Reformationstag (das Reformationsfest). Dass es da heute etwas zu feiern geben soll, was mit dem Heiligen Geist zu tun hat, erkennen wir äußerlich an den roten Tüchern am Altar (dem Pult) und der Kanzel. Äußerlich - denn „Rot“ ist die Farbe des Heiligen Geistes. - Aber woran mer- ken wir das innen, in unserem Herzen, unserer Seele? Und was ist das, was wir heute feiern sollen? Martin Luther, der Mann, dem die Welt die Reformation und wir Evangelische die Wiederentdeck- ung des Evangeliums und damit unseres evangelischen Glaubens verdanken, hätte wohl so geant- wortet: Wir feiern heute, dass durch das Blut Jesu Christi der Sünder gerecht wird vor Gott - allein durch den Glauben! Vielleicht hätte er noch hinzugefügt: ... durch den Glauben ... und nicht durch die Werke des Gesetzes! Aber - ganz ehrlich! - diese Worte sind uns doch ein wenig fremd. Sie sprechen nicht unsere Sprache und haben wenig Beziehung zu unserem Leben. Und was es dabei zu feiern geben soll, wird uns auch kaum noch deutlich. Noch dazu sind diese Gedanken auch schwierig zu vermitteln - etwa im Religionsunterricht, aber nicht nur da. Auch wir konfirmierte, erwachsene evangelische Christen wünschen uns hier eine verständliche Rede und lebensnahe Beispiele: Woran denken wir heute, was gibt es zu feiern und worüber dürfen wir uns freuen? Ich finde, die Seligpreisungen Jesu, die wir eben gehört haben, sind nicht umsonst zur Betrachtung am Reformationsfest empfohlen. Sie sind sehr gut geeignet, dass wir an ihnen erklären, was es heißt: durch Jesus Christus gerecht sein vor Gott allein aus Glauben und nicht durch des Gesetzes Werke! Was liegt näher als dass wir diesen neun Seligpreisungen einmal entlang gehen und sie je- weils mit ein paar Gedanken in unser Leben übersetzen? Gedanken, die uns einen Hinweis geben, wie die Gerechtigkeit Jesu Christi heute für einen evangelischen Christen aussehen kann, der im Glauben steht und sich nicht auf seine Werke verlässt: Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich. - Wir Christen müssen nicht alle Dinge des Glaubens verstehen und auch nicht alle Geheimnisse Gottes. Wir sollen Vertrauen haben zu unserem Herrn und unsere Hoffnung auf Gott setzen und unser ganzes Leben in die Hände des himmlischen Vaters legen. Das wird uns einmal den „Himmel“, also die ewige Zukunft in Gottes Nähe öffnen. Selig sind, die da Leid tragen; denn sie sollen getröstet werden. Wenn wir Christen leiden müssen, dann ist das kein Zeichen dafür, dass wir Schuld auf uns geladen hätten und deswegen von Gott gestraft oder gar verlassen wären. Leid, Kummer, schwere Zeiten, Krankheit und Behinderung gehören zum Leben - auch von uns Christen. Anders als die Menschen, die nichts von Gott wissen, können wir aber auch auf den steilen und dunklen Wegstrecken unseres Lebens sicher schreiten und gewiss sein, dass Gott uns ganz nah ist und uns keinen Augenblick alleine lässt. Darin liegt unser Trost. Selig sind die Sanftmütigen; denn sie werden das Erdreich besitzen. Wir Christen haben es nicht nötig, uns auf Kosten anderer durchzusetzen, andere an die Wand zu drücken und über ihr Leid hinwegzugehen. Jede Form von Gewalt passt nicht dazu, dass wir Jesu Schwestern und Brüder sind. Was wir sind und haben kommt von Gott. Was wir in der Welt sein und darstellen sollen, wird Gott uns zeigen. Diese Erde und ihre ewige Zukunft ist uns und nicht den Mächtigen dieser Welt verheißen! Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden. Wenn wir Christen die Ungerechtigkeit dieser Welt beklagen und wenn uns Zweifel kommen, ob die Un- terdrückung des Menschen durch den Menschen je aufhört, dann müssen wir doch nicht ver- zweifeln! Die Sehnsucht nach gerechten Verhältnissen unter den Menschen und Völkern kommt von Gott. Sie treibt uns an, dass wir nicht aufhören, uns dafür einzusetzen, dass jeder Mensch zu seinem Recht kommt und in Würde leben kann. Es kommt die Zeit, in der Gott selbst die Gerech- tigkeit in dieser Welt schafft und wir zufrieden sein werden. Selig sind die Barmherzigen; denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Wir Christen wissen, dass kein Mensch aus sich selbst vor Gott gerecht ist. Alle sind Sünder. Für alle ist Jesus Christus ans Kreuz gegangen. Keiner kann auf das pochen, was er geleistet und an Gutem getan hat, denn alles, was er ist und was er hat, sind Geschenke Gottes. Wir leben also allein von Gottes Gnade und Barmherzigkeit. Darum sollen wir auch mit unseren Mitmenschen barmherzig sein und sie nicht auf Schuld und Fehlverhalten gegenüber uns festnageln, das ihnen Gott schon vergeben hat. Selig sind, die reinen Herzens sind; denn sie werden Gott schauen. Wir Christen sollen uns von allen Dingen fernhalten, die doch nur in Sünde und Schuld führen können. Böse Reden über andere werden nichts Gutes hervorbringen. Wer Intrigen spinnt, wird sich irgendwann im eigenen Netz verfangen. Immer nur den eigenen Vorteil in allem suchen, macht nicht glücklich. Dagegen erfreut es auch uns selbst, wenn wir mit anderen teilen, ihnen helfen und uns mühen, dass es ihnen gut geht. Auf ihrem Gesicht sehen wir dann auch die Freude Gottes, denn jeder unserer Mitmenschen trägt sein Antlitz. Selig sind die Friedfertigen; denn sie werden Gottes Kinder heißen. Wir Christen sind ganz be- sonders dem Frieden verpflichtet, denn unser Gott hat Frieden mit uns und seiner Welt gemacht. Alles was wir denken, reden und tun soll dem Frieden dienen. Der Frieden in der Welt fängt in un- seren Beziehungen, Ehen, Partnerschaften an. Und er bewährt sich in unseren Freundschaften, an unserem Arbeitsplatz und in unserer Nachbarschaft durch unsere Worte und Taten. Wo im Kleinen kein Frieden herrscht, kann er im Großen nicht wachsen. Der Frieden in der Welt ist nicht nur die Verantwortung der Machthaber. Frieden ist erst dann erreicht, wenn wir wie Kinder des einen Va- ters miteinander leben. Dahin will Gott uns führen und sein Segen begleitet alle, die sich für diesen Frieden einsetzen. Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. Wir Christen erleben es immer wieder, dass all unsere Mühen um ein Leben, das Gott gefällt, den Nächsten und sein Wohl im Blick hat und der Gerechtigkeit auf Erden dient, nicht belohnt werden. Im Gegenteil. Oft genug geraten wir in Schwierigkeiten, gerade weil uns der Mitmensch am Herzen liegt und wir uns dafür einsetzen, dass ihm Recht widerfährt. Oft trifft uns der Zorn derer, die anderen Menschen ihr Recht vorenthalten, sie unterdrücken und ihre Lebensmöglichkeiten beschneiden. Wir wissen nicht, warum unser guter Wille und unsere engagierten Taten oft nichts ausrichten. Aber wir dürfen das wissen: Gott sieht alle unsere Mühe für gerechte Verhältnisse in der Welt und unter den Menschen und es ist uns versprochen, dass wir einmal seinen neuen Himmel und seine neue Erde sehen, in denen Gerechtigkeit wohnt. Selig seid ihr, wenn euch die Menschen um meinetwillen schmähen und verfolgen und reden allerlei Übles gegen euch, wenn sie damit lügen. Auch der Schmähung und der üblen Nachrede werden wir wohl nicht entgehen können. Die Liebe zum Nächsten, gutes Handeln, verantwortliches Teilen haben schon immer den Ärger derer hervorgerufen, die nicht bereit sind, etwas für andere zu tun, die es nicht fertig bringen, einmal von sich selbst abzusehen und die nur sich selbst lieben. Wir wollen es an uns abperlen lassen, wenn sie Böses über uns reden und ihren Hass gegen uns wenden. Aber wir wollen uns auch immer wieder prüfen, ob es nicht auch eine gewisse Berechtigung hat, was sie gegen uns vorbringen. Liebe Gemeinde, hinter jeder dieser Seligpreisungen steht der eine Gedanke: Unsere Sache mit Gott ist schon in Ordnung! Wir sind gerecht gemacht durch das Blut Christi. Das ist genug für ein fröhliches, erlöstes Leben aus dem gläubigen Vertrauen der Kinder zu ihrem Vater. Wir müssen und können dem, was Jesus Christus für uns getan hat, keine eigenen Werke und Verdienste hin- zufügen. Wir sind und bleiben um seinetwillen gerecht und geliebt vor Gott. Wahrhaftig: Es gibt heute am Reformationsfest etwas zu feiern! AMEN