Predigt zum 15. Sonntag nach Trinitatis - 20.9.2009 Textlesung: Mt. 6, 25 - 34 Darum sage ich euch: Sorgt nicht um euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht um euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung? Seht die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr als sie? Wer ist unter euch, der seines Lebens Länge eine Spanne zusetzen könnte, wie sehr er sich auch darum sorgt? Und warum sorgt ihr euch um die Kleidung? Schaut die Lilien auf dem Feld an, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, dass auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht gekleidet gewesen ist wie eine von ihnen. Wenn nun Gott das Gras auf dem Feld so kleidet, das doch heute steht und morgen in den Ofen geworfen wird: sollte er das nicht viel mehr für euch tun, ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. Es ist genug, dass jeder Tag seine eigene Plage hat. Liebe Gemeinde! Jetzt muss also Schluss sein mit dem Einkaufen im Supermarkt! Die Vögel unter dem Himmel ge- hen auch nicht dorthin, trotzdem finden sie Nahrung. Und auch wir bekommen unser Essen und Trinken von Gott! Schluss auch mit dem Shoppen auf dem Seltersweg (Einkaufsstraße der nächstgelegenen Großstadt einsetzen) und den Fahrten zum Outlet-Center in .........! Wir brauchen keine Kleidung, die kriegen wir „von oben“, wie die Lilien auf dem Feld und die Rosen in unserem Garten. Wenn wir das so hören, dann drängt sich der Gedanke geradezu auf: Das kann Jesus nicht so ge- meint haben. Das kann nicht der Sinn dieser Worte aus der Bergpredigt sein. - Nur ... wie sollen wir Jesus verstehen und was ist der Sinn seiner Worte? Zur Bergpredigt Jesu waren gewiss nicht die Reichen und Vornehmen aus dem Volk gekommen, hier waren die Schwachen, die Unterdrückten, die Armen und die Hungerleider versammelt. Men- schen also, die kaum Vorsorge für mehr als einen Tag treffen konnten, „Tage“-löhner eben, einfache Fischer, Bauern und Handwerker, die von der Hand in den Mund lebten. Diese Menschen werden Jesu Worte anders verstanden haben, vielleicht so: „Ihr wisst oft nicht, was ihr Morgen zu essen haben werdet! Deshalb habt ihr oft Angst vor dem nächsten Tag. Und wenn ihr jetzt an euch herunterschaut, dann fragt ihr euch sicher: Wir lang wird der verschlissene Rock wohl noch halten? Und wann muss ich die durchgelaufenen Sandalen wohl endgültig wegwerfen? Macht euch darum keine Gedanken! Es gibt Wichtigeres! Wenn ihr nur vor Gott recht seid und für sein Reich bereit, dann habt ihr alles, was nötig ist. Und ihr werden sehen: Gott lässt euch nicht im Stich. Er sorgt für euch. Er gibt euch so viel Nahrung, wie ihr braucht, ihr werdet nicht hungern. Er gibt euch ein Dach über dem Kopf und kleidet euch, ihr werdet nicht frieren. Wenn sein Reich auf Erden anbricht, dann gibt es keinen Grund mehr, sich um die Dinge der Welt Sorgen zu machen.“ Ich musste an die Geschichte von Maria und Marta (Lk. 10,38-42) denken. Sie erinnern sich: Marta macht sich viel Mühe mit Essenauftragen, Bedienen bei Tisch und dem Abwasch. Maria aber sitzt die ganze Zeit still und aufmerksam zu Jesu Füßen und hört, was er sagt. Auch da lenkt Jesus den Blick der Marta, die sich über ihre untätige Schwester aufregt, auf die Bedeutung der Stunde: „Marta, Marta, du hast viel Sorge und Mühe. Eins aber ist Not.“ Dieses Eine ist auch hier Gottes Reich und dass ein Mensch dort eintreten darf. Darum fügt Jesus hinzu: „Maria hat das gute Teil erwählt!“ Auf die Worte Jesu zu achten, sie zu bedenken und ihnen zu folgen ist das „gute Teil“. Wir, liebe Gemeinde, sind nicht arm und schon gar keine Hungerleider. Das Kleid, der Anzug, die Hose, der Rock, die wir heute anhaben, sind gut und ansehnlich - wahrscheinlich sogar besser als die Kleidungsstücke, die wir unter der Woche anziehen. Was also könnte Jesus uns sagen? Was wäre der Sinn dieser Worte aus der Bergpredigt für uns heute? Wir können für vieles selbst sorgen. Wir haben die Möglichkeit für unser Leben, unser Auskommen, für Zeiten der Krankheit und des Alters vorzusorgen. Und wir tun das ja auch, so gut wir das können. Und das muss auch sein und ist heute wichtiger denn je, denn es ist kein Verlass mehr auf das soziale Netz und die Versorgungssysteme. (Norbert Blüm, ehemaliger Bundesminister für Ar- beit und Soziales macht heute als Ruheständler zusammen mit Peter Sodann Kabarett. Immer wenn Norbert Blüm auf der Bühne den Satz sagt, der von ihm stammt und der ja geradezu sprichwörtlich geworden ist: „Die Renten sind sicher!“, tost der Saal vor Lachen!) Es ist also ernst mit der Sorge und Vorsorge. Das ist das eine. Das andere aber ist dies: Immer noch können wir unseres Lebens Länge keine Spanne hinzusetzen! Immer noch können wir, auch wenn wir ein Kleid von Dior oder einen Anzug von Boss tragen, nicht mit der einfachsten Blume am Wegrand konkurrieren. Und trotzdem können wir uns auch heute immer noch und immer wieder an Dinge verlieren, die gemes- sen an der Sache Gottes, völlig unwichtig und unbedeutend sind. Und darum geht es! Das Geld gehört zu diesen Dingen. Aber was liegt denn letztlich daran, ob ich 50.000 oder 60.000 € auf dem Konto habe, wenn ich meinen letzten Weg auf dieser Erde antrete? Und wie viel Aufhe- bens machen wir jahrelang darum, dass der Kontostand steigt? Für die Erben, wenn sie uns wirklich liebhaben, wird auch wichtiger sein, dass sie uns dann vermissen müssen. Vielleicht sagen Sie jetzt: Aber wer weiß denn, was noch kommt ... im Alter. Vielleicht wird das Geld ja noch gebraucht ... für die Pflege ... Ja, gewiss. Das kann sein. Dann aber sind möglicherweise sowohl 50.000 als auch 60.000 zu wenig. Vielleicht wird es aber auch nicht gebraucht! Dann lassen wir es zurück, aber ha- ben uns deshalb viele Jahre Gedanken gemacht, krummgelegt und vieles vom Mund abgespart. - Was will ich sagen? Wir wissen nicht, was und wie es kommt mit unserer Vorsorge. Gott allein weiß es. Was wir aber wissen, ist dies: Wir haben eine herrliche Zukunft in Gottes neuer Welt. Und wir kennen den Auftrag Jesu und haben ihn heute wieder gehört: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ Und das persönliche Ansehen und was die Leute von uns denken gehört zu diesen Dingen. Wie viel Mühe kostet es uns oft, den Schein zu wahren, die Zähne aufeinanderzubeißen, dass niemandem Zweifel kommen, dass wir wirklich die unerschütterlichen oder immer gut gelaunten Leute sind, für die sie uns halten sollen. Und wenn uns einmal ein Fehler unterläuft, wie peinlich ist uns das, wie gern möchten wir ihn dann vertuschen und wie viel Energie verwenden wir darauf, ihn herunterzuspielen. Wir möchten ein perfektes Bild abgeben. Oder es soll keiner merken, dass wir auch Gefühle haben. Oder jeder soll denken, dass uns nichts zu schwer ist. Oder ... Wie viel Aufwand für die äußere Fassade! Wie viel Sorgen und Kraft kostet uns das, als der oder die zu erscheinen, die wir eigentlich gar nicht sind. Was bleibt dann übrig für das, was wirklich wesentlich ist und bleibt: „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ Noch manches andere, vieles Alltägliche darunter, zählt zu den Dingen, die uns davon ablenken, was unserer Gerechtigkeit vor Gott dient: Was uns ängstigt - die Nachrichten in den Medien. Was uns den Mut nehmen will - die Zukunftsprognosen der Wirtschaftswissenschaftler. Was uns in Schrecken versetzt - die neuesten Daten der Klimaforscher. Und noch so manches andere gibt es, was bei uns Unruhe und Sorglichkeit auslöst. In das alles hinein spricht Jesus sein Wort: „Sorget nicht! Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen.“ Liebe Gemeinde, es geht um unser Vertrauen. Glauben wir Jesus nicht, dass er uns die Herrlichkeit des Reiches Gottes in Aussicht stellt, dann müssen wir weiter hetzen und schuften, uns mühen und bangen, uns fürchten und in Sorgen verzehren. - Und alles wird doch unnütz sein und uns der neuen Welt Gottes und der Gerechtigkeit, die vor ihm gilt, keinen Deut näherbringen. Oder glauben wir unserem Herrn, der uns die herrliche Zukunft mit seinem eigenen Blut verdient hat. Dann werden Vertrauen und eine wunderbare Gelassenheit in unserem Herzen und unserem Leben einziehen, die unterscheiden kann, was wichtig ist und was unbedeutend, was unserer Mühe wert und was eigentlich völlig überflüssig erscheint. - Und das beste wird sein: Je mehr wir nach dem trachten, was Jesus uns als unsere Zukunft vor Augen stellt, um so mehr werden uns auch die weniger wichtigen Dinge zufallen und wir werden Zufriedenheit und Freude empfinden. AMEN