Predigt zur Jahreslosung 2009 - (31.12.08) / 1.1.09 Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Lk. 18,27 Liebe Gemeinde! Das ist ganz seltsam mit diesem Wort: Die meisten von uns sagen sicher, wenn sie es hören, ja, so ist es! Und wir haben auch gar keine Bedenken, diesen Vers als Jahreslosung anzunehmen. Wir finden ihn schön und richtig und wahr ... Aber - und hier eben wird es seltsam - was würden wir denn als Beweis anführen, wenn uns jetzt jemand fragt: Wo hast du das denn schon erlebt, dass bei Gott möglich geworden ist, was bei dir unmöglich war? Oder wenn du andere Menschen ansiehst: Wo bist du denn da schon Zeuge geworden, dass etwas geschehen ist, was nach menschlichem Er- messen ganz und gar ausgeschlossen gewesen ist? Nicht wahr, da müssen wir schon eine ganze Weile nachdenken? Und dann fällt uns zu uns selbst vielleicht ein, dass wir vor Jahren so krank waren und dann doch wieder ganz genesen sind. Aber: Hatten wir da nicht nur gute Ärzte? Mit anderen Worten: Dass wir gesund geworden sind, war das nicht eben doch schon bei den Menschen möglich! Oder es kommt uns der Nachbar in den Sinn, der nach langer Arbeitslosigkeit wieder eine Stelle ge- funden hat - er selber und wir andere hatten gar nicht mehr daran geglaubt. Aber - bei aller Chris- tlichkeit - warum sollen wir denn da Gott bemühen, der das möglich gemacht hat? Warum nicht ganz nüchtern feststellen: Da war halt gerade mal ein Job frei und der passte für unseren Nachbarn! Liebe Gemeinde, nein, ich will ihnen nicht den Glauben daran nehmen, wovon die Jahreslosung spricht. Im Gegenteil! Aber die Dinge, die bei Gott möglich sind, die sind nicht - entschuldigen Sie bitte - so läppisch und so gering: Dass wir nach der Krankheit auch wieder gesund werden oder ein Mann nach langer Zeit eine neue Arbeit findet. Das geschieht alle Tage bei diesem und jenem und auch bei uns. Wenn wir von dem sprechen, was nur bei Gott oder durch ihn geschehen kann, dann müssen wir schon an etwas Größeres denken, an etwas Wunderbares, das jede Erwartung und jede Erfahrung sprengt! Und so etwas gibt es eben auch! Und hier erweist es sich dann, dass bei Gott wirklich Dinge möglich werden, die nach unserem menschlichen Verstand eigentlich ganz und gar unvorstellbar sind! Ich bin solchen Dingen in den letzten Wochen durch eine auf den ersten Blick gar nicht so bedeu- tende Sache auf die Spur gekommen: In den letzten Novembertagen des gerade vergangenen Jahres war wie in jedem Herbst die Bambi-Verleihung. Und wie in jedem Jahr gab es ein goldenes Rehkitz für Stars aus Film und Fernsehen, aus der Mode und der Popmusik. Nichts besonderes soweit. Ein Bambi aber war etwas absolut Besonderes. Es wurde in der Kategorie „Engagement“ vergeben und ging an das Kinderhospiz „Bärenherz“ in Wiesbaden. Stellen wir uns das vor: Da tritt ein Mod- eschöpfer auf, dann ein gefeierter Entertainer, dann die amerikanische Pop-Ikone, der Tennissport- ler und ehemalige Wimbledon-Sieger und schließlich der Schauspieler, der für sein Lebenswerk geehrt wird ... und dazwischen irgendwo hat man doch wirklich den Mut gefunden, einer Einrich- tung wie Bärenherz, also einem Haus, in dem todkranke Kinder ihre letzten Lebenswochen verbrin- gen, denselben Preis zu verleihen! Wie passt denn das zusammen? Die glitzernde Welt der Stars und Prominenten, die umjubelten Reichen und Schönen - und dann der Gründer von Bärenherz, eine festangestellte Mitarbeiterin der Einrichtung und eine Ehrenamtliche, deren Kind im Hospiz gestorben ist, seitdem ohne Geld, freiwillig und gern Kinder zum Sterben begleitet. Liebe Gemeinde, ich glaube, sie verstehen, was ich meine: Das ist so durch und durch un- gewöhnlich, das scheint in der Hochglanzwelt von Show und Fernsehen doch nun wirklich keinen Platz zu haben! Bei den Sportlern, den Schauspielern, Schlagersängerinnen und den anderen Promis geht es um das Leben, um Menschen, die man gern hört oder sieht und um angenehme Gedanken - beim Preisträger „Bärenherz“ geht es um den Tod, um das schlimmste, was uns allen bevorsteht, aber hier noch einmal in der allerschlimmsten Form, es geht um das Sterben von Kindern, die kaum zu leben begonnen haben. Für mich ist das ein Wunder gewesen, dass die Verleiher des Bambi so etwas gewagt haben. Hier sind wir Zeuge für etwas geworden, was bei Menschen eigentlich nicht möglich ist - und doch war es möglich! Hier hatte Gott für mich ganz klar seine Hand im Spiel. Aber das ist noch nicht einmal alles: Das Wunder geht noch weiter, viel weiter! Wie der Chef der Einrichtung und die Mitarbeiterin über ihre doch für die meisten von uns auch unvorstellbare Arbeit reden konnten! Nicht nur, dass sie diese Arbeit, vor der es uns doch grauen würde, überhaupt schon längere Zeit aushalten. Nein, sie konnten davon sprechen, dass auch noch deutlich wurde: Das ist eine sehr anstrengende Arbeit und sie fordert sehr viel, aber trotzdem vermittelt die Begleitung tod- kranker Kinder etwas so Wertvolles, das man nicht missen möchte und das - man will es in diesem Zusammenhang ja kaum nennen - auch noch eine tiefe Freude schenkt! Und selbst die Frau, die ihr eigenes Kind verloren hatte, konnte von dieser Freude und dieser tiefen und wesentlichen Erfa- hrung in dieser Arbeit sprechen. - Auch hier zeigt sich für mich ein Wunder und es wird deutlich, dass hier Dinge geschehen, die bei Menschen eigentlich unmöglich sind und nur durch Gottes Kraft geschehen können. Und immer noch sind wir nicht beim größten Wunder oder sagen wir besser: beim Kern des Wund- ers angelangt, wie er am Abend der Bambi-Verleihung vor unsere Augen und Ohren kam, aber da- von will ich jetzt sprechen: So hat es die Mutter, die ihr Kind im Hospiz bis zum Tod begleitet hat, ausgedrückt: „Dann ist mein Kind auf den Schwingen eines Engels davongeflogen!“ Hier kommt also der Glaube, den wir als Christen haben dürfen, ins Spiel. Und alle anderen Betreuer der tod- kranken Kinder, die man in einem kurzen Film über Bärenherz gesehen hat, haben das gesagt oder ausgestrahlt: Die Kinder, die wir mit unserer Liebe bis an die Schwelle des Todes führen, gehen nicht in den Tod, sondern ins Leben, nicht ins Dunkel, sondern ins Licht, nicht ins Vergessen, son- dern dorthin, wo sie bei Gott ewig bewahrt und zu Hause sind. Dass ein solcher Glaube, eine solche Gewissheit möglich ist, das kommt nicht aus uns selbst. Dass die Menschen, die solche schlimmen, unendlich schmerzhaften Erfahrungen machen müssen, zu einem solchen Glauben und Vertrauen finden, das ist Gottes Werk an ihnen. Sagen wir nicht, wenn Eltern ihr Kind verlieren, das wäre das schrecklichste, was man sich vorstellen kann? Und sagen wir dann nicht auch: Das wundert mich nicht, wenn die Eltern über diesem Schicksal ihren Glauben verlieren? Aber sehen wir nach diesem Hospiz „Bärenherz“: Wo wir doch eigentlich erwarten, dass Menschen, die tagtäglich solche endgültigen Abschiede nehmen müssen, ihren Glauben nicht festhalten können, da ist es ganz and- ers, genau umgekehrt, als wir es uns denken. - Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Dieser Glaube und eigentlich jeder Glaube, der ja oft genug gegen ganz dunkle Er- fahrungen festgehalten wird, zählt für mich zu diesen Dingen, die wir nicht selbst hervorbringen können. Aber es gibt ja noch einige Gefährten dieses Glaubens, mit denen zusammen er meist auftritt: Die Hoffnung, die Liebe, aber auch die Treue und die Verlässlichkeit. Und immer wieder ist es so, dass aus dem Wunder des Glaubens die anderen Wunder entstehen: Warum kann ein Mensch, der lange Zeit nur Schweres und Leidvolles erlebt hat, doch fest darauf hoffen, dass sich sein Schicksal noch einmal wendet? - Weil er glaubt! Weil er weiß, dass bei Gott alles möglich ist. Wie kommt es, dass ein Mensch zu einem anderen, der für unsere Meinung die Liebe ganz und gar nicht verdient hat, Liebe aufbringt? - Weil er glaubt! Weil dieser Mensch begriffen hat, dass bei Gott ja auch die Liebe zu ihm selbst möglich ist, also zu einem, dem diese Liebe genauso wenig zusteht. Warum kann ei- ner, der mit Menschen umgeht, eine Krankenschwester, die pflegt, ein Jugendleiter, der sich für junge Leute einsetzt, oder die alleinstehende Frau, die seit Jahren für ihren behinderten Nachbarn wäscht, putzt und kocht ... warum können diese Menschen alle treu und verlässlich bei ihrer Arbeit bleiben, die sich doch nach unserer Vorstellung überhaupt nicht lohnt? Ich bin ganz sicher, wir werden fast immer den Glauben im Herzen dieser Menschen finden. Und dieser Glaube eben hat die Treue und Verlässlichkeit Gottes kennengelernt und hat erkannt, dass wir das, was wir an Gott erfahren, weitergeben müssen, um damit wieder anderen zu zeigen, dass Gott verlässlich ist und treu. Liebe Gemeinde, so ist es immer wieder und im tiefsten Grund unseres Lebens der Glaube, von dem alle Wunder herkommen und aus dem alle Dinge entstehen, die uns die Wahrheit dieses Wortes zeigen und beweisen: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Jahr 2009, ich wünsche Ihnen den festen Glauben an Gott und ich wünsche Ihnen viele gute Erfahrungen mit seinen wunderbaren Möglichkeiten!