Predigt zur Christvesper/-mette - 24.12.2001 (Benötigtes Material: Ein Kreuz - vielleicht 60 cm hoch - aus schwarzer Pappe, in seiner Mitte herausgeschnitten ein Stern, von hinten beklebt mit gelbem Transparentpapier, eine Kerze) Hinweis: Die Predigt kann auch von mehreren SprecherInnen vorgetragen werden. Textlesung - zur Einstimmung: Kol. 2, 3-10 In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Ich sage das, damit euch niemand betrüge mit verführerischen Reden. Denn obwohl ich leiblich abwesend bin, so bin ich doch im Geist bei euch und freue mich, wenn ich eure Ordnung und euren festen Glauben an Christus sehe. Wie ihr nun den Herrn Christus Jesus angenommen habt, so lebt auch in ihm und seid in ihm ver- wurzelt und gegründet und fest im Glauben, wie ihr gelehrt worden seid, und seid reichlich dank- bar. Seht zu, daß euch niemand einfange durch Philosophie und leeren Trug, gegründet auf die Lehre von Menschen und auf die Mächte der Welt und nicht auf Christus. Denn in ihm wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig, und an dieser Fülle habt ihr teil in ihm, der das Haupt aller Mächte und Gewalten ist. Ich glaube, heute Abend ist keiner hierher gekommen, um eine nur oberflächliche Stunde zu haben. Wir wollen mehr. Der eine vielleicht die Botschaft, an der er endlich begreift, was die Geburt Jesu mit ihm selbst zu tun hat. Eine andere sucht hier die Freude, die tiefer geht und weiter reicht als bis in unsere Augen und zum morgigen Weihnachtstag. Ein dritter möchte endlich Antwort auf die Fragen seines Lebens, Licht für die vielen ungelösten Rätsel. Noch manchen Grund mag es geben, warum wir gekommen sind. Jetzt sind wir hier mit unserem Sehnen, unseren Wünschen und unse- rer Hoffnung: Ob heute Nacht nicht doch etwas geschieht, was uns ermutigt, tröstet, begeistert oder vielleicht gar unser Leben verändert?! Was haben wir mitgebracht? So unterschiedlich das sicher ist, im Grunde gleicht es sich auch wie- der: Da sind die Fragen, wie gesagt, die Rätsel und die Lasten. Unsere Trauer um Menschen, die uns verlassen haben - die heute wieder so groß ist. Unsere Angst vor der Zukunft, die uns gerade an solchen Tagen überfällt. Auch unsere Schuld, die wir seit langem mit Mühe zu verdrängen suchen, die sich aber immer wieder vor die Freude schiebt wie ein Schatten. Auch unsere Sorgen sind da, die berechtigten und die, die wir selbst nicht verstehen, die uns aber dennoch quälen und zermür- ben - schon seit langem. Und noch mehr ist da, liegt auf uns wie eine Bürde, drückt und beschwert uns, läßt uns nicht froh werden und nicht frei für Gottes Weihnacht. Das alles ist wie ein Kreuz, ein großes dunkles Kreuz, an dem wir tragen, ein schwarzes Kreuz, das uns die Sicht versperrt auf die Krippe und das Wunder dieses Heiligen Abends. Ich habe dieses Kreuz mitgebracht. Ich will es jetzt hier neben mich stellen. --- Wir wollen es betrachten, ihm nicht ausweichen, sondern davon sprechen, was es enthält: Dieses Kreuz ist deine Frage, lieber Zuhörer, warum dieses Unglück im vergehenden Jahr über dich gekommen ist. Es ist das Rätsel, das dich seitdem beschäftigt und nicht mehr losläßt: Warum du das erleben mußtest, erleiden und so schmerzhaft durchmachen... Die Frage auch, wo Gott war, als es geschehen ist, wie er es zulassen konnte und was er dir damit sagen will? Dieses Kreuz ist deine Trauer, liebe Zuhörerin, um den lieben Menschen, den du hergeben mußtest, den du noch so sehr gebraucht hättest und den dir Gott so jäh genommen hat. Deine Tränen sind dieses Kreuz, deine Not, die dich immer wieder so schmerzlich packt, deine trüben Gedanken und die Einsamkeit, die sich in deinem Herzen und deiner Stube zu Hause breitmacht. Dieses Kreuz ist deine Angst! Vor der Leere deines Lebens, vor der Zukunft und allem, was sie bringt. Sie ist auch die Furcht vor der Krankheit, vor Unfall und schwerem Geschick. Und schließ- lich steht schwarz und dunkel in diesem Kreuz auch die Angst vor dem Tod. Und dieses Kreuz ist deine Schuld. Die Taten, mit denen du Gott oder deine Mitmenschen beleidigt hast oder verraten. Die Gedanken der Verachtung, die du gedacht und die Worte, mit denen du ver- letzt hast, verleumdet oder gelogen. Deine Ichsucht, dein Geiz, dein neidischer Blick. Dunkel und groß ist diese Schuld, unbereut und unvergeben - schwarz wie dieses Kreuz. Und noch vieles ande- re ist dieses Kreuz, deine Sorgen, deine Laster und üblen Angewohnheiten, und die ganz verborge- nen Dinge, von denen nur du selbst weißt - und dein Gott. Es ist alles enthalten in diesem Kreuz, was Menschen nur erfahren und erleben, verursachen und erleiden. Es hängt jetzt hier - und ist doch deins; es ist ein Kreuz für uns alle und steht doch für alle Kreuze, die wir tragen und hierher mitgebracht haben. Dieses Kreuz - unser aller Kreuz. - - - Was ist heute Nacht geschehen? Nicht mehr und nicht weniger als dies: (eine Kerze wird entzün- det) Gott hat ein Licht angezündet auf dieser Erde. Sein Kind ist geboren. Er ist selbst Mensch ge- worden. Diese Welt ist nicht mehr gottverlassen. Christus ist da. Ein Licht leuchtet in der Finster- nis, ein kleines Licht - aber welcher Glanz geht von ihm aus! Unsere Augen haben jetzt einen Anhaltspunkt in all dem Dunkel! Unserem Weg ist ein Ziel gesetzt, auf das wir zugehen können. Sein Schein fällt auf unser Gesicht und macht es auch ein wenig heller. Und Wärme kommt von ihm her, entfacht unser Sehnen, bringt uns in Bewegung, treibt und lockt... Orgelvorspiel und gemeinsames Lied: Ein Licht geht uns auf... EG 557, Str. 1 Das Licht ist entzündet! Aber - was bedeutet das für uns? Was hat dieses Licht zu tun mit unserem Leben, mit unserem Kreuz, mit den Lasten und Sorgen, den Zweifeln und Ängsten, an denen wir tragen? Ist es nicht viel zu klein dieses Licht, viel zu schwach und zu dürftig? Was kann es schon ausrichten in dieser Welt, in ihrem Dunkel, gegen ihre Kälte und Einsamkeit? Aber warum fragen wir nach der "Welt"? Es wäre ja schon viel, wenn dieses Licht uns helfen könn- te, bei uns ein wenig heller machte, uns anrührte und wärmte! Aber - kann es das? Wir wollen se- hen. Und wir wollen dabei beachten, daß Gott sein Licht nicht für irgendwen entzündet hat und nicht für jeden, allgemein. Für mich hat er das getan! Im Hintergrund meines Lebens brennt jetzt dieses Licht - wenn ich bereit bin, auf dieses so geringe Zeichen zu achten. Und für dich ist diese Flamme angezündet - wenn du nach ihr sehen willst und dir von ihrem Schein etwas versprichst und erhoffst! Für uns alle leuchtet jetzt dieses kleine Licht - und will unserem Leben Richtung und Ziel geben, Sinn und Wärme, einen Auftrag und die Freude, die es schenkt, ihn zu erfüllen... Nach diesem Licht sehen sollen wir. Uns nach ihm wenden, auf es zugehen und nach ihm ausrichten: Gott ist ein Mensch geworden, uns zugut, einer wie wir, der Bruder, der Begleiter, der Helfer und Freund... Wenn wir's nun wirklich tun, uns diesem kleinen Licht zuwenden, uns nach ihm ausrichten, was wird dann mit unserem Kreuz? Wird es uns weiter schwarz und dunkel vor Augen sein und vor der Seele stehen, uns weiter beschweren und drücken, uns weiter belasten und quälen...oder? Wir wollen es jetzt nehmen, das Kreuz und einmal vor diese kleine Flamme halten, uns und unser Kreuz ausrichten nach Gottes Licht und wollen sehen, was dann geschieht... (Das Kreuz wird vor die Kerze gehalten, im Kreuz ist jetzt ein leuchtender Stern zu sehen!) Gemeinsames Lied: Ein Licht weist den Weg... EG 557, Str. 2 Wie hieß das vorhin: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Sein Licht macht das Verborgene sichtbar - auch in unserem Leben. Und wir begreifen jetzt, daß vor seinem Licht auch unser Kreuz nicht mehr dasselbe ist! Gottes Liebe, seine Treue und das Wunder dieser Heiligen Nacht gehen auch über unserem Kreuz auf, lassen es anders aussehen, tauchen es in ein neues Licht. Über deinen Fragen und Rätseln, lieber Zuhörer, liegt jetzt der Schein dieses Lichts: Du weißt vielleicht noch keine Antwort und alles ist noch nicht gelöst, aber du verstehst doch jetzt das eine: Es gibt die Antwort! Sie hat mit deinem Gott zu tun. Nichts ist dir geschehen, was er nicht gewußt und gewollt hat und was dir zuletzt dienen muß! Von ihm her ist alles, was dir geschehen ist und geschieht sinnvoll und es wird den Plan fördern, den dein Gott mit dir hat! Und über "deiner Trauer, liebe Zuhörerin, strahlt auch Gottes Licht: Der liebe Mensch, um den du weinst, ist jetzt noch viel näher bei diesem Glanz, der von Gott ausgeht! Er ist nicht ins Dunkel gegangen, sondern ins Helle! Und dich hat Gott nicht allein zurückgelassen, sondern bewahrt und behütet vom Schein seiner Liebe. Wie ein Stern mag jetzt auch über deinem Kreuz die Hoffnung aufgehen: Alle, die Kommenden, die Gehenden und die Bleibenden sind in Gottes Licht. Keiner ist allein, der sich nach ihm richtet. Auch über deiner Angst geht der Glanz Gottes auf: Schaue in die Zukunft, nach vorn - und du blickst ins Licht! Denke an alles, was dir auf dem Weg passieren kann, aber fürchte dich nicht, denn du gehst auch immer Gott entgegen! Weiche selbst dem letzten schweren Gedanken nicht aus - hinter der Tür aus diesem Leben geht es ins Helle, in einen Glanz der uns blenden wird und in eine Freude, die unaussprechlich ist. Und gewiß sieht auch deine Schuld vor diesem Licht jetzt anders aus: Der Stern der Vergebung ist darüber aufgegangen. Das Kind in der Krippe wird am Kreuz vollbringen, was dich freimacht. Es ist vollbracht! Du bist frei - nur schau' auch hin zu diesem Licht, geh darauf zu, bleibe in seiner Richtung! Und noch alles andere, was dieses Kreuz enthält, alles was du erfährst und erleidest, was dich beschwert und niederdrückt...ist vor diesem Licht nicht mehr dasselbe! In Christus liegen ver- borgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. Seine Schätze liegen auch in deinem Leben. Vielleicht bis heute noch unsichtbar und versteckt, aber sie sind da, wollen gehoben werden, kön- nen dein Leben reich machen und hell. Noch sind sie vielleicht nicht entdeckt. Noch mußt du sie finden, erkennen, begreifen, heraufholen... Aber von heute an ist dein Kreuz nicht mehr ganz so schwarz, nicht mehr ganz so dunkel. Ein Licht ist angezündet im Hintergrund deines Lebens, im Hintergrund deines Kreuzes. Schau' auf dein Kreuz, aber schau' in Richtung auf Gottes Licht! Über deinem Kreuz ist Gottes Stern aufgegangen. Das ist die Botschaft dieser freundlichen Nacht - für dich. Das ist der Grund der Freude, einer Freude, die weiter reicht als bis in deine Augen! Halte sie fest - auch morgen noch und durch das ganze kommende Jahr! Du wirst es sehen und es wird dich froh machen: In Christus liegen verborgen alle Schätze der Weisheit und der Erkenntnis. In diesem Sinn: Gesegnete Weihnachten! Gemeinsames Lied: Ein Licht macht uns froh... EG 557, Str. 3