Ansprache zur Aufnahme der Vorkonfirmanden - 29.7.2001 Liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde! Wir wollen auf eine kleine Geschichte aus der Bibel hören: Textlesung: Lk. 9, 10 - 17 Und die Apostel kamen zurück und erzählten Jesus, wie große Dinge sie getan hatten. Und er nahm sie zu sich, und er zog sich mit ihnen allein in die Stadt zurück, die heißt Betsaida. Als die Menge das merkte, zog sie ihm nach. Und er ließ sie zu sich und sprach zu ihnen vom Reich Gottes und machte gesund, die der Heilung bedurften. Aber der Tag fing an, sich zu neigen. Da traten die Zwölf zu ihm und sprachen: Laß das Volk gehen, damit sie hingehen in die Dörfer und Höfe rings- um und Herberge und Essen finden; denn wir sind hier in der Wüste. Er aber sprach zu ihnen: Gebt ihr ihnen zu essen. Sie sprachen: Wir haben nicht mehr als fünf Brote und zwei Fische, es sei denn, daß wir hingehen sollen und für alle diese Leute Essen kaufen. Denn es waren etwa fünftau- send Mann. Er sprach aber zu seinen Jüngern: Laßt sie sich setzen in Gruppen zu je fünfzig. Und sie taten das und ließen alle sich setzen. Da nahm er die fünf Brote und zwei Fische und sah auf zum Himmel und dankte, brach sie und gab sie den Jüngern, damit sie dem Volk austeilten. Und sie aßen und wurden alle satt; und es wurde aufgesammelt, was sie an Brocken übrigließen, zwölf Körbe voll. Die berühmte Geschichte von der Speisung der 5000... Ich finde, sie paßt wunderbar zur Aufnahme in die Konfirmandenzeit! Wieso, fragt ihr? - Ich will zur Antwort einmal Eure Geschichte mit diesen Gedanken der Bibel erzählen, liebe Mädchen und Jungen. Vielleicht erkennt Ihr Euch? Und Eure Gemeinde? Auch Euer Pfarrer wird in meiner Geschichte vorkommen und natürlich Jesus... Aber hört mir einmal zu: Da kamen Jesu Freunde zu ihm und sprachen ihn an: Herr, da sind ein paar junge Menschen, die möchten gern von dir hören! Sie haben Hunger und Durst nach dem Leben. Sie meinen, daß sie alt genug wären für deine Sache und möchten gern von dir erfahren, wie Gott ist und was er von uns haben will! Sprich du mit ihnen und stille ihren Hunger und ihren Wissensdurst! Da sagte Jesus zu ihnen: Tut ihr das doch! Ihr wißt doch genug von mir! Ihr habt doch erlebt, wie ich bin und was ich kann. Gebt es doch weiter an sie! Aber die Freunde Jesu antworteten: Aber Herr, wir können das doch nicht! Wir sind doch erst kurz bei dir und vieles ist uns unklar. Wir können die Jungen und Mädchen bestimmt nicht satt machen, es sei denn, wir holen uns den Rat von Fachleuten und geben alles in ihre Hände! Da sprach Jesus zu ihnen: Dann laßt sie zu mir kommen und sich setzen - ich will euren kleinen Glauben stark machen, daß ihr sie damit anstecken könnt; ich will eure kleine Begeisterung für mei- ne Sache genügen lassen, daß sie überzeugt werden von der Kraft Gottes! Und sie kamen und setzten sich und wurden unterrichtet in allem, was Jesus von Gott gelehrt hatte. Und er selbst ließ das Wunder geschehen, daß sie für Gott aufgeschlossen und gewonnen wurden. Ja, am Ende blieb gar noch so viel Glauben und Wissen von Gott übrig, daß noch andere damit neu- gierig gemacht werden konnten. Einige wurden gar gesättigt am Überfluß der entstanden war! Soweit meine Geschichte, die auch Eure Geschichte war! So erzählt, paßt sie schon zu diesem Tag der Aufnahme in eine neue Zeit, in einen wichtigen Lebensabschnitt. Ich glaube, Ihr seid wirklich hungrig und durstig - nach Leben, nach einem Halt, wo so vieles unsicher ist, nach einem Wort oder einem Menschen, nach Zielen, für die es sich einzusetzen lohnt. Ich glaube überdies, daß ihr das wirkliche Leben nur bei Jesus finden könnt. Alles, was ihr in der Schule lernt ist wohl wichtig - aber die letzten Fragen kann uns keine Formel und kein Lehrsatz der Physik beantworten. Im Sportunter- richt lernt Ihr Euren Körper trainieren und beherrschen - was nach dem Tod kommt sagt er uns nicht! In Englisch lernt ihr in fremder Sprache sprechen und verstehen - die Liebe zum Mitmenschen vermittelt er uns nicht. Die Erdkunde erschließt uns die Welt, in der wir leben - was ihr letzter Sinn ist, was wir auf der Erde sollen, hören wir nicht! Selbst "Religion" in der Schule ist meist zu wenig, Euch wirklich die Welt des Glaubens zu öffnen. Da ist ja auch immer der Druck von Noten, was ja im Grunde gar nicht zu diesem Fach paßt. In den Konfirmandenunterricht geht ihr freiwillig - wie ich hoffe. Dorthin bringt ihr Eure Fragen, Euern Hunger nach erfülltem Leben, die Sehnsucht nach Wer- ten, die halten und gültig sind und vielleicht auch Euren Wunsch, daß Euch jemand ein Stück beglei- tet, wenn ihr so langsam erwachsen werdet... Ich denke mir, das etwa erwartet Ihr von den kom- menden zwei Jahren! Das sind recht große Erwartungen, ziemlich gewaltige Hoffnungen! Man kann das schon verstehen, wenn Euch die Leute damit am liebsten zu Jesus selbst schicken: "Der wird Euch am besten helfen können!" Er aber sagt: "Gebt ihr ihnen zu essen!" Da sind wir also doch wie- der selbst dran! Wer "wir"? Ich glaube, da ist die Kirchengemeinde, da sind die Christen gemeint. Verständlich auch, wenn die dann zu den Fachleuten geht und spricht: "Herr Pfarrer, können Sie denn nicht den Jungen und Mädchen Unterricht erteilen?" Was wird nun der Pfarrer machen? Schickt er Euch wieder zurück zur Gemeinde oder weist er Euch noch weiter? Nein, ich will Euch unterrichten. Ich will Euch alles das, was wir im Kopf wissen kön- nen, weitergeben. Das kann ich und das will ich - mehr aber auch nicht! Bei mir könnt ihr über das Leben Jesu erfahren, über den Gottesdienst der Kirche, über die Bücher der Bibel und manche Ge- schichte von unserem Herrn, dem Mann aus Nazareth... Aber zum Glauben kann ich Euch nicht füh- ren! Das kann Euch nur Gott allein schenken! Daß Ihr also in diesen kommenden zwei Jahren den Halt im Leben findet, den Ihr sucht, das ist nicht garantiert! Deswegen ist nun der Konfirmandenun- terricht nicht sinnlos. "Glauben kommt aus dem Hören", so steht es auch in der Bibel. Aber nicht aus jedem Hören muß Glauben werden! Ohne Hören aber kann gar kein Glaube entstehen. Wir müssen schon von Gott gehört haben, wenn wir ihm vertrauen sollen! Wenn er will, wird er Euch den Glau- ben geben. Ich - für meinen Teil - will für das Hören sorgen. Dann aber - oder besser: daneben - muß ich Euch doch wieder zurückschicken zu Eurer Gemeinde! Bei ihr müßt Ihr nämlich über das Hören hinaus noch etwas lernen: Wie die Christen leben. Das kann ja Euer Pfarrer nicht auch noch übernehmen, jedenfalls nicht allein, sondern höchstens als Glied der Gemeinde. Sie, liebe Erwachsene, haben also auch eine Aufgabe - ich persönlich meine, es ist die wichtigste: Den jungen Leuten das Vorbild zu geben und die Freude daran, es mit dem Christsein zu versuchen. Wie wichtig diese Aufgabe ist, mögen ein paar Beispiele verdeutlichen: - Eine junge Frau sagte mir vor Monatsfrist, warum sie seinerzeit aus ihrer Gemeinde ausgetreten sei: "Ich konnte es einfach nicht mehr ertragen, wie die Leute am Sonntag fromm taten und 'Jesu, geh voran' sangen und im Alltag einer des anderen Teufel waren!" - Ein junges Mädchen wurde in ihren Konfirmandenjahren nicht einmal von ihren Eltern - oder Paten - zum Gottesdienst begleitet. Nur bei der Konfirmation tauchten Mutter und Vater auf, die doch einmal bei der Taufe versprochen hatten, für die religiöse Entwicklung ihres Kindes zu sorgen. Was denken Sie, wie oft ich das Mädchen nach ihrer Einsegnung noch in der Kirche gesehen habe??? - Und schließlich habe ich den Jungen erlebt, der nie allein war in seiner Konfirmandenzeit. Weder im Gottesdienst haben seine Leute ihn allein gelassen, noch bei den Fragen, die junge Menschen an das Leben und die Erwachsenen stellen: "Wozu bin ich da? Was soll ich mit meinem Leben anfan- gen? Was kommt danach?" Immer haben sie ihm gesagt, daß der Lebenssinn mit Gott zu tun hat. Und sie haben ihm nach Kräften vorgelebt, daß sie selbst sich auch von dem bestimmen lassen, von dem sie da reden. Aus diesem Jungen ist heute ein Mann geworden, der zum Glauben der Christen gefunden hat und der weiß, wofür er da ist! So wichtig ist das Vorbild, liebe Gemeinde! So entscheidend ist die Aufgabe, die wir alle - nicht nur der Pfarrer - an den jungen Leuten haben: "Gebt ihr ihnen zu essen! Zeigt ihr ihnen den Weg zu mir! Seid ihr ihnen ein Vorbild!" Liebe Gemeinde! Wenn wir dazu bereit sind - wirklich bereit sind, nicht nur in dieser frommen Sonntagsstunde - dann dürfen wir sie für alles weitere zu Jesus schicken! Dann haben wir getan, was wir tun können: Sie unterrichtet, in allem gelehrt, was wir hören und wissen sollen, ihnen ein gutes Beispiel gegeben und einen Hinweis auf unseren Herrn... Dann wird Jesus selbst unseren kleinen Glauben in die Hand nehmen, darüber danken und ihn durch uns austeilen an diese Mädchen und Jungen. Und er wird auch unsere Liebe und Treue an sich nehmen - trotz unserer Fragen und Zweifel - und sie groß und stark werden lassen in den Augen dieser jungen Menschen. - Dann kann das Wunder geschehen: Das Vertrauen zu Gott kann in diese Konfirmanden gepflanzt werden, er selbst kann in ihnen Glauben wecken und ihn wachean lassen...am Schluß kann Überfluß und Fülle daraus werden: Die Jungen Leute und mit ihnen noch viele andere können froh werden und satt. Sie finden den Halt, den sie su- chen. Sie haben das Ziel gefunden, für das es sich zu leben lohnt. Ihr Hunger und Durst nach Sinn ist gestillt. - Gott kann das tun. Wir dürfen ihn darum bitten. Am Anfang aber heißt es: Gebt ihr ihnen zu essen! Gott schenke uns Kraft und Ausdauer, Geduld und Liebe - daß wir es auch können!