Predigt am Heiligen Abend - Christvesper oder Christmette Predigt für 6 SprecherInnen: (ähnlich die Predigt zum 24.12.2011 - allerdings für nur 1 Sprecher) (Zu Beginn des Gottesdienstes wurden an alle Kerzen verteilt!) Hanna: Mein Name ist Hanna. Ihr werdet von mir noch nicht gehört haben. Vor bald 2000 Jahren war ich auch in diesem Leben, in dem ihr noch seid und an dem ihr manchmal schwer tragen müßt. Was ich heute abend hier mache? Ausgerechnet in der Heiligen Nacht? - Ich habe eine Botschaft für euch! Gerade für euch, die ihr jetzt zu so später Stunde hierher gekommen seid. "Was kann uns eine wie die sagen?", werdet ihr denken? Die kommt doch aus einer ganz anderen Zeit. Die kennt doch nicht unsere Sorgen und Ängste. Die weiß doch nicht, was uns beschäftigt, wenn wir an die Zukunft denken und was noch wird, bei uns persönlich und in der Welt. Ihr habt recht. Von eurem Leben verstehe ich nicht viel, und noch weniger von den Zeitproblemen, mit denen ihr euch herumschlagt: Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten mit der jungen Generation, kein Sinn im Leben, Einsamkeit und Angst und was euch noch alles beschwert. Wirklich: Das war ganz anders zu meiner Zeit. Eines aber sollt ihr wissen, ja, müßt ihr wissen, deshalb bin ich gekommen. Das hat mit dem Warten zu tun. Denn ihr wartet doch alle, nicht wahr. Und genau so habe auch ich einmal warten müssen, damals in Israel. Mein Mann ist Hirte gewesen, damals auf den Feldern vor Bethlehem. Über 20 Jah- re lang hat er Schafe gehütet, die nicht ihm gehörten. Einen Hungerlohn bekam er dafür, zum Ster- ben zu viel, zum Leben zu wenig. Aber immer hat er gesagt: "Warte nur, Hanna, eines Tages kommt einer, der sieht auch uns, der bringt uns eine Botschaft, die unser elendes Leben umkrempelt. Dann werden wir wissen, daß wir nicht vergessen sind bei Gott! Warte nur, Hanna..." Musik A: Du hast recht, Hanna. Auch ich warte. Jetzt, wo du das sagst, weiß ich, daß ich deswegen heute abend hierher gekommen bin. Ja, ich warte. Worauf? Nun, auf das Glück vielleicht, das tun ja sicher alle Menschen. Aber ich besonders warte auch noch auf ein Zeichen... Ja, ich bin heute hierher ge- kommen, weil ich gedacht habe: Ich will doch einmal sehen, ob Gott mir ein Zeichen schenkt, einen Halt, eine Hoffnung... Ich will jetzt, wo ich einmal davon rede, so weit gehen, daß ich es ausspre- che...aber du lachst bitte nicht darüber! Ich habe vorhin beim Eintreten in diese Kirche gedacht: Gott, wenn es dich gibt und wenn dieses Weihnachten wirklich ein besonderes Fest ist und das Kind in der Krippe wirklich dein Kind...dann laß mich hier heute abend ein Wort hören, das mir ganz tief in die Seele fällt, das es bei mir ein wenig heller macht, denn es ist sehr dunkel in mir und ich lebe hoffnungslos und ohne rechtes Ziel. Ich wünschte mir wirklich, daß ich heute hier etwas höre und erlebe, was mir dieses furchtbare, leere Gefühl von der Seele nimmt! Ich wüßte so gern, für was ich da bin. Ich würde ihn so gern kennen, endlich erkennen, an den andere glauben können. Und ich be- neide sie manchmal darum. Ja, ich warte. Wirklich, ich warte! Musik B: Mir scheint, ich bin hier in guter Gesellschaft. Ich warte auch. Nein, nicht was wir den Glauben nennen ist es, was ich suche. Den habe ich. Ich bilde mir nichts darauf ein! Ich weiß, daß ich dafür nichts kann, nichts getan habe. Ich warte...ja, auf die Liebe. - Ich merke, das hört sich an wie in den Groschenromanen: "Junges Mädchen an Weihnachten...wartet auf die Liebe..." Ich meine gar keinen Mann damit, nach dem ich mich sehne. Ich suche eine Liebe, die viel größer ist, als zwei Menschen sie sich geben können. Ich meine die Liebe... Es müßte etwas geschehen, daß die Menschen die Lie- be wieder lernen. Wer kann das denn noch: An den anderen denken...nicht nur mal an Weihnach- ten...so ein bißchen... Nein, immer! Das müßte uns doch bewegen: Was braucht mein Mitmensch? Wonach sehnt er sich? Was wünscht er sich von mir? Was kann ich ihm geben? Was kann ich mit ihm teilen? Die Welt, die Menschen heute sind so kalt. Uns fehlt die Liebe! Uns fehlt einer, der uns das wieder zeigt, wie das geht: Sich selbst vergessen. Zurückstehen. Sich freuen, wenn ein anderer sich freut. Ich warte auf die Liebe! Musik C: Ich will gar nicht so hochtrabend sprechen: Mir fehlt ganz einfach ein Mensch! Ich bin oft sehr einsam. Dann sitze ich zuhause und schaue gegen die Wand und warte: Am Morgen, bis es Zeit ist, daß ich zur Arbeit fahren kann und abends, Zeit, ins Bett zu gehen. Am Wochenende warte ich, daß einer anruft, daß es gutes Wetter gibt und ich ein paar Schritte draußen machen kann, und ich warte, bis es wieder Sonntagabend geworden ist. Und so reiht sich Woche an Woche...wie dunkle Perlen an eine Schnur. Es gibt ihn nicht, den Menschen, der sagt, daß er auch wartet...auf mich... Es gibt ihn nicht. Heute abend war es besonders schlimm! Ahnt ihr, was die Heilige Nacht auslöst in einem Menschen, wie ich einer bin? All die zerbrochenen Träume, die begrabene Sehnsucht, die unerfüllten Wünsche... Sie steigen herauf in solchen Nächten aus der Kammer deines Herzens, wo du sie doch so fest verschlossen glaubtest, und sie stellen sich alle vor dich hin und schweigen und sehen dich an und ihr Blick fragt: Ist noch Hoffnung? Und du möchtest weinen und den Kopf schütteln und dich verkriechen, aber wohin? Ja, ich warte. Und ich warte doch auch nicht mehr. Musik D: Worauf ich warte, ist einer, der mir die Angst nimmt, diese scheußliche Angst, die sich immer mehr breit macht in meinem Leben, je älter ich werde! Ich denke so oft, wann wird das Leid über dich herfallen? Wann wirst du krank? Wer wird dich pflegen? Und es gibt auch an so vielen Orten Krieg auf der Welt! Wird der immer vor unseren Grenzen halt machen? Und der Hunger? Werden sich die Menschen in der dritten Welt nicht einmal holen, was wir ihnen vorenthalten? Und es ist ja auch so vieles ungerecht und schlecht und nur dem Streben nach Macht und der Gier nach Geld ent- sprungen. Und unsere Welt geht ja auch nach und nach vor die Hunde! Ausgebeutet ist sie, ge- schunden und vergewaltigt. Wer bringt das alles zurecht? Wer sagt da ein tröstliches Wort hinein, eines, was nicht nur einlullt und beschönigt? Wer hat auch wirklich die Macht, unsere Bruchstücke überall wieder zu einem Ganzen zu verbinden? Wer wird mir diese Angst nehmen? Wer schenkt mir endlich ein wenig Ruhe und einen Schimmer von Zuversicht, daß doch noch nicht alles verloren ist - für die Welt und bei mir persönlich? Ich warte...und bin hier drinnen schon ganz krank davon! Musik Hanna: Das, worauf ihr alle wartet, ist geschehen. Damals und heute! Ihr glaubt gar nicht, wie aufgeregt mein Mann war, in jener Nacht! "Hanna", hat er geschrien, als er vom Stall zurückkam, "Hanna, wir haben nicht umsonst gewartet! Er ist gekommen! Der Retter, der uns erlöst aus allem Elend und von aller Furcht!" Dann hat er mir von der Botschaft des Engels erzählt und von der Freude, die ihn er- griffen hat, als er vor der Krippe dieses Kindes kniete. Ich selbst habe diesen Jesus erst viel später kennengelernt. Das war, als er unterwegs gewesen ist zum Kreuz. Ich habe ihn da oben auf dem Hügel sterben sehen. Da habe ich gewußt, daß Gott treu ist und denen treu bleibt, die auf ihn warten: Den Armen, den Schuldigen, den Einsamen, denen die Angst haben und denen, die den Sinn ihres Lebens nicht wissen. Das wollte ich euch heute sagen: Ihr habt nicht vergeblich gewartet! Der ist da, der euer Leben und diese ganze Welt in Ordnung bringt. A: Soll das bedeuten, daß dieses Kind im Futtertrog das Zeichen für mich ist? Habe ich bis heute immer zu groß vom Glauben gedacht? Muß ich Gott gar nicht hinter den Wolken suchen als Herr- scher und unnahbaren Himmelskönig? Ist Gott so klein geworden? Ein Arme-Leute-Kind? Dann ist der Glaube ja gar nicht mehr dieses schwierige, hohe Ding, den Schöpfer und Erhalter des Weltalls zu fassen. Dann muß ich ja nur zu einer Futterkrippe gehen und einem Kind mein Herz schenken! ("Hanna" entzündet eine Kerze und reicht sie A, A und Hanna bleiben mit bren- nenden Kerzen vor dem Altar stehen. Währenddessen:) Lied: B: Wirklich, da ist das Vorbild, das Beispiel der Liebe, das ich immer gesucht habe! Gott gibt seinen Himmel auf! Gott steigt herab in den Dunst, die Kälte eines Viehstalls. Gott legt sich in einen Fut- tertrog. Wahrhaftig: Dem können wir nichts mehr hinzufügen! Da ist die Liebe greifbar geworden, zu einem Menschen geworden. Da ist der, an dem wir lernen können, was Liebe heißt, die Liebe! Dann ist mein Warten also am Ziel? wie zuvor bei A Lied: C: Aber ist mir auch geholfen? Gut, die Botschaft dieser Nacht heißt schon einmal, daß Gott nun bei mir ist. Aber wo ist der Mensch, dem ich von mir erzählen kann? Wer teilt meine Freude, meine Ängste, meine Zeit? Ob es einem anderen Menschen nicht genau so geht wie mir? Ob es nicht auch andere Menschen gibt, die warten...auf mich...wie ich warte? wie zuvor bei B Lied: D: Wenn das Gott ist, der in seine Welt kommt, dann hat er uns ja nicht vergessen! Dann sieht er ja nach ihr und nach uns... Nicht so, wie ich mir das wünsche, nicht so machtvoll und nicht so durch- greifend. Er läßt uns noch gewähren. Auch gefährden und zerstören. Aber er ist schon da. Das ist gut zu wissen. Sehr gut. Dann wird wohl nichts geschehen, wovor ich wirklich Angst haben müßte. wie zuvor bei C Hanna: Das, worauf ihr alle gewartet habt, ist geschehen! Aber denkt doch, wie es damals war, bei mei- nem Mann und mir. Im Stall hat Gott ja erst angefangen! Jahre später erst vollendet er an einem Kreuz, was er für uns tun wollte: Daß er uns frei macht von Angst, Schuld und vom Tod. Das War- ten ist noch nicht vorbei! Es muß noch ganz wahr und wirklich werden, wie Gott euch erlöst! Aber der Anfang ist gemacht. Ihr müßt Geduld haben. Aber Gott erfüllt, worauf wir warten. Das wollte ich euch sagen. Deshalb bin ich gekommen. Alle Sprecher und "Hanna" nehmen ihre Kerzen und entzünden überall in der Kirche die Lichter der Gemeinde. Während der Austeilung des Lichtes Lied: