Predigt zur Konfirmation - 28.5.2002 Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden, liebe Gemeinde! Ich will heute eine Geschichte erzählen. Sie ist wunderschön, wie ich finde und sie hat - auch wenn wir es nicht gleich erkennen können - viel mit der Konfirmation zu tun: Ein Schuhmacher, sehr fromm und gottesfürchtig, war bekannt dafür, daß er die besten Schuhe weit und breit fertigte. Er nahm nur das ausgesuchteste Leder. Er arbeitete sorgsam und so maßgenau wie möglich. Wo andere zwiefach nähten, da nähte er dreifach. Gerne warteten die Menschen ein wenig länger auf die Schuhe, die sie bei ihm bestellt hatten. Immer lohnte sich die Geduld. An den Schuhen, die er machte, drückte nichts, war nichts zu eng oder zu weit. Wie auf Daunen ging man in den Sandalen oder Stiefeln. Und teurer als andere war er auch nicht. Nun hatte dieser Schuster - wie gesagt, er war fromm und gottesfürchtig - bei jedem Paar Schuhe, das er ablieferte, noch einen besonderen Brauch. Er gab ihnen etwas mit, das diese Schuhe als seine Arbeit auswies. Den Schuhen die Anfangsbuchstaben seines Namens oder gar den ganzen Namen aufzuprägen, war er viel zu bescheiden. Er hatte sich etwas schöneres, viel besseres und gewiß sinnvolleres einfallen lassen: Auf die Unterseite eines der beiden Schuhe, die seine Werkstatt ver- ließen, genau zwischen Sohle und Absatz, dorthin, wo auch kein jahrelanges Gehen auf staubigen Wegen oder steinigen Straßen ihn auslöschen konnte, schrieb er einen Vers aus der Bibel. Und er wählte dazu mit viel Bedacht ein Wort aus der Heiligen Schrift, das - wie er meinte - zu dem neuen Besitzer der Schuhe paßte. Da konnte dann vielleicht ein reicher Kaufmann auf seinen Werktagss- chuhen lesen: "Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergeßt nicht; denn solche Opfer gefallen Gott." Bei einem Soldaten schrieb er auf die Stiefel: "Du sollst Gott mehr gehorchen als den Men- schen!" Und einer alten Frau widmete er für die vom Mund abgesparten Sonntagsschuhe den Vers: "Freut euch aber, daß eure Namen im Himmel geschrieben sind." Dann übergab er die Schuhe an die Auftraggeber, die sie bestellt hatten, mit den besten Wünschen für die zukünftigen Wege, die sie mit ihren Schuhen gehen würden. Dann sagte er noch, daß er ihnen mit Gottes Segen widmen wolle, was sie auf den Sohlen ihrer Schuhe lesen konnten. Dann verabschiedete er sich von seinen Kunden. Seine Arbeit war jetzt getan, sein Werk vollendet. Wie der Bibelvers auf den Schuhen ankam, aufgenommen wurde und ob man ihn überhaupt je entzifferte und beachtete, das war nicht mehr seine Sorge. Liebe Gemeinde, hier endet die Geschichte. Vielleicht erkennen sie schon ihren tiefen Sinn? Vielleicht ahnen sie auch, was sie für mich mit der Konfirmation zu tun haben mag? Liebe Konfirmanden, liebe Konfirmandinnen, ich glaube, das ist ein schönes Bild für heute: Mit eurer Konfirmation ist euch von dem "großen Schuhmacher", wie ich unseren himmlischen Vater einmal nennen will, ein Paar Schuhe gegeben, das so gut gearbeitet ist, daß es nicht nur dieses ganze Leben, sondern eine Ewigkeit nicht entzwei geht. Anders als bei meiner Geschichte allerdings, sind die Schuhe ganz umsonst, denn dieser große Schuhmacher muß nicht von seiner Hände Werk leben! Aber - und das ist wieder wie in der Geschichte - auch auf der Sohle unserer Schuhe steht ein Wort! Ein für uns ausgesuchtes Wort, eines, das nur für uns bestimmt ist, ganz persönlich!, eines, das genau wie die Schuhe, das ganze Leben in dieser Welt und einmal in Gottes Herrlichkeit halten soll! Denken wir uns doch jetzt einmal, dieses Wort wäre euer Konfirmationsspruch! - - - (*) Hier, auf dem Schuh von Isabell steht: Gott ist Liebe, und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm. Bei Anette lesen wir: Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, der Herr aber sieht das Herz an. Bei Marco: Selig sind, die reines Herzens sind, denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen. Bei Daniel: Der Herr wird dich durchs Leben geleiten und beschützen. Bei Michael: Wachet, steht im Glauben, seid mutig und seid stark! All eure Dinge laßt in der Liebe geschehen. Und bei Alexander lesen wir: Bewahre mich, Gott; denn ich traue auf dich. Und bei allen hier, die einmal konfirmiert wurden, ist es genauso: Auch wir anderen haben so ein Wort von Gott auf unseren Schuhen geschrieben. Aber - bevor wir jetzt nachsehen - es ist un- sichtbar, wie auch das Wort an unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden heute unsichtbar ist. Wir selbst aber wissen es. Und wo wir es nicht mehr wissen, wollen wir einmal nachschauen oder nachdenken. Das wäre doch schön, wenn wir uns wieder einmal erinnern...an unser Wort von Gott... Ich will jetzt einmal ein paar von diesen Worten, die vielleicht auf unseren Schuhen stehen, vor aller Ohren bringen. Dieses Wort ist ganz gewiß dabei: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts man- geln!" Und manche andere von uns sollte wohl dieser Vers auf ihrem/seinem Lebensweg begleiten: "All eure Sorge werft auf Gott, denn er sorgt für euch." Und noch einen letzten dieser Sprüche für ein Leben will ich nennen, den vielleicht gleich ein paar von uns auf ihren Sohlen lesen können: "Be- fiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird's wohl machen." - Und wenn wir uns heute vielleicht auch nicht mehr auf unseren Vers besinnen, alle diese Worte wollen zu Herzen genommen werden. Sie wurden uns einmal mitgegeben, um uns den Weg durchs Leben zu zeigen, uns immer wieder zurechtzubringen, wenn wir nicht weiter wissen, uns Mut zu machen, Trost zu schenken, Kraft, wenn wir nicht mehr können. Nun ist meine Geschichte vom Schuhmacher mit ihrer wunderbaren Beziehung zur Konfirmation und zu unserem Leben als konfirmierte Menschen aber noch lange nicht erschöpft. Da gibt es noch etwas, das ist auch klar, wenn man sie recht versteht und richtig in unser Leben überträgt: Wir müssen unser persönliches Wort, das uns der "große Schuhmacher" auf die Sohlen geschrieben hat, schon auch im Kopf haben! Wir müssen es kennen, wahrnehmen und ehrlich wollen, daß es unser Leitvers wird! Wenn ich das nicht höre und nicht wissen will, daß "der Herr mein Hirte ist" und ich ihm "meine Wege befehlen soll" und er "mir die Sorgen abnehmen kann", dann wird das auch nicht wahr werden können bei mir. Das ist klar. Und dieses Bild von den Schuhen und unserem Wort auf ihren Sohlen gibt noch mehr her - und das ist jetzt ein wenig ernst: Wenn ich mein Wort nicht kenne oder wenn ich es vielleicht in der Hetze und dem ewigen Trott und dem Schaffen und Schuften meines Lebens vergessen haben sollte, dann muß ich anhalten! Da hängt dann alles davon ab, daß ich wieder einmal zur Ruhe komme, stehen- bleibe auf meinem Weg, den ich da so kopf- und haltlos renne und immer weiter renne... Anhalten muß ich! Die Schuhe meines Lebens wieder einmal ausziehen und sie herumdrehen. Und dann muß ich neu nachschauen, was da unten auf den Sohlen für mich geschrieben steht. Und ich bin ganz si- cher, das wird eine ganz wunderbare Erfahrung sein, dieses Stehenbleiben, Schauen, Lesen, Besin- nen... Und dann kann es schon sein, daß ich vielleicht umkehren muß, weil mein Weg bisher einfach nicht zusammenpaßt mit meinem Wort! Oder ich bekomme dann die Kraft für einen neuen Anfang, für ein Leben nicht immer nur für mich selbst, sondern mehr für andere? Oder mir geht auf, wie ger- ing die Rolle Gottes bisher in meinem Leben war, wie sehr ich um Sachen oder um irgendwelche ei- gentlich so unwichtigen Ziele und Wünsche gekreist habe. - Aber jetzt noch einmal ganz praktisch und damit zurück zu uns hier und heute und zu dieser Konfirmation: Wir alle hier, die Konfirman- den, die Eltern und Paten und alle anderen haben von unserem Gott auch einmal Schuhe für's ganze Leben bekommen: Bei unserer Konfirmation, als ein Geschenk des großen Schuhmachers, unsres himmlischen Vaters. Und auf einem dieser Schuhe, da hat Gott unten auf die Sohle unsichtbar ein Wort für uns persönlich draufgeschrieben. Kein noch so rauher Weg, kein noch so steiniger Pfad kann dieses Wort zum Verblassen bringen. Deutlich wie am ersten Tag steht es da! Nur: Kennen müssen wir dieses Wort! Anhalten müssen wir vielleicht, um es wieder neu wahrzunehmen. Dann kann es wieder oder auch zum ersten Mal Kraft und Trost in unser Leben geben. - Heute nun, bei dieser Konfirmation, haben auch die sechs jungen Leute, die eingesegnet werden, von Gott ihre Schuhe mit ihrem Wort darauf erhalten. Ich weiß schon, die Schuhe mit dem Konfirma- tionsvers darauf, werden mit vielen anderen Geschenken des heutigen Tages konkurrieren müssen, die euch vielleicht viel wertvoller erscheinen. Darum wünsche ich euch, daß ihr eure Schuhe, die Gott euch heute schenkt, in Ehren haltet und vor allem das gute Wort darauf. Und ich wünsche euch, daß ihr den tiefen, guten Sinn, den die Geschichte vom Schuhmacher uns vermitteln wollte, niemals vergeßt. Und was ich euch wünsche, wünsche ich uns allen: Wir alle haben ja von Gott Schuhe für ein ganzes Leben geschenkt bekommen und es steht ein Wort für uns ganz persönlich da- rauf. (* An dieser Stelle werden von unter der Kanzel je ein Schuh jeder Konfirmandin und jedes Konfir- manden hervorgeholt.)