Predigt zur Konfirmation - 13.5.2001 Liebe Gemeinde, liebe Eltern und Paten und - heute ganz besonders! - liebe Konfirmanden! Vor einer Woche, beim Vorstellungsgottesdienst, haben wir's am Anfang gemeinsam gesprochen: "Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln..." Ihr könnt diesen 23. Psalm auswendig. Ich würde Euch diesen Psalm und seine guten Gedanken heute gern so wichtig machen, daß Ihr ihn Euer ganzes Leben lang auch "inwendig" in Eurem Herzen habt! "Der Herr ist mein Hirte..." Woran denken wir, wenn uns dieser Psalm einen Hirten inmitten seiner Schafherde vor Augen stellt? Der eine denkt an eine Autofahrt neulich, bei der er doch wirklich links der Autobahn wieder einmal einen Schäfer mit seiner Herde gesehen hat. Eine andere erinnert sich an das Bild über dem Bett der Großeltern, damals... Da war Jesus dargestellt...mit einem Lamm auf dem Rücken...mitten in der großen Herde der anderen Schafe. Heute empfinden wir solche Bilder als ein wenig kitschig, viel- leicht zu fromm oder süßlich. Aber vor Zeiten hat das die Menschen angesprochen und vor allem ist der Sinn des Bildes bis ins Herz gedrungen: "Der Herr ist mein Hirte. Er weidet mich auf einer grü- nen Aue und führet mich zum frischen Wasser." Was könnte uns dieser Psalm und das Bild, das er uns vor Augen malt, heute mitgeben? Vielleicht das: Da ist einer, der nach Euch sieht, der Euch behütet, der die rechte Weide für Euch kennt und den Weg zu den guten Wasserstellen... Aber wir wollen uns jetzt nicht zu sehr in die Züge dieses Bildes verlieren. Wir wollen es einmal in Eure Wirklichkeit übertragen, in Euer Leben, in die Zu- kunft, die auf Euch wartet: Wenn für Euch jetzt vielleicht schon bald die so wichtigen Entscheidungen anstehen wie Berufswahl oder eine weiterführende Schule... Ihr seid nicht allein! Es ist einer in Eurer Nähe, der weiß unter den vielen möglichen Wegen den richtigen Weg für Euch. Und Ihr könnt ihn fragen. Das Gebet ist so ein Gespräch mit ihm. Und er will Euch antworten. Ihm ist es nicht gleichgültig, was Ihr ein Le- ben lang macht. Weil er Euch kennt, Eure Begabungen und Fähigkeiten, darum will er auch, daß Ihr sie sinnvoll einsetzt. "Der Herr ist mein Hirte. Er erquickt meine Seele." Gewiß, gerade heute kann es auch geschehen, daß alle Straßen in die Zukunft versperrt scheinen. Darüber müssen und können wir auch reden: Ihr findet vielleicht keine Lehrstelle, Ihr müßt den Ausbildungsplatz nehmen, der sich überhaupt noch bietet, nach der Lehre gibt's für Euch keine Ar- beit... Das werden dann furchtbar schlimme Zeiten sein. Das kann Euch zermürben und in schreckli- che Zweifel stürzen. Ich hoffe und bete dann für Euch alle, daß Ihr da hindurchfindet, hindurchgelei- tet werdet. Eines aber müßt Ihr dann festhalten: Wenn Euch die Erfahrungen, die Ihr machen müßt, dann auch einreden wollen: Du bist nichts, keiner will dich, du kannst und wirst ja doch nie etwas... Es ist auch und gerade dann der in Rufweite, der niemanden in solchen Zweifeln untergehen lassen will! Für ihn seid Ihr wichtig, einzigartig, unverwechselbar. Gerade mit Euch hat er seinen Plan. Euch braucht er für eine Aufgabe, die nur Ihr erfüllen könnt. Darum bringt er Euch auch durch die härteste Wegstrecke, durch das tiefste Dunkel: "Der Herr ist mein Hirte. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich!" Überhaupt ist dieser "Hirte" immer neben und um Euch. Nicht als einer, der Euch kontrolliert, Euch den Spaß verderben oder Eure Freiheit beschränken will. Das ist der große Irrtum, dem die Men- schen unserer Zeit so oft und so zahlreich erliegen!: Jesus als Spielverderber, als Gefängniswärter, als Aufpasser oder gar Unterdrücker jeglicher Freude. Ach, was haben sie aus dem "guten Hirten" gemacht! - Unser Herr ist ganz anders! Er freut sich mit seinen Leuten. Er leidet mit und weint mit. Weil er uns liebhat. Sicher hat er auch etwas vor mit uns! Gewiß möchte er, daß wir einen bestimm- ten Weg gehen. Aber er will uns nichts aufzwingen. Einer, der einen anderen liebt, wird immer war- ten, bis der freiwillig tut, was er sich von ihm wünscht. So einer ist unser guter Hirte! Er will Eure Freiheit nicht zerstören, ja, er will geradezu, daß Ihr die wirkliche Freiheit findet: Freiheit, aus Eu- rem Herzen heraus das Gute, Wertvolle, Richtige zu tun; Freiheit, gerne zu folgen, wenn er uns in Liebe die Richtung weist. "Der Herr ist mein Hirte. Er führet mich auf rechter Straße!" Es wird nicht ausbleiben, daß Ihr auch einmal den falschen Weg geht. Vielleicht folgt Ihr falschen Freunden oder der Reiz von Geld und Gut verlockt Euch. Mancher wird auch ganz die Herde dieses Herrn verlassen - auch wenn er heute verspricht, bei ihr zu bleiben! Andere werden Schuld an den Mitmenschen auf sich laden, Schuld durch Bosheit, durch Neid, durch Verletzungen und was wir einander sonst noch alles antun. Da ist es gut, immer vor Augen zu haben, was im Bild, das uns der Psalm vor die Augen malt, auch enthalten ist: Der gute Hirte geht seinem Schaf nach, er sucht es, er findet es und befreit es aus dem Gestrüpp, in das es sich verfangen hat. Dabei schont er sich selbst nicht und scheut sich nicht, sich selbst zu verletzen. Er hat sein Leben eingesetzt, hat mit dem Tod gerungen - für sein Schaf...für Dich! Was für eine Freude, wenn er's dann wieder hat! Wie hast Du ihm gefehlt...jetzt bist du wieder in seiner Nähe. "Der Herr ist mein Hirte. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang." Und noch etwas sagt uns dieses Bild: Wo der gute Hirte ist, da ist immer auch eine "Herde"! Darum sind auf den alten Jesusbildern neben dem Schaf auf der Schulter des Herrn auch immer andere Schafe abgebildet. Und wenn wir heute hin und wieder noch einen Schäfer sehen, dann darf doch auch die Herde nicht fehlen! Hirt und Herde gehören zusammen. Wir gehören in die Herde der ande- ren. Das will uns einmal deutlich machen, wir sind nie allein oder einsam, es sind immer Menschen mit uns auf dem Weg, die ähnlich denken, glauben und fühlen wie wir: unsere Gemeinde! Das sagt aber auch: Lauft Ihr bitte nicht weg von der Herde! Dreht Eurer Gemeinde jetzt nicht den Rücken! Im Leben Eurer Kirchengemeinde erfahrt Ihr die "Herde" des Herrn, der Gottesdienst ist, wo sie sich versammelt. Die Predigt ist das Wort ihres Hirten. Der Alltag ist die Bewährung, daß wir ver- standen haben, was wir zuvor hörten. Ein Christ kann ohne diese Versammlung nicht sein. Ein Schaf aus der Herde dieses Herrn, wird auf seine Stimme hören - wenigstens einmal in der Woche! Wer die Herde verläßt, verläßt auch den Hirten. Ein Hirte nämlich ist stets bei den Schafen seiner Herde. Dort gehört auch Ihr hin. "Der Herr ist mein Hirte. Und ich werde bleiben im Hause des Herrn im- merdar." Liebe Konfirmandinnen, liebe Konfirmanden! Heute habe ich Euch den 23. Psalm einmal wie ein Bild ausgelegt: "Der Herr ist mein Hirte!" Was wünschte ich, es möchte Euch immer vor Augen und im Herzen sein! Dann werdet Ihr sicher nicht immer ein leichtes Leben haben, aber ein gesegnetes! Und wenn Ihr wirklich einmal vergeßt, was dieses Bild Euch sagen will, dann wünsche ich Euch Menschen, die euch erinnern, Euch wieder ins Gedächtnis rufen, daß Ihr einen guten Hirten habt - der schon nach Euch sucht! Liebe Gemeinde! Für uns alle gilt dieses schöne Bild genauso! Wie gut wäre das, wenn auch der eine oder die andere von uns heute wieder einmal daran erinnert worden wäre, was wir im Kampf des Lebens und in der Hetze unserer Jahre so leicht verlieren: "Der Herr ist mein Hirte!" AMEN