Ansprache zur Goldenen Hochzeit: Eheleute S. - 26.3.2001 - Ps. 37,5 Liebes Goldenes Brautpaar, liebe Gemeinde! Im Trauungsbuch unserer Kirchengemeinde stehen sie beide mit ihrer Hochzeit auf Seite 305, unter dem 26.3.1951. Der 2. Ostertag ist das damals gewesen. Der Mann steht da noch zuerst, dann folgt die Frau: E. S. steht da und H., geb. B. Er geboren in Groß-Eichen und sie ebenso. Als Trauspruch wurde ihnen von Pfr. W. damals ein Wort aus Ps. 37,5 mit auf den gemeinsamen Weg gegeben: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen. Von Anfang an sind ihrer beider Lebenswege mit Groß-Eichen verknüpft. Alles was zum Leben im Dorf aber auch als Christenmenschen gehört, ist mit unserem Dorf verbunden gewesen: Taufe, Kon- firmandenstunde, Hochzeit, ja all ihre Jahre. Getauft, konfirmiert und getraut worden sind sie hier in dieser Kirche. In die Schule gegangen sind sie hier und ihre Lebensarbeit verrichtet haben sie auch in unserem Dorf, seiner Umgebung und den lange Zeit auf den Feldern ringsum. Seit ihrer Geburt und seit ihrer Hochzeit 1951 als ein Paar wohnen sie in ihrem Haus in der U.-Straße. Zwei Kinder hat Gott ihnen geschenkt, und später zwei Schwiegerkinder, und dann - in der nächsten Generation - fünf Enkel! Ein gutes, glückliches und harmonisches Leben durften sie führen, mit frohen, schönen Zeiten, aber auch mit manchen dunkleren und schwierigen Stunden, so wie das ja zu jedem Leben und zu jeder Ehe gehört. - Mehr will ich gar nicht sagen zu ihrem gemeinsamen Lebenslauf. Denn das ist auch gar nicht nötig: Bei zwei Groß-Eichenern von Geburt wie ihnen, könnten wir hier kaum jemandem etwas über sie erzählen, was der noch nicht wüßte. Liebe Frau S., lieber Herr S.! Ich möchte gern mit ihnen, für sie beide und uns alle einmal an diesem schönen Trauvers entlangge- hen und ein paar Gedanken dazu sagen: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohl machen. Ich weiß nicht, ob sie sich diesen Spruch damals haben aussuchen können. Ich weiß aber, daß es heute, nach fünf Jahrzehnten, wohl ein Vers war, der sie in all den Jahren wirklich begleitet hat. So war dieses Wort auch sofort auf ihren Lippen, als ich gefragt habe, worüber ich denn heute sprechen soll. Das scheint uns vielleicht weniger erstaunlich. Zur Hochzeit wird uns ja immer ein Bibelwort gewidmet. Und es klingt doch auch schön: Befiehl dem Herrn deine Wege... Auf der anderen Seite aber ist das nun wirklich kein Vers, der die Menschen unserer Zeit gleich anspricht: Befiehl dem Herrn deine Wege...? Wenn wir ganz ehrlich sind, dann befehlen die Menschen unserer Tage - be- sonders vielleicht die noch jungen - ihre Wege lieber der eigenen Kraft und Leistung. Und diese Zeit bringt das auch mit sich, daß wir leicht denken, wir hätten alles im Griff und es stünde alles in unse- rer Macht. Als sie beide ihr gemeinsames Leben begonnen haben, wußten die Menschen sicher noch besser, daß sie zuletzt alles dem Segen Gottes verdanken, seiner Macht und seinem guten Willen über uns. Denken wir nur an die Erfahrungen um Saat und Ernte, wie sie vor 50 Jahren ja nun wirk- lich noch das ganze Leben im Dorf bestimmt haben. Wie viel hat sich geändert in der Landwirt- schaft. Wie leicht können wir darum heute denken, unser Leben hinge mehr am Einsatz von Maschi- nen und dem Gebrauch von Blaukorn und Thomasmehl. Und es fällt uns doch ehrlich gesagt auch jedes Jahr schwerer, am Erntedankfest die Lieder, die wir in der Kirche singen, ehrlich nachzuvoll- ziehen, wenn es heißt: "Ohne Gottes Segen, wär es all ein Nicht." Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn... Sie haben das getan. Sie konnten das. Was haben sie dabei erfahren? Gutes und Schweres. Glück und Leid. Schöne und dunkle Zeiten. Ja, es ist nicht so, daß wir, wenn wir Gott vertrauen, vor allem Leid bewahrt bleiben. Es ist nicht ein nur leichtes Leben, das dem gläubigen Menschen geschenkt wird. Manchmal meint man sogar, gerade denen, die Gott doch vertrauen, wird nichts erspart. Und doch ist es ein großer Unterschied, den ei- genen Kräften zu vertrauen, oder auf Gott seinen Glauben und seine Hoffnung zu setzen: Im ersten Fall nämlich müssen wir verzweifeln, wenn wir an die Grenzen unserer eigenen Kraft kommen. Und irgendwann kommt jeder Mensch dahin, auch noch der stärkste. Im andern Fall aber machen wir die wunderbare Erfahrung, daß wir auch in unserem Leid, auch in der Trauer, auch in Kummer und Krankheit gehalten sind. Und wir erleben, daß Gott, der uns in die dunklen Zeiten geführt hat, auch in ihnen begleitet und hindurchführt. Aber ich merke jetzt, man spricht davon so leicht, das geht einem - zumal als Pfarrer - wie ge- schmiert von den Lippen. Aber ich weiß schon, daß es uns im Leben, im Alltag manchmal furchtbar hart ankommt mit dem Vertrauen zu Gott. Und ich weiß, sie, liebe S.'s, haben auch solche Erfah- rungen im Leben gemacht, machen müssen, da hat es sie sehr viel gekostet, dem "Herrn die Wege zu befehlen und auf ihn zu hoffen". Da wünschen wir uns vielleicht ganz sehnlich, dies oder das zu er- reichen. Da beten wir monatelang darum, daß Gott uns doch gesund macht oder unsere schwierigen Beziehungen heilt und segnet. Aber es geschieht nicht. Gott scheint uns nicht zu hören. Er bleibt stumm und wir fühlen uns allein. In diesen Zeiten lernen wir, müssen wir lernen, was auch dazu gehört, wenn wir dieses Wort beher- zigen wollen: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn... Es ist die Geduld, die hinzu- kommen muß. Wir müssen auch warten können, bis Gottes Stunde für uns kommt. Und wir wollen ganz ehrlich sein jetzt, oft kam diese Stunde - viel später, als wir es uns wünschten, so spät, daß wir die Erfüllung unserer Bitten gar nicht mehr mit unserem Gebet in Verbindung gebracht haben, aber sie kam. Geduld ist die Tugend, die zur Hoffnung gehört. Warten können, nicht ablassen vom Beten, vom Hoffen, von der Zuversicht... Und eines Tages dann wird es für uns rund, dieses schöne Wort. Dann können wir sagen: Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn.......er wird's wohl machen. Und dann werden wir noch etwas lernen! Dieses "wohl"-machen ist vielleicht etwas ganz anderes als das, was wir uns immer gedacht und erhofft hatten. Wir haben uns vielleicht gewünscht, daß wir gesund werden, von einer Krankheit genesen - aber sie bleibt. Nur spüren wir irgendwann, daß Gott uns Kraft genug schenkt, mit der Krankheit zu leben und nicht immer nur mit unseren Gedanken um unser Befinden zu krei- sen, oder gar bitter dabei zu werden. Und vielleicht hatten wir uns erhofft, daß ein Mensch noch län- ger bei uns bleiben könnte; aber er ist gestorben und uns ist die Welt zusammengestürzt. Irgendwann aber wird es dann doch wieder hell in unserem Leben. Vielleicht weil wir den lieben Menschen ja bei Gott geborgen wissen. Vielleicht weil Gottes Verheißung der Auferstehung uns ja auch tröstet. Mi- teinemal aber können wir wieder lachen. Wir verstehen es selbst nicht recht, aber das Leben hat uns wieder, es gibt auch Freude, es sind auch wieder schöne, fröhliche Tage. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn.......er wird's wohl machen. Liebe Eheleute S., das ist ganz schwer hier in ein paar Minuten all die gute und schwere Lebenserfahrung, die sie vor dem Hintergrund dieses Trauverses gemacht haben, in die rechten Worte zu fassen. Ich denke aber, das können sie bestätigen: Man braucht auch viel Geduld, wenn man Gott vertrauen, auf ihn hoffen will. Und man wird am Ende - manchmal erst nach Jahren - sagen können: Er hat es "wohl" ge- macht! Eben vielleicht nicht so, wie wir uns das dachten, aber doch "wohl", gut, richtig für uns und wie es einem Vater entspricht, und das will Gott ja zuerst für uns sein. Wir haben vor Tagen darüber gesprochen, was denn für sie das Wichtigste an diesem Tag heute ist. Sie haben beide gemeinsam geantwortet: Der Dank. Sie wollen danken für alles, was Gott ihnen in ihrem gemeinsamen Leben geschenkt und geschickt hat. In diesen Dank wollen sie ausdrücklich auch das einbeziehen, was ihnen am Anfang vielleicht nicht so gefallen hat. Aber was erst schlimm aussah und kaum zu ertragen, hat sich oft nach einer Weile als gut und hilfreich erwiesen. Was sie zuerst als eine ganz dunkle Zeit erlebt haben, war ihnen später dann die Zeit, in der sie gelernt haben, Gott zu vertrauen und ihm alles zu befehlen. Und - das sage ich auch aus der eigenen Erfahrung her- aus - was könnte wichtiger sein, als beizeiten zu lernen, daß Gott uns trägt, führt und in seiner guten Hand hält? Nur dieses Wissen kann uns vor der Verzweiflung bewahren. Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn er wird's wohl machen. Ja, wir wollen dankbar sein, auch wir andere, für alles, was Gott uns schickt. Wir wollen Geduld haben und warten können. Einmal wird es sich erweisen, ganz gewiß: Gott wird es wohl machen! AMEN