Traupredigt für Anke und Marcel B. Psalm 62, 6 + 7 Liebe Anke, lieber Marcel! Ich denke, ihr habt das gar nicht gemerkt, neulich, als ich für das Trau- und Taufgespräch bei euch war. Mir aber ist es aufgefallen, und es hat mich sehr angerührt und gefreut, und es hat mich auf einmal ganz gewiß gemacht, daß ihr beiden wohl zueinander gehört und gut zueinander paßt und gewiß - so Gott will - einen gesegneten Weg vor euch habt. Ich spreche in Rätseln. - Ich meine, die Art, wie ihr miteinander gesprochen habt, wie ihr einander angesehen und immer wieder angefaßt habt, während unseres Gesprächs, so als wolltet ihr einander bestätigen, daß ihr noch da seid und beieinander bleibt und diesen gewiß aufregenden und großen Tag heute miteinander bestehen wollt. Und das Leben, das vor euch liegt, ist ja bestimmt nicht minder groß und aufregend, denn immerhin, ihr seid noch so jung und habt doch schon für ein drittes Leben Verantwortung! Für den kleinen Justin, den wir nachher taufen wollen. Ich glaube, es war die Art, wie ihr aneinander Halt gesucht habt, die mich so angesprochen hat. Gewiß, wenn wir sagen sollten, warum wir heiraten, dann würden wir zuerst von Liebe reden. Und wenn wir andere fragten, dann könnten wir etwas von Anziehung und von gegenseitigem Gefallen oder Begehren hören. Mancher, besonders wenn er frömmer ist, würde gar davon sprechen, daß Gott sie für ihn und ihn für sie bestimmt hat, weil die Ehen ja sowieso im Himmel geschlossen werden... Vom Halt, den wir einer für den anderen bedeuten, von der Hilfe, die wir eins am anderen suchen, würde gewiß gar nicht oder ganz zuletzt etwas gesagt. Dabei ist es ganz bestimmt sehr oft das allererste und wichtigste, was uns bewegt, jedenfalls wenn das ganz große Feuer des Anfangs ein bißchen heruntergebrannt ist. Und ich finde, das ist beileibe keine Schande, wenn zwei Menschen in dieser doch sehr harten Zeit, aneinander Halt und Beistand suchen! Denn es ist wunderbar mit seinen Sorgen und seiner Angst zu einem lieben Menschen hingehen zu können und dann ein Wort zu hören, das wieder Kraft und Mut gibt. Und es tut uns unendlich wohl, wenn uns einer, der es ganz gut mit uns meint, in seine Arme nimmt, einfach drückt und uns an sich wieder aufrichtet. Und es ist unvergleichlich schön, neben dem Kampf am Arbeitsplatz oder in der Gesellschaft heute überhaupt, eine Ehe mit einem geliebten Menschen zu haben, in der ich nicht kämpfen, mich nicht behaupten und mich nicht verstellen muß - eine Beziehung, in der ich einfach so sein darf, wie ich mich fühle und in der ich Geborgenheit erfahre, auch wo ich schwach und klein bin. - Ja und an diese Gedanken mußte ich wieder denken, als ich mir den Trauspruch, den ihr euch ausgewählt habt, vor Tagen etwas näher betrachtet habe. Auch da geht es um Halt und Hilfe - allerdings in einem höheren, ja, in einem ewigen Sinn. So heißt euer Vers: ABER SEI NUR STILLE ZU GOTT, MEINE SEELE; DENN ER IST MEINE HOFFNUNG. ER IST MEIN FELS, MEINE HILFE UND MEIN SCHUTZ, DASS ICH NICHT FALLEN WERDE. Hoffnung, Fels, Hilfe, Schutz... Wird da nicht wirklich alles angesprochen, was wir auch aneinander suchen? Nur, wir wissen das ja selbst: Wie weit reicht denn unsere Hoffnung? Wie stark ist der Halt, den wir anderen geben können. Auch die Hilfe braucht sich nur zu rasch auf. Und Schutz...manchmal fühlen wir uns selbst so schutzlos und ausgeliefert, wie sollen wir da anderen noch etwas geben können? SEI STILLE ZU GOTT, MEINE SEELE; DENN ER IST MEINE HOFFNUNG! Wäre das nicht wunderbar, wenn wir sozusagen im Hintergrund unseres Lebens und auch unserer Ehe eine unversiegliche Quelle der Hoffnung hätten? Und wäre das nicht wirklich schön und gut, wenn wir irgendwo ganz sicher den Felsen hätten, auf den wir uns stellen können, die Hilfe und den Schutz, die nie vergehen und sich nie aufbrauchen? Das verspricht euer Vers: GOTT IST MEIN FELS, MEINE HILFE UND MEIN SCHUTZ, DASS ICH NICHT FALLEN WERDE. Liebe Anke, lieber Marcel! Wenn wir jetzt hier fragen würden, wie kriegt man denn von Gott Schutz und Hilfe, wie geht denn von ihm Hoffnung aus für unser Leben, wie wird er der Felsen, der uns trägt und das sichere Fundament, auf das wir unser Leben bauen können? Wenn wir so fragten, dann wäre bei den meisten hier sicher die Antwort: Das muß man halt glauben! Und das ist ja auch das, was wir meist hören können, wenn es um all die anderen Sachen geht, die in unseren Kirchen gepredigt und an den Gräbern verkündigt werden: Daß es gut ist den Nächsten zu lieben, gehört z.B. dazu. Daß es eine Auferstehung geben wird, ist so eine andere Sache. Und schließlich zählt zu diesen Dingen die Frage, ob es überhaupt einen Gott gibt. Immer sagen die Leute: Das muß man halt glauben! Ich will heute dazu - aus gutem Grund - einmal etwas anderes sagen: Nein, das muß man nicht zuerst glauben, das kann man auch erfahren! Gott stellt nämlich nicht zuerst Bedingungen: Wenn du nicht glaubst, dann kriegst du von mir auch nichts...sondern er kommt unserem Glauben zuvor! Er schenkt erst einmal Liebe! (Auch die, die ihr jetzt einander weiterschenkt, ist von ihm!) Und er schenkt das Leben, eures und das des Kindes, das euch anvertraut ist, kommt aus seiner Hand. Und er schenkt Hoffnung, und Schutz und Hilfe... Wirklich! Das kann man erfahren! Und ihr habt das ja auch erfahren. Alles, was es dazu braucht, ist ein wenig Offenheit für das, was Gott tut. Vielleicht ist es dabei hilfreich, diese Empfehlung eures Trauspruchs ernst zu nehmen und ihr nachzukommen: SEI NUR STILLE ZU GOTT, MEINE SEELE. Viele Menschen unserer so hektischen Zeit finden darin Kraft, daß sie immer wieder, möglichst jeden Tag still werden vor Gott. Beten nennen das die Christen. Und auch das geht, ohne sehr viel von Gott zu wissen. Aber dann kann es auf einmal geschehen, daß die Stille zu reden beginnt, daß aus dieser Stille das fließt, was hier verheißen ist: Hoffnung, Hilfe, Schutz... Und darin geschieht dann eben auch dies: Wir haben zuerst Gott erfahren und können dann an ihn glauben. Ich persönlich meine, so ist immer die Reihenfolge! Liebe Anke, lieber Marcel! Ich wünsche euch, daß ihr solche Erfahrungen miteinander machen könnt. Und ich möchte euch das zusagen: Gott ist der Halt, die Hoffnung, der Felsen! Wenn euch die Kraft dazu ausgeht, den anderen zu stützen und zu tragen...bei Gott werdet ihr immer finden, was ihr braucht! Ich wünsche euch, daß ihr dann gemeinsam gewiß werdet, daß alles, was euch widerfährt, aus Gottes gütigen Händen kommt. Er will euer Fels sein, auf den ihr euer Lebenshaus bauen könnt. Noch einmal: Nein, daß wir an ihn glauben, ist nicht die Vorbedingung für den Halt an Gott und für seine Liebe und all die anderen guten Gaben. Wir stünden alle mit leeren Händen da und müßten in Angst und Elend vergehen, wenn es so wäre. Gott kommt unserem Glauben immer zuvor. Er schenkt uns die Erfahrung seiner Güte und dann - vielleicht - aus der Stille vor ihm finden wir auch zum Glauben? Die Predigt wurde gehalten von Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35325 Mücke/Groß-Eichen