Traupredigt für Annette und Albert T. 1. Thess. 5, 16 - 18 Liebes Brautpaar, liebe Gäste! Wir können uns jetzt gewiß alle nicht gegen den Eindruck wehren, als würden heute mindestens zwei Menschen verreisen! Es geht hier ja wirklich ein bißchen zu wie auf einem Bahnhof. Und Bahnhof, Verreisen, Aufbruch...das sind eigentlich gar keine so schlechten Bilder für das, was heute hier geschieht bei Annettes und Alberts Trauung... Die Eltern und die anderen Verwandten haben sich noch einmal versammelt. Eure Freunde, die ihr beiden sozusagen mitbringt in die Ehe. Viele Bekannte, Kameraden, Kolleginnen und Kollegen... Bläser bringen ein Ständchen, ein Chor singt, Blumenschmuck und selbst ein Teppich ist ausgerollt... Ein wirklich schöner, großer Bahnhof! Und wie am Bahnsteig so kurz vor dem Einsteigen wollen euch alle Glück wünschen. Jeder sieht zu, daß er euch noch einmal in die Arme schließt, oder daß er euch wenigstens die Hand drücken kann oder einen Kuß auf die Wange, je nach dem, wie nahe wir uns stehen. Es wird - obwohl wir einander ja auch morgen noch sehen - es wird doch auch ein wenig Abschied genommen. Gerade die Väter und Mütter empfinden so einen Tag ja immer zuerst ein bißchen wie Verlieren... Meine Annette, mein Albert, mein Kind...gehört jetzt jemand anderem. Und Väter und Mütter brauchen Zeit das zu entdecken: Ich verliere ja gar nicht, ich gewinne ja...eine Tochter, einen Sohn... Heute aber ist es wohl doch noch mehr das andere: eben Abschiednehmen. So erklärt sich auch noch manches, was heute hier am Bahnsteig vor sich geht: Ratschläge werden mitgegeben, Umarmungen, Küsse, Tränen fließen...kurz: Es ist eine ganze Menge los heute, bevor sich der Zug in der Ferne verliert und ihr unterwegs seid, unterwegs in die Ehe, in die gemeinsame Zeit, die dann nur noch euch gehört. Und es gibt eine weitere Beziehung von diesem Tag zu "Bahnhof" und "Verreisen": Es werden nämlich heute Reden gehalten, längere oder kurze, Worte zum Beherzigen gesprochen und - wenn es um eine ganz große Reise geht wie diese - werden auch Segenssprüche gesagt und vielleicht mit Gesten bekräftigt... Eine der Reden heute habt ihr mir anvertraut. Und einen Segen soll ich nachher auch über euch sprechen. Und beides tue ich herzlich gern. Ihr wollt die Reise eurer Ehe unter dieses Bibelwort stellen: Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes an euch. Seid allezeit fröhlich... Wir wollen es ruhig aussprechen: Dabei habt ihr zuerst einander im Sinn! Endlich ganz...meine Annette, mein Albert... Dieser Mensch gehört nun mir...und ich ihm! Er verspricht mir heute Treue für das ganze Leben. Er sagt ja zu mir, so wie ich heute bin. Und er will auch zu mir stehen, wie immer ich mich entwickle. Ich finde, das ist wirklich ein Grund, fröhlich zu sein. Das ist das größte, das schönste, was wir einander schenken können. Daß wir einander so lieben, daß wir alle Sicherungen aufgeben und uns selbst alle Hintertüren verschließen und dieses Ja wagen: Heute sage ich ja zu dir - für alle Zeit! Ich vertraue mich dir an und will dein Leben teilen, in allen deinen Veränderungen mit dir gehen, mich mit dir freuen und mit dir auch weinen...wie Gott es uns schickt. Ich weiche nie mehr von deiner Seite, so lange Gott uns Zeit schenkt. Und da ist nun er genannt, über den ihr auch fröhlich sein dürft, Gott! Und was ich jetzt euch sage, das möchte ich uns allen, die einen Lebenspartner haben dürfen - wieder einmal - vor Ohren bringen und vor das Herz stellen: Ist das nicht eine ganz große, eine schier unglaubliche Sache, ja ein Wunder, daß wir einander finden in dieser Welt, gefunden haben? Unter Millionen sind gerade wir uns begegnet, der Funke war da, die Liebe entflammte daran und wir bleiben, blieben beieinander, Jahre, Jahrzehnte, ein ganzes, langes Leben. Gewiß, manchen in dieser Zeit mag das auch ein schwer zu ertragender Gedanke sein. Aber uns, die es erlebt haben, erfahren haben, wie die Liebe sich nicht abnutzt, nur verändert, nicht kleiner, sondern immer noch stärker und schöner wird, uns ist es ein Wunder, das klare Zeichen, daß Gott die Menschen mit seiner Liebe bewegt, daß er sie füreinander bestimmt und die Stunde fügt, in der wir uns begegnen. Darum gilt das für euch: Ihr solltet euch finden. Ihr wart füreinander bestimmt: Annette für Albert, Albert für Annette. Wenn ihr das wißt und ihr wißt es, dann müßt ihr fröhlich auf die Reise und in die Zeit gehen, die heute beginnt. ...betet ohne Unterlaß, so sagt euer Trauvers weiter. Sprechen wir auch das aus: Diese Empfehlung erscheint uns ja vielleicht doch ein wenig übertrieben! ...ohne Unterlaß!? Wo soll den da die Zärtlichkeit noch ihren Raum haben? Wo bleibt die Zeit für den geliebten Menschen und für mich selbst? Und arbeiten müssen wir ja doch auch... Trotzdem: Ich glaube, auch dieser Rat kann befolgt werden - ohne daß wir ihn verkürzen: ...betet ohne Unterlaß, lebt in der innigsten Beziehung mit Gott, die wir uns vorstellen können, eben wie in einem ständigen Gebet, einem immerwährenden Gespräch des Kindes mit dem Vater. Da müssen nicht immer Worte gesagt, Bitten geäußert oder Wünsche vorgetragen werden. Aber seid gewiß, die Verbindung zu diesem Gott steht in jeder Stunde, jeder Sekunde eures gemeinsamen Lebens. Sie reißt niemals ab, von Gottes Seite her jedenfalls nicht. Das zu wissen, ist eine große Hilfe für unser Leben: Gott kennt meine Sorgen. Wovor ich Angst habe, weiß er genau. Was mich bedrückt, ist ihm bekannt. Und er hat auch schon seinen Plan, wie er mich führen und wie er uns beiden die Kraft geben will, hindurchzukommen. ...betet ohne Unterlaß, vielleicht liegt da ja auch noch ein anderer Gedanke drin, den man sich auszusprechen heute bei manchen Menschen kaum noch getraut. Bei euch getraue ich mich: Verhaltet euch auch so, wie es dieser innigen Beziehung zu Gott entspricht. Habt immer vor Augen, daß Gott euch sieht und daß es ihm ganz und gar nicht gleichgültig ist, was ihr denkt, sagt und tut. Und was euch beide angeht, ist Gott vor allem das wichtig: Daß ihr erfüllt, was ihr einander heute versprecht. Daß ihr euch bemüht, einander glücklich zu machen, Liebe zu geben und treu zu sein. Seid dankbar in allen Dingen... So heißt es hier zuletzt, aber es ist beileibe nicht das kleinste, die unwichtigste unter diesen Empfehlungen! Und ich weiß von euch, daß es auch für euch beide nicht an letzter Stelle stehen soll. Seid dankbar! Ich glaube fest, daß es euch heute nicht schwerfallen wird, Gott zu danken! Wie viele und große Gaben hat er euch doch geschenkt! Und die größte sollt ihr nun füreinander sein... Und auch einander zu danken, wird euch gewiß nicht schwer sein, heute nicht und lange nicht. Wenn man aber die Menschen ein bißchen kennt, dann weiß man: Selbst der Gedanke, wie schön und groß das doch ist, diesen Menschen zu haben, seine Liebe, sein Vertrauen, seine Treue...selbst das kann verblassen im Lauf der Jahre. Wir gewöhnen uns noch an die schönsten Dinge und selbst Wunder werden uns klein, wenn wir sie nur lange genug genießen. Darum ist das empfohlen, weil es halt doch nicht selbstverständlich ist: Seid dankbar! Sagt Gott allezeit Dank für alles, nehmt die Dinge als seine Gaben, die er euch aus lauter Güte schenkt. Und nehmt auch einander an als immer wieder neues Geschenk. Und vor allem: Sprecht den Dank auch aus...vor Gott im Gebet und vor einander in euren vertrauten Stunden, täglich, immer wieder, ein Leben lang. Gott will das und wir brauchen das, nicht nur, wenn wir selbst den Dank hören, sondern auch, wenn wir ihn sagen! Es ist etwas anderes, wenn wir Dankbarkeit nur empfinden und wenn wir sie aussprechen. Der Unterschied ist, daß ausgesprochener Dank auch wieder den anderen Menschen und uns selbst froh macht! Und ich scheue mich nicht so von Gott zu reden: Auch der "Vater" freut sich, wenn unser Dank Worte findet! So sind dankbare Menschen auch wieder fröhliche Menschen. Und hier sind wir beim Anfang zurück. Hier schließt sich der Kreis, den euer Trauspruch beschreibt: Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid dankbar in allen Dingen; denn das ist der Wille Gottes an euch. Liebe Annette, lieber Albert! Ich will euch das jetzt ganz persönlich wünschen: Seid fröhlich! Über einander, über Gott, der euch heute zusammenführt. Betet ohne Unterlaß! Lebt und bleibt in der engsten Verbindung zu diesem Vater - jeder für sich und gemeinsam als seine Kinder. Und seid dankbar gegenüber Gott und für einander - und das nicht nur heute und morgen, sondern euer ganzes Leben. So wird die große Reise eurer Ehe gelingen. Und wir, die heute am Bahnsteig zurückbleiben, müssen uns keine Sorgen um euch machen, denn - und wir wollen auch das noch in das schöne Bild von Bahnhof und Verreisen hineinmalen - ihr seid nicht alleine unterwegs! Ihr habt einen Reisebegleiter, den guten Gott, der euch nicht nur heute seinen Segen mitgibt, sondern der mit euch unterwegs ist und bleibt. Er wird euch täglich so viel Segen schenken, wie ihr braucht. - Ist es nicht gut, das zu wissen! Die Predigt wurde gehalten von Pfr. Manfred Günther, Lohgasse 11, 35325 Mücke/Groß-Eichen