Ansprache zur Goldenen Hochzeit: Eheleute F., 6.6.1999 Apg. 16,31 (Als Schriftlesung wurde zuvor folgende Geschichte gelesen: Ein alter, weiser Mann wird einmal gefragt, wie denn die Liebe zwischen zwei Menschen sein solle? Er schweigt lange und schaut sinnend vor sich hin, dann öffnet er den Mund und spricht: Es waren einmal zwei Brüder, die sich herzlich liebten. Als sie die Ernte auf ihren Feldern eingefahren hatten, dachte der eine: Ich will einen Teil meiner Früchte auf einen Wagen tun und sie in der Nacht heimlich in die Scheune meines Bruders bringen. Er hat nicht so viel Glück gehabt mit seiner Arbeit auf dem Feld und hat nicht so viel geerntet. Der andere aber war in derselben Nacht schon dabei, ebenfalls mit einem Teil seiner Ernte zur Scheune seines Bruders zu fahren. Auch er hatte zu sich gesprochen: Mein Bruder hat in seiner zwei Münder mehr zu stopfen als ich und ich kann leicht noch etwas entbehren von dem Meinen. In der Mitte des Weges zwischen ihren beiden Scheunen trafen sie sich. Als einer - ohne auch nur ein Wort gesprochen zu haben - merkte, was der andere vorgehabt hatte, fielen sie sich in die Arme und weinten. So, schloß der alte, weise Mann seine Geschichte. so soll die Liebe zwischen zwei Menschen sein.) Liebes Goldenes Brautpaar, liebe Gemeinde! Im Trauungsbuch unserer Kirchengemeinde stehen sie beide mit ihrer Hochzeit unter dem 6.6.1949. Der 2. Pfingsttag ist das damals gewesen. Der Mann steht da noch zuerst, dann folgt die Frau: E. F. steht da und E., geb. S. Er geboren in Groß-Eichen und sie ebenso. Als Trauspruch wurde ihnen von Pfr. W. damals ein Wort aus Apg. 16,31 mit auf den gemeinsamen Weg ge- geben: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Seit ihrer Geburt sind sie ein Teil der Gemeinschaft von Groß-Eichen. Alles was zum Leben im Dorf und als Christen gehört, ist mit diesem Ort verbunden gewesen: Getauft, konfirmiert und getraut worden sind sie hier in dieser Kirche. In die Schule gegangen sind sie hier und ihre Lebensarbeit ver- richtet haben sie auch in unserem Dorf oder doch auf den Feldern und in den Wäldern ringsum. Seit 1949 wohnen sie - bis heute - gemeinsam als ein Paar in ihrem Haus am "Mittleren Brunnen", dem Scholtesse-Haus. Zwei Söhne hat Gott ihnen geschenkt, und später zwei Schwiegertöchter und dann - wie passend in der Zahl: vier Enkelkinder! Ein gutes, glückliches und harmonisches Leben durften sie führen, wie sie mir erzählt haben, mit frohen, glücklichen Zeiten, aber auch mit manchen dunkle- ren und schwierigen Stunden, wie es zu jedem Leben und zu jeder Ehe gehört. - Soviel nur zu ihrem gemeinsamen Lebenslauf. Denn mehr dazu zu sagen, wäre ja gar nicht nötig: Bei zwei Groß- Eichenern von Geburt wie ihnen, könnten wir hier kaum jemandem etwas über sie erzählen, was der noch nicht wüßte. Liebe Frau F., lieber Herr F.! Sie sitzen hier jetzt zwar äußerlich ganz ruhig und gelassen... Aber ich denke mir, daß sie beide doch schon in den letzten Monaten diesem Tag ziemlich entgegengefiebert haben! Sicher haben sie ge- bangt: Ob unsere Gesundheit dann gut ist. Ob die Gäste denn auch alle kommen können. Ob sie auch an alle und an alles gedacht und niemand und nichts vergessen haben. Schon seit geraumer Zeit beschäftigt sie dieser Tag. Immer wieder sind sie alles durchgegangen...diese Feier jetzt, das Fest nachher. Wann soll die Andacht sein, welche Lieder wollen wir hören und selbst singen? Wie geht der weitere Nachmittag vor sich? Und ob wohl alles klappt? Und ob es schön wird? Das ist nicht nur bei ihnen so gewesen, liebe Eheleute Fuchs. Sicher alle Goldenen Hochzeiter vor ihnen haben das sozusagen "durchgemacht"! Das gehört wohl einfach dazu. Und überdies - und deswegen spreche ich davon - hat es wohl seinen guten Sinn, daß es so ist! Und das gleich in dop- pelter Weise! Einmal zeigt uns ja die Aufregung und Spannung vorher, was das doch auch ist: Goldene Hochzeit feiern dürfen! 50 Jahre miteinander geschenkt bekommen. Über fünf Jahrzehnte gemeinsames Leben durch so viele schöne und schwere Jahre... Nein, das ist kein Pappenstiel! - Müssen wir nicht heute oft - bei der grünen Hochzeit - denken, ob das auch nur eine Weile überdauert? Ob diese beiden die Kraft, die Liebe und die Treue haben werden, auch nur ein paar Jahre beieinander zu bleiben? Aber dann ist miteinander alt zu werden, die Stütze, die Hilfe des anderen sein, wirklich in Freud und Leid und später dann auch - wenn es Gott will - in Krankheit und Schwäche nicht von der Seite des Part- ners zu gehen, doch noch einmal etwas anderes! Aber - und das ist das zweite - wir sind nicht nur Eheleute, wir sind ja auch Einzelne und für uns selbst Menschen, die nicht nur glückliche Zeiten, sondern auch ein Leben voller Arbeit, Belastungen und Gefahr durchwandern müssen. Und wenn wir daran denken, dann müssen wir heute auch dank- bar erkennen, wie groß das Geschenk des Lebens überhaupt ist und daß es uns von Gott so lange bewahrt und beschützt gewesen ist an Leib und Gesundheit - insgesamt rund sieben Jahrzehnte lang. In so vielen gefährlichen Augenblicken haben sie Gottes Hand erfahren, die er schützend über sie gehalten hat. Einige Male hing das eigene Leben auch gewiß am seidenen Faden und oft ist es für sie wirklich so gewesen, wie es vorher im Psalm hieß: Wenn auch Menschen neben dir fallen... Gar manchmal haben sie doch staunen müssen, daß Leid, Unglück und Kummer nicht sie, sondern ande- re getroffen haben. Und an vielen eigenen schweren Lebensstationen hätten sie gewiß nicht geglaubt, daß sie diesen Tag heute erleben würden. Darum noch einmal: Es ist wirklich eine große Gabe, dieses Fest heute. Und es sind - da wollen wir uns vom Zusammentreffen zweier Goldener Hochzeiten an diesem Wochenende nicht täuschen las- sen - es sind nicht sehr viele, die es feiern können! - Darum kann man die Spannung und die bange, aufgeregte Erwartung vorher sicher verstehen. Und wenn wir jetzt, vor dem Hintergrund dieser Gedanken, ihren Trauspruch von damals hören und bedenken, dann müssen wir noch einmal staunen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Wir wollen hier jetzt nicht zu fromm und zu dick auftragen, weil wir meinen, das gehörte an diesem Tag dazu... Aber hat sie nicht - Gott sei Dank - auch wirklich der Glaube immer getragen? Das Wissen, es ist einer über uns und die Ge- wissheit, er hat etwas mit mir, mit uns vor und er läßt uns nicht fallen? Und hatte in diesem Glauben nicht auch das seinen guten, wichtigen Platz, daß Gott es war, der sie beide zusammengeführt hat, daß er sie eins dem anderen zum Weggefährten hat geben wollen, ja, daß sie beide füreinander be- stimmt waren!? Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Ist das nicht wahr geworden? Gab es nicht viele, sehr viele Momente in den vergangenen 50 Jahren, da menschliche Hilfe gefehlt hat und alles, Gesundheit, Unversehrtheit an Leib und Seele, ja das Leben selbst nur noch auf unseren Glauben, unsere Hoffnung, den Willen und die Kraft Gottes gestellt war? Aber nicht nur, wenn wir die äußeren Gefährdungen des Lebens betrachten, ist das so. Wir bringen ja auch aus uns selbst nichts Gutes, nichts Dauerhaftes und Beständiges hervor, schon gar keine Lie- be und Treue, die über 50 Jahre hält. Ich bin ganz sicher, daß sie das auch so sehen: Es ist der Glau- be, der uns mit Gott und darum miteinander verbindet und es ist Gottes Hilfe, die er uns als gläubi- gen, ihm gehorsamen Menschen schenkt, daß wir uns zugeneigt bleiben, auch wenn unser Weg stei- nig wird und steil und einer allein nicht mehr weiterkann und eins das andere sucht und braucht und wir einander dann wirklich genug Kraft und Trost geben können. Es ist der Glaube, durch den wir von Gottes Liebe wissen, wenn wir dann unsere Liebe durchhalten können. Es ist der Glaube an Gottes Treue, wenn wir einander treu sein und beieinander bleiben können, wenn die Tage, die Wo- chen oder gar die Jahre kommen, in denen Krankheit nach uns greift und uns vielleicht Schwäche und Hilfsbedürftigkeit bringt. Und es ist schließlich der Glaube an Gottes Zukunft, wenn er uns bis ins Alter miteinander fröhlich sein und ohne Angst miteinander wandern läßt, in der festen Gewiß- heit, daß wir bis in alle Ewigkeit bei ihm geborgen sind - jeder für sich und miteinander! Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Liebe Gemeinde, dieses schöne Wort gilt nicht nur für diese beiden Eheleute, die miteinander alt werden durften. Es gilt für uns alle hier - gleich in welchem Stand wir leben und in welche Bezie- hungen wir von Gott gestellt sind. Lassen wir uns heute doch einmal wieder erinnern: Es ist Gottes Schenken, wenn wir im Wohlstand geboren wurden und so lange Frieden haben durften. Es ist Got- tes Schenken, wenn wir Arbeit haben, Menschen, die uns lieben, Kinder, Enkel und was noch sonst die Gaben unseres persönlichen Lebens sind. Es ist alles Gottes Schenken und nichts, wirklich nichts verdanken wir uns selbst, unserer Leistung und Mühe. Wollen wir da nicht antworten, indem wir diesem Gott unser Herz, unseren Glauben und unser Ver- trauen schenken? Wollen wir nicht auch auf den zweiten Teil dieses schönen Verses hören, der uns auch noch Lohn dafür verheißt, wenn wir auf alle Gaben Gottes hin mit Glauben und Zutrauen ant- worten? Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Liebe Eheleute F., sie haben mir gesagt, daß der erste Grund dafür, daß sie diesen Tag mit Got- tesdienst und Fest begehen wollten, der Dank ist, der sie nach 50 guten gemeinsamen Jahren bewegt. Sie haben so viel Gutes mit dem Glauben an Gott und mit seiner Hilfe erfahren - sie wollen das heute auch aussprechen, ihren Dank abstatten für alle Führung, Bewahrung und allen Beistand in den ver- gangenen fünf Jahrzehnten. Ich könnte mir denken, daß sie sich freuen würden, wenn wir andere mit ihnen einstimmen in diesen Dank! Wo wir ihnen verwandtschaftlich verbunden sind, wollen wir Gott für seine Liebe und Treue, seine Führung und Bewahrung danken, die er ihnen erwiesen hat. Wo wir ihnen nicht so nah stehen, wollen wir unser eigenes Leben betrachten und Gott über aller Hilfe und aller Fürsorge loben und preisen, die er uns schon getan hat und noch täglich tut. Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig! Der Glaube hält uns in unserem persönlichen und gemeinsamen Leben als Eheleute. Er macht uns und unser Haus, unsere Ehe und unsere Familie selig, das heißt, voll Segen! Wir wollen Gott dank- bar sein und Vertrauen zu ihm haben. AMEN